• Schulstufe
  • Klassenstufe
  • Schulform
  • Fach
  • Materialtyp
  • Quelle 1
Sortierung nach Datum / Relevanz
Kacheln     Liste

Kunst unter Verdacht: Vom Expressionismus zur NS-Kunst

Unterrichtseinheit

Wassily Kandinsky, Ernst Ludwig Kirchner, Arno Breker oder Leni Riefenstahl sind nur einige der Kunstschaffenden, mit denen sich die Schülerinnen und Schüler in dieser Unterrichtseinheit beschäftigen. "Kunst unter Verdacht" steht im Mittelpunkt dieser Unterrichtseinheit für die gymnasiale Oberstufe. In jeder der sechs einzelnen Einheiten werden Künstler vorgestellt, die früher oder später unter Verdacht gerieten - die einen als "Entartete Künstler" wie Kandinsky oder Kirchner, die anderen als Propagandakünstler wie Leni Riefenstahl oder Arno Breker. Auch heute arbeiten Künstler mit diesen verdächtigen Bildern aus unserem Langzeitgedächtnis - und stehen dem ersten Augenschein nach ebenfalls unter Verdacht. Modularer Aufbau Die einzelnen Phasen der Unterrichtseinheit bauen aufeinander auf, lassen sich aber auch modular einsetzen. Die Phasen 1 und 2 behandeln vor allem Grundideen des Expressionismus, die Phasen 3 und 4 die Staatskunst während des NS-Regimes und die so genannte "Entartete Kunst". In der Phase 5 werden die gewonnenen Ergebnisse vertiefend betrachtet. Eine Exkursion ins Museum kann vor oder während der Unterrichtseinheit durchgeführt werden. Vorbereitung Bereitstellung eines Computers mit breitbandigem Internetzugang, Beamer, Scanner, Digitalkamera, Videorekorder, Drucker, Fotokopiergerät für die Lehrkraft. Zugang zu PowerPoint, Acrobat Reader, Word, Bildbearbeitungsprogramm für die Schülerinnen und Schüler. Es sollten Vorkenntnisse zu Basiswissen in der Internetrecherche, der digitalen Bildverarbeitung und der Erstellung von Präsentationen (zum Beispiel mit PowerPoint) vorliegen. Die einzelnen Module der Unterrichteinheit im Überblick "Der blaue Reiter" Ernst Ludwig Kirchner: Ein Selbstbildnis Kunst im Nationalsozialismus "Entartete Kunst" Zeitgenössische Malerei Inhaltliche Ziele Die Schülerinnen und Schüler lernen Werke des Expressionismus und der NS-Kunst kennen, analysieren und vergleichen und setzen sich mit dieser kritisch auseinander. lernen manipulative Prozesse zu erkennen und den kritischen Umgang mit Medienbildern. vergleichen Werke aus der zeitgenössischen Kunst mit Videostills (Standbildern) von Propagandafilmen. lernen den Lernort Museum kennen (fakultativ). Medienkompetenzen Die Schülerinnen und Schüler sammeln Bilder und Textdokumente zu Künstlern , archivieren und werten aus. lernen den künstlerisch-gestalterischen Umgang mit digitalen Medien. vervollständigen interaktive Arbeitsblätter mit Texten, Computergrafiken oder eigenen Werken. Revolutionäre Kunst zu Beginn des 19. Jahrhunderts Kubismus, Surrealismus, Expressionismus und Dada revolutionierten die Kunst von 1900 bis 1930 in Europa, Russland und Amerika. Trotz der Zäsur des Ersten Weltkriegs von 1914 bis 1918 war die internationale Avantgarde in diesen 30 Jahren experimentierfreudig, unangepasst, kritisch und thematisierte in ihren Bildern die Wünsche, Errungenschaften und Desaster im noch jungen 20. Jahrhundert. Mit Wassily Kandinsky und Ernst Ludwig Kirchner lernen die Schülerinnen und Schüler die beiden berühmtesten in Deutschland wirkenden Expressionisten kennen. Sie lernen ebenfalls, dass der Expressionismus als Bewegung maßgeblich in Deutschland entwickelt wurde. Nationalsozialismus: Propaganda und Kunst Die nächste Zäsur für die kulturelle Entwicklung in Deutschland begann Anfang der 30er Jahre durch die Machtergreifung Hitlers. Die NS-Propagandamaschinerie deklarierte die Expressionisten in den 30er Jahren als wahnsinnige Verfallskünstler und tat alles Erdenkliche, um die staatliche Kunst- und Kulturproduktion im Sinne der nationalsozialistischen Ideologie voranzutreiben. Der Vernichtungskampf und Bildersturm auf die Moderne Kunst wurde strategisch geplant und rigoros verfolgt. Auf subtile Weise verstand es das NS-Regime, die Avantgarde zu diffamieren, zu demütigen und zu verfolgen. Mit dieser staatlichen Diffamierung und Definierung von Kunst beschäftigen sich die Schülerinnen und Schüler in dem zweiten Block. Im weiteren Focus steht die "Große Deutsche Kunstausstellung", die 1937 in München stattfand. Die NS-Elite präsentierte dort der Weltöffentlichkeit via Radio, Film und inszenierter Propaganda die neue "Kunstavantgarde". Die Schülerinnen und Schüler lernen in diesem Zusammenhang Vertreter der NS-Kunst wie Arno Breker, Adolf Ziegler oder Leni Riefenstahl kennen. Kunstrezeption: Die Gegenwart der Vergangenheit Zum Abschluss der Unterrichtseinheit soll der Gegenwartsbezug nicht fehlen. Wie arbeiten heute zeitgenössische Künstler die Bilder in unserem historischen Langzeitgedächtnis auf? Welche "Gegenbilder" lassen sich aus der historischen Distanz heraus malen? Wie geht die junge Künstlergeneration mit dem Erbe der Vergangenheit um? Diesen Fragestellungen gehen die Schülerinnen und Schüler am Ende der Unterrichtseinheit auf den Grund. Der Weg zur gegenstandslosen Auffassung der Welt Kandinsky besuchte 1911 mit Freunden ein Klavierkonzert Arnold Schönbergs in München. Die Moderne Musik begeisterte ihn sehr und er begriff, dass in der Musik Ähnliches passierte, wie in der Kunst: Die Kunst entwickelt sich hin zu einer gegenstandslosen, abstrakten Auffassung von Welt, die Musik löste sich auch von Jahrhunderte tradierten Vorstellungen und befreite sich. Das Motiv in der Kunst ging verloren, das Motiv in der Musik und auch das Motiv in der Literatur, wie Kurt Schwitters in seiner "Ursonate" schön aufzeigt. Inspiration durch Kompositionen von Schönberg Wassily Kandinsky war so begeistert von Schönbergs Kompositionen, dass er sich von einer befreundeten Münchner Pianistin die aktuellen Partituren vorspielen ließ. Diese Klänge und Töne setzte er malerisch in Farbklänge und Farbtöne auf der Leinwand in seinen "Träumerischen Improvisationen" um. Gerade beim Umsetzen von Musik in abstrakte Malerei malt der Maler kein Bild der sichtbaren Umwelt - keine Blumenvase, kein Porträt - sondern lässt sich zum Beispiel von seinem Gehörsinn inspirieren und gewinnt so konkrete Ideen für abstrakte Formen. Diese Tatsache war für die Entwicklung der Modernen Kunst revolutionär. Kandinsky wird Erfinder der abstrakten, gegenstandslosen Kunst und seine theoretischen Schriften wie zum Beispiel "Das Geistige in der Kunst" wurden zu hochrangigen Klassikern der Kunstgeschichte. Farben, Formen, Linien Die Ideen zu seinen abstrakten, gegenstandslosen Gemälden kamen Kandinsky oft in träumerischen Zuständen. Die Farben und Formen erzählen nicht von unserer sichtbaren Welt, sondern von einer Welt, die den Augen verborgen bleibt, beim aufmerksamen Hinsehen aber entdeckt werden kann. Die Farben und Formen sind jedoch nicht zufällig gewählt. Jeder Farbklang und jeder Farbton hat eine Bedeutung, die in einem großen Ganzen ein komplexes Geflecht von Beziehungen, einen ganzen Kosmos ergeben. Farben können harmonisch oder auch disharmonisch aufeinander treffen, Formen können in Reihen auftauchen oder isoliert. Linien können schwunghaft, chaotisch, zärtlich oder aggressiv sein, Farben können nebeneinander verschmutzen oder sich gegenseitig zum Leuchten bringen. Der gleiche Rotton kann einmal hell oder dunkel wirken, kann sich in seiner Umgebung behaupten oder verschwinden, kann bedrohlich wirken oder schützend, kann "klingen" oder verstummen. Hineinversetzen in den Maler Die Schülerinnen und Schüler können sich beispielsweise vorstellen, dass Kandinsky sich bei diesem Bild intensiv auf etwas konzentriert hat, was nicht in der sichtbaren Welt ins Auge fällt, sondern in der "Geistigen", also durch die Transformation von musikalischen Tönen in malerische Farbtöne. Vielleicht hat Kandinsky gerade ein Musikstück von Arnold Schönberg gehört, den er so verehrte, und sich inspirieren lassen. Wie könnte das Stück geklungen haben? Der Klang von Farben und Formen Die Schülerinnen und Schüler sollen das Bild genau in den einzelnen Details betrachten und sich überlegen, wie die Farben und Formen klingen könnten: Das Schwarz in der Mitte könnte ein tiefer Ton sein, die Punkte rechts oben sehr kurze, schnelle Klangfolgen, die schwarzen Linien vielleicht lange Sequenzen mit nur einem Ton. Da die Arbeitsweisen von Kandinsky und Schönberg ähnlich waren, sind auch die Ergebnisse überraschend ähnlich! Schönberg oder von Webern als Begleitung Beim Malen nach atonaler Musik erweitern die Schülerinnen und Schüler ihre maltechnischen Kenntnisse zum Themenbereich der abstrakten Komposition. Durch die bewusste Anwendung des Komplementär- und Simultankontrastes vertiefen sie ihr farbliches Gestaltungsvermögen. Als geeignete Begleitung erweist sich hier Musik von Arnold Schönberg, insbesondere das erste Stück aus den drei Klavierstücken op.11 (1909) und "Farben" aus den Orchesterstücken op.16 (1909). Auch Stücke des Wieners Anton von Webern eignen sich hier, da er die atonale Musik zur Zwölftonmusik weiterentwickelte: 6 Stücke für Orchester op.6, Nr.3 (1909) Töne in Formen verwandeln Die Schülerinnen und Schüler sollen sich auf die Musik konzentrieren und die Töne und Klänge in Farben und Formen umsetzen. Da dies eine sehr schwierige Aufgabe sein wird, sollten die Schüler erst auf circa drei DINA 4-Blättern experimentieren und Erfahrungen sammeln, dann ans große Format herangehen. Auch DINA2-Blätter sind geeignet. Mit den Wachsmalkreiden werden Linien und Punkte gezeichnet und mit den Farben Flächen gemalt. Wichtig ist, dass die Schülerinnen und Schüler bewusst zwischen Fläche und Linie unterscheiden. Das Bild sollte später nicht von farbigen Luftschlangen übersäht sein - dies wäre falsch! Die Wunden des Ersten Weltkriegs Die Grausamkeit des Ersten Weltkriegs war ein Schock für die Deutschen. Die Kunst bot die Chance, die Ereignisse zu verarbeiten und das Desaster als Warnung für die nächsten Generationen für immer im historischen Langzeitgedächtnis zu verankern. Gerade die Expressionisten beschäftigten sich mit den inneren Gefühlswelten der Menschen. Die Sehnsucht nach Liebe, Glück, Menschlichkeit und Harmonie war sehr groß, jedoch begleiteten Hass, Tod und Zerstörung den Alltag. Dieser "Kampf der Gefühle" wurde in den Bildern der Expressionisten lebendig und für uns heute auch erfahrbar. Die Selbstbildnisse der expressionistischen Künstler decken oftmals tiefe seelischen Wunden auf. Das "Selbstbildnis eines Kranken" (1918) von Ernst Ludwig Kirchner ist ein berühmtes Beispiel für diese "expressionistische Selbstschau". Ergänzende Internetrecherche Die Werkanalyse kann durch Informationen zum Leben des Malers und dem zeitgenössischen Hintergrund, die die Schülerinnen und Schüler im Internet recherchieren, abgerundet werden. Die Aufgaben finden Sie auf dem Arbeitsblatt "AB-Kirchner-Selbstbildnis". Das Lösungsblatt mit Informationen zum Erwartungshorizont befindet sich im Download-Bereich der Startseite. LeMO: Die Brücke Informationen zu den Mitgliedern der Malergruppe "Die Brücke". Kunst empfinden Bei der praktischen Arbeit im Anschluss sollen die Schülerinnen und Schüler versuchen, die negativen Gefühle und bedrohlichen Stimmungen, die das Selbstbildnis Kirchners enthält, möglichst exakt durch ein eigenes Formen- und Farbenrepertoire nachzuempfinden. Porträts spiegeln Leben Die Schülerinnen und Schüler sollen nach der Bildinterpretation auf DIN-A3-Papier mit Pinsel, Farben und Palette ein expressionistisches Porträt eines Menschen malen, der wie Ernst Ludwig Kirchner schreckliche Kriegserlebnisse oder andere schwere Schicksalsschläge durchleben musste. Um die Dramaturgie auf dem Blatt zu steigern, gibt es diverse Möglichkeiten: Dynamisierung