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Schulische Medienkonzepte und Medienentwicklungsplanung

Dossier

Am 15. März 2019 hat der Bundesrat den Weg frei gemacht für eine Grundgesetzänderung, die es dem Bund ermöglicht, die Digitalisierung an Schulen mit Milliardenhilfen voranzutreiben. Um finanzielle Mittel beantragen zu können, müssen Schulen einen Medienentwicklungsplan (MEP) vorlegen, sprich ein technisch-pädagogisches Konzept, denn ohne Konzept keine Ausstattung. Ein solches Medienkonzept soll den Rahmen für den Aufbau und die kontinuierliche Weiterentwicklung der Medienarbeit an der Schule bilden und eine Grundlage für inhaltlich und methodisch aufeinander abgestimmte Angebote für alle Schülerinnen und Schüler in allen Fächern schaffen. Schulische Medienkonzepte sollten stets das Primat der Pädagogik zu Grunde legen. Die Technik ist also nicht der Ausgangspunkt, sondern wird sinnvoll zur altersangemessenen Medienbildung in den Unterricht integriert. Das schulische Medienkonzept sollte neben einer Bestandsaufnahme also konkrete Ziele für die Unterrichtsentwicklung unter Einbezug digitaler Medien aufführen. In einem weiteren Schritt werden auf Basis dieser Ziele dann Maßnahmenpläne erarbeitet, die Konzepte zur kompetenzorientierten Medienbildung, zu Fortbildungen sowie zur technischen Ausstattung beinhalten. In diesem Dossier stellen wir Lehrkräften und Schulen unterstützende Artikel, Materialien und Informationen rund um die Themen Medienentwicklungsplanung, DigitalPakt und zukunftsorientiertes Lernen zur Verfügung.

  • Fächerübergreifend
  • Lehrerbildung und Schulentwicklung

Der Wert digitaler Bildung

Fachartikel
5,99 €

Dieser Fachartikel beschäftigt sich im Zusammenhang mit der KMK-Strategie "Bildung in der digitalen Welt" mit der Frage nach dem Wert digitaler Bildung. Dass in der Schule mit digitalen Medien gelernt wird, wird von der Mehrheit der Menschen grundsätzlich befürwortet (Wößmann, Lergetporer, Grewenig, Kugler & Werner, 2017, 21 ff.). Trotzdem unterstützen viele Menschen die digitale Bildung nicht uneingeschränkt. Oftmals schätzen sie andere Bildungsinhalte mehr und befürchten, dass diese durch die Medienbildung verdrängt werden. Konkurrenz im Stundenplan Die verschiedenen Bildungsinhalte konkurrieren um die Lernzeit der Schülerinnen und Schüler. Weil diese Zeit begrenzt ist, muss vorab abgewogen werden, wie viel Raum ein bestimmter Bildungsinhalt in den Lehr- und Bildungsplänen erhält. Es stellt sich die Frage, welches Bildungsziel verfolgt wird und wie wichtig ein bestimmter Bildungsinhalt im Vergleich zu einem anderen ist. Die Antworten auf diese Frage fallen höchst unterschiedlich aus. So finden beispielsweise 54 Prozent der Lehrerinnen und Lehrer, dass Informatik und andere Digitalthemen in der Schule einen höheren Stellenwert genießen sollten, auch wenn dies zu Lasten von Fächern wie Musik, Sport oder Religion geht (Bitkom, 2016, 10). Orthopäden hingegen fordern mehr Schulsport, weil sich die Schülerinnen und Schüler zu wenig bewegen (Deutscher Orthopäden- und- Unfallchirurgenverband, 2010). Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt fordert die Stundentafel um ein Pflichtfach "Ernährung" zu erweitern, weil Schülerinnen und Schüler Lebensmittel nicht genügend wert schätzen (taz, 2016). Diese Forderung erhebt auch Gerd Müller, Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz. Allerdings begründet er damit, dass immer mehr Schülerinnen und Schüler unter Adipositas leiden (WeltN24, 2008). Anderen Menschen liegen andere Themen auf dem Herzen, zum Beispiel ein Pflichtfach "Liebe" oder "Benehmen" (Süddeutsche Zeitung, 2017; Sächsische Zeitung, 2015). Symbiose von Fachunterricht und Medienbildung Medienpädagogen weisen schon seit längerer Zeit darauf hin, dass solche Forderungen nicht im Widerspruch zur Medienbildung stehen. Vielmehr besteht die Möglichkeit einer symbiotischen Beziehung von Fachunterricht und Medienbildung. So lässt sich beispielsweise der Sportunterricht bereichern, wenn man den Bewegungsablauf von Schülerinnen und Schülern mit dem Handy filmt und später mit dem Vodcast eines idealen Bewegungsablaufs vergleicht. Das Fach Politik gewinnt, wenn sich die Schülerinnen und Schüler über die aktuellen Entwicklungen online informieren können und nicht auf ein veraltetes Schulbuch angewiesen sind. In Geschichte oder auch in Kunst können Schülerinnen und Schüler online entsprechende Museen besuchen. Im Fach Hauswirtschaft ist es möglich, sich im Internet mit aktuellen BMI-Tabellen zu beschäftigen, Informationen zu Adipositas zu suchen oder Kochanleitungen auf YouTube schauen. Selbst den Inhalt "Benehmen" kann man zeitgleich sowohl für die reale als auch für die digitale Welt thematisieren. Viele Menschen wollen sich auf diese Argumentation jedoch nicht einlassen. Sie argwöhnen, dass ein Mehr auf der einen Seite zwingend zu einem Weniger auf der anderen Seite führt, und dass die Fachinhalte unter dem Medieneinsatz leiden. Aus diesem Grund fordern sie in der öffentlichen Diskussion immer wieder die traditionellen Bildungsinhalte nicht zu vernachlässigen. Diese Diskussion verschwimmt dann nicht selten mit den Grundsatzdiskussionen zu anderen Unterrichtsinhalten, für die sich ebenfalls viele Menschen stark machen. Eine besonders große Lobby hat beispielsweise das Vorhaben, ein Pflichtfach "Ökonomische Allgemeinbildung" einzuführen (Bundespräsidialamt, 2014, 5). Begründen lässt sich dies unter anderem mit der Abkehr vom deutschen Verbraucherleitbild, das den Verbraucher bis Anfang des Jahrtausends in einem erheblichen Maße schützte. Mittlerweile dominiert das europäische Verbraucherleitbild die Rechtsprechung. Dieses setzt einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher voraus und schützt diesen erst, wenn er seine Sorgfaltspflichten erfüllt hat. Folglich ist es wichtig, Schülerinnen und Schüler zum Beispiel in einem Pflichtfach "Ökonomische Allgemeinbildung" in die Lage zu versetzen, diese Sorgfaltspflichten erfüllen zu können. Ziel ist es, die Schülerinnen und Schüler auf eine verantwortungsvolle Teilnahme am Wirtschaftsleben vorzubereiten, genauso wie die Verkehrserziehung sie auf die Teilnahme am Straßenverkehr vorbereitet. Eine Forderung, die erneut nicht im Widerspruch zur Medienbildung steht. Denn auch in der digitalen Welt geht es nicht nur um technische, sondern ebenfalls um ökonomische und rechtliche Aspekte. So müssen Schülerinnen und Schüler zum Beispiel lernen, welche Bedeutung die AGBs haben, die sie häufig einfach nur anklicken und damit ungelesen bestätigen. Sie müssen zeitnah lernen, welche Online-Inhalte erlaubt und welche verboten sind, und welche Konsequenzen drohen, wenn solche Verbote ignoriert werden, zum Beispiel beim Filesharing oder Streaming aktueller Kinofilme. Somit lassen sich auch im Bereich der ökonomischen Allgemeinbildung reale und digitale Bildungsinhalte sinnvoll miteinander verknüpfen. Es gibt viele Argumente für viele Anliegen. Und natürlich gibt es nicht nur Menschen, die sich gegen Medienbildung aussprechen, weil sie befürchten, dass die Medienbildung andere – in ihren Augen wertvollere Bildungsinhalte – verdrängt. Es gibt auch Menschen, die sich gegen Medienbildung aussprechen, weil ihnen Medienbildung, also der verantwortungsvolle und sichere Umgang mit Medien, nicht genügt. Sie wollen mehr! In der Regel fordern sie, dass Schülerinnen und Schüler zusätzlich programmieren lernen sollen. Für dieses Anliegen engagiert sich nicht nur der IT-Verband (F.A.Z., 2017), sondern auch die SPD-Bundestagsfraktion. Ab der Sekundarstufe I sollen alle Schülerinnen und Schüler Unterricht in Informatik erhalten (WirtschaftsWoche, 2016). NRW will sogar noch früher starten und bereits Grundschülerinnen und Grundschüler an das Programmieren heranführen. Ziel sei es, dass bis 2025 alle Schülerinnen und Schüler über Grundkenntnisse in Informatik, die Funktionsweise von Algorithmen und im Programmieren verfügen (Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, 2016, 50). Um dieses Ziel zu erreichen, reiche es nicht aus, dass die digitale Bildung nur als Querschnittsthema in allen Fächern zum Zuge komme. Informatik benötige genauso wie Mathematik oder Deutsch ein eigenes Fach. Der Fachunterricht in Informatik dürfe nicht Lehrerinnen und Lehrern überlassen werden, die das Fach gar nicht kennen (WirtschaftsWoche, 2017). Ausblick Die Frage, wie viel Zeit und welche Inhalte die Schülerinnen und Schüler mit digitalen Medien lernen sollen, wird sehr kontrovers diskutiert. Hier gibt es viele Argumente für die unterschiedlichsten Meinungen. Die Unterrichtsorganisation war schon immer umstritten und wird es auch in Zukunft bleiben. Niemand kennt die ideale Fächerstruktur, was unter anderem daran liegt, dass hierfür empirische Daten fehlen (Hedtke, 2015). Deutschland will sich hier in Zukunft an der Strategie der Kultusministerkonferenz "Bildung in der digitalen Welt" orientieren. Dort findet sich ein sehr umfänglicher Katalog von Kompetenzen, die sich Schülerinnen und Schüler in Zukunft erschließen können sollen (Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland, 2016, 15 ff.).

  • Informatik / Wirtschaftsinformatik / Computer, Internet & Co. / Technik / Sache & Technik / Informationstechnik
  • Sekundarstufe I, Sekundarstufe II, Berufliche Bildung

Medieneinsatz im Schulkonzept

Fachartikel

In den vergangenen Jahren wurden bereits etliche Maßnahmen ergriffen, um die Arbeit mit Medien und die Medienbildung im unterrichtlichen Kontext zu verankern. Durch die schnelle Weiterentwicklung der technischen Möglichkeiten und die bessere Verfügbarkeit der Technik wechselten dabei immer wieder die Akzentsetzungen.

