Philosophieren: ein dialektisches Streitgespräch
Unterrichtseinheit
In dieser Unterrichtseinheit wiederholen Lernende ab der Mittelstufe ihre Kenntnisse zur Formulierung eines stichhaltigen Argumentes und lernen es als Stilmittel der Philosophie kennen. Das Ziel der "Meta-Physik", des (kritischen) Nachdenkens über die Dinge hinter der Realität, die Ansätze des dialektischen Streitgespräches, des logischen Argumentierens, des Syllogismus und des sokratischen Philosophierens werden induktiv angestoßen, theoretisch erarbeitet und praktisch erprobt. Schülerinnen und Schüler des Philosophie-Unterrichts sollen sich als wahre Philosophen erleben, indem sie Methoden der Meta-Physik kennenlernen und erproben, die es ihnen erlauben, ihre Ideen und Gedanken in eine sprachliche Form zu bringen und miteinander philosophisch zu streiten. Einerseits erkennen sie dabei sowohl die klassische Form des Streitgespräches, wie sie sie bei einer Textanalyse herausarbeiten können und andererseits sollen die Vorgaben dieser Unterrichtseinheit sie ermutigen, selbst "unvoreingenommen" an alle möglichen Themen der Philosophie heranzugehen, indem sie sich ihre eigenen Gedanken hierzu machen, diese argumentativ strukturieren und im philosophischen Streitgespräch miteinander austauschen. Lernende ab der Mittelstufe verfügen durch den Deutsch- und Fremdsprachenunterricht über fundierte Vorkenntnisse zur Argumentation, die auch in Abiturprüfungen zu einer unvermeidlichen Herausforderung für viele Schülerinnen und Schüler gehört. Bis in höhere Jahrgangsstufen hinein fällt es vielen Schülerinnen und Schülern schwer, schriftliche Argumente zu erkennen oder selbst Argumente zu formulieren. Eine besondere Herausforderung ist dabei das zeitlich schnelle und häufig komplexe persönliche Gespräch, das jedoch gerade in der Philosophie einen besonderen Stellenwert einnimmt. Ein gut geführtes sokratisches Gespräch als alltagstaugliche Form des Philosophierens auch mit lernschwächeren Schülerinnen und Schülern kann am Ende dazu führen, dass die Lernenden motiviert werden, sich mit verschiedenen Themen der Philosophie genauer zu beschäftigen, wenn sie feststellen können, dass ihre eigenen Ideen und Diskussionen zu einer Hypothese zu ersten Erkenntnissen führen, die auch die großen Philosophen in ihren Theorien ansprechen. Es entsteht so ein Klima der konfliktfreien, wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit den Ansätzen und Vorstellungen anderer Gesprächsteilnehmer, die idealerweise als induktiver Einstieg in weiterführende Themen der Philosophie münden kann. Hier gelangen sie zur ausführlichen Beschreibung der einzelnen Unterrichtsstunden . Fachkompetenz Die Schülerinnen und Schüler erarbeiten sich philosophische Texte und Gedanken. erwerben ein angemessenes Verständnis von Fachbegriffen und verwenden diese sachgerecht. erkennen Widersprüche in Argumentationen und ermitteln Voraussetzungen und Konsequenzen dieser Widersprüche. führen Gespräche im Sinne eines sokratischen Philosophierens. legen philosophische Gedanken in schriftlicher Form dar. Medienkompetenz Die Schülerinnen und Schüler bearbeiten Texte inhaltlich und formal. gestalten eigene Texte und Schaubilder in der Textverarbeitung. tauschen digitale Ergebnisse untereinander aus und bearbeiten sie weiter. recherchieren online verfügbare Materialien und originale Textauszüge. Sozialkompetenz Die Schülerinnen und Schüler lernen das philosophische Streitgespräch als Weg kennen, auf wissenschaftlicher Grundlage eine gegenseitige Anerkennung und Achtung des Gesprächspartners zu wahren. begreifen die philosophische Dialektik als ein Prinzip der Kooperation. argumentieren vernunftgeleitet. Als induktiver Einstieg in die Thematik sollen die Lernenden zunächst von dem Grundlegendsten überhaupt ausgehen und herleiten, welches Ziel die Philosophie eigentlich verfolgt. Dazu werden sie über einen stummen Impuls in Form einer Tafelanschrift beziehungsweise bei lernschwächeren Lerngruppen mithilfe einer kurzen Lehrerinformation, in die Begrifflichkeit der "Meta-Physik" eingeführt. Der Tafelanschrieb könnte wie folgt lauten: Meta-Physik meta-physis (griechisch) = über/hinter-Natur = Philosophie In der Erarbeitungsphase gibt die Lehrkraft einige Impulse, die zum Nachdenken anregen sollen: Gibt es im Leben mehr als die Natur? Nennt synonyme Begriffe für "Natur" (zum Beispiel Realität, Wirklichkeit) Welche Aufgaben könnte philosophische Lehre haben? Womit beschäftigt sie sich? Durch diese Impulse zum Erleben der Natur (Wirklichkeit) und den Gedanken der Menschen dazu, was noch "dahinter" stehen könnte, kommen die Schülerinnen und Schüler zum Bearbeiten des ersten