und Deformation der sichtbaren Welt (Verzerren, Verkürzen, Verlängern, Verändern der Farbigkeit von Objekten/Personen). Empfindungsperspektive (Zentral-Vogel und Froschperspektive) in einem Bild angewendet, lassen die sichtbaren Objekte wie Häuser, Menschen und Landschaften in einen merkwürdigen Bildraum erscheinen. Komplementär- und Simultankontrast (leuchtende Farbigkeit, schrille Farbkombinationen wie zum Beispiel lila/gelb, rot/grün). Die "Große Deutsche Kunstausstellung" 1937 inszenierte das NS-Regime im Haus der Deutschen Kunst - fünf Gehminuten entfernt von der "Entarteten Kunstausstellung" in den Residenzarkaden - die "Große Deutsche Kunstausstellung". Zur Vernissage versammelten sich alle hochrangigen Künstler, Politiker, die Medien und Kunstsachverständigen des NS-Regimes, um ihre "Deutsche Kunst" im "gesäuberten Kunsttempel" Deutschland und der Welt stolz zu präsentieren. Zu diesem Zweck wurde eine große Einweihungszeremonie mit einer Parade veranstaltet, die mit einem Vorbeimarsch der SA endete. Hitler selbst eröffnete die erste Ausstellung in seinem neuen Musentempel, dem Haus der Deutscher Kunst. In seiner Rede betonte er die große Zukunft, die der NS-Kunst bevorstehe. In einem Nebensatz raunte er: "... Kubismus, Dadaismus, Futurismus, Impressionismus, Expressionismus, alles völlig wertlos für das deutsche Volk". Internetrecherche nach Informationen und Bildern Nachdem die Schülerinnen und Schüler generell den Anspruch der freien Kunst diskutiert und sich über die Aufgaben der Staatskunst im Nationalsozialismus informiert haben, sollen sie im Internet nach Informationen recherchieren zu Leben und Werk von Adolf Ziegler, Josef Thorak, Fritz Koelle und Arno Breker. Dabei nutzen sie explizit die Bildsuche von Google und die Seiten des Lebendigen Virtuellen Museums Online (LeMO), wo Farbbilder zu Künstlern des NS-Regimes zu finden sind (alle Aufgaben finden sich auf dem Arbeitsblatt AB-NS-Staatskunst). Gegebenenfalls bekommen Sie zusätzliche Informationen zu den Aufgaben der NS-Staatskunst über das Arbeitsblatt Info-NS-Staatskunst an die Hand. Erarbeitung einer PowerPoint-Präsentation Aufgabe der Schülerinnen und Schüler ist es, Bild- und Textdokumente in einem neuen Ordner zu sammeln, die Informationen auszuwerten und für eine Präsentation so aufzuarbeiten, dass sie abgesehen von der Information auch auf die Übersichtlichkeit und die gestalterischen Qualitäten achten. Bei ihrer Präsentation sollen immer wieder der Bezug zu den Aufgaben der NS-Staatskunst hergestellt werden. Gegebenenfalls können den Schülerinnen und Schülern schon hier Informationen des Blattes Info-Entartete-Kunst (siehe Unterrichtsphase 4) zur Verfügung gestellt werden. LeMO: NS-Kunst und Kultur Über den Bereich "NS-Regime" gelangen die Schülerinnen und Schüler zu dem Kapitel "Kunst", das unter anderem Informationen zu Architektur, Film und NS-Kunstpolitik enthält. Recherche zu Kandinsky, Dix, Nolde, Grosz und "Entarteter Kunst" Die Schülerinnen und Schüler sammeln mit der Bildsuche von Google Werke "entarteter Künstler" wie Wassily Kandinsky, Otto Dix, Emil Nolde, Georg Grosz, Felix Nussbaum und Kurt Schwitters, aber auch von dem NS-Propagandakünstler Adolf Ziegler (siehe Arbeitsblatt AB-Entartete Kunst im Download-Bereich). Mithilfe der Informationen zur "Entarteten Kunst" (siehe Download) sollen sie belegen, warum Gemälde als entartet eingestuft wurden. Sie layouten die gesammelten Informationen und die Textbeiträge aus dem Arbeitsblatt zu einer mehrseitigen PowerPoint-Präsentation. Dabei sollen sie die einzelnen Punkte mit interessanten Bildbeispielen kombinieren. Am Ende der Stunde können die PowerPoint-Dateien via Videobeamer vor der Klasse präsentiert werden. Informationen sammeln, auswerten und archivieren Die Schülerinnen und Schüler suchen mithilfe des Arbeitsblatts im Internet gezielte Bildinformationen und verbinden diese später mit den Textbausteinen in PowerPoint. Das Sammeln, Auswerten und Archivieren von Bildern und Textdokumenten zu Künstlern und Werken der Bildenden Kunst und der Propagandakunst ist ein vorrangiges medienpädagogisches Ziel dieser Unterrichtsphase. Nicht nur das Finden, sondern gerade das Auswerten, Präsentieren und Kommunizieren ist eine wichtige Medienkompetenz, die im Bereich der ästhetischen Erziehung im Medienzeitalter einen wichtigen Stellenwert einnimmt. Norbert Bisky und die "Schönen Körper" Der junge deutsche Maler Norbert Bisky setzt sich in seinen Gemälden mit "Schönen Körpern im Gleichschritt" auseinander. Er legt sein Augenmerk auf Bilder, die im gesellschaftlichen und historischen Langzeitgedächtnis der Deutschen verankert sind. Bisky spielt mit seinen Fundstücken, unter anderem Filmstills (Standbilder) aus Propagandafilmen des NS-Regimes. Seine Themen sind Jugend und Körperkult, Kameradschaft, Sport, Muskelkraft, Tapferkeit, Autorität des Stärkeren und das Siegen. Genau diese Motive wurden auch schon 1934 im Film "Triumph des Willens" oder im Film Olympia" (1938) von Leni Riefenstahl bildmächtig als Propagandainszenierung für das NS-Regime in Szene gesetzt. Bisky betreibt Vergangenheitsbewältigung mit bildnerischen Mitteln, malt ironisch ein "Bild des Deutschen", versetzt junge blonde Athleten in Pseudoidyllen, verwandelt Propagandakunst in provokante, kritische zeitgenössische Malerei und thematisiert auch die "Macht der Bilder", die uns in den 30er Jahren in Deutschland manipuliert haben. Elizabeth Leach Gallery: Norbert Bisky, Wehrausbildung (2001) Standbilder aus dem Film "Olympia - Fest der Völker" Manipulation und Propaganda In dieser Unterrichtsphase sollen die Jugendlichen Manipulation und Propaganda durch das Massenmedium Film aufdecken und untersuchen. Sie sollen lernen, die persönlichen ästhetischen Erfahrungen, Informationen und Ergebnisse aus den Phasen 1 bis 4 in die praktische Arbeit einfließen zu lassen. Text und Bild werden hier nicht wie vorher am Computer gelayoutet, sondern mit künstlerischen Mitteln. Die Präsentation der Collagen, die in Kleingruppen erstellt werden, dient als Grundlage für die Abschlussdiskussion zum Themenkomplex Expressionismus, NS-Kunst und Entartete Kunst. Die Wirkung von Standbildern Zunächst werden Biskys Bilder mit Filmstills (Standbildern) aus beiden Filmen verglichen. Bei dem Film "Triumph des Willens" über den NS-Parteitag setzte Riefenstahl beispielsweise 16 Kamerateams mit über 100 Mitarbeitern ein. Aus mehr als 60 Stunden Filmmaterial entstand einer der bekanntesten und wirkungsvollsten Propagandafilme aller Zeiten. Vorab sollten die Schüler beide Filme jeweils etwa 15 Minuten ansehen. Während die Filme über den Videorekorder abgespielt werden, sollen die Schüler mit einer Digitalkamera Filmstills aufnehmen. Schlüsselszenen, besonders seltsam wirkende Stills oder auch vielleicht Stills, die den Schülern auf eine gewisse Weise vertraut sind oder bei ihnen etwas auslösen. Arbeit mit Papier und Schere Nach einer kurzen Internetrecherche zu Bisky sollen die Schüler in Kleingruppen eine Text/Bild-Collage auf einem DIN A 0 großen Papier gestalten. Die Videostills werden dann in schwarz-weiß ausgedruckt, auch die Arbeiten von Bisky. Ausschnitte können mit dem Kopierer vergrößert und mit Buntstiften/Farben farbig gestaltet werden. Parallel können die Schülerinnen und Schüler auch mit der Schere arbeiten und wichtige Details ausschneiden. Textpassagen zu Bisky und auch Riefenstahl werden dann ausgedruckt und mit dem Bildmaterial kombiniert. Eigene Texte können auch handschriftlich auf diese "Arbeitscollage" gemalt/geschrieben werden. Reflexion zur Bildwirkung Ihre Gedanken zu folgenden Leitfragen können die Schülerinnen und Schüler direkt auf die Collage schreiben und mit Pfeilen dann Zusammenhänge und Verknüpfungen herstellen: Welche Motive, Objekte, Szenarien, Handlungen, Ereignisse werden behandelt? Wo gibt es Übereinstimmungen, Abweichungen bei Bisky/Riefenstahl? Welche Begriffe passen? Abstrakt, realistisch, provokant, impressionistisch, idealisierend, expressiv, ironisch, pathetisch, ornamental, gegenständlich? Finden die Schüler noch andere? Welche Wirkung lösen die Bilder/Filmstills beim Betrachter aus? An was erinnern sie? Sicherung und Diskussion Abschließend werden die Collagen im Klassenzimmer aufgehängt und die einzelnen Gruppen präsentieren die entstandenen Arbeiten. Mit einer Abschlussdiskussion zum Themenkomplex Expressionismus, NS-Propagandakunst und "Entartete Kunst" wird die Unterrichtseinheit beendet. Die Schülerinnen und Schüler können die Ergebnisse der praktischen Phasen 1 bis 5 fotografieren und alle PowerPoint-Dateien auf eine CD-ROM brennen - so kann jeder die recherchierten Informationen und auch die entstandenen praktischen Arbeiten in digitaler Form mit nach Hause nehmen. Lernort Museum Die Vertiefung des erworbenen Wissens vor Originalkunstwerken im Museum ist fakultativ. Für Schulen aus der Nähe von München gibt es im Museumspädagogischen Zentrum der bayerischen Landeshauptstadt verschiedene Angebote. Zeitgenössische Kunst im Kontext der Kunst des Nationalsozialismus: Schöne Körper im Gleichschritt. Norbert Bisky malt Jungen, die marschieren, und Mädchen, die Reigen tanzen. So als wäre die Zeit in einer dubiosen Epoche stehen geblieben. Der Kunstmarkt dankt mit Großeinkäufen. In: Der Spiegel 44/2003 Max Nordau: Theorie kultureller Degeneration "Die Entartung". Max Nordau erfand den Begriff der "Entartung". Sein Buch ist eines der Fundamente, auf der das NS-Regime seine Rassentheorie stützte. Wolfgang Willrich: Die Säuberung des Kunsttempels, 1937 Willrich war ein begeisterter Anhänger der NS-Kunst - die "Säuberung des Kunsttempels". Die Diffamierung der Klassischen Moderne hat er maßgeblich mit seinen Äußerungen vorangetrieben. Jörg Häntzschel: Lieber Maler, male mir den Krieg. Ein Traditionshaus wie das Pentagon schätzt die gegenständliche Malerei, schreibt die Süddeutsche Zeitung am 5.Mai 2003. Ein schöner Artikel darüber, wie Maler in den Krieg geschickt werden, um Kriegspropaganda zu malen. Die > Kunststadt < München 1937. Nationalsozialismus und "Entartete Kunst" D a s Standardwerk zum Thema Nationalsozialismus und Entartete Kunst plus dem Ausstellungskatalog zur Ausstellung "Entartete Kunst" erschien 1987 im Prestel-Verlag München. Es enthält viele interessante Dokumente, ist als Paperback lieferbar. Leni Riefenstahl: "Triumph des Willens", 1934 Über den NS-Parteitag dreht Riefenstahl "Triumph des Willens". Sie setzt dafür 16 Kamerateams mit über 100 Mitarbeitern ein. Aus mehr als 60 Stunden Filmmaterial entsteht einer der bekanntesten und wirkungsvollsten Propagandafilme überhaupt. Leni Riefenstahl: "Olympia Teil II, Fest der Schönheit" ,1938 Film (100 Minuten) mit zahlreichen Aufnahmen von den Olympischen Spielen in Berlin 1936. Entartete Kunst? (VHS Nr.7198092; 45 Minuten; Farbe; 1987; D) Am 19. Juli 1937 wurde in München von den Nationalsozialisten die Ausstellung "Entartete Kunst" eröffnet. Gleichzeitig wurde das Haus der Deutschen Kunst in München eröffnet, in dem die Werke der offiziellen Kunstschaffenden des Dritten Reiches besonders gewürdigt wurden. Der Film zeigt beide Ausstellungen und ihr politisch-kulturelles Umfeld. Landesmediendienste Bayern Friedrich Wilhelm Murnau: Nosferatu, 1922 Ein Beispiel des Expressionistischen Films in Deutschland. Robert Wiene: Das Kabinett des Dr. Caligari, 1919 Ein weiteres Beispiel des Expressionistischen Films. Charly Chaplin: "Der Große Diktator" 1940 Der berühmte Komiker Charly Chaplin war im Hollywood der dreißiger Jahre offenbar einer der wenigen, die den Mut und die Mittel besaßen, Politik in Film umzusetzen. So entstand "Der Große Diktator", eine Parabel, die sich an die Zustände im Deutschland Hitlers anlehnt.