  • Informatik / Wirtschaftsinformatik / Computer, Internet & Co. / Technik / Sache & Technik / Informationstechnik / Pädagogik
  • Sekundarstufe I, Sekundarstufe II, Berufliche Bildung, Primarstufe

Fehlfarben und Fehldrucke: Experimentierfeld Drucker

Unterrichtseinheit

Diese Unterrichtseinheit zeigt unterschiedliche Ansätze, den Drucker als gestalterisches Element in den künstlerischen Prozess experimentell einzubeziehen.Wer kennt sie nicht, die ausgemusterten Drucker, die zu schade zum Wegwerfen (irgendwie funktionieren sie ja doch noch), aber zu unpräzise zum Einsetzen sind (so gut ist das Druckbild dann auch wieder nicht). Oft fristen sie ihr Dasein in kleinen Kammern, bis ihre größer werdende Zahl eine Entsorgung unabdingbar macht. Im Seminar "Fotografie und Inszenierung" an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg untersuchten Studierende unterschiedliche Einsatzmöglichkeiten "in die Jahre gekommener" Drucker. Der Drucker diente dabei nicht als reproduzierendes Ausgabemedium im konventionellen Sinne. Er rückte vielmehr produktiv in den Mittelpunkt der Gestaltung.Ziel der Druckerexperimente ist, generelle Erwartungen an Funktionsweisen von Medien und ästhetischen Standards zu hinterfragen und zu reflektieren. Eigentlich gewohnte Arbeitsweisen sollen im künstlerischen Prozess aufgebrochen und ungewöhnliche Strategien entwickelt werden. Nicht Akzeptanz ist gefragt, sondern Intervention. Möglicherweise versuchen gerade jüngere Kinder ganz intuitiv und stärker als Erwachsene die Grenzen der technischen Medien zu überschreiten, weil sie (noch) keinen Respekt vor dem Medium haben. So konnte zum Beispiel bei einem am Computer malenden Kind beobachtet werden, dass es der starren Menüführung und Bildschirmaufteilung scheinbar individuelle und chaotisch verlaufende Kreiskritzel entgegensetzte. Mögliche Vorgehensweisen Auf dieser Seite werden einige Möglichkeiten zur Erstellung von Fehldrucken und Fehlfarben vorgestellt. Fachkompetenz Die Schülerinnen und Schüler werden offen für experimentelle Herangehensweisen. lassen sich auf unerwartete und zufällige Prozesse ein. lernen, die Kontrolle im bildnerischen Prozess abgeben zu können. thematisieren Stereotype, Klischees und Denkmuster erkennen und sie im gestalterischen Prozess (Beispiel: Drucker müssen sauber, schnell, exakt und so "neutral" wie möglich das Bildschirmbild wiedergeben. Der Drucker darf keine eigene Handschrift erkennen lassen.). erkennen die Struktur und Systematik von Bildstörungen und technische Fehlfunktionen als Basis für künstlerische Prozesse und entwickeln sie weiter. Medienkompetenz Die Schülerinnen und Schüler erhalten vertiefende Einblicke in die Hard- und Software des Druckers und verschiedener Druckmaterialien (Schnittstelle/Interface: Digitalkamera, Computer, Drucker). können durch das Zusammenführen und Gegenüberstellen mindestens zweier Medien die jeweiligen medialen Charakteristika erarbeiten und vergleichend herausstellen. Sozialkompetenz Die Schülerinnen und Schüler können sich gegenseitig Hilfestellungen geben, da manche Arbeitsprozesse nur zu zweit ausgeführt werden. Boysen-Stern- und Cross-Over-Verfahren Gerade die "Fremdheit", die von der genuin "nicht-kunstpädagogisch" beziehungsweise "nicht-künstlerisch" angelegten Hard- und Software ausgeht, hat bereits zu wichtigen und impulsgebenden Perspektiven in der Kunstpädagogik und der Kunst geführt. Hierzu zählt zum Beispiel die bewusst "falsche" Bedienung der Geräte, was von Boysen-Stern als kreatives "Gegen-den-Strich-Bürsten" bezeichnet wird. Auch Cross-Over-Verfahren, bei denen zwischen analogen und digitalen Verfahren hin und her "geswitcht" wird oder programmierbare Elemente in Form von Objekten haptisch und akustisch greifbar gemacht werden zählen hierzu. Irritationsästhetik Die sogenannte "Irritationsästhetik" eröffnet viele Ansätze, "dysfunktional" in die technischen Strukturen einzugreifen und "Bildstörungen" hervorzurufen. Vom Drucker wird im Allgemeinen erwartet, dass er einen Druckbefehl vorschriftsmäßig ausführt. Er gilt als ein Gerät, das die individuelle Handschrift (sofern diese beim Gestalten am Computer überhaupt zum Vorschein kommen kann und darf), vollständig nivelliert. Nach einer frühen Auffassung von Herbert W. Franke sind alle Ausgabegeräte vom Computer abhängig, denn sie sind ihm "als der steuernden Instanz untergeordnet". Der Computerausdruck sollte mithin das Bildschirmbild direkt widerspiegeln. Ausgangspunkt: Fotografische Arbeiten Als Ausgangspunkt für den experimentellen Einsatz des Druckers dienen fotografische Arbeiten (unter anderem Fotogramme, digitale Fotografien). Dabei wird das Druckgerät, das als so genannte "letzte Instanz" eines technischen Vorgangs normalerweise nicht mehr angehalten wird, zum Teil extrem in seinen "natürlichen" Abläufen gestört. Erste Möglickeit: "Verschmieren" Beim Einsatz von verschiedenen, eigentlich nicht zum drucken geeigneten Folien wird das an den Drucker ausgegebene Bild dergestalt "verschmiert", dass Monitorbild und Bildschirmbild völlig unterschiedlich sind. Der Drucker wird dabei derart eingesetzt, dass nur in etwa - im Sinne des gelenkten Zufalls - gesteuert werden kann, wie und was gedruckt wird. Das streng Lineare der ursprünglich konzipierten Fotogrammserie wird aufgelöst und ineinander verwoben. Während man solche Verzerrungen und "Schlieren" auch am Computer mit einer speziellen Software simulieren kann, wie dies beispielsweise der Berliner Künstler Marc Brandenburg bei seinen Fotografien durchführt, sind die vom Drucker verursachten Schlieren einmalig und nicht wiederholbar. Als Ergebnis erhält man Unikate (Abb. 1, Platzhalter bitte anklicken). Zweite Möglichkeit: "Übereinander drucken" Bei diesen Beispielen werden in einer strengen Abfolge unterschiedliche Zahlen im Druckmenü eingegeben und das Papier (zum Teil mit der beschrifteten Rückseite) wiederholt in den Drucker eingelegt und bedruckt. Die ursprünglich linear konzipierte Fotogrammreihe wird immer wieder um einen bestimmten Betrag versetzt übereinander gedruckt, wobei das Papier an den häufig bedruckten Stellen zu reißendrohen kann. Im Druck überlagern sich die Muster und bekommen beinahe konstruktivistische Züge. Bei Eingabe der gleichen Zahlen im Druckmenü, kann man immer wieder das gleiche Bild erhalten (siehe Abb. 2). Dritte Möglichkeit: Unschärfe Eine Fotosequenz in Anlehnung an die Arbeiten von Anna und Bernhard Blume - vor allem in Bezug auf die Werke mit Unschärfen - wurde zunächst digital bearbeitet und schließlich ausgedruckt. Um die Unschärfe noch zu erhöhen, wurde das Papier während des Ausdruckens zeitweise einfach mit den Händen festgehalten, so dass es zu nicht vorhersehbaren farblichen Überlagerungen und Dopplungen beim Drucken kam. Die Ergebnisse sind Unikate (siehe Abb. 3). Vierte Möglichkeit: Stilleben In dieser Arbeit ist der Drucker Teil eines modernen Medien-Stilllebens, das bei genauerer Betrachtung allerdings gar nicht so still ist, denn das Druckerpapier, das normalerweise sehr gerichtet den Drucker verlässt, entwickelt ein geisterhaftes Eigenleben. Der Drucker spuckt das Papier nicht aus. Es spukt vielmehr. Erreicht werden diese Fotosequenzen mit Langzeitbelichtung und einem gut eingespielten Team: Während eine Person die Papiere gezielt in die aufgebaute Szenerie wirft muss eine andere im selben Augenblick mit der Kamera aufnehmen. In diesem Beispiel wurden die einzelnen Fotografien zu einer Art Stummfilm zusammenmontiert, mit Musik unterlegt und mit Schrifttafeln versehen (siehe Abb. 4). Weitere Möglichkeiten An den hin und her fahrenden Druckkopf können andere Malwerkzeuge wie Pinsel oder Filzstifte befestigt werden oder aber das kinetische Potential des Druckkopfes wird als eine Art Motor genutzt, der eine weitere Maschinerie in Bewegung und Schwingung versetzt. Gefaltete, zerrissene und zerknüllte Papiere oder aber Emulsionen, die auf das zu bedruckende Papier oder anders geartete Trägermaterialien aufgetragen werden, können zu kaum vorhersehbaren Ergebnissen führen. Bertram Bartl Kreativer Umgang mit Peripheriegeräten des PCs. Kunst und Unterricht, Heft 262, Seite 11 bis 12. Hans-Jürgen Boysen-Stern Tinguely - digital gewandelt. Kunst und Unterricht Heft 262, Seite 31. Sara Burkhardt Netz, Kunst, Unterricht. Künstlerische Strategien im Netz und kunstpädagogisches Handeln. München (kopaed) 2007. Karin Guminski Kunst am Computer. Ästhetik, Bildtheorie und Praxis des Computerbildes. Berlin (Reimer) 2002. Johannes Kirschenmann Irritationsästhetik in der Medienbildung. Kunst und Unterricht, Heft 257/2001, Seite 38 bis 43. Anja Mohr Videogestützte Beobachtungen bildnerisch-ästhetischer Prozesse. Die Entstehung einer Kritzelzeichnung am Computer. In: Georg Peez (Hg.) Fallforschung in der Kunstpädagogik. Ein Handbuch qualitativer Empirie für Studium, Praktikum und Unterricht. Baltmannsweiler (Schneider) 2007, Seite 131 bis 141. Daniela Reimann Ästhetisch-informatische Medienbildung mit Kindern und Jugendlichen. Grundlagen, Szenarien und Empfehlungen für Gestaltungsprozesse in Mixed Reality-Lernräumen. Oberhausen: Athena, 2006. Daniel Völzke Die Nacht aus Blei. Monopol Nr. 11/2008, Seite 44 bis 56.