Arbeitsblattes, das die Meta-Physik und die Kritik der Meta-Physik näher erläutert. Zur Vertiefung und Sicherung des Gelernten sollen die Schülerinnen und Schüler die Hauptbegriffe, die in didaktischer Reduktion durch Unterstreichung im Text vorgegeben werden, als Schaubild umsetzen. Gleichzeitig üben sie sich hierbei in der Erstellung von Schaubildern (MindMaps, Clustern oder ähnlichem), gegebenenfalls durch eine passende Software oder - in vereinfachter Form - durch das Einfügen von Formen in der einfachen Textverarbeitung. In der darauffolgenden Unterrichtsstunde soll es dann um die Einführung in die Methode des dialektischen Philosophierens gehen. Zum Einstieg eignet sich eine Blitzrunde: Hier berichten die Lernenden von alltäglichen Situationen des Streitens. Die Lehrkraft schaltet einen Impuls hinterher, indem sie fragt, was denn der Unterschied zum Streit in den Wissenschaften/der Philosophie sein könnte. In Abgrenzung zum privaten/öffentlichen Streit, den die Lernenden exemplarisch aus ihrer eigenen Lebenswelt schildern, sollen sie mithilfe einer wissenschaftlichen Definition (Arbeitsblatt 2) die Besonderheit des philosophischen Streitens erkennen. Zur Sicherung des Gelernten teilen sie sich den Text selbst noch einmal in einem Textdokument in Sinnabschnitte mit Zwischenüberschriften (der kurze Text fordert dabei, genau zu lesen und in eigenen Worten die Themenbereiche zu erläutern) und formulieren noch einmal, als Rückgriff auf den Einstieg in die Stunde, den Unterschied zum privaten Streit. Sinnvoll wäre es danach, eine Internetrecherche zu verschiedenen Bereichen der Philosophie anzuschließen. Als dritte Unterrichtsstunde kann auf die Unterrichtseinheit Die Formulierung von Argumenten zurückgegriffen werden oder alternativ die gekürzte Form mithilfe von Arbeitsblatt 3 genutzt werden. Hier geht es um das stichhaltige Formulieren von Argumenten beziehungsweise den richtigen Aufbau eines Argumentes. Bei Schülerinnen und Schülern der Oberstufe oder der Erwachsenenbildung, die bereits klassische philosophische Texte kennengelernt haben, kann ein Auszug aus Platon Werk "Phaidon" als Beleg für die "künstliche", schriftliche Form des dialektischen Philosophierens gegeben werden. Als Exkurs bietet sich eine vierte Unterrichtsstunde an, die sich mit der Besonderheit des logischen Argumentierens beschäftigt. Durch die Beweise können sich die Lernenden in Sokrates Prinzip des Syollogismus einarbeiten, indem sie, seinem Muster folgend, auf spielerische Art und Weise eigene Hypothesen und Schlussfolgerungen formulieren (siehe Aufgaben auf dem Arbeitsblatt 4). In der fünften Unterrichtsstunde, die idealerweise eine oder sogar zwei Doppelstunden darstellt, üben sich die Lernenden im sokratischen Philosophieren. Als Einstieg eignet sich ein Tafelanschrieb, wobei ein stichhaltiges und ein nicht stichhaltiges Argument formuliert werden. "Die Diskussion ist eine wichtige Methode der Philosophie, weil man sich im Gespräch untereinander austauschen kann und so neue Ansichten kennenlernt. Durch eigene Beispiele können die eigenen Ansichten deutlich gemacht werden." "Diskutieren ist doof." Spontan äußern sich die Lernenden zu diesen Argumenten und beschreiben Inhalt und Aufgabe der Argumente. Sie bestimmen die These (Die Diskussion ist eine wichtige Methode), Beleg (weil man sich im Gespräch untereinander austauschen kann...) und Beispiel (Durch eigene Beispiele können die eigenen Ansichten deutlich gemacht werden) in Argument 1, eine Schülerin oder ein Schüler markiert dies an der Tafel. Die Lernenden reflektieren die Nicht-Stichhaltigkeit der unsachlichen Behauptung aus Beispiel 2 und formulieren weitere, ihnen bekannte Gesprächsregeln (zum Beispiel ausreden lassen, Höflichkeit). Als Vertiefung erfolgt der Vergleich zu empirischen Methoden der Naturwissenschaften (physikalische Gesetze, Beobachtung, mathematische Gesetzmäßigkeiten im Gegensatz zur philosophischen Erkenntnis). Zur Auswertung bearbeiten die Lernenden Arbeitsblatt 5. Sie erfahren mithilfe eines Informationstextes, dass der Ansatz des "freien" Sprechens über eine gegebene Hypothese auch ohne Vorkenntnisse, aber mithilfe einer klaren und stichhaltigen Argumentation zu weiterführenden Erkenntnissen führen kann, die einem Vergleich mit den großen Theorien der Philosophie standhalten können. Ein kurzes Unterrichtsgespräch sollte aufgetauchte Fragen klären und vorangegangene Gedanken klären. Die Unterrichtseinheit endet mit dem Führen eigener sokratischer Gespräche.
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Religion / Ethik
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Sekundarstufe I,
Sekundarstufe II,
Erwachsenenbildung