  • Geschichte / Früher & Heute / Kunst / Kultur
  • Sekundarstufe II

Albert Einstein: Facetten einer Persönlichkeit

Unterrichtseinheit

In dieser Unterrichtseinheit setzen sich die Schülerinnen und Schüler mit der Person und Biographie des Ausnahmewissenschaftlers Albert Einstein auseinander, um wesentliche geschichtliche und politische Aspekte des 20. Jahrhunderts und zentrale Fragen zur ethisch-moralischen Verantwortung von von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zu klären.Der Name Albert Einstein weckt sofort Assoziationen: Relativitätstheorie oder die Formel E = mc², ein die Zunge herausstreckender zottelhaariger älterer Mann, Einstein als Wegbereiter des Paradigmenwechsels in der Physik und als Vorzeige-Genie der modernen Naturwissenschaft. Vor allem die weniger bekannten Facetten von Einsteins Persönlichkeit - seine historische und politische Rolle - sollen in der hier vorliegenden Unterrichtseinheit erarbeitet werden. Auf diese Weise erhalten die Schülerinnen und Schüler gleichzeitig eine erste Orientierung sowie zahlreiche Anregungen für eine weitere Auseinandersetzung mit der Person Einsteins und der publizistischen Präsenz dieser Schlüsselfigur des 20. Jahrhunderts. Biografische Annäherung Zu Beginn der Unterrichtseinheit zu Albert Einstein bietet es sich an, die Vorkenntnisse der Schülerinnen und Schüler in einem Brainstorming zusammenzutragen. Durch die Strukturierung der Ergebnisse tauchen eventuell bereits erste Fragen und Spuren auf, die in der Folge durch die Internetrecherche verfolgt werden können. Vor der Erstellung der einzelnen "Bausteine" sollte die gesamte Lerngruppe sich einen ersten (chronologischen) Überblick über das Leben Einsteins verschaffen und vorher unbekannte Punkte ergänzen. Dazu bietet es sich an, vor der Suche nach genaueren Informationen auf eine Internetseite zu verweisen, die einen derartigen Überblick bietet. Entwickeln zentraler Fragestellungen für die Recherche Nach dem Feststellen der Vorkenntnisse und dem Sammeln grundlegender biografischer Informationen werden nun zentrale Fragen aufgestellt, die in der Folge durch die Recherche beantwortet werden sollen. Bei einer im Umgang mit dem Internet unerfahrenen Lerngruppe sollten zudem einige "Regeln" aufgestellt werden, etwa die Angabe des Fundortes oder auch die Vorgehensweise bei der Recherche. So wird bei den Schülerinnen und Schülern der notwendige kritische Umgang mit dem Medium nochmals betont. Ablauf Ablauf der Unterrichtseinheit "Albert Einstein" Hinweise zur Erarbeitung der verschiedenen biografischen Aspekte: Einstein als Emigrant, politischer Stichwortgeber und Jude Albert Einstein im Unterricht Schwerpunkte der Unterrichtseinheit Die Schwerpunkte liegen dabei auf Einsteins Weg ins Exil als Verfolgter des Nazi-Regimes, auf seiner Beziehung zum Judentum und zur Gründung des israelischen Staats sowie seiner Stellungnahme zu politischen und ethischen Fragen der modernen Gesellschaft. Die genannten Punkte können anhand der angegebenen Linktipps von den Schülerinnen und Schülern im Internet recherchiert, aufgearbeitet und präsentiert werden. Fächerübergreifendes Arbeiten Auch wenn die hier angebotenen Vorschläge sich im Wesentlichen auf eine Auseinandersetzung im geisteswissenschaftlichen Bereich konzentrieren, ist an vielen Punkten der Bezug zu den naturwissenschaftlichen Leistungen Einsteins so eng, dass ein fächerübergreifendes Vorgehen im Unterricht nahe liegt und zu fruchtbaren Ergebnissen führen kann. Fachkompetenzen Die Schülerinnen und Schüler recherchieren Informationen zur Person Albert Einsteins im Internet und tragen sie zusammen. vollziehen Einsteins Weg ins Exil nach. werden sich des exemplarischen Charakters von Einsteins Biografie als intellektueller Gegner und Verfolgter des NS-Regimes bewusst. untersuchen Einsteins pazifistische Grundhaltung näher. werden sich der gesellschaftlichen Dimension und Verantwortung von (Natur-) Wissenschaften und Forschern bewusst. lernen seine enge Verbundenheit zum Judentum und seine Rolle bei der Staatsgründung Israels kennen. lernen Einsteins Haltung zur israelischen Staatsgründung kennen und vergleichen sie mit heutigen Konfliktpunkten. Methodenkompetenzen Die Schülerinnen und Schüler vollziehen anhand der Transkription des Textes den Umgang mit einer Quelle vor deren Interpretation selbständig nach. setzen sich bei der "Edition" des Einstein-Manuskripts mit Vorgehensweise und Problemen der Geschichtswissenschaft auseinander. nutzen im Internet zugängliche Archive und suchen geeignete Quellen. Die Schülerinnen und Schüler sollen Informationen zur Person Albert Einsteins im Internet recherchieren und zusammentragen. Einsteins Weg ins Exil nachvollziehen. sich des exemplarischen Charakters von Einsteins Biografie als intellektueller Gegner und Verfolgter des NS-Regimes bewusst werden. Einsteins pazifistische Grundhaltung näher untersuchen. sich der gesellschaftlichen Dimension und Verantwortung von (Natur-) Wissenschaften und Forschern bewusst werden. seine enge Verbundenheit zum Judentum und seine Rolle bei der Staatsgründung Israels kennenlernen. Einsteins Haltung zur israelischen Staatsgründung kennenlernen und mit heutigen Konfliktpunkten vergleichen. Die Schülerinnen und Schüler sollen anhand der Transkription des Textes den Umgang mit einer Quelle vor deren Interpretation selbständig nachvollziehen. sich bei der "Edition" des Einstein-Manuskripts mit Vorgehensweise und Problemen der Geschichtswissenschaft auseinandersetzen. im Internet zugängliche Archive nutzen und geeignete Quellen suchen. Aufbauend auf das erarbeitete biografische Fundament kann nun den einzelnen Aspekten von Einsteins Persönlichkeit nachgegangen werden. Die Arbeitsaufträge erleichtern den Schülerinnen und Schülern die Orientierung und geben einen groben Rahmen für Rechercheaktivitäten vor. In welcher Form die drei Blöcke im Unterricht behandelt werden, kann je nach zeitlichen Voraussetzungen, Zielsetzung und Intensität variiert werden. Dementsprechend und je nach Voraussetzungen der Lerngruppe kann die Erarbeitung im Klassenverband, in Kleingruppen oder in Form eines Stationen-Lernens erfolgen. Block A: Albert Einstein und die Emigration Hier untersuchen die Schülerinnen und Schüler diesen spezifischen Bereich von Einsteins Biografie genauer und recherchieren entsprechende Hintergrund-Informationen im Internet. Insbesondere das Beispiel, das Einstein deutschen Zeitgenossen und Intellektuellen mit seiner Emigration in die USA unmittelbar nach der NS-Machtübernahme gab, sollte hier vertieft werden. Je nach Vorkenntnissen der Lerngruppe bietet es sich beispielsweise an, Einsteins Weg mit dem anderer deutscher Emigranten zu vergleichen. Herausgearbeitet werden könnte hier zusätzlich, in welchem Maße die Emigration aufgrund von politischen Einstellungen und Wertvorstellungen erfolgt oder inwieweit sie eine Reaktion auf Repressionen des NS-Regimes (Zensur, Berufsverbot, Ausgrenzung jüdischer Mitbürger) darstellt. Block B: Albert Einstein und die Politik Dieser Punkt bietet die Möglichkeit, über das rein historische Interesse hinaus Fragen zu stellen, inwiefern Einsteins Einstellungen und Erkenntnisse neben seinen naturwissenschaftlichen Leistungen wichtige gesellschaftliche, politische und ethische Probleme und Prozesse des 20. Jahrhunderts reflektieren oder gar vorwegnehmen. Insbesondere beim ersten Teil tritt die gründliche Analyse der Texte gegenüber der Suche nach Informationen in den Vordergrund. Am Ende können die Schülerinnen und Schüler nach Verbindungslinien suchen, die von Einsteins Aussagen und Einstellungen zu aktuellen Fragen und Entwicklungen führen. Dabei sollte darauf geachtet werden, das die Lerngruppe über das entsprechende Vorwissen verfügt und das die Beispiele danach ausgewählt werden. Block C: Albert Einstein und das Judentum Ein Brief Einsteins dient als Quellengrundlage und Ausgangsbasis für diesen Unterrichtsabschnitt. In den Arbeitsaufträgen wird auf einen Text Bezug genommen, in dem sich Einstein mit der Gründung Israels auseinandersetzt. Ebenso denkbar ist die Verwendung weiterer Manuskripte, die im Albert Einstein Archiv Online digitalisiert vorliegen. Vor der inhaltlichen Auseinandersetzung steht hier die Transkription des handschriftlichen Textes. Aufgrund der relativ guten Lesbarkeit von Einsteins Schrift sollten die Jugendlichen dazu größtenteils selbständig in der Lage sein. Nach der Umschrift erfolgt in einer zweiten Phase die Einordnung und Interpretation des Briefes. Die vorher erstellte Biografie dient nun zum einen als Hilfsmittel, zum anderen werden aber die dort bereits erarbeiteten Aspekte durch die intensive Auseinandersetzung nochmals vertieft. Ebenso können fehlende Informationen durch die Internetrecherche ergänzt werden. Auch hier kann durch die Passage zum Verhältnis Israels zu seinen arabischen Nachbarn ein Gegenwartsbezug hergestellt werden und Bestandteil einer Abschlussdiskussion werden.