  • Kunst / Kultur
  • Sekundarstufe I

Neues Schulfach Digitalkunde? – Chancen und Herausforderungen

Fachartikel
5,99 €

Dieses Experten-Interview beantwortet Fragen zur derzeit vielfach geforderten Einführung des Schulfachs Digitalkunde. Doktor Frederik Weinert hat kürzlich ein Buch zum Thema veröffentlicht, in dem er ein Konzept zur Etablierung des Fachs vorstellt. Braucht es wirklich ein eigenes Schulfach Digitalkunde? Welche Methoden und Inhalte sollten bei einem solchen Schulfach im Vordergrund stehen? Und was benötigen Schulen und Lehrkräfte, um Digitalkunde als Schulfach erfolgreich zu etablieren? Diese und weitere Fragen hat uns Doktor Frederik Weinert beantwortet, unter anderem Autor der Bücher "Digitalkunde als Schulfach" und "Hilfe, mein Kind ist ein Smombie. Unsere Kids im digitalen Rausch". Herr Doktor Weinert ist Medienwissenschaftler und als Medienexperte für Digitalisierung und Medienbildung tätig. Sie halten öffentlich ein Plädoyer dafür, Digitalkunde als Schulfach einzuführen. Warum? Viele Kinder und Jugendliche lernen bereits jetzt effizient mit YouTube, Learning-Apps und ihren Smartphones. Von Verblödung oder gar digitaler Demenz kann keine Rede sein. Das Potenzial ist gigantisch, doch es gibt ein Problem. Die meisten Kids kennen sich in den digitalen Welten zwar extrem gut aus, was die Bedienung von Apps, Social Media und Spielen angeht, allerdings sind sie dabei sehr unachtsam. Die Kids verbringen zu viel Zeit mit ihren Smartphones, werden süchtig nach Likes oder machen sich in den Sozialen Medien angreifbar. Aus diesem Grund plädiere ich für eine professionelle Medienerziehung, die allumfassend sein muss. Die meisten Eltern können diese Aufgabe nicht übernehmen, also muss das Schulsystem ran. Mit dieser Meinung stehe ich ja auch nicht alleine da, denn die CSU um Staatsministerin Dorothee Bär hat exakt das gleiche Ziel. Ich bin fest davon überzeugt, dass das Schulfach Digitalkunde kommen wird. Aber braucht es wirklich ein eigenes Schulfach oder ist es nicht sinnvoller, digitale Bildung in die bestehende Fächerstruktur zu integrieren? Ich wünsche mir ganz klar das neue Schulfach Digitalkunde. Die Forderung eines eigenen Schulfachs hat auch damit zu tun, dass wir Lehrpersonal brauchen, das entsprechend ausgebildet ist. Ich kann dem 60-jährigen Deutschlehrer nicht zumuten, zig Fortbildungen zu besuchen und sich mit Urheberrecht auf YouTube auseinanderzusetzen. Oder doch? Das würde dann aber einen Aufschrei geben. Der Plan ist, dass die Lehrerausbildung an den Hochschulen revolutioniert wird. Nichtsdestotrotz sollten möglichst auch in die aktuellen Fächer innovative Lehrinhalte integriert werden. Welche Inhalte sollte das Schulfach Digitalkunde haben beziehungsweise welche Kompetenzen sollten vermittelt werden? Für das Schulfach Digitalkunde habe ich ein innovatives Vier-Säulen-Modell entwickelt. Ganz wichtig ist die medienpädagogische Säule , also Medienerziehung und Medienbildung sowie Methodik und die Ausbildung von Medienkompetenz. Da geht es dann beispielsweise um den Umgang mit digitalen Wortgefechten und Shitstorms in den Sozialen Medien, Medienproduktion und Online-Recherche. Die fachspezifische Säule orientiert sich an den klassischen Schulfächern wie Deutsch, Englisch, Geschichte, Sozialkunde, Musik und Kunst. Neu ist, dass sich die Inhalte des Digitalkunde-Unterrichts nicht an den offiziellen Lehrplan halten müssen. Das hat den Vorteil, dass Platz für hochmoderne Themen ist, die genau jetzt im Trend liegen. Wie funktioniert digitale Werbung? Welchen Vorteil haben fremdsprachige YouTube-Videos? Wie wird das Dritte Reich in Computerspielen wie Call of Duty dargestellt? Wie lassen sich historische Meilensteine als Hashtags verschlagworten? Das alles sind spannende Fragen mit noch spannenderen Antworten. Die dritte Säule orientiert sich dann an den Lehrplänen , stellt jedoch das Smartphone und Tablet als Arbeitsgerät heraus. Ebenso plädiere ich für eine Stärkung der Informatik, weil Programmier-Kenntnisse einfach wichtig sind, um in der Wirtschaft Fuß zu fassen. Die anwendungsinnovative Säule ist so konzipiert, dass Medien-Camps, schulübergreifende Großprojekte und vor allem Kooperationen mit der Wirtschaft vorgesehen sind. Es lässt sich darüber streiten, ob Digitalkunde ab der ersten Klasse eingeführt werden sollte. Grundsätzlich ist Digitalkunde ein Fach für alle Schülerinnen und Schüler, denn es geht hier auch um soziale Gleichstellung und die Bereitstellung von Geräten, die sich nicht alle Eltern leisten können. Konkurriert das Fach Digitalkunde inhaltlich nicht mit dem Fach Informatik? Das Schulfach Digitalkunde versteht sich nicht als Konkurrenzprodukt zur Informatik. Die Digitalkunde möchte das Schulfach Informatik sogar stärken, indem die digitale Medienbildung in Zukunft in den Bereich des Schulfachs Digitalkunde fällt. Auf diese Weise kann die projekt- und anwendungsbezogene Informatik (Programmierung, Softwareentwicklung und so weiter) intensiviert werden, um die Schülerinnen und Schüler auf das spätere Berufsleben ideal vorzubereiten. Ob die Informatik als Schulfach eigenständig bleibt oder mit dem neuen Schulfach Digitalkunde gemeinsam eine starke Einheit bildet, entscheidet letztlich die Politik. Welche Methoden sollten im Schulfach Digitalkunde im Vordergrund stehen? Digitale Präsentationstechniken sind nicht nur in der Schule wichtig, sondern auch im Studium und Berufsleben. Referate sind zwar seit jeher ein beliebtes didaktisches Mittel, das Arbeiten mit Tageslichtprojektor, Tafel und Farbkreide ist jedoch steinzeitlich. In Sachen Medienkompetenz müssen die Lehrkräfte natürlich mit gutem Beispiel vorangehen. Voraussetzung ist sowohl technisches als auch medienpädagogisches Know-how. Wie schließe ich ein modernes Tablet an den Schul-Beamer an? Welche Adapter werden benötigt? Brauche ich eine Tonausgabe? Wie erstelle ich eine Präsentation am Tablet? Neben den Tablets ist die Arbeit mit dem Smartphone wichtig. Das Smartphone ist nämlich ein mächtiges Arbeitsgerät, sofern es vom Benutzer als solches erkannt und eingesetzt wird. Aus diesem Grund ist es wichtig, die Kids zu schulen, um das Potenzial des Smartphones als Arbeitsgerät optimal auszuschöpfen. Ich wünsche mir außerdem eine in regelmäßigen Abständen angebotene App-Stunde im Schulgebäude . In dieser Zeit haben die Teilnehmenden die Möglichkeit, sach- und altersgerechte Apps zu testen. Hierfür werden nicht die privaten Smartphones oder Tablets genutzt, sondern Schulgeräte. Entsprechend ausgebildete Lehrkräfte betreuen die App-Stunde. Übrigens: Hausaufgaben machen im Schulfach Digitalkunde gar keinen Sinn. Aus Sicht der Medienpädagogik ist es ja gerade der pädagogisch-begleitende Unterricht in der Schule, der das Schulfach Digitalkunde so wichtig und attraktiv macht. In ihrer Freizeit können die Kinder und Jugendlichen schließlich nicht betreut werden, und die Eltern sind meist nicht hinreichend (aus-)gebildet, um dieser Aufgabe nachzukommen. Sie schreiben in Ihrem Buch, dass Digitalkunde als Schulfach auch außerhalb der Schule stattfinden sollte. Was meinen Sie damit genau? Ja, Digitalkunde als Schulfach sollte auch außerhalb der Schule stattfinden. Das allerdings nicht in Form einer passiven Hospitation, sondern aktiv, indem erworbene Kompetenzen angewandt werden. Der neue Digitalkunde-Unterricht berücksichtigt den Wunsch der Wirtschaft und gestaltet den schulpraktischen Unterricht so praxistauglich wie möglich. Der gewonnene Input im Unterricht sollte frühzeitig nach außen getragen werden, um außerschulpraktische Erfahrungen zu sammeln. Kooperiert werden könnte mit Social-Media-Agenturen und Startups. Doch auch Behörden und alteingesessene Betriebe brauchen Hilfe im Bereich Digitalisierung und Soziale Medien. Solche Praktika eignen sich vor allem für ältere Schülerinnen und Schüler. Denkbar sind ebenfalls mehrtägige Medien- und Programmiercamps. Das alles klingt natürlich sehr herausfordernd. Aus diesem Grund schlage ich in meinem Buch vier Phasen vor: Konzeptionsphase, Erprobungsphase, Evaluationsphase und Praxisphase. Wir haben in Deutschland sehr viele kluge Köpfe. Deshalb bin ich mir sicher, dass das Schulfach Digitalkunde langfristig gelingen wird. Was brauchen Schulen und Lehrkräfte denn konkret, um Digitalkunde erfolgreich als Schulfach zu etablieren? Die Schulen brauchen natürlich Geld, Geld und nochmals Geld. Von der SPD kam bereits die Forderung, dass alle Schülerinnen und Schüler mit einem Schul-Tablet ausgerüstet werden sollten. Wenn man bedenkt, dass so ein Teil rund 500 Euro kostet, kommt da eine beträchtliche Summe zusammen. Außerdem brauchen die Schulen schnelles WLAN. Das Lehrpersonal muss ebenfalls entsprechend ausgebildet werden, beispielsweise durch Workshops, Vorträge und Fortbildungen. Wichtig ist, dass sich die Politik, und damit meine ich alle Parteien, mit dem Thema Digitalkunde beschäftigt und Entscheidungen trifft. Schon jetzt können die Lehrkräfte allerdings den Schulunterricht digitalisieren. Ich denke da an E-Learning und Unterrichtsstunden, in denen über Cyber-Mobbing, Social Media und Computerspiele gesprochen wird. Viele Lehrkräfte stehen der Digitalisierung ihres Unterrichts trotz aller Ideen und Bemühungen skeptisch gegenüber – aus Mangel an Zeit und den nötigen Kompetenzen. Was entgegnen Sie diesen Lehrkräften? Die Angst ist verständlich, sie bringt uns und vor allem die Kinder aber nicht weiter. Digitalkunde soll Spaß machen – auch den Lehrkräften. Von den Schülerinnen und Schülern wird täglich erwartet, die Komfortzone zu verlassen. Wie fühlt sich wohl ein Kind, das zum ersten Mal ein Referat hält? Von den Lehrkräften darf ebenfalls erwartet werden, den eigenen Horizont zu erweitern.