  • Geschichte / Früher & Heute / Politik / WiSo / SoWi / Religion / Ethik
  • Sekundarstufe II

Die Reichstagsbrandverordnung: Grundgesetz des NS-Terrors

Unterrichtseinheit

Dieser Unterrichtsvorschlag zum NS-Regime beleuchtet die Zusammenhänge zwischen dem Reichstagsbrand und der folgenden Ausschaltung der politischen und intellektuellen Opposition im Kontext der nationalsozialistischen Strategie scheinbar verfassungskonformer Machteroberung. Die Reichtagsbrandverordnung Die Verordnung "zum Schutz von Volk und Staat", die bis zum Ende der Nazi-Herrschaft im Jahr 1945 nicht aufgehoben wurde, stellte das gesetzlose Vorgehen und die Verfolgung der Nazi-Gegner und Andersdenkenden auf eine scheinbar legale Grundlage und ebnete den Nationalsozialisten den Weg zur Alleinherrschaft. Der Reichstagsbrand und die Verordnung waren für zahlreiche Nazi-Gegner Anlass zur Flucht vor Verfolgung ins Exil. Wer blieb, musste mit Verhaftung, Folter und Konzentrationslager rechnen. Die "Machtergreifung" nachvollziehen Die Auseinandersetzung mit der "Reichstagsbrandverordnung" soll die Tragweite der Aufhebung der in der Weimarer Verfassung festgelegten Menschenrechte beleuchten. Die Vorgänge der "Machtergreifung" im Frühjahr 1933 können die Schülerinnen und Schüler durch die Personalisierung am Beispiel einer - fiktiven - kritischen Journalistin und anhand der vielfältigen Quellenmaterialien im Internet sinnvoll nachvollziehen.Die Schülerinnen und Schüler recherchieren die politische Situation der Jahre 1932/33 in Deutschland, um auf dieser Grundlage die Ereignisse und Folgen des Reichstagsbrands historisch einordnen zu können. Einstieg Nachdem sich die Schülerinnen und Schüler mit der besonderen Situation der Nationalsozialisten Ende Februar 1933 bekannt gemacht haben (Wahlergebnisse des Vorjahres, bevorstehende Wahlen, politische und intellektuelle Gegner, Möglichkeit der gesetzlichen Grundlage für eine Notverordnung), erkennen sie, wie der Reichstagsbrand am 27. Februar für die Durchsetzung ihrer politischen Ziele genutzt wurde. So werden sie im Abschnitt "Der Plan" zu einer knappen Zusammenfassung des Geschehens im Februar 1933 angeregt. Die Formulierungsangebote der Aufgabe soll die Schülerinnen und Schüler ermutigen, ihre eigene Theorie zu den Brandlegern im Reichstag darzustellen. Vertiefung Der Weg zu einem Überwachungsstaat wurde durch die sogenannte "Reichstagsbrandverordnung" frei gemacht. Die Pressefreiheit wurde stark eingeschränkt, die gesamte Bevölkerung musste mit einer persönlichen Überwachung rechnen. Um die massive Beschränkung der persönlichen Rechte zu dokumentieren, die zugleich für Tausende die Entscheidung zur Flucht und ein Leben im Exil bedeuteten, sollen sich die Jugendlichen diese einmal an Beispielen aus ihrem täglichen Leben vor Augen führen. Ausblick Für die "Schwarze Liste" recherchieren die Schülerinnen und Schüler im Internet nach bekannten Personen, die gleich nach dem Reichstagsbrand in Schutzhaft genommen wurden oder aber ins Ausland fliehen mussten. Abschließend werden die Auswirkungen der Reichstagsbrandverordnung auf die Wahlen am 5. März dokumentiert. Zur Weiterarbeit wird die Auseinandersetzung mit dem "Ermächtigungsgesetz" angeregt. Fachkompetenzen Die Schülerinnen und Schüler bereiten die "Reichstagsbrandverordnung" (Gesetz "zum Schutz von Volk und Staat") inhaltlich auf. erkennen unabhängig vom Verlauf des Historikerstreits die geschickte Ausnutzung des Reichstagsbrands durch die Nationalsozialisten für ihre Zwecke. erkennen die Bedeutung der für die Reichstagsbrandverordnung verfassungsrechtlichen Grundlage aus der Weimarer Verfassung (Artikel 48). erkennen die Bedeutung der Wahlergebnisse vom 5. März 1933 für das weitere Vorgehen der NSDAP. nennen Beispiele für verfolgte oder verhaftete Personen des NS-Regimes. erfassen Auswirkungen der Einschränkungen der Menschenrechte auf das tägliche Leben in Deutschland. Medienkompetenzen Die Schülerinnen und Schüler führen einfache Recherche-Aufgaben in einem Online Archiv (Dokumentarchiv, Lemo) durch. vollziehen die enge Zeitplanung sowie die brutale Vorgehensweise der Nationalsozialisten in den Tagen zwischen dem 27. Februar und 5. März anhand eines fiktiven "Terminkalenders" Aldolf Hitlers nach.

  • Geschichte / Früher & Heute
  • Sekundarstufe II

Opposition und Widerstand heute

Kopiervorlage

Das Arbeitsblatt lässt die Schülerinnen und Schüler überlegen, welche Möglichkeiten Ihnen heutzutage offenstehen Protest und Kritik zu äußern. Widerstand und Opposition in der DDR waren für jeden involvierten ein großes persönliches Risiko. Wer Kritik an den Zuständen im Land äußerte konnte schnell ins Visier der Staatssicherheit geraten. Die Möglichkeiten freier Meinungsäußerung waren stark begrenzt. Das Arbeitsblatt lässt die Schülerinnen und Schüler überlegen, wofür oder wogegen sie heutzutage protestieren würden und welche Widerstandmöglichkeiten Ihnen dabei in einem liberalen demokratischen Staat zur Verfügung stehen. Den Hintergrund bilden ein Einführungstext und ein Onlinetext über das Schicksal der Geschwister Scholl in der NS-Zeit und Werner Bork in der DDR. Das Material kann im Zusammenhang mit dem Buch von Dr. Iris Bork-Goldfield "Wir wollten was tun. Werderaner Jugendliche leisten Widerstand 1949-1953 und was danach geschah" sowie mit dem Film oder separat verwendet werden. Sachkompetenz Die Schülerinnen und Schüler zeigen auf, welche Protestmöglichkeiten ihnen in der heutigen Bundesrepublik zur Verfügung stehen. nennen zeitgenössische Protestbewegungen und -anlässe. beschreiben aktuelle Aktionen der freien Meinungsäußerung aus ihrer Stadt, Dorf oder Schule. Methodenkompetenz Die Schülerinnen und Schüler erschließen sich durch eine Internetrecherche Informationen zur Wanderausstellung "Gegen Diktatur". recherchieren eigenständig im Internet nach aktuellen Protestbewegungen und Widerstandformen. stellen erarbeitete Informationen in einer Tabelle dar. Urteilskompetenz Die Schülerinnen und Schüler analysieren und vergleichen die Handlungsspielräume von Menschen in der DDR und heute. beurteilen gegenwärtige Widerstandsformen und -aktionen.

  • Geschichte
  • Sekundarstufe I

Widerstand von Frauen in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) und…

Kopiervorlage

Das Unterrichtsmaterial zum Film "Widerstand von Frauen in der SBZ und frühen DDR" thematisiert die Methoden, Motive und Biografien von fünf Frauen, die für ihren Widerstand in der DDR inhaftiert wurden. Bereits vor der Gründung der DDR gab es in der Bevölkerung Widerstand gegen die Bedrohung von Demokratie und Freiheit durch den Aufbau einer kommunistischen Gesellschaftsordnung. Unter den Aktivisten waren auch viele junge Frauen, die nach den Erfahrungen der NS-Diktatur und des Krieges die Hoffnung auf eine bessere und freiere Gesellschaft antrieb, aktiv zu werden. Der Film "Widerstand von Frauen in der SBZ und frühen DDR" porträtiert fünf Frauen, die Widerstand leisteten und dabei mit Haft und einige sogar mit ihrem Leben bezahlen mussten. Die DVD kann hier bei der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur für 5 Euro erworben werden. Durch das begleitende Unterrichtsmaterial lernen die Schülerinnen und Schüler die Situation in der SBZ und frühen DDR kennen und erarbeiten die Biografien und Motive der Frauen sowie die Reaktion des Staates auf ihren Widerstand. Immer wird dabei auch der weltpoltische Kontext mit einbezogen. Diese Unterrichtsmaterialien wurden erstellt von paedigi. Sachkompetenz Die Schülerinnen und Schüler skizzieren die politische und gesellschaftliche Lage in der SBZ und der frühen DDR. nennen Motive, die Frauen in den Widerstand gegen die Sowjetunion und die DDR führten. geben die Reaktion des Staates auf den Widerstand und die Folgen für die verhafteten Frauen wieder. geben die Haftbedingungen in der SBZ und der frühen DDR wieder. geben die Ereignisse und Entwicklungen des frühen Widerstands in Polen und Ungarn wieder. Methodenkompetenz Die Schülerinnen und Schüler erschließen gezielt Informationen über den Widerstand von Frauen in der SBZ und frühen DDR aus einem Film. recherchieren im Internet und in verfügbarer Fachliteratur über die Haft in der DDR und weitere Beispiele für Widerstand in der DDR. präsentieren ihre erarbeiteten Ergebnisse vor der Klasse. interpretieren ein Gedicht von Edeltraut Eckert im Hinblick auf ihre Widerstands- und Hafterfahrungen. vergleichen die Biografien der Frauen und ihr Verständnis von Widerstand. Urteilskompetenz Die Schülerinnen und Schüler bewerten die im Film geäußerten Meinungen der Zeitzeugen, erkennen ihre Subjektivität und gehen kritisch mit den verschiedenen Perspektiven um. diskutieren den Begriff "Politische Haft" vor dem Hintergrund der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte und der Gesetzeslage in der DDR. beurteilen die Schauprozesse gegen die Widerständlerinnen und die Funktion der Prozesse für die Machthaber. erörtern Möglichkeiten, sich heutzutage für politisch Gefangene einzusetzen.

  • Geschichte
  • Sekundarstufe II

Musik und Politik: Rechtsrock

Unterrichtseinheit

"Musik von Rechts“ gilt nach wie vor als Einstiegsdroge Nummer 1 in die rechte Gewaltszene. Rechtsrock ist Teil unserer Gesellschaft und sollte deshalb auch in der Schule Gegenstand einer kritischen Auseinandersetzung sein. Ende 2003 gab es in Deutschland nach Angaben des Verfassungsschutzes 169 rechtsextremistische Organisationen und Gruppen. Damit ging ihre Zahl im Vergleich zum Vorjahr um acht Prozent zurück. Dennoch sind rechtsextreme Bands und Organisationen auch im Internet weiter sehr aktiv. Diese Unterrichtseinheit regt Schülerinnen und Schüler dazu an, sich kritisch mit den Texten und Online-Angeboten der rechten Szene auseinander zu setzen. Eingehend sollen sie die Wirkung dieser Texte und der dazu gehörenden Musik untersuchen. Die folgende Teileinheit gehört zu einer größeren Unterrichtseinheit zum Thema "Musik und Politik". Historische politische Lieder werden darin genauso besprochen wie Folksongs der 60er Jahre, Lieder der Liedermacher aus der DDR oder die Rolle der Musik in der NS-Zeit (Bedeutung von Swing, Jazz und Schlager, atonale Musik, Musiker im Exil). Die Behandlung des Rechtsrock im Unterricht muss in einem übergeordneten Zusammenhang geschehen, etwa unter den Aspekten "Musik und Sprache", "Musik und Politik", "Beeinflussung durch Musik", "Wirkung von Musik", "Funktionalisierung von Musik" oder "Musik provoziert". Schülerinnen und Schüler sollen mit dem Thema Rechtsrock für die politische Wirkung von Musik sensibilisiert werden. Zum Unterrichtsverlauf allgemein Informationen zu den einzelnen Unterrichtsphasen im Überblick Textanalyse: Merkmale des Rechtsrock Überblick über den Erwartungshorizont für die Textarbeit im Unterricht Rechtsrock im Internet: Recherche Mögliche Ergebnisse der Internetrecherche Inhaltliche Ziele Die Schülerinnen und Schüler sollen sich einen Überblick über die Szene des Rechtsrock verschaffen (Text, Outfit, Internet, Musikstile). erkennen, dass jede Art von Musik Träger einer Ideologie sein kann. sich kritisch mit den Inhalten der Texte auseinander setzen. Beeinflussung durch und Wirkung von Musik erkennen. einen eigenen Text gegen Rechtsrock verfassen. Ziele aus dem Bereich Medienkompetenz Die Schülerinnen und Schüler sollen das Internet kritisch für die Informationsrecherche nutzen. mit dem Programm PowerPoint eine Präsentation erstellen. Rechtsrock: Hören wie Musik wirkt Am Beginn der Unterrichtsreihe stehen verschiedene Songbeispiele politischer und nicht-politischer Couleur aus unterschiedlichsten Stilrichtungen der Pop- und Rockmusik. Textauszüge von den Ärzten, von Brothers Keepers, Pink Floyd und den Landsern sollen die Schülerinnen und Schüler für die (politische) Wirkung von Musik sensibilisieren. Verwendet wird in dieser Unterrichtsphase das Arbeitsblatt AB1-Liedtexte. Die Links zu den Songtexten finden Sie außerdem in der Rubrik "Zusatzinformationen" auf der Startseite der Unterrichtseinheit. Hörbeispiele zu allen Songs können, sofern sie nicht auf CD vorhanden sind, im Internet recherchiert werden. Detaillierte Informationen zur Textanalyse in dieser Erarbeitungsphase finden Sie im Unterkapitel Textanalyse: Merkmale des Rechtsrock , das auch am Ende dieser Seite verlinkt ist. Video-Mitschnitt von einem Konzert Nach den Musikbeispielen schließt sich ein Ausschnitt mit einem Skinhead-Konzert aus dem Film "Oi warning" an (Bezugsquelle siehe Kurzinformation auf der Startseite). In einem Brainstorming werden erste Merkmale in Abgrenzung zu einem "normalen" Pop- oder Rockkonzert besprochen (Arbeitsblatt AB2a-Film-Oi). Die Hintergrundinformationen zur Musik im Rechtsrock können alternativ auch über den Film "Zwischen Feeling und Führer" erworben werden (Matthias Film; Gänsheidenstr. 67, 70184 Stuttgart; Tel. 0711/243456; der Film ist über die Landesbildstellen ausleihbar). Als Basis dienen dann die Fragen zum Film vom AB2b-Film-Feeling. Arbeitsteilige Gruppenarbeit und Ergebnispräsentation Im Anschluss daran erarbeitet die Klasse in verschiedenen Gruppen Teilaspekte des Rechtsrocks (Textanalyse, Internetpräsenz, Musikstile). Ihre Ergebnisse stellen die Schülerinnen und Schüler in Form von Plakaten oder PowerPoint-Präsentationen vor. In dieser Phase haben die Jugendlichen auf verschiedenen Seiten Kontakt mit originären Ausprägungen der rechten Szene, also mit Internetauftritten oder Songtexten der Rechtsrock-Szene. Die Entscheidung, diese Inhalte zu nutzen, muss natürlich jede Lehrkraft selbst treffen und dabei das Für und Wider abwägen. Die Inhalte der Gruppenarbeit können alternativ in Form von Stationenlernen erarbeitet werden. Dann muss aber entsprechend mehr Zeit eingeplant werden. Detaillierte Informationen zur Internetrecherche in dieser Erarbeitungsphase finden Sie im Unterkapitel Rechtsrock im Internet: Recherche , das auch am Ende dieser Seite verlinkt sind. Eindrücke diskutieren und verarbeiten Besonders wichtig ist es, die Jugendlichen nicht mit ihren Eindrücken von der rechten Szene alleine zu lassen. Die Lerngruppe erörtert daher in einer Diskussion Fragen zur Musik als Träger von Ideologien, zur Beeinflussung und Wirkung durch Musik. Eine fächerübergreifende Behandlung des Themas in Geschichte, Deutsch oder Religion/Ethik kann sehr hilfreich sein. Transfer: Rap gegen Rechts Im Anschluss an die Erarbeitungsphase reflektieren die Schülerinnen und Schüler nochmals die Ergebnisse und erstellen auf der Basis der Karaoke-Version zu "Die da" von der Gruppe Die Fantastischen Vier einen Rap gegen Rechtsradikalismus (siehe Rechtsrock-Rap-Beispiel). Dieser Rap kann eventuell auf einer Schulveranstaltung der Öffentlichkeit vorgeführt werden. Podiumsdiskussion oder Interview Zum Abschluss können die Thesen der rechten Szene auch in Form einer fiktiven Podiumsdiskussion oder eines Rollenspiels behandelt werden. Die abschließenden Arbeitsaufträge zur Skinhead-Szene (AB6-Skinheadszene) lassen sich auch in Form eines fingierten Interviews vortragen. Zum rechten Weltbild: Deutschtum und Gewalt Die Texte des Rechtsrock sind geprägt durch ein Weltbild, in dem die Gewalt als konstitutives Spaß- und Erlebnismoment beschrieben (zum Beispiel bei Volkszorn: Skinheads für Doitschland, 1994) und Deutschland als geradezu heiliges Weisen verherrlicht wird (zum Beispiel bei Sturmtrupp: Die Zeit wird kommen, 1998). Das Selbstbild ist unter anderem von "Treue" und "Ehre" als obersten Tugenden geprägt, wobei die Texte die deutsche Wehrmacht verherrlichen und deren Taten beschönigen (zum Beispiel in Oidoxie: Deutsche Soldaten, 1998). Frauen ("Renees" genannt) werden als schönes Beiwerk betrachtet, spielen ansonsten aber keine Rolle; Alkohol wird kultisch verehrt (zum Beispiel bei Kreuzzug: Deutsche Patrioten, 1996; Chaoskrieger: Schöner Abend, 1997). Klare Feindbilder Alle Rechtsrock-Gruppen haben klare Feindbilder, die regelmäßig entmenschlicht werden (zum Beispiel in White Aryan Rebels: Nigger, 2000). Als Feindbilder dienen Ausländer, Linke, der Staat und die Christen (zum Beispiel White Aryan Rebels: Sie leben, 2000; Stuka: Parasiten, 1992). Geprägt sind die Texte von Überfremdungsfantasien, Ängsten und Neidgefühlen: Ausländer seien kriminell und faul, lebten vom Staat auf Kosten anderer und nähmen Arbeitsplätze weg, sind gängige Behauptungen. Diffamiert werden ebenso Punks oder der Staat (zum Beispiel in Sturmgesang: Punks, 1993; Sturmwehr: Wir sind noch da, 1998). Antisemitismus und Germanenkult In der Darstellung von Christen schimmert Antisemitismus durch. Außerdem favorisieren die Gruppen den Kelten- und Germanenkult als eine Art Ersatzreligion (zum Beispiel Landser: Walvater Wotan, 1996). Textstellen, die diese Merkmale belegen, finden Sie in der Datei "Rechtsrock-Info-Merkmale". Analyse zum Aufbau rechter Musik-Portale Das Internet spielt bei der Vermarktung von Tonträgern, Fanzines, Kleidung und sonstigen Accessoires der rechten Szene eine enorme Rolle. Deshalb sollten im Unterricht gegebenenfalls auch Vertriebsseiten von Musikverlagen analysiert werden. Die Seiten von "rocknord", "aufruhr-versand", "die-kommenden" sowie der "wikingerversand" könnten untersucht werden hinsichtlich des Aufbaus, der Angebote, der Inhalte und der Kommunikationsstrategien. Erwartungshorizont Dabei sollten die Schülerinnen und Schüler folgende Ergebnisse erarbeiten: Die Homepages sind meist wie ein "normales" Internetportal aufgebaut (Neuigkeiten, Nachrichten, Neu im Shop, Suchmaschine, Verweis auf Fanzines). Es gibt Links mit Szenebezügen, zum Beispiel zu Musik (beispielsweise wie Amazon aufgebaut, mit Hörproben) und Bands aus der rechten Szene oder Links zu Artikeln (Selbstdarstellung der Szene). Im Internetshop gibt es neben Musik Merchandising-Artikel wie Bekleidung, Fahnen, Bücher, Sticker und so weiter. Interaktive Elemente für die "Community" sind Diskussionsforen und Chatrooms. Außerdem gibt es Newsletter. Rechtsradikale Thesen thematisieren und problematisieren Die Schülerinnen und Schüler dürfen mit den rechtsradikalen Symbolen und Parolen nicht alleine gelassen werden. Deshalb müssen rechtsradikale Thesen identifiziert und in ihrer Problematik thematisiert werden. Im Unterricht sollte daher besprochen werden, wodurch sich die Portale als rechtsradikal ausweisen (zum Beispiel durch die Titel von CDs, Bands oder Büchern, durch NS-Symbole, durch die Gestaltung der Cover und so weiter). Weiterhin ist es möglich zu untersuchen, wie sich die Szene dort selbst darstellt. Gerade die vermeintliche Normalität der Seiten muss problematisiert werden (Frage: Wo gibt es eindeutige inhaltliche Unterschiede zu nicht rechtsradikalen Seiten?). Wer im Unterricht nicht direkt die Vertriebsportale des Rechtsrock nutzen will, muss auf andere, "indirekte" Informationen im World Wide Web zurückgreifen. Geeignet sind zum Beispiel die folgenden Internetadressen: Bundesamt für Verfassungsschutz: Rechtsextremismus Neben allgemeinen Informationen sind weitere Publikationen wie der "Bericht zu Rechtsextremistischen Skinhead-Musikvertrieben im Internet" und CD-ROMs zu Rechtsextremismus oder dem rechtsextremistischen "Projekt Schulhof" verlinkt. Mehr Informationen Weiterführende "Internetressourcen" zu rechtsextremistischen Online-Portalen und Rechtsrock allgemein finden Sie auf der Starseite zur Unterrichtseinheit in der Rubrik "Zusatzinformationen". Unter den angegebenen Internetadressen finden Sie die Texte der verschiedenen Titel, die im Zusammenhang mit dem Thema Rechtsrock analysiert werden können. Zusätzliche Hörbeispiele sind gegebenenfalls im Internet verfügbar und müssen recherchiert werden, sofern sie im Unterricht nicht auf CD vorliegen.