  • Fächerübergreifend
  • Berufliche Bildung

Eltern und Medien: medienpädagogische Elternarbeit

Fachartikel
5,99 €

Dieses Interview mit der Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen beantwortet Fragen rund um die Themen "Medienkompetenz" und "Medienerziehung" und gibt Eltern und Lehrkräften Tipps, welche Möglichkeiten und Methoden es gibt, Kinder und Jugendliche auf dem Weg zu einer verantwortungsvollen und selbstbestimmten Mediennutzung zu begleiten. Weshalb sind "Medienkompentenz" und "Medienerziehung" von Kindern und Jugendlichen so wichtig? Welche Angebote und Materialien gibt es bereits für Eltern und Lehrkräfte? Diese und weitere Fragen werden in dem folgenenden Interview mit der Landesanstalt für Medien NRW beantwortet. Medienkompetenz zu vermitteln ist eine gemeinsame Aufgabe. Können Sie uns die beteiligten Parteien und ihre Aufgaben kurz skizzieren? Kindern und Jugendlichen Orientierung im Umgang mit digitalen Medien zu geben, ist eine anspruchsvolle und wichtige Aufgabe, die keine einzelne Partei alleine stemmen kann. Alle gemeinsam haben Einfluss darauf, dass Kinder und Jugendliche Medien fair und selbstbestimmt nutzen können. Eltern kennen ihre Kinder am besten. Sie haben die Möglichkeit, dabei zu sein, wenn sich ihr Kind digitale Räume erobert und können zusammen sinnvolle Verhaltensweisen erproben, um Risiken zu begegnen. Ebenso können sie den Weg zum kreativen Umgang mit neuen Ausdrucksmöglichkeiten ebnen. Außerdem sind sie Vorbilder. Nicht immer eine leichte Aufgabe, schließlich bestimmen digitale Medien auch den Alltag vieler Eltern. Die "neue Normalität" seit Ausbruch der COVID-19-Pandemie hat dazu ihr Quäntchen beigetragen. Hier knüpft die Schule beziehungsweise die Arbeit der Lehrkräfte an. Heutige Schülerinnen und Schüler gehören zu den ersten Jahrgängen, die eine Welt ohne das "Multifunktionswerkzeug" Smartphone gar nicht mehr kennen. Die Grundfunktionen digitaler Geräte sind schnell gelernt und der Umgang mit ihnen erscheint auf den ersten Blick "kinderleicht". Allerdings besteht eine Diskrepanz zwischen der einfachen Bedienbarkeit und der weitreichenden Verantwortung für sich und andere. Kinder werden durch das immer niedrigere Einstiegsalter in digitale Medien auch immer früher mit dieser Verantwortung konfrontiert. Nur das Erlernen von Medienkompetenzen kann diese Diskrepanz auflösen. Die Medienbildung in der Schule ist ein wichtiger Baustein dafür, dass Kinder im Umgang mit digitalen Medien Orientierung erhalten. Als außerschulischer Partner machen wir es uns bei der Landesanstalt für Medien NRW zur Aufgabe, die anderen Parteien fachlich in ihrer Arbeit zu unterstützen und jeweils zielgruppenorientiert Ressourcen und Informationen bereitzustellen. Wir fokussieren aktuelle Themen, bereiten sie für Kinder, Eltern und den Kontext Schule auf. Daraus entwickeln wir Angebote und Formate, die bei der Medienerziehung unterstützen und Orientierung bieten. Indem alle Parteien zusammenarbeiten, kann die Vermittlung von Medienkompetenz gelingen. Weshalb ist medienpädagogische Elternarbeit wichtig? Digitale Medien sind allgegenwärtig und beeinflussen die Entwicklung von Kindern. Eltern wie auch pädagogische Fachkräfte kann dies vor große Herausforderungen stellen und zu Fragen sowie Unsicherheiten führen. Durch Angebote, die auf sie zugeschnitten sind, können Eltern mehr Sicherheit in der Medienbildung erlangen. Zum Beispiel, indem sie Antworten auf brennende Fragen bekommen oder die Möglichkeit zum Austausch mit anderen Eltern haben. Zudem können entsprechende Angebote die pädagogische Arbeit unterstützen. Sensibilisierte und informierte Eltern können gemeinsam mit Schule und Lehrkräften dem Verantwortungsbereich der Medienerziehung souverän begegnen. Welche Fragen werden typischerweise von Eltern von Kindern in der Grundschule und welche von Eltern von Jugendlichen an Sie herangetragen? Viele Eltern interessieren sich dafür, wie sie ihre Kinder auf dem Weg zu einer verantwortungsvollen und selbstbestimmten Mediennutzung begleiten können. Dabei unterstützt es sie zu wissen, wie sich der Einstieg in die Welt des Internets für Kinder gestalten kann. In der Grundschule kommen vor allem Fragen zur Mediennutzung und kindlichen Medienwelten . Auch die ersten Schritte bei der Nutzung digitaler Medien und des Internets beschäftigen die Eltern: Wann ist mein Kind fit für ein eigenes Smartphone? Wie viel Medien- oder Bildschirmzeit sind in welchem Alter angemessen? Welche Inhalte sind für mein Kind empfehlenswert? Auch in der weiterführenden Schule sind Fragen nach den Medienwelten der Jugendlichen häufig, hinzu kommen mit zunehmendem Alter der Kinder soziale Faktoren der Mediennutzung : Stress im Klassenchat – was machen? YouTube, TikTok & Co: Was ist angesagt? Cyber-Mobbing und Hass im Netz – was tun? Jede Familie ist anders, jedes Elternteil hat eine eigene Medienbiografie. Welche Möglichkeiten und Methoden gibt es, Eltern in ihrer eigenen Medienkompetenz und in ihrer Aufgabe der Medienerziehung zu stärken? Bei den Elternabenden des Angebotes Eltern und Medien setzen wir auf drei Säulen, um den Eltern Orientierung bei der Begleitung ihrer Kinder zu fairer und selbstbestimmter Mediennutzung zu geben. Das ist einerseits ein fachlicher Input zu verschiedenen Medienkompetenzthemen durch erfahrene medienpädagogische Fachkräfte . Die Eltern erhalten Informationen und können ihre persönlichen Fragen stellen. Andererseits ermöglichen wir den Eltern den Austausch untereinander . Unsere Elternabende schaffen Gelegenheiten, sich mit anderen Eltern zu vernetzen, bieten Raum für persönlichen Austausch. Dabei zeigt sich, dass viele Familien sich mit ähnlichen Fragen und Herausforderungen beschäftigen, was für viele Eltern bereits beruhigend ist. Und als dritte Säule geben wir den Eltern eine Auswahl an Ressourcen und Angeboten mit, die sie über den Elternabend hinaus nutzen können. Je nach Altersgruppe bieten das Internet-ABC und klicksafe wertvollen weiterführenden Input. Mit ZEBRA haben wir zusätzlich eine unabhängige Anlaufstelle für alle Fragen des digitalen Alltags geschaffen. Die Expertinnen und Experten der Landesanstalt für Medien NRW geben dort persönlich Antwort und bieten konkrete Hilfestellung für alle Bürgerinnen und Bürger. Die wichtigsten Inhalte werden außerdem in eine Wissensdatenbank aufgenommen. So entsteht ein immer größerer Pool von Fragen und Antworten, der jederzeit zur Verfügung steht. Mit welchen Angeboten möchten Sie als Landesanstalt für Medien NRW Schulen und Eltern unterstützen? Wir haben ein breites Portfolio an Angeboten zur Medienorientierung bei der Landesanstalt für Medien NRW. Mit dem Angebot Eltern und Medien helfen wir Schulen und anderen Bildungseinrichtungen sowie Familienzentren bei der Organisation von Elternabenden zur Medienerziehung und übernehmen die Kosten für von uns geschulte Referentinnen und Referenten. Konkrete Tipps für den Alltag der Eltern, die Vermittlung der Medienwelt der Kinder und Jugendliche und viel Raum für den persönlichen Austausch stehen dabei im Vordergrund. Das Projekt Medienscouts NRW verfolgt einen "Peer-Education"-Ansatz, bei dem durch die Landesanstalt für Medien NRW qualifizierte Jugendliche anderen Jugendlichen alles vermitteln, was sie rund um Medien wissen müssen. Das schafft ein wertvolles Beratungsangebot an Schulen, das sich an den Fragen und Problemen von Schülerinnen und Schülern orientiert. Beratungsfachkräfte an den Schulen unterstützen die Medienscouts und werden ebenfalls umfassend geschult. Sie sind eine Ansprechstation, an die sich die Medienscouts selbst bei Fragen oder Unklarheiten zum Umgang mit Problemen wenden können. Mit der EU-Initiative klicksafe bietet die Landesanstalt gemeinsam mit dem Team der Mediananstalt Rheinland-Pfalz umfangreiche Angebote und Formate für eine sichere, kompetente und selbstbestimmte Internetnutzung. Sie richtet sich an Eltern, Jugendliche sowie Bildungseinrichtungen. Zudem fördern wir die Lernplattform Internet-ABC , die sich neben dem Hauptangebot für Kinder auch gezielt an Lehrkräfte und Eltern richtet. Vor allem Eltern von Grundschulkindern finden hier viele aktuelle Informationen und hilfreiche Tipps für den Einstieg ins Internet. Auch Materialien zu aktuellen Themen, wie zum Beispiel "Cybergrooming" werden speziell auf die drei verschiedenen Zielgruppen ausgerichtet. Wie hat sich Ihre Arbeit, insbesondere seit der Corona-Pandemie, verändert? Gibt es neue Themenschwerpunkte? Hat sich die Anzahl von Anfragen für Elternabende erhöht? Verzeichnen Sie mehr Anfragen von Eltern oder Schulen? Die "neue Normalität" durch die COVID-19-Pandemie hat auch unser Arbeiten verändert. Seit 2020 bieten wir ergänzend zu den Elternabenden vor Ort auch Online-Veranstaltungen an. Auch nach Aufhebung der Kontaktbeschränkungen wird dieses Angebot von den Einrichtungen weiterhin gerne angenommen. Die Nachfrage, sowohl online als auch vor Ort, bleibt dabei beständig hoch. Die Themen, die die Eltern beschäftigen, haben sich wenig geändert. Vor allem während des Distanzunterrichts waren Fragen nach Bildschirmzeiten deutlich präsenter. Stärker in den Fokus gerückt ist dadurch auch das Thema "Digitales Wohlbefinden", also das Finden einer guten Balance zwischen Onlineaktivitäten und beispielsweise gemeinsamer Familienzeit oder einem anderen Ausgleich jenseits der digitalen Medien. Die Initiative klicksafe setzte dazu auch den Schwerpunkt des diesjährigen Safer Internet Day . Welche Tipps können Sie erfahrungsbasiert Eltern und auch Lehrkräften geben? Wie gelingt partnerschaftliche Medienerziehung? Kindern und Jugendlichen Orientierung im Umgang mit digitalen Medien zu geben, ist eine anspruchsvolle und wichtige Aufgabe. Jedes Kind und jede Familie ist anders und es gibt keine Universallösung, die für alle funktioniert. Am besten gelingt Medienerziehung, wenn Eltern und Lehrkräfte zusammenarbeiten. Gemeinsam mit den Kindern können digitale Räume erobert, neue Inhalte entdeckt, aber auch sinnvolle Verhaltensweisen im Umgang mit Risiken erprobt werden. Im Familienalltag ist es hilfreich, zusammen mit dem Kind Regeln zu finden, die zum Beispiel in einem Mediennutzungsvertrag festgehalten werden. Auch mit älteren Kindern und Jugendlichen sollten Eltern im Gespräch bleiben und Interesse an den genutzten Apps und Inhalten zeigen. So können sie zeigen, dass sie Ansprechperson sind, falls es zu einer Konfrontation mit verängstigenden oder gefährlichen Inhalten kommt. Kinder probieren sich im Internet, genau wie in der Offline-Welt, aus. Dabei machen sie auch mal Fehler. Auch da ist eine offene Gesprächskultur ohne pauschale Verbote und strenge Restriktionen ratsam. Lehrkräfte können die Medienerziehung durch die Vermittlung von Medienkompetenz im Unterricht begleiten, beispielsweise durch den Einsatz der Lernplattform Internet-ABC , die umfassende Ressourcen für die 1. bis 6. Klasse bietet. Einen Überblick über weitere Ressourcen und Materialien hat die Landesanstalt für Medien NRW in den Broschüren "Medienkompetenz in der Schule" für Lehrkräfte und "Mediennutzung in der Familie" für Eltern zusammengestellt.