  • Politik / WiSo / SoWi / Musik
  • Sekundarstufe I

Demokratie und Menschenrechte in Deutschland

Unterrichtseinheit

In dieser Unterrichtseinheit zum Thema "Demokratie und Menschenrechte" wird die Entwicklung der Demokratie in Deutschland von 1871 bis 1989/90 erarbeitet. Mit NS- und SED-Regime existierten im 20. Jahrhundert auf dem Boden des heutigen Deutschlands zwei Diktaturen, die das Menschenbild und das politische System der Demokratie grundlegend ablehnten, bekämpften und vorübergehend beseitigten. Jugendliche nehmen das politische System, in dem sie aufwachsen, als etwas Selbstverständliches wahr. In der Bundesrepublik Deutschland ist dies die parlamentarische Demokratie, die den deutschen Bürgerinnen und Bürgern durch das Grundgesetz umfassende Freiheitsrechte garantiert. Doch war das schon immer so? Durch den historischen Blick auf die deutsche Geschichte von 1871 bis 1989/90 sollen die Schülerinnen und Schülern erkennen, dass Demokratie, Freiheit und Rechtsstaatlichkeit zu keinem Zeitpunkt stabil waren - und Verstöße gegen die demokratische Grundordnung auch in der Gegenwart passieren können. Freie Computerarbeit Mithilfe eines historischen Längsschnitts wird die Entwicklung der Demokratie in Deutschland von 1871 bis 1989/90 erarbeitet. Die Epochen der deutschen Geschichte sind in fünf Lernbausteine eingeteilt. Zu jedem Lernbaustein gibt es ein Arbeitsblatt, das von den Schülerinnen und Schülern in Zweiergruppen selbstständig am Computer erarbeitet werden soll. Diese freie Computerarbeit beginnt jedes Mal mit einer Geschichtsdokumentation, die sich die Schülerinnen und Schüler im Internet ansehen können. Auf dem Arbeitsblatt sind Fragen zu den Dokumentationen vermerkt. Medien und Quellen Filme und gerade Dokumentationen wirken auf Heranwachsende sehr authentisch. Doch auch bei audio-visuellen Medien handelt es sich um eine Form der Geschichtsdarstellung. Deswegen ist es notwendig, jeden Lernbaustein um Bild- und Textquellen zu ergänzen. Dadurch können die Schülerinnen und Schüler einschätzen, ob die filmische Darstellung eines bestimmten Themas mit den Quellen übereinstimmt. Darüber hinaus können den Quellen vertiefende Informationen zu einem Ereignis entnommen werden, die in filmischen Umsetzungen oftmals nur unvollständig oder oberflächlich behandelt werden. Ablauf der Unterrichtseinheit "Demokratie und Menschenrechte" Fünf Lernbausteine zur Unterrichtseinheit Anhand von fünf Lernbausteinen erarbeiten die Schülerinnen und Schüler die Entwicklung der Demokratie in Deutschland von 1871 bis 1989/90 in freier Computerarbeit. Fachkompetenz Die Schülerinnen und Schüler können die Entwicklung der Demokratie in Deutschland von 1871 bis 1989/90 strukturiert zusammenfassen. lernen allgemeine Merkmale einer freiheitlich-demokratischen Grundordnung kennen: Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit, Gewaltenteilung, Meinungsfreiheit und -vielfalt, Pluralismus der Lebensformen, Reisefreiheit, Pressefreiheit und Selbstbestimmung. erkennen, dass Diktaturen das Wesen von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit unterdrücken und bekämpfen. erkennen, dass es in allen Epochen der deutschen Geschichte Verstöße gegen die demokratische Grundordnung gegeben hat. leiten daraus ab, dass Demokratie und Menschenrechte aktiv geschützt werden müssen, um diese zu erhalten (historisch-politisches Lernen). Medien- und Methodenkompetenz Die Schülerinnen und Schüler entnehmen aus Text- und Bildquellen sowie Geschichtskarten und Schaubildern aus dem Internet gezielte Informationen. lernen Geschichtsdokumentationen als eine Form der Darstellung von Geschichte kennen. entnehmen den Dokumentationen zielgerichtete Informationen. lernen, Szenen aus Geschichtsdokumentationen mit Quellen zu vergleichen. sind fähig, alle historischen Quellen und Darstellungen durch Fragen mit unterschiedlichen Anforderungsniveaus (I. Reproduktion, II. Analyse, III. Reflexion) eigenständig oder in Gruppenarbeit zu beantworten. können eigenständig mit Textverarbeitungsprogrammen umgehen. Sozialkompetenz Die Schülerinnen und Schüler sind in der Lage, in Arbeitsgruppen eigenständig zu arbeiten. können umfangreiches Arbeitsmaterial zu einem Thema untereinander aufteilen. entwickeln aus der historischen Betrachtung der Verletzung von Demokratie und Menschenrechten Zivilcourage und Nonkonformismus für die Gegenwart. Einführung und kurze historische Einordnung Die Gründung des ersten deutschen Nationalstaates 1871 war nicht das Projekt ihrer Bürger, sondern der politischen und ökonomischen Eliten. Durch einen Vergleich von Text- und Bildquellen mit einigen Filmausschnitten aus der Dokumentation "Bismarck und die Deutschen" kann die antidemokratische Grundstruktur des Kaiserreiches verdeutlicht werden. Eine politische Partizipation der (männlichen) Bevölkerung war gegeben, doch sie war stark eingeschränkt. Politische Parteien, die Bismarcks Ansichten nicht teilten und heute ein Teil der demokratischen Grundordnung sind, wurden damals zu "Reichsfeinden" erklärt. Exemplarisch wird das Schicksal der Sozialistischen Arbeiterpartei im Arbeitsblatt thematisiert. Durch das sogenannte "Sozialistengesetz" von 1878 wurden alle sozialistischen Parteien und Gewerkschaften verboten. Einführung und kurze historische Einordnung Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges endete das Deutsche Kaiserreich. Durch die Weimarer Reichsverfassung entstand in Deutschland eine parlamentarische Demokratie. Alle Deutschen, die über 20 Jahre alt waren, durften wählen, erstmals auch Frauen. Doch während des gesamten Verlaufs der Weimarer Republik bestand kein Grundkonsens über die neue politische Ordnung von Freiheit und Demokratie. Mithilfe der Dokumentation und zahlreicher Quellen sollen die Schülerinnen und Schüler Ursachen erarbeiten, weshalb viele Menschen die erste deutsche Demokratie des 20. Jahrhunderts ablehnten. Einführung und kurze historische Einordnung Dieser Lernbaustein thematisiert die Frühphase des Nationalsozialismus von 1933 bis 1935. In diesem Zeitraum vollzogen sich der Bruch mit der Demokratie von Weimar und die Errichtung der nationalsozialistischen Diktatur. Mithilfe der Dokumentation "Die Gleichschaltung, 1933 bis 1935" und ausgewählter Text- und Bildquellen sollen die Schülerinnen und Schüler nachvollziehen, wie Adolf Hitler die demokratische Ordnung von Weimar zerstörte: Menschenrechte wurden beseitigt, die Gewaltenteilung abgeschafft. Minderheiten und Andersdenkende wurden verhaftet und entrechtet, was in der offenen Diskriminierung und Ausgrenzung der jüdischen Bevölkerung gipfelte. Im Reichsbürgergesetz vom 15. September 1935 wurden sie zu "Bürgern minderen Rechts", ein fundamentaler Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung aller Menschen. Einführung und kurze historische Einordnung Mit der Unterzeichnung und Verkündung des Grundgesetzes am 23. Mai 1949 war die Bundesrepublik Deutschland gegründet. Der westdeutsche Bundesstaat entwickelte sich zu einer parlamentarischen Demokratie, die bis in die Gegenwart gilt und eine große Strahlkraft besitzt. Die Schülerinnen und Schüler sollen die wichtigsten Artikel des Grundgesetzes erarbeiten und mithilfe der Dokumentation "Die Bonner Republik 1949-1998, Die Ära Adenauer" und ausgewählter Quellen erläutern, warum diese Verfassungsordnung große Akzeptanz fand. Doch im politischen Alltag wurden die im Grundgesetz verankerten Grundrechte verletzt, was exemplarisch an der "Spiegel"-Affäre (1962) aufgezeigt werden soll. Ein Grundrecht der demokratisch-pluralistischen Ordnung, die Presse- und Meinungsfreiheit, wurde während dieser Staatsaffäre verletzt. Einführung und kurze historische Einordnung Nach der Gründung der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) am 7. Oktober 1949 übernahm die Sozialistische Einheitspartei Deutschland (SED) in allen Bereichen von Politik, Gesellschaft, Wirtschaft und Kultur die Kontrolle. Die Schülerinnen und Schüler sollen erkennen, wie die Menschen in der DDR in der Ausübung ihrer Freiheitsrechte eingeschränkt wurden. Durch den Bau der Berliner Mauer 1961 wurden die Bürgerinnen und Bürger ihres Rechts auf Freizügigkeit beraubt. Das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) schuf einen Überwachungsapparat, in dem die eigene Bevölkerung systematisch überwacht und unterdrückt werden konnte. Mithilfe der Dokumentation "Der Fall der Berliner Mauer, Teil 1" finden die Schülerinnen und Schüler heraus, wie es zur friedlichen Revolution von 1989 kam und welche Ereignisse die Wiedervereinigung des geteilten Deutschlands ermöglichten.

  • Geschichte / Früher & Heute / Politik / WiSo / SoWi
  • Sekundarstufe I, Sekundarstufe II

Föderalismusreform: Was länge währt....

Unterrichtseinheit

In Deutschland geht großen Reformen in vielen Fällen ein langwieriges politisches Tauziehen voraus, denn nicht nur die Parteien müssen sich darüber verständigen, parallel müssen auch die Interessen von Bundestag und Bundesrat vereint werden.Da die Interessen des Bundes und der Länder häufig unterschiedlich sind, ist dies keine leichte Angelegenheit. Wenn darüber hinaus auch die politischen Mehrheiten in Bundesrat und Bundestag unterschiedlich verteilt sind, dann kann die Regierung nur aufgrund ihrer Bundestagsmehrheit nichts verändern und die Lage wird noch komplizierter. Häufig führt dies dazu, dass die eine Institution die andere blockiert und Umgestaltungen verhindert. Das liegt daran, dass Deutschland ein Bundesstaat ist, die Kompetenzen von Bund und Ländern aber, anders als in den meisten föderalen Staaten, nicht klar abgegrenzt sind.Die Schülerinnen und Schüler sollen das föderale Staatssystem Deutschlands und die Kernpunkte der Föderalismusreform kennen lernen. das Verhältnis von Bundestag und Bundesrat reflektieren und analysieren. die Entwicklung des Reformvorhabens nachvollziehen und die Positionen der Parteien vergleichen. den Verlauf und die Zuständigkeiten von Gesetzgebungsverfahren analysieren. das Internet als Informations- und Recherchemedium nutzen. Thema Föderalismusreform Autor Michael Bornkessel Fach Politik, Sozialwissenschaften Zielgruppe Sek I und II, ab Klasse 7 Zeitaufwand je nach Intensität und Schwerpunktsetzung 1-3 Stunden Medien je ein Computer mit Internetnutzung für zwei Schülerinnen und Schüler Die fehlende Abgrenzung der Kompetenzen von Bund und Ländern zeigt das Beispiel der Finanzen: Zwar geben die Bundesländer in eigener Verantwortung jede Menge Geld aus, doch können sie, bis auf wenige Ausnahmen, weder eigene Steuern erheben noch Steuersätze festlegen. Auch bei umfangreicheren Investitionen haben die Länder alleine kaum Handlungsspielraum. Historische Entwicklung Ein Überblick der historischen Entwicklung zeigt die sich verändernden Kompetenzen der Länder seit der Weimarer Republik. Deutschland - ein Bundesstaat Der Aufbau des föderalen Bundesstaates sowie die Spielräume von Bund und Ländern in der Gesetzgebung stellen eine gute Einführung in das Thema dar. Kernpunkte der Reform Die Föderalismusreform soll die Verantwortungen und Kompetenzen des Bundes und der Länder neu und eindeutiger regeln. Weimarer Republik und NS-Zeit Bereits in der Weimarer Republik (1918-1933) gab es verschiedene deutsche Länder mit eigenen Regierungen und einen "Reichsrat", der zusammen mit dem "Reichstag", dem Parlament, am Gesetzgebungsprozess beteiligt war. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurden die Länder "gleichgeschaltet", wodurch sie zwar weiterhin als Bundesländer existierten, ihr staatliches Eigenleben und ihre politischen Einflussmöglichkeiten allerdings einbüßten. Sie verkümmerten letztlich zu einem "verlängerten Arm" der nationalsozialistischen Reichsregierung, um deren Politik bedingungslos durchzusetzen. Neuordnung nach 1945 Die heutigen Bundesländer sind das Ergebnis der territorialen und strukturellen Neugliederung nach 1945. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges trafen sich die drei großen Alliierten (USA, Sowjetunion und Großbritannien) vom 17. Juli bis zum 2. August 1945 zur so genannten "Potsdamer Konferenz" (eigentlich Dreimächtekonferenz von Berlin) und berieten, wie es mit Deutschland weiter gehen sollte. Sie bestätigten unter anderem die bereits während der Konferenz von Jalta (4. Februar bis zum 11. Februar 1945) beschlossene Aufteilung Deutschlands in verschiedene Besatzungszonen. Die ersten Länder entstanden im Juli 1945 in der sowjetischen Besatzungszone, allerdings plante die Sowjetunion einen zentralistischen Staat, in dem die Länder lediglich Verwaltungseinheiten ohne weitere politische Kompetenzen sein sollten. 1952 verloren die Länder der damaligen Deutschen Demokratischen Republik (DDR) ihre Verwaltungsfunktionen - an ihre Stelle traten 14 Bezirke und Ost-Berlin. 1949: Geburtsjahr der Bundesrepublik Deutschland In den Jahren 1946/47 entstanden in den drei westlichen Besatzungszonen die meisten westdeutschen Bundesländer - als letztes westdeutsches Bundesland wurde das Saarland am 1. Januar 1957 Teil der bereits gegründeten Bundesrepublik Deutschland. Insbesondere die Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika wollte nach dem Krieg in den drei Westzonen einen föderalen deutschen Bundesstaat schaffen, in dem die Länder eine wichtige politische Rolle spielen sollten. Das föderale Konzept setzte sich schließlich nach einigen politischen Auseinandersetzungen, auch zwischen den drei West-Alliierten, durch. Im Grundgesetz, das am 23. Mai 1949 verkündet wurde, heißt es nun in Artikel 20, Absatz 1: "Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat". Föderale Prinzipien Das föderale Prinzip schlägt sich auch bei der Gesetzgebung nieder. So haben nach Artikel 70 des Grundgesetzes (GG) die Länder das Recht, Gesetze zu erlassen. Dies gilt allerdings nur, soweit das Grundgesetz nicht dem Bund dafür die Befugnis verleiht. Grundsätzlich ist die Gesetzgebung somit Ländersache - es sei denn, es ist ausdrücklich vorgesehen, dass eine Bundeszuständigkeit zweckmäßiger erscheint. Subsidiaritätsprinzip Es gilt das so genannte Subsidiaritätsprinzip, welches besagt, dass die Entscheidungen auf die niedrigste mögliche Ebene verlagert werden sollen - hier auf die einzelnen Länder. Grundsätzlich hat das Grundgesetz die Zuständigkeit in die ausschließliche, die konkurrierende und die Rahmengesetzgebung des Bundes unterteilt. Über die Rahmengesetze kann der Bund in die Kompetenzen der Länder eingreifen und bundesweite Standards festlegen. Bei dem großen Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung darf der Bund laut Artikel 72 Abs. 2 GG nur dann Gesetze verabschieden, "wenn und soweit die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet oder die Wahrung der Rechts- oder Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse dies erforderlich macht". Auch die Länder können in diesem Bereich Gesetze erlassen, allerdings nur, "soweit der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit nicht durch Gesetz Gebrauch gemacht hat" (Art. 72 Abs. 1 GG). In den ersten Jahren der Bundesrepublik hatten die Länder noch einen relativ großen Spielraum, inzwi-schen hat der Bund jedoch eine Menge Gesetze erlassen, durch welche sich die Gestaltungsmöglichkeiten der Länder verringert haben. Im Laufe der Zeit hat sich in Deutschland eine besondere Föderalismusform entwickelt: Der Bund und die Länder grenzen sich nach ihren Funktionen ab, nicht nach ihren Kompetenzbereichen, das heißt, die Bundesebene erlässt einen Großteil der Gesetze und die Länder kümmern sich dann um deren Vollzug. So wirken die Länder an der Gesetzgebung des Bundes mit und der Bund finanziert einen Teil der Investitionen, die eigentlich die Länder tragen müssten. Bundestag und Bundesrat mussten vielen Gesetzesvorhaben zustimmen, was aufgrund der oftmals unterschiedlichen Interessen von Bund und Ländern nicht immer einfach war. Die politische Zusammensetzung der beiden Organe spielte dabei eine noch größere Rolle. So blockierte während der letzten Legislaturperiode der rot-grünen Bundesregierung (2002-2005) der von der Union dominierte Bundesrat eine Reihe von Vorhaben der Bundesregierung und stimmte nur ausnahmsweise, etwa bei der Verabschiedung der Hartz IV-Gesetze, zu. Im Jahr 1997 hatte der damals SPD-dominierte Bundesrat die Steuerreform der CDU/CSU-FDP-Regierung unter Bundeskanzler Helmut Kohl abgeblockt. Bundestagsopposition kann Entscheidungen im Bundesrat verhindern Auch wenn die Bundesregierung im Bundestag eine Mehrheit der Abgeordneten hinter sich hat, so muss dies im Bundesrat nicht unbedingt der Fall sein. Er setzt sich aus Mitgliedern der 16 Landesregierungen zusammen und soll die Interessen der Länder auf Bundesebene wahren, sie aber auch in Einklang mit den Belangen des Bundes bringen. Doppelfunktion der Mitglieder Alle Bundesratsmitglieder nehmen eine Doppelfunktion wahr, denn sie üben ein Landesamt und zugleich ein Bundesamt aus, sind somit Landes- und Bundespolitiker. Da jedes Bundesland eine eigene Landesregierung wählt, kann die Regierungskoalition im Bundestag nur bedingt auf eine Mehrheit im Bundesrat bauen. Das heißt, die Oppositionsparteien sind im Bundestag zwar in der Minderheit, sie können durch ihre Beteiligung an einigen Landesregierungen aber Gesetzesvorhaben auf Bundesebene per Bundesratsabstimmung stoppen oder Kompromisse erzwingen. Trägheit bei notwendigen Veränderungen Die aufgezeigten Strukturen sorgen dafür, dass eine breite Mehrheit in Bundestag und Bundesrat die politischen Veränderungen tragen muss. Die Lage in den letzten Jahren war zwar stabil, allerdings haben sich im Laufe der Zeit viele notwendige Reformen aufgestaut, weil es dafür keine ausreichende Mehrheiten in den beiden Organen gab. Der Begriff "Reformstau" veranschaulicht diese Entwicklung. Unklare Verantwortungen Darüber hinaus hat die große Zahl der gemeinsamen Zuständigkeiten von Bund und Ländern die Verantwortung für die politische Entscheidungen immer mehr verwischt. Wenn Reformen scheiterten oder nur mäßige Ergebnisse herauskamen, dann war dem Bürger häufig nicht klar, wer dafür die Verantwortung trug. Aus diesem Grund gab es schon früh Bestrebungen, das gewachsene Gestrüpp der föderalen Beziehungen und Verantwortlichkeiten zwischen dem Bund und den Ländern neu zu ordnen. Erste Vorüberlegungen der Länder über eine Föderalismusreform gab es bereits Mitte der 90er Jahre. 2002/2003 tagte dann eine Arbeitsgruppe, der auf Länderseite Bayerns damaliger Staatskanzlei-Chef Erwin Huber (CSU) und sein Bremer Kollege Reinhard Hoffmann (SPD) angehörten. Im Oktober 2003 haben Bundestag und Bundesrat beschlossen, eine gemeinsame Kommission zur "Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung" einzusetzen. Diese sollte Vorschläge erarbeiten, um die Handlungs- und Entscheidungsfähigkeit von Bund und Ländern zu verbessern, die politischen Verantwortlichkeiten deutlicher zuzuordnen sowie die Zweckmäßigkeit und Effizienz der Aufgabenerfüllung zu steigern. Die Kommission unter Vorsitz von Edmund Stoiber (CSU) und Franz Müntefering (SPD) bestand aus jeweils 16 stimmberechtigten Mitgliedern aus Bundestag und Bundesrat sowie weiteren beratenden Mitgliedern, Gästen und Sachverständigen. Politischen Handlungsspielraum erhöhen Die konstituierende Sitzung fand am 7. November 2003 im Plenarsaal des Bundesrates statt. Insgesamt traf man sich, einschließlich der letzten Sitzung am 17. Dezember 2004, elf Mal. Der Bund wollte vor allem die Zahl der zustimmungspflichtigen Gesetze im Bundesrat deutlich reduzieren und so wieder mehr politischen Handlungsspielraum gewinnen. Die Länder wollten dagegen ihre Gestaltungsmöglichkeiten neu definieren, die sie durch immer mehr Bundesgesetze und vor allem durch die zunehmende Zahl von EU-Vorschriften gefährdet sahen. Scheitern an der Bildungspolitik Die 16 Bundesländer wollten sich gegenüber Berlin und Brüssel als eigenständige politische Einheiten behaupten und es sah schon so aus, als seien die Gespräche von Erfolg gekrönt. Letztlich scheiterte die Reform an der Bildungspolitik, über deren Neuordnung man sich in einem speziellen Aspekt nicht einig wurde: CDU und SPD konnten sich nicht über die Kompetenzen des Bundes im Hochschulwesen verständigen. Die Union sprach sich dafür aus, dass der Bund sich aus diesem Bereich fast völlig zurückziehen soll. Die SPD wollte zwar die Strukturen reformieren und den Ländern finanzielle Verbesserungen bieten, allerdings sollte der Bund nach Vorstellung der Sozialdemokraten bei der Bildungspolitik weiterhin eine wahrnehmbare Rolle spielen. Im Dezember 2004 erklärte man das Vorhaben für gescheitert. Verhandlungen der Großen Koalition Im Rahmen der Koalitionsverhandlungen zwischen CDU/CSU und SPD griff man die Föderalismusreform wieder auf und erklärte sie zu einem der wichtigsten Reformvorhaben der neuen Regierung. So einigten sich die beiden Regierungsparteien bereits während der Koalitionsverhandlungen auf ein gemeinsames Konzept und auch die Regierungschefs der Länder stimmten diesem Paket Mitte Dezember 2005 zu. Mitbestimmung der Länder bei Bundesgesetzen reduziert Die Große Koalition hat in einem ersten Schritt die Verantwortlichkeiten zwischen Bund und Ländern transparenter geregelt und die Zahl der Gesetze, denen der Bundesrat zustimmen muss, reduziert: waren es vor der Reform rund 60 Prozent, sollen es jetzt nur noch 35 bis 40 Prozent sein. Die Länder können nun nicht mehr nur deshalb bei Bundesgesetzen mitbestimmen, weil ihre Verwaltungen sie umsetzen müssen. Nach der Reform ist die Zustimmung nur dann noch erforderlich, wenn die Länder in den Gesetzen zu Leistungen gegenüber Dritten verpflichtet werden. Zuständigkeiten statt Gesetzgebung Insgesamt verzichteten die Länder auf Macht und Einspruchsmöglichkeiten gegen Bundesgesetze und erhielten dafür andere Zuständigkeiten zurück. Der Koalitionsbeschluss sieht vor, eine ganze Reihe Kompetenzen ganz in die Zuständigkeit der einzelnen Bundesländer zu geben, wie zum Beispiel Versammlungsrecht, Ladenschluss, Presserecht und Gaststättenrecht. Dadurch will die Bundesregierung die in der Vergangenheit aufgetretene gegenseitige Blockade von Bundestag und Bundesrat bei der Verabschiedung von umstrittenen Gesetzen verhindern. Bildung ist Ländersache Auch für das Hochschulwesen, an dem die Verhandlungen im Dezember 2004 gescheitert waren, fand man eine Lösung: Wenn der Bund im Bereich der Hochschulzulassung und -abschlüsse bereits gesetzgeberisch tätig war, dann können die Länder nun davon abweichende Regelungen beschließen. Ansonsten hat sich der Bund aus der Bildungspolitik fast vollständig zurückgezogen und diesen Bereich den einzelnen Ländern überlassen. Der Bund kann daher auch keine Bildungsprojekte wie das Ganztagsschulprogramm mehr auflegen. Die Große Koalition hat außerdem vereinbart, die Kompetenzen des Bundeskriminalpolizeiamtes zu erweitern. So ist der Bund nun zuständig für "die Abwehr von Gefahren des internationalen Terrorismus durch das Bundeskriminalpolizeiamt in Fällen, in denen eine länderübergreifende Gefahr vorliegt, die Zuständigkeit einer Landespolizeibehörde nicht erkennbar ist oder die oberste Landespolizeibehörde um eine Übernahme ersucht." Die Föderalismusreform wirkt sich bis in den Bereich der Europapolitik aus, immerhin fallen auch auf EU-Ebene Entscheidungen, welche die Kompetenzbereiche der Länder betreffen. Daher wollte man die europapolitische Zusammenarbeit von Bund und Ländern generell verbessern, beispielsweise dadurch, dass der Bundesrat bereits im Vorfeld von EU-Entscheidungen Stellung nehmen kann. Im Speziellen wurde in dem neuen Artikel 109 Abs. 5 ein "nationaler Stabilitätspakt" für Deutschland umrissen und in Artikel 104a Abs. 6 erstmals geregelt, in welchem Umfang sich Bund und Länder an möglichen Straf-zahlungen, etwa weil ein Bundesland eine EU-Richtlinie nicht umgesetzt hat, beteiligen. Der "nationale Stabilitätspakt" regelt, wie viel der Bund und wie viel die Länder bezahlen müssen, sollte die Europäische Union Deutschland wegen eines Verstoßes gegen den europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakt zu einer Geldstrafe verurteilen: der Bund soll 65, die Länder 35 Prozent zahlen. Zuerst die Politik, dann die Finanzen Die so genannte Föderalismusreform I trat zum 1. September 2006 in Kraft, doch allen Beteiligten war klar, dass man damit nicht noch nicht am Ende war. Während es bislang vor allem um die Neuverteilung der politischen Kompetenzen zwischen Bund und Ländern ging, stehen im Mittelpunkt der so genannten Föderalismusreform II die Finanzen. Eine neue Kommission Bundestag und Bundesrat haben am 15. Dezember 2006 beschlossen, eine gemeinsame Kommission zur "Modernisierung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen" einzurichten. Sie soll Vorschläge erarbeiten, um die Finanzbeziehungen zu modernisieren und diese den veränderten Rahmenbedingungen innerhalb und außerhalb Deutschlands für die Wachstums- und Beschäftigungspolitik anzupassen. Die Kommission setzt sich aus je 16 Mitgliedern von Bundestag und Bundesrat zusammen, hinzu kommen vier Abgeordnete aus den Landtagen und Vertreter der Kommunen, die allerdings nicht stimmberechtigt sind. Das erste Treffen fand am 8. März statt; SPD-Fraktionschef Peter Struck und Baden-Württembergs Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU), die beiden Vorsitzenden der Föderalismusreform-II-Kommission, wollen die Arbeit bis Anfang 2009 abschließen.

  • Politik / WiSo / SoWi
  • Sekundarstufe I, Sekundarstufe II

Die rechte Musikszene: Thema im Unterricht

Unterrichtseinheit

"Musik von Rechts“ ist nach wie vor die Einstiegsdroge Nummer 1 in die rechte Gewaltszene. Der fachdidaktische Artikel liefert Hintergrundinformationen, denn Rechtsrock sollte im Musikunterricht durchaus ein Thema sein. Ende 2003 gab es in Deutschland nach Angaben des Verfassungsschutzes 169 rechtsextremistische Organisationen und Gruppen. Damit ging ihre Zahl im Vergleich zum Vorjahr um acht Prozent zurück. Dennoch sind rechtsextreme Bands und Organisationen weiter sehr aktiv - auch im Internet. Mit Hintergrundinformationen zur Szene, zur Bedeutung ihrer Musik und zu den Vertriebswegen will dieser Artikel Lehrerinnen und Lehrern die Behandlung des Themas im Unterricht erleichtern. Leichter Rückgang des Rechtsextremismus Rechtsrock ist schon mehrfach Gegenstand musikpädagogischer Beiträge und Diskussionen gewesen. Auch wenn der Verfassungsschutzbericht 2004 einen leichten Rückgang des rechtsextremistischen Personenpotenzials konstatiert, spielt die rechtsextremistische Skinhead-Musikszene nach wie vor eine bedeutende Rolle bei der Entstehung und Festigung von Gruppen rechtsextremistischer gewaltbereiter Jugendlicher. Rechtsrock ist nach wie vor die Einstiegsdroge Nummer 1 ins Milieu. Rechte Konzerte nehmen zu Rechtsrock-Bands sind keine Randerscheinung. Die Zahl der Konzerte ist seit Jahren erstmals wieder gestiegen, was sich durch einen vermehrten Rückzug der Szene in privat genutzte Räumlichkeiten erklärt. Nach Angaben der Verfassungsschützer existieren circa 90 Faschobands und 50 Labels in Deutschland. Der Versandhandel über das Internet und mehr als 30 Läden blüht, ebenso der Vertrieb von Fanzines. Rund 1.000 deutsche rechtsextremistische Homepages sind bekannt. Die Szene ist sehr aktiv und stets im Wandel begriffen. Die Rechtsrock-Szene Die Anhänger der rechten Szene werden immer jünger. Rechtsrock als Musikform Rechtsrock lässt sich nicht auf einen einzigen Musikstil beschränken. Textmerkmale des Rechtsrock Die Analyse im Unterricht zeigt, dass Rechtsrock-Texte keinesfalls harmlos sind. Hohe Fluktuation bei Anhängern Das rechte Milieu zeichnet sich durch eine gewisse Offenheit und Durchlässigkeit aus. Zum einen gelangen Jugendliche leicht in das rechte Milieu, verlassen es aber ebenso schnell wieder. Wer jedoch schon teilweise durch die rechte Gewalt-Szene sozialisiert wurde, kommt schwerer wieder heraus. Anhänger kommen aus der Action-Szene, aber auch von den Manieristen (Angestellten-Milieu, Erlebnisgesellschaft). Arbeitslosigkeit, Konflikte mit Institutionen, niedrige Bildung können eine rechtsradikale Orientierung verstärken, doch der Anschluss an Jugendgruppen erfolgt oft situativ, weil sich beispielsweise die Freunde angeschlossen haben. Teilweise besteht hinsichtlich der völkischen Orientierung auch eine Übereinstimmung zwischen den Jugendlichen und ihren Eltern. (Baacke 2000, S. 84-105) Geringe Schulbildung, größere Anfälligkeit Eine neue Studie, bei der über 5.000 bayerische Schülerinnen und Schüler verschiedener Schulformen befragt wurden, zeigt, dass mit der Schulbildung die Gewaltakzeptanz und die rechtsextremistische Orientierung abnehmen. Eine besonders starke Affinität zu rechtsextremen Positionen und zugleich zur Gewalt gibt es bei Haupt-, Berufs- und Realschülern, wobei es sich um ein dominant männliches Phänomen handelt. Eine besondere Rolle spielen die Cliquenzugehörigkeit und die Orientierung an bestimmten Jugendkulturen. Weitere Untersuchungen belegen, dass in diesen Gruppen Fremdenfeindlichkeit, Sexismus, Ethnozentrismus, eine positive Haltung zum Nationalsozialismus, Antisemitismus und eine Ideologie der Ungleichheit vorherrschen. Zwar sind die ermittelten Werte insgesamt relativ gering, doch durchaus signifikant und deshalb auch beachtenswert. (Fuchs u.a. 2002) Vielschichtige Motive Die Gründe für den Einstieg in die rechte Szene sind vielschichtig. Im Osten zählen dazu etwa die Schließung von Freizeittreffs. Die sozialen Lebensräume, die Arbeitslosigkeit oder der Alltag in der Schule werden als sinnlos empfunden. Bei Ungerechtigkeit (Ausländer und Fremde werden vermeintlich vom Staat bevorzugt), Ausgrenzung und Benachteiligung oder immer dann, wenn akzeptierte Werte wie Erfolg, Lebensfreude oder Selbstverwirklichung nicht erreichbar scheinen, wird der Rechtsextremismus als neuer Weg und neue Symbolwelt angesehen. (Baacke 2000, S. 97f) Musik als Mittel der Abgrenzung Begünstigt wird diese Entwicklung durch die veränderte Musikszene und die Einstellung zur Musik von Jugendlichen und Erwachsenen seit den 90er Jahren. Die Rock-/Popmusik in Deutschland ist in die gesellschaftliche Mitte gerückt. War diese Musik früher ein Mittel der Abgrenzung der Jugendlichen von den Erwachsenen, ist sie heute auch immer mehr die Musik der Erwachsenen und des etablierten Kulturbetriebes. Sogar Politiker nutzen Popmusik zum Aufpolieren ihres Images, wenn beispielsweise auf der Expo 2000 der deutsche Bundeskanzler zusammen mit den Scorpions auftritt. Extreme Pessimisten vertreten die Auffassung, dass ein Protest der Jugend gegen die Eltern über die "normale" Pop-/Rockmusik nicht mehr möglich sei, da die Eltern ja bereits mit dieser Musik - wenngleich auch mit anderen Gruppen - aufgewachsen sind. Als Ausweg bliebe nur noch der Rechtsrock, da dieser allgemein ein Negativimage hat. Motivation für die Musik Die Fans der Musik bilden sich nach Klaus Farin (Archiv der Jugendkulturen, S. 96f.) aus drei verschiedenen Motivationssträngen heraus: Ein Teil der Fans hört diese Musik aus ideologischer Übereinstimmung. Rechtsextreme und junge Rassisten lassen sich durch nazistische und rassistische Musik emotional wie ideologisch aufrüsten und in ihrer politischen Identität bestätigen. Für sie ist Rechtsrock der Sound zum Rassenkrieg. Ein kleiner Teil ist vorwiegend oder sogar ausschließlich an der Musik interessiert, nicht an den Inhalten. Ein weiterer Teil der Fans interessiert sich zwar für die Texte, ist aber selbst nicht unbedingt klar rechtsextrem orientiert. Wie stellt sich die Musik des Rechtsrocks heute dar? Über lange Zeit war Rechtsrock auf die Skinhead-Szene beschränkt - wenngleich nur ein Teil der Skinheads rechtsradikal ist - und Oi-Musik der Inbegriff der Szenemusik. Heute zeichnet sich ein wesentlich vielschichtigeres Bild ab. Die rechtsextremen Organisationen versuchen immer mehr, die musikalischen Abgrenzungen aufzuheben und infiltrieren möglichst viele Arten von Musik und Jugendkulturen. Das Spektrum reicht von Skinhead-Bands (Kraftschlag, Noie Werte), NS-Black-Metal (Burzum, Möbus von Absurd), Techno-Musik (etwa in Gabba), HipHop (MC Danana, Ronald Mac Donald), Hatecore als rechter Ableger von Hardcore (Wandteufel), volkstümlicher Musik (Zillertaler Türkenjäger), bis zu klassischer Bardenmusik (Annette, Rennicke), die gleichsam aus der Mitte der Gesellschaft kommt, oder der Gothic-Szene, die sich so sehr auf ihre Romantik in Schwarz beruft, und im Neofolk (Death in June) eine rechte Ausprägung erfahren hat. (Funk-Hennigs 1994; Baacke 2000; Archiv der Jugendkulturen 2001; Dornbusch 2002; im Internet: Informations- und Dokumentationszentrum für Antirassismusarbeit in NRW ) Eminem oder Rammstein: rechts ist schick Auch der Mainstream bleibt von rechten Einflüssen nicht verschont. Die Böhsen Onkelz haben sich offiziell von ihrer rechten Vergangenheit distanziert und konnten inzwischen im Mainstream Fuß fassen. Der amerikanische Rapper Eminem macht sich auf einer rein rhetorischen Ebene über Minderheiten wie Schwule lustig. Wo die Popmusik früher gerade die Rechte von Minderheiten eingeklagt hat, ist es heute eher schick geworden, den Erfolg auf Kosten von Minderheiten aufzubauen. Ein drittes Beispiel: Die Gruppe Rammstein, die zur "neuen deutschen Härte" zu rechnen ist, zitiert in ihrem Videoclip "Stripped" rechten Bildervorrat als bloße Ästhetik. Es handelt sich um eine Montage aus Aufnahmen von Leni Riefenstahls "Olympiade"-Film. (Büsser 2003, S. 41) Musik wird politisch instrumentalisiert Es wäre allerdings voreilig, jede der oben genannten Musikrichtungen als rechtsradikal einzustufen. Vielmehr muss man davon ausgehen, dass Musik grundsätzlich unpolitisch ist. Dadurch wird sie aber anfällig für politische Vereinnahmungen. Erst der (Kon)Text macht die Musik politisch. Dadurch ist keine Musikrichtung vor dem Angriff der rechtsextremen Szene gefeit. Handel, Internet und Konzerte Der Vertrieb erfolgt über Läden (circa 30), Labels (circa 50), den Handverkauf bei Konzerten oder anderen Szeneveranstaltungen (besonders in Tschechien und Polen), den legalen Versandhandel (zum Beispiel Deutsche Stimme-Verlag, Schwarze Fahne, Neue Doitsche Welle, Signal-Verlag, Thule Multimedia-Verlag, Wikingerversand, Nordversand) über das Internet (Mp3, Shopping, Radiosendungen) und natürlich den illegalen Markt. Adressen finden sich in einschlägigen Fanzines (zum Beispiel Blood & Honour-Magazin, Landser, Foier Frei!, Hamburger Sturm, White Supremacy, Signal, RockNORD). Vertrieb über das Ausland Restriktive staatliche Maßnahmen haben dazu geführt, dass viele Bands den Weg in den Untergrund angetreten haben. Die Produktion von CDs und anderen Fanartikeln wurde ins Ausland verlagert, oftmals auf verschiedene Firmen verteilt, so dass sich diese im Einzelnen oft gar nicht bewusst sind, was sie vertreiben. Besonders die nordischen und östlichen Länder werden hierbei bevorzugt. (Baacke 2000, S. 160-172) Die Texte des Rechtsrock sind geprägt durch ein Weltbild, in dem die Gewalt als konstitutives Spaß- und Erlebnismoment beschrieben wird. Deutschland wird ebenso wie die weiße Rasse verherrlicht ("White-Power"-Ideologie) und soll gegen verschiedene Feindbilder verteidigt werden. Neben einem archaischen Germanenkult zeigen viele Texte einen deutlichen Antisemitismus. Bei einer eingehenden, vergleichenden Analyse lassen sich allgemeine Merkmale herausarbeiten (Textauszüge gibt es beispielsweise in den Publikationen des Verfassungsschutzes oder anderer offizieller Stellen). National(sozialistisch)e Sturmtruppen fungieren als eine Art SA der Neuzeit. "Treue" und "Ehre" gelten als oberste Tugenden. Die deutsche Wehrmacht wird verherrlicht und beschönigt. Zur Rechtfertigung der eigenen Gewalttaten werden die Opfer angeführt, Verursacher sind nicht etwa die Täter. Der Tod wird mit apodiktischen Wendungen und Zeitadverbien beschrieben ("bis zum Schluss", "niemals", "ewig" …). Wegen härterer Repressionen greifen die Texte auf ältere Helden aus dem Kelten- und Germanenkult zurück ("Odins Krieger"). Frauen gibt es nur als Beiwerk oder Objekt unter der Parole "Ausländer nehmen uns unsere deutschen Frauen weg". "Emanzen" sind Feindbilder. Weibliche Skinheads werden in der Szene "Renees" genannt. Bier und Alkohol werden in der Szene kultisch gefeiert. Gegenüber anderen Drogen nimmt die rechte Szene jedoch eine ablehnende, fundamentalistische Haltung ein. Oberstes Feindbild sind Ausländer. Neben Asylanten und Schwarzen werden auch Einwanderer oder Juden zu ihnen gezählt. Rassistische Überfremdungsfantasien, Ängste und Neidgefühle sind Ursprung dieser Haltung. Die Texte verbreiten Thesen wie "Ausländer sind kriminell, bedrohen unsere Frauen, leben vom Staat auf unsere Kosten, nehmen uns Arbeitsplätze weg." Linke werden mit negativen Naturmetaphern (Affe, Gorilla, "Kommischweine" und so weiter) beschrieben. Zum feindlichen linken Spektrum zählen Antifas, Autonome, Punks und Hippies. Rechtsextremisten sind zwar für einen starken Staat, aber gegen eine Zensur und die vermeintliche Ungleichbehandlung zwischen linker und rechter Szene. Auch engagierte Christen zählen zu den Feindbildern. (Vergleiche Archiv der Jugendkulturen 2001, S. 36ff.) Verbote werden geschickt umgangen Um den staatlichen Verboten zu entgehen, werden Juristen angeheuert, die die Texte überprüfen und an die Grenzen der Legitimität führen. Barden wie etwa Frank Rennicke müssen die politischen Botschaften oftmals gar nicht aussprechen, denn zum einen singt das Publikum die Texte - damit ist die Band für die Polizei nicht greifbar - zum anderen genügen Anspielungen wie etwa "Rasse ist klasse", wobei als Pointe am Schluss des Songs der deutsche Schäferhund genannt wird. Jedem ist aber die eindeutige rechtsextreme Aussage klar. Archiv der Jugendkulturen (Hg.): Reaktionäre Rebellen. Rechtsextreme Musik in Deutschland, Berlin 2001. Baacke, Dieter / Farin, Klaus / Lauffer, Jürgen (Hg.): Rock von Rechts II. Milieus, Hintergründe und Materialien, Berlin 2000. Büsser, Martin: Vom Protestsong zum Rechtsrock. Der politische Bedeutungswandel in der Popkultur; in: nmz 3/2003. Dornbusch, Christian/Raabe, Jan (Hg.): RechtsRock. Bestandsaufnahme und Gegenstrategien, Münster 2002. Fuchs, Marek / Lamnek, Siegfried / Wiederer, Ralf: Querschläger. Jugendliche zwischen rechter Ideologie und Gewalt, Opladen 2003. (Bei dieser aktuellen Untersuchung wurden über 5.000 bayerische Schülerinnen und Schüler verschiedener Schularten aus den Jahrgangsstufen 8 bis 13 befragt.) Funk-Hennigs, Erika: Über die Rolle der Musik in der Alltagskultur der Skinheads; in: Beiträge zur Popularmusikforschung 13 (Hg. Helmut Rösing), Karben 1994, S. 46-78. Terhag, Jürgen: Rechtsradikale Jugendkulturen - Ein heikles Thema für den Musikunterricht; in: Musik in der Schule 2/2001, S. 4-9.

  • Politik / WiSo / SoWi / Musik
  • Sekundarstufe I
ANZEIGE