  • Informatik / Wirtschaftsinformatik / Computer, Internet & Co. / Ich und meine Welt / Pädagogik
  • Primarstufe, Sekundarstufe I, Spezieller Förderbedarf

Hypercomic - Geschichten in Hyperstrukturen

Unterrichtseinheit

Neue Medien können nicht nur Texte, sondern auch Bilder in eine Hyperstruktur bringen. Wie so ein Hypercomic entsteht, zeigt dieser Beitrag zum Kunstunterricht mit Computer, Scanner und digitaler Bildbearbeitung.Hypercomic bedeutet das Erforschen von neuen Erzählformen, in denen der User seinen eigenen Weg durch eine vernetzte Bild-Geschichte kreiert. Wie verändert sich das Erzählen von Bild-Geschichten durch die erweiterten Möglichkeiten der Hyperstruktur? Die vielschichtige, nicht-lineare Aufbereitung von Geschichten im Web aus dem Fundus schon bestehender Zeichnungen, Fotografien oder computergenerierter Bilder kann für die Eigenarten des World Wide Web sensibilisieren. Der Einsatz multimedialer und netzbasierter Medien in der ästhetischen Bildung nimmt dabei nicht nur Bezug auf die Lebenswelt Jugendlicher, sondern fördert das Verstehen von analogen und digitalen Bildwelten sowie von entstehenden Realitätsebenen in "Virtual Reality" und "Mixed Reality". Neue ästhetische Ausdrucksformen entstehen mit neuen Medien im Mittelpunkt. Gestaltung bedeutet Handlungsorientierung Gerade das Fach Kunst kann in einer neuartigen visuellen Kultur eine wichtige Aufgabe für die Bildung übernehmen, da innerhalb dieses Fachs traditionellerweise der Fokus auf das Bild in seinen geschichtlichen und gesellschaftlichen Zusammenhängen gelegt und zugleich eine handlungsorientierte Anwendung geübt wird. Bildungsziele, die die Gestaltbarkeit der medialen Werkzeuge in den Vordergrund stellen, können konkretisiert werden. Als pädagogischer Mehrwert erweisen sich in diesem Kontext insbesondere die Sensibilisierung für neuartige ästhetische Prozesse und Kommunikationsstrukturen. Kooperatives Lernen im Mittelpunkt Neben die ästhetische Bildung tritt die kommunikative Bildung, zum Beispiel kooperatives Lernen und vernetztes Denken. Denn in der Annäherung an Netzmedien erweisen sich traditionelle Lehr- und Lernmethoden als nicht mehr adäquat. Es bildet sich gezwungenermaßen ein neues Lernen mit neuen Medien heraus, bei dem oftmals herkömmliche Unterrichtsformen überschritten und einzelne Fachsdisziplinen verzahnt werden. Bilder im Hypertext Die besonderen Eigenschaften von Bildern im Internet im Vergleich zum Papier. Mission Impossible - ein Projektbeispiel Studierende entwickeln einen Krimi als Hypertext. Tipps für die Umsetzung im Unterricht Tipps zur Arbeitsorganisation bei der Umsetzung im Unterricht. Tipps zur Hard- und Software Die Umsetzung eines Hypercomics ist mit Freeware möglich. Hinweise zum Projektunterricht Hinweise zu den Grundzügen der Projektmethode. Inhaltliche Ziele Die Schülerinnen und Schüler sollen Anknüpfungspunkte an ihre Lebenswelt entdecken. analoge und digitale Bildmedien verstehen. für neuartige ästhetische Prozesse sensibilisiert werden. neue ästhetische Ausdrucksformen mit Computer- und digitaler Bildtechnik finden. Ziele im Bereich der Medienkompetenz Die Schülerinnen und Schüler sollen mediale Kommunikationsstrukturen im Internet verstehen. Medien gestalten und zur Kommunikation einsetzen. die Gestaltbarkeit der medialen Werkzeuge erkennen. kooperatives Lernen und vernetztes Denken mithilfe neuer Netzmedien erlernen. Thema Hypercomic - Geschichten erzählen in Hyperstrukturen Autor Michael Scheibel Fach Kunst und fächerübergreifender Unterricht Zielgruppe Klasse 8 bis 10, Sekundarstufe II Zeitraum circa 12 Unterrichtsstunden Verlaufsplan Verlaufsplan Hypercomic zur Unterrichtseinheit Medien Computer mit Internetanschluss, Scanner, Digitalkameras, Bildbearbeitungssoftware, Netscape Composer, Webspace Voraussetzungen Grundkenntnisse in der digitalen Bildbearbeitung und Website-Gestaltung Online-Charakteristika Jedes Medium hat seine Eigenarten, so wie auch das Internet spezifische Charakteristika besitzt, die nicht durch andere Medien ersetzt werden können. Möchte man den charakteristischen Merkmalen insbesondere des Bildes im WWW auf die Spur kommen, ist es notwendig, jedwede Transformation dieses Bildes auf ein anderes Medium auszuschließen. Das heißt, wenn ein Bild mit all seinen Funktions- und Gebrauchsweisen aus dem Internet auf ein anderes Medium kopiert oder übertragen werden kann, dann hat dieses Bild keine spezifischen Online-Merkmale getragen. Ein Bild aus dem Web lässt sich beispielsweise auf Papier ausdrucken, aber die Verknüpfung dieses Bildes mit anderen Bildern nicht. Ist es zudem einmal auf Papier festgehalten, so ist es fixiert und nicht mehr digital veränderbar. Dies verdeutlicht, dass gewisse Merkmale eines Bildes, das im Internet integriert ist, nicht auf andere Träger übertragen werden können. Wendet man diese Überlegung positiv, dann lassen sich folgende Kriterien als zwei spezifische Merkmale des Bildes im Internet formulieren: Das Prozesshafte: Das Internet entwickelt keine Produkte, sondern Prozesse. Das Bild im WWW ist kein einmalig fixiertes Objekt, sondern ist inhaltlich und materiell einem ständigen Prozess unterworfen. Bilder können jederzeit aus ihrem Kontext gelöst, verarbeitet und in neue Umgebungen integriert werden. Bilder können zudem beliebig oft und mit beliebig vielen Adressaten kommuniziert werden. Die Verknüpfbarkeit: Im Internet dominiert die nicht-lineare Struktur des Hypertextes. Äquivalent werden für das Bild die Begriffe Hypergraphic, Hyperpicture und Hyperimage benutzt. Als Hypergraphic bezeichnet man eine Grafik in einem HTML-Dokument, die zugleich ein Verweis (Link) ist. Klickt man auf die Grafik, verzweigt der Browser zur angegeben URL. Die Einbettung des Bildes in eine Hyperstruktur erlaubt die Schaffung eines beliebig verknüpfbaren und variablen Bildsystems. Beispiel: Ein Kino-Projekt im Internet Der Künstler David Blair arbeitet seit 1994 an einem interaktiven Kino-Projekt im Internet. Grundlage dieses Projekts ist Blairs Spielfilm "WAX oder die Entdeckung des Fernsehens bei den Bienen". Die Internetarbeit Waxweb arbeitet mit Szenen dieses Filmes, die zu einem assoziativen Netz vielfältiger Bezüge verbunden werden. Je nach Interaktion des Betrachters formen die Elemente immer andere Erzählstränge und erzeugen zugleich permanent neue Interaktionsmöglichkeiten. Die lineare Filmerzählung wird durch die nicht-lineare Hyperstruktur des Webs aufgehoben. Gleichzeitig wird die Möglichkeit der Interaktion im Internet genutzt, um Prozesse zu erzeugen. Neue Funktions- und Gebrauchsweisen Das Beispiel zeigt, wie die Bedingungen des World Wide Web neue Funktions- und Gebrauchsweisen des Bildes generieren. Die Hyperstruktur schafft ein Netz mit Informationsknoten, das es ermöglicht, Bilder in einer neuen Weise zu strukturieren. Der Zugriff auf Bilder hängt wesentlich von dieser Organisationsstruktur ab. Über Verknüpfungen folgen wir Bildpfaden und zugleich stehen wir in einem interaktiven Prozess, der ein simultanes Rezipieren und Generieren von Bildverknüpfungen erlaubt. Kunst mit Netzmedien In einem einsemestrigen Kurs für Studentinnen und Studenten der Kunsterziehung an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart wurden unter der Leitung von Bettina Lockemann theoretische und praktische Grundlagen zum Internet vermittelt und in einem Projekt umgesetzt. Thema des Kurses war die Suche nach Schnittstellen zwischen analogen und digitalen Bildwelten. Dies ermöglichte den Studierenden, ihre künstlerischen Ideen mit den Gegebenheiten der Netzmedien zu verbinden. Ein Krimi entsteht als Hypertext In den Diskussionen entstand die Idee, mit hypertextuellen Mitteln eine Bildergeschichte zu erzählen, deren Handlung an der Akademie angesiedelt ist. Die Akademie war als Basis der Auseinandersetzung wichtig, da sie die Grundlage der gemeinsamen Erfahrungen der Kursmitglieder bildete. Die Studierenden entwickelten eine Kriminalgeschichte, in die das Personal der Akademie ebenso einbezogen wurde wie die verschiedenen Institutionen. Die Hypertextstruktur wurde auf eine Weise konstruiert, dass die Geschichte nicht immer gleich verläuft, sondern die Entscheidungen der User den Verlauf beeinflussen. Grundwissen vermitteln Die Möglichkeiten und Schwierigkeiten der Arbeit mit Hypertext wurden mithilfe von Schaubildern erörtert. So konnte den Studierenden auf anschauliche Weise die Funktion von Hypertextstrukturen vermittelt werden. Neben den theoretischen Diskussionen wurde in die Handhabung der notwendigen Bildbearbeitungs- und Websitegestaltungssoftware eingeführt, diese Kenntnisse wurden anschließend in der Anwendung vertieft. Individuelle Arbeitsorganisation Die Gestaltung der Hypertextgeschichte wurde von den unterschiedlichen Ideen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer geprägt. Jeder war für die Umsetzung einer bestimmten Anzahl von Seiten verantwortlich. Die Studierenden einigten sich gemeinschaftlich auf den Verlauf der Geschichte und nahmen daraufhin die Umsetzung individuell vor. Das entstandene Hypercomic "Mission Impossible" arbeitet mit der Non-Linearität des World Wide Web. Die vielschichtige, nicht-lineare Aufbereitung der Geschichte im Web aus dem Fundus von Zeichnungen, Fotografien und computergenerierten Bildern konnte für die Eigenarten des Internets sensibilisieren. Die Entwicklung eines Hypercomics bedeutete das Erforschen von neuen Erzählformen, in denen der User seinen eigenen Weg durch eine vernetzte Geschichte kreiert. Vorkenntnisse und Übungsschritte Für die Unterrichtseinheit Hypercomic benötigen Lehrkräfte wie Schülerinnen und Schüler Grundkenntnisse in der digitalen Bildbearbeitung und der Internetanwendung. Üben Sie am besten vorab das Aufbereiten des Bildmaterials für das Web: das heißt das Anpassen der Bildgröße und die Komprimierung der Bilder im GIF- und JPEG-Format in einem beliebigen Bildbearbeitungsprogramm. Ein Grundsatz: Bilder sollten bei möglichst bester Bildqualität das geringste Speichervolumen benötigen. Üben Sie ebenso den rezeptiven Umgang mit dem World Wide Web: das Navigieren mit einem Browser, das Finden mit Suchmaschinen, das Speichern von Bildern aus dem Web sowie das Downloaden von ganzen Websites. Analysieren und besprechen Sie vorgefundene Websites in Hinblick auf die Gestaltung und Bedienbarkeit. Multimediale Präsentation Die Veröffentlichung des Hypercomics im Internet ist eine Motivation für die Klasse, da so eine breitere Öffentlichkeit erreicht werden kann. Allerdings ist eine Online-Veröffentlichung unter Umständen mit regelmäßigen Kosten für eine Domain verbunden. Alternativ wäre eine Veröffentlichung im Schulnetzwerk oder auf einer CD-ROM denkbar, die für die Schülerinnen und Schüler gebrannt und verteilt wird. Arbeitsformen im Wechsel Beim Unterrichten am Computer ist ein Methodenwechsel in der Aktionsform für die Aufmerksamkeit und Motivation der Klasse förderlich. Wechseln Sie zwischen lehrerzentrierten Unterrichtsformen, wenn Sie beispielsweise eine Einführung in die Software-Tools geben, und der Gruppenarbeit. Wechseln Sie zudem zwischen individuellem Arbeiten, beispielsweise beim Recherchieren und Materialsammeln, und kollektivem Arbeiten in Kleingruppen oder der gesamten Gruppe, wie zum Beispiel bei Diskussionen oder beim Entwurf einer Hyperstruktur. Ein Tipp: Um eine Hyperstruktur für die Links einer Website zu erarbeiten, ist eine traditionelle Tafel oder eine Pinnwand das beste Medium. So lässt sich die non-lineare Struktur veranschaulichen und zugleich kann jeder bei der Verlinkung seiner Website die Übersicht behalten. Schülerinnen und Schüler als Co-Lehrkräfte Letztendlich stellen sich die Schülerinnen und Schüler immer wieder als gute Mentoren heraus. Jugendliche, die mit ihrem technischen Know-how anderen voraus sind, können als Lehrende eingebunden werden und für Teilbereiche des Unterrichts verantwortlich sein. Zu beachten ist die Tatsache, dass die technisch versierten Schülerinnen und Schüler nicht unbedingt auch für künstlerisch-gestalterische Fragestellungen zuständig sind. Mobile Medieneinheiten Für den Kunstunterricht erweisen sich mobile Medieneinheiten und Medienecken als eine aussichtsreiche Lösung. Zwei bis vier internetfähige Computer mit multimedialer Zusatzausstattung im Kunstraum bieten die Möglichkeit, digitale Anwendungen jederzeit in den Unterricht einzubinden. Dagegen sind mobile Medieneinheiten flexibel einsetzbar und bieten optimale Bedingungen für fächerübergreifenden Projektunterricht und medienbezogene Schulprojekte. Eine mobile Medieneinheit enthält multimediafähige Notebooks, die über ein Funknetzwerk verbunden sind, sowie kompatible digitale Peripherie-Geräte wie digitale Foto- und Videokamera, Scanner und DVD-Brenner, Drucker und Beamer. Flexibilität Solch eine Medieneinheit, die in den Kofferraum eines Mittelklassewagens passt, ermöglicht einen flexiblen und ortsunabhängigen Unterrichtseinsatz jenseits des traditionellen Computerraums mit fixierten Computertischreihen. In kurzer Zeit installiert, kann im Unterricht effektiv mit den neuen Medien gearbeitet werden oder diese, während anstehender Diskussionen, an den Rand geschoben werden. Zudem kann ein Wechsel zwischen traditionellen analogen und neuen digitalen Medien reibungslos geschehen. Die Ortsunabhängigkeit führt dazu, dass der Unterrichtsraum verlassen werden kann, um mit Kameras und Notebooks an anderen Orten weiterzuarbeiten. Über das Funknetz können dabei jederzeit alle Daten von Notebook zu Notebook gesendet werden. Die technologischen Voraussetzungen erzeugen hierbei ein intensives Arbeitsklima und genügend Freiräume, um kreativ mit den Netzmedien zu arbeiten und das Potenzial dieser Medien in der Tätigkeit zu erfahren. Inzwischen gibt es ein umfangreiches Softwareangebot an Open Source oder Freeware für die Internet-Anwendung. Freeware sind Programme, die im Internet kostenlos zur Verfügung stehen und auf den Computer heruntergeladen werden können (Download). Das Bildbearbeitungsprogramm GIMP zählt zur Open Source Software. SmartFTP ist dagegen nur für private und unterrichtliche Zwecke kostenlos. Vorteil: Kostenlos Der Vorteil von Freeware sind in erster Linie Kostenersparnisse für die Bildungseinrichtungen. Darüber hinaus können die Lehrkräfte und später die Schülerinnen und Schüler diese Programme auch auf den privaten Computer herunterladen und dort mit ihnen weiterarbeiten. Zahlreiche Programme für Anwendungen zur Bildbearbeitung, Website-Gestaltung und virtuellen Realität stehen im Internet kostenfrei zur Verfügung. Um eine schnelle und kostengünstige Ausstattung der Schulen zu gewährleisten, ist ein Rückgriff auf diese Softwarelösung zu bedenken. Nachteil: Bedienung Als ein Hemmnis stellte sich in Lehrversuchen jedoch heraus, dass Freeware bisweilen in ihrer Bedienungsfreundlichkeit und Laufsicherheit einer käuflich erwerbbaren, professionell programmierten Software unterlegen ist. Zudem hat der Einsatz von Freeware oftmals den Nachteil, dass die Schülerinnen und Schüler in der Schule bisweilen mit einfacherer Software arbeiten, als ihnen selbst zu Hause zur Verfügung steht. Angesichts einer späteren Berufsausbildung oder eines Studiums ist eine einigermaßen professionelle Software-Ausstattung in den Schulen selbstverständlich wünschenswert. Bildbearbeitung mit Gimp Gimp ist ein leistungsfähiges Bildbearbeitungsprogramm. Es bietet einfache Funktionen wie unterschiedliche Malwerkzeuge (Pinsel, Airbrush und so weiter), Effekte für Fotos (unter anderem Strichzeichnungen, Prisma, Ölgemälde), Klonen, Text einfügen wie auch Profi-Funktionen, beispielsweise das Arbeiten mit Ebenen und Folien, Filter sowie Framefunktionen. Es werden alle gängigen Dateiformate (JPG, GIF, TIFF, BMP und andere) unterstützt. Die Bedienung ist für Windows-Anwender etwas gewöhnungsbedürftig, da das Programm für Linux entwickelt wurde. Allerdings kann mit dem Programm schon nach kurzer Einarbeitungszeit sehr zügig gearbeitet werden. Website-Gestaltung mit Netscape Composer Mit dem Netscape Composer erstellen und publizieren Sie sehr einfach Dokumente für das Internet. Der Netscape Composer ist Bestandteil des Netscape Communicator. Dieser bietet Ihnen als Komplettpaket alle Komponenten, die Sie für die Nutzung des Internets benötigen. Sie surfen zum Beispiel mit dem Browser Netscape Navigator im Internet oder Sie schreiben, senden und empfangen mit dem Netscape Messenger Ihre E-Mails. Website-Veröffentlichung mit FTP SmartFTP ist ein Windows-Programm für die Dateiübertragung zwischen dem lokalen PC und einem FTP-Server. Mit diesem Programm können Sie eine Verbindung zu anderen Rechnern herstellen, Dateien und Ordner suchen und zwischen den Rechnern hin- und herkopieren. Verfügen Sie über Webspace, so können Sie mit diesem FTP-Client Ihre Website im Internet publizieren. Für eine Internet-Präsentation ist nicht zwingend eine neue Domain erforderlich. Es reicht ein Unterordner auf einer bestehenden Domain, zum Beispiel auf der Schulhomepage. Mit- und selbstbestimmtes Lernen Der amerikanische Pragmatiker John Dewey formulierte Anfang der 1920er Jahre sein "Ideal des demokratischen Staatsbürgers" und entwickelte daraus eine alternative Form von Unterricht, den projektorientierten Unterricht: eine Organisationsform des Lernens, die dem Lernenden Mit- und Selbstbestimmung ermöglicht bei der Wahl der Inhalte und Unterrichtsthemen, der Festlegung der Unterrichtsziele und der Erarbeitung der Probleme. In aller Kürze zusammengefasst zeichnet sich der Projektunterricht durch folgende wesentliche Merkmale aus: Interessen und Bedürfnisse der Lernenden stehen im Vordergrund, um im Prozess der Selbstorganisation ihrer Arbeit Planen, Lernen und Handeln zu verbinden. Bei der Planung und Durchführung des Unterrichts sind Lernende selbsttätig. Lehrerdominanz wird abgebaut. Lernende haben Verantwortung für die Planung und Durchführung der Arbeit. Problemorientiertes und forschendes Lernen. Schülerinnen und Schüler erwerben und überprüfen Wissen in der Anwendung. Produktorientierung beziehungsweise Einbeziehung der Zieldimension ist eine selbst erarbeitete Aufgabe, die einen größeren Arbeitsvorgang umfasst. Unterricht und Medien als Plattform In der Medienarbeit wird die Projektmethode oftmals und erfolgreich eingesetzt. Eine Medienbildung im Projekt umfasst mehr als intentionale, im Lehrplan formulierte Aktionen, ist vielmehr eine offene Plattform für selbstständiges Lernen. Diese Plattform stellt mit dem technischen Equipment und der professionellen Anleitung durch die Lehrkräfte einen Bedingungsrahmen, in dem nicht nur auf einen Lehrplan reagiert, sondern selbst agiert werden kann. Fächerverbindendes Modell Der Unterricht wird idealerweise nicht im wöchentlichen Turnus, sondern als fächerverbindendes oder fächerübergreifendes Projekt durchgeführt. Nach einer Lehreinheit, in der Theorie und Analyse im Vordergrund stehen, gibt es eine praxisorientierte Projektphase, die mit einer Präsentation des Ergebnisses endet. Während die erste Lehreinheit inhaltlich vorstrukturiert ist, wird in der zweiten Einheit, der Projektphase, die Planung weitgehend der Klasse überlassen. Weshalb diese Reihenfolge? Wie sich im projektorientierten Unterricht oft zeigt, gestaltet sich besonders die Wahl des Projektvorhabens beziehungsweise die Formulierung eines Ziels in der Gruppe als schwierig und führt meist zu Nachahmungen bereits bekannter Projekte. Anstöße zu andersartigen Ideen werden erst dann geliefert, wenn bereits ein Vorwissen über den Gegenstand vorhanden ist. Einstieg mit Theorie und Beispielen Um dieser Problematik zu entgehen, erweist sich eine vorangehende theoretische Auseinandersetzung als sinnvoll. In einer Lektüre- und Diskussionsgruppe, in der auch die Betrachtung und Analyse von Websites und Netzkunst einen hohen Stellenwert einnehmen, können Aspekte gesammelt werden, die dann als Vorhaben im Projekt weitergeführt werden. Eine thematische Lektüre und Diskussion, die am Anfang steht, hat zudem den Vorteil, dass schon hier eine kritische Auseinandersetzung stattfindet, bevor diese im praktischen Erlernen der ausgefeilten Techniken verloren geht. Die Reflexion geht dann voran, begleitet das Projekt und kann am Ende in der Rekapitulation des Vorhabens wieder aufgegriffen werden. Projektplanung Das Projekt indes wird von den Schülerinnen und Schülern auf der Basis der erworbenen theoretischen Kenntnisse entwickelt. Vorschläge werden gesammelt, in der Gruppe diskutiert und auf ihre zeitliche und technische Realisierbarkeit geprüft. Entweder es ergibt sich ein Gesamtprojekt, zu dem Kleingruppen einzelne Bausteine liefern können, oder zwei, drei Projekte werden von einzelnen Gruppen bearbeitet. Die Projektziele werden selbstbestimmt von den Schülerinnen und Schülern unter der Beratung der Lehrenden formuliert. Alle medientechnischen Anwendungen, die während der Projektarbeit für die Realisierung benötigt werden, sollten dann im selbst gestalteten Lernprozess angeeignet werden. Das Lehrpersonal steht hierfür hilfsbereit zur Seite, schiebt Lerneinheiten ein, in denen grundlegende Kenntnisse über Hard- und Software vermittelt werden oder setzt Schülerinnen und Schüler als Multiplikatoren ein. Es werden Hilfestellungen gegeben, die ein selbstreguliertes Lernen fördern. Motivation durch Produktion Selbstmotivation wird dann erreicht, wenn der Lernende bemerkt, dass er etwas erlernt hat, zum Beispiel indem Wissen in der Anwendung erworben wird. Um die Motivation zusätzlich zu steigern, ist es die Überlegung wert, ob eine Präsentation der Projektarbeit in einem größeren Zusammenhang oder gar in einem Ausstellungsprojekt angestrebt werden soll. Berners-Lee, Tim: Der Web-Report. Der Schöpfer des World Wide Webs über das grenzenlose Potential des Internet, München: Econ, 1999. Eibl, Thomas: Hypertext. Geschichte und Formen sowie Einsatz als Lern- und Lehrmedium. Darstellung und Diskussi-on aus medienpädagogischer Sicht, München: kopaed 2004 Kerckhove, Derrick de: Medien des Wissens . Wissensherstellung auf Papier, auf dem Bildschirm und Online, in: Weltwissen - Wissens-welt, Ch. Maar, H. U. Obricht, E. Pöppel (Hg.), Köln: DuMont Buchverlag, 2000, S. 49-65. Winter, Carsten: Internet/Online Medien, in: Grundwissen Medien, Werner Faulstich (Hg.), 4. Aufl., München: Fink, 2000, S. 274-295.

  • Kunst / Kultur
  • Sekundarstufe I, Sekundarstufe II

Kunst unter Verdacht: Vom Expressionismus zur NS-Kunst

Unterrichtseinheit

Wassily Kandinsky, Ernst Ludwig Kirchner, Arno Breker oder Leni Riefenstahl sind nur einige der Kunstschaffenden, mit denen sich die Schülerinnen und Schüler in dieser Unterrichtseinheit beschäftigen. "Kunst unter Verdacht" steht im Mittelpunkt dieser Unterrichtseinheit für die gymnasiale Oberstufe. In jeder der sechs einzelnen Einheiten werden Künstler vorgestellt, die früher oder später unter Verdacht gerieten - die einen als "Entartete Künstler" wie Kandinsky oder Kirchner, die anderen als Propagandakünstler wie Leni Riefenstahl oder Arno Breker. Auch heute arbeiten Künstler mit diesen verdächtigen Bildern aus unserem Langzeitgedächtnis - und stehen dem ersten Augenschein nach ebenfalls unter Verdacht. Modularer Aufbau Die einzelnen Phasen der Unterrichtseinheit bauen aufeinander auf, lassen sich aber auch modular einsetzen. Die Phasen 1 und 2 behandeln vor allem Grundideen des Expressionismus, die Phasen 3 und 4 die Staatskunst während des NS-Regimes und die so genannte "Entartete Kunst". In der Phase 5 werden die gewonnenen Ergebnisse vertiefend betrachtet. Eine Exkursion ins Museum kann vor oder während der Unterrichtseinheit durchgeführt werden. Vorbereitung Bereitstellung eines Computers mit breitbandigem Internetzugang, Beamer, Scanner, Digitalkamera, Videorekorder, Drucker, Fotokopiergerät für die Lehrkraft. Zugang zu PowerPoint, Acrobat Reader, Word, Bildbearbeitungsprogramm für die Schülerinnen und Schüler. Es sollten Vorkenntnisse zu Basiswissen in der Internetrecherche, der digitalen Bildverarbeitung und der Erstellung von Präsentationen (zum Beispiel mit PowerPoint) vorliegen. Die einzelnen Module der Unterrichteinheit im Überblick "Der blaue Reiter" Ernst Ludwig Kirchner: Ein Selbstbildnis Kunst im Nationalsozialismus "Entartete Kunst" Zeitgenössische Malerei Inhaltliche Ziele Die Schülerinnen und Schüler lernen Werke des Expressionismus und der NS-Kunst kennen, analysieren und vergleichen und setzen sich mit dieser kritisch auseinander. lernen manipulative Prozesse zu erkennen und den kritischen Umgang mit Medienbildern. vergleichen Werke aus der zeitgenössischen Kunst mit Videostills (Standbildern) von Propagandafilmen. lernen den Lernort Museum kennen (fakultativ). Medienkompetenzen Die Schülerinnen und Schüler sammeln Bilder und Textdokumente zu Künstlern , archivieren und werten aus. lernen den künstlerisch-gestalterischen Umgang mit digitalen Medien. vervollständigen interaktive Arbeitsblätter mit Texten, Computergrafiken oder eigenen Werken. Revolutionäre Kunst zu Beginn des 19. Jahrhunderts Kubismus, Surrealismus, Expressionismus und Dada revolutionierten die Kunst von 1900 bis 1930 in Europa, Russland und Amerika. Trotz der Zäsur des Ersten Weltkriegs von 1914 bis 1918 war die internationale Avantgarde in diesen 30 Jahren experimentierfreudig, unangepasst, kritisch und thematisierte in ihren Bildern die Wünsche, Errungenschaften und Desaster im noch jungen 20. Jahrhundert. Mit Wassily Kandinsky und Ernst Ludwig Kirchner lernen die Schülerinnen und Schüler die beiden berühmtesten in Deutschland wirkenden Expressionisten kennen. Sie lernen ebenfalls, dass der Expressionismus als Bewegung maßgeblich in Deutschland entwickelt wurde. Nationalsozialismus: Propaganda und Kunst Die nächste Zäsur für die kulturelle Entwicklung in Deutschland begann Anfang der 30er Jahre durch die Machtergreifung Hitlers. Die NS-Propagandamaschinerie deklarierte die Expressionisten in den 30er Jahren als wahnsinnige Verfallskünstler und tat alles Erdenkliche, um die staatliche Kunst- und Kulturproduktion im Sinne der nationalsozialistischen Ideologie voranzutreiben. Der Vernichtungskampf und Bildersturm auf die Moderne Kunst wurde strategisch geplant und rigoros verfolgt. Auf subtile Weise verstand es das NS-Regime, die Avantgarde zu diffamieren, zu demütigen und zu verfolgen. Mit dieser staatlichen Diffamierung und Definierung von Kunst beschäftigen sich die Schülerinnen und Schüler in dem zweiten Block. Im weiteren Focus steht die "Große Deutsche Kunstausstellung", die 1937 in München stattfand. Die NS-Elite präsentierte dort der Weltöffentlichkeit via Radio, Film und inszenierter Propaganda die neue "Kunstavantgarde". Die Schülerinnen und Schüler lernen in diesem Zusammenhang Vertreter der NS-Kunst wie Arno Breker, Adolf Ziegler oder Leni Riefenstahl kennen. Kunstrezeption: Die Gegenwart der Vergangenheit Zum Abschluss der Unterrichtseinheit soll der Gegenwartsbezug nicht fehlen. Wie arbeiten heute zeitgenössische Künstler die Bilder in unserem historischen Langzeitgedächtnis auf? Welche "Gegenbilder" lassen sich aus der historischen Distanz heraus malen? Wie geht die junge Künstlergeneration mit dem Erbe der Vergangenheit um? Diesen Fragestellungen gehen die Schülerinnen und Schüler am Ende der Unterrichtseinheit auf den Grund. Der Weg zur gegenstandslosen Auffassung der Welt Kandinsky besuchte 1911 mit Freunden ein Klavierkonzert Arnold Schönbergs in München. Die Moderne Musik begeisterte ihn sehr und er begriff, dass in der Musik Ähnliches passierte, wie in der Kunst: Die Kunst entwickelt sich hin zu einer gegenstandslosen, abstrakten Auffassung von Welt, die Musik löste sich auch von Jahrhunderte tradierten Vorstellungen und befreite sich. Das Motiv in der Kunst ging verloren, das Motiv in der Musik und auch das Motiv in der Literatur, wie Kurt Schwitters in seiner "Ursonate" schön aufzeigt. Inspiration durch Kompositionen von Schönberg Wassily Kandinsky war so begeistert von Schönbergs Kompositionen, dass er sich von einer befreundeten Münchner Pianistin die aktuellen Partituren vorspielen ließ. Diese Klänge und Töne setzte er malerisch in Farbklänge und Farbtöne auf der Leinwand in seinen "Träumerischen Improvisationen" um. Gerade beim Umsetzen von Musik in abstrakte Malerei malt der Maler kein Bild der sichtbaren Umwelt - keine Blumenvase, kein Porträt - sondern lässt sich zum Beispiel von seinem Gehörsinn inspirieren und gewinnt so konkrete Ideen für abstrakte Formen. Diese Tatsache war für die Entwicklung der Modernen Kunst revolutionär. Kandinsky wird Erfinder der abstrakten, gegenstandslosen Kunst und seine theoretischen Schriften wie zum Beispiel "Das Geistige in der Kunst" wurden zu hochrangigen Klassikern der Kunstgeschichte. Farben, Formen, Linien Die Ideen zu seinen abstrakten, gegenstandslosen Gemälden kamen Kandinsky oft in träumerischen Zuständen. Die Farben und Formen erzählen nicht von unserer sichtbaren Welt, sondern von einer Welt, die den Augen verborgen bleibt, beim aufmerksamen Hinsehen aber entdeckt werden kann. Die Farben und Formen sind jedoch nicht zufällig gewählt. Jeder Farbklang und jeder Farbton hat eine Bedeutung, die in einem großen Ganzen ein komplexes Geflecht von Beziehungen, einen ganzen Kosmos ergeben. Farben können harmonisch oder auch disharmonisch aufeinander treffen, Formen können in Reihen auftauchen oder isoliert. Linien können schwunghaft, chaotisch, zärtlich oder aggressiv sein, Farben können nebeneinander verschmutzen oder sich gegenseitig zum Leuchten bringen. Der gleiche Rotton kann einmal hell oder dunkel wirken, kann sich in seiner Umgebung behaupten oder verschwinden, kann bedrohlich wirken oder schützend, kann "klingen" oder verstummen. Hineinversetzen in den Maler Die Schülerinnen und Schüler können sich beispielsweise vorstellen, dass Kandinsky sich bei diesem Bild intensiv auf etwas konzentriert hat, was nicht in der sichtbaren Welt ins Auge fällt, sondern in der "Geistigen", also durch die Transformation von musikalischen Tönen in malerische Farbtöne. Vielleicht hat Kandinsky gerade ein Musikstück von Arnold Schönberg gehört, den er so verehrte, und sich inspirieren lassen. Wie könnte das Stück geklungen haben? Der Klang von Farben und Formen Die Schülerinnen und Schüler sollen das Bild genau in den einzelnen Details betrachten und sich überlegen, wie die Farben und Formen klingen könnten: Das Schwarz in der Mitte könnte ein tiefer Ton sein, die Punkte rechts oben sehr kurze, schnelle Klangfolgen, die schwarzen Linien vielleicht lange Sequenzen mit nur einem Ton. Da die Arbeitsweisen von Kandinsky und Schönberg ähnlich waren, sind auch die Ergebnisse überraschend ähnlich! Schönberg oder von Webern als Begleitung Beim Malen nach atonaler Musik erweitern die Schülerinnen und Schüler ihre maltechnischen Kenntnisse zum Themenbereich der abstrakten Komposition. Durch die bewusste Anwendung des Komplementär- und Simultankontrastes vertiefen sie ihr farbliches Gestaltungsvermögen. Als geeignete Begleitung erweist sich hier Musik von Arnold Schönberg, insbesondere das erste Stück aus den drei Klavierstücken op.11 (1909) und "Farben" aus den Orchesterstücken op.16 (1909). Auch Stücke des Wieners Anton von Webern eignen sich hier, da er die atonale Musik zur Zwölftonmusik weiterentwickelte: 6 Stücke für Orchester op.6, Nr.3 (1909) Töne in Formen verwandeln Die Schülerinnen und Schüler sollen sich auf die Musik konzentrieren und die Töne und Klänge in Farben und Formen umsetzen. Da dies eine sehr schwierige Aufgabe sein wird, sollten die Schüler erst auf circa drei DINA 4-Blättern experimentieren und Erfahrungen sammeln, dann ans große Format herangehen. Auch DINA2-Blätter sind geeignet. Mit den Wachsmalkreiden werden Linien und Punkte gezeichnet und mit den Farben Flächen gemalt. Wichtig ist, dass die Schülerinnen und Schüler bewusst zwischen Fläche und Linie unterscheiden. Das Bild sollte später nicht von farbigen Luftschlangen übersäht sein - dies wäre falsch! Die Wunden des Ersten Weltkriegs Die Grausamkeit des Ersten Weltkriegs war ein Schock für die Deutschen. Die Kunst bot die Chance, die Ereignisse zu verarbeiten und das Desaster als Warnung für die nächsten Generationen für immer im historischen Langzeitgedächtnis zu verankern. Gerade die Expressionisten beschäftigten sich mit den inneren Gefühlswelten der Menschen. Die Sehnsucht nach Liebe, Glück, Menschlichkeit und Harmonie war sehr groß, jedoch begleiteten Hass, Tod und Zerstörung den Alltag. Dieser "Kampf der Gefühle" wurde in den Bildern der Expressionisten lebendig und für uns heute auch erfahrbar. Die Selbstbildnisse der expressionistischen Künstler decken oftmals tiefe seelischen Wunden auf. Das "Selbstbildnis eines Kranken" (1918) von Ernst Ludwig Kirchner ist ein berühmtes Beispiel für diese "expressionistische Selbstschau". Ergänzende Internetrecherche Die Werkanalyse kann durch Informationen zum Leben des Malers und dem zeitgenössischen Hintergrund, die die Schülerinnen und Schüler im Internet recherchieren, abgerundet werden. Die Aufgaben finden Sie auf dem Arbeitsblatt "AB-Kirchner-Selbstbildnis". Das Lösungsblatt mit Informationen zum Erwartungshorizont befindet sich im Download-Bereich der Startseite. LeMO: Die Brücke Informationen zu den Mitgliedern der Malergruppe "Die Brücke". Kunst empfinden Bei der praktischen Arbeit im Anschluss sollen die Schülerinnen und Schüler versuchen, die negativen Gefühle und bedrohlichen Stimmungen, die das Selbstbildnis Kirchners enthält, möglichst exakt durch ein eigenes Formen- und Farbenrepertoire nachzuempfinden. Porträts spiegeln Leben Die Schülerinnen und Schüler sollen nach der Bildinterpretation auf DIN-A3-Papier mit Pinsel, Farben und Palette ein expressionistisches Porträt eines Menschen malen, der wie Ernst Ludwig Kirchner schreckliche Kriegserlebnisse oder andere schwere Schicksalsschläge durchleben musste. Um die Dramaturgie auf dem Blatt zu steigern, gibt es diverse Möglichkeiten: Dynamisierung und Deformation der sichtbaren Welt (Verzerren, Verkürzen, Verlängern, Verändern der Farbigkeit von Objekten/Personen). Empfindungsperspektive (Zentral-Vogel und Froschperspektive) in einem Bild angewendet, lassen die sichtbaren Objekte wie Häuser, Menschen und Landschaften in einen merkwürdigen Bildraum erscheinen. Komplementär- und Simultankontrast (leuchtende Farbigkeit, schrille Farbkombinationen wie zum Beispiel lila/gelb, rot/grün). Die "Große Deutsche Kunstausstellung" 1937 inszenierte das NS-Regime im Haus der Deutschen Kunst - fünf Gehminuten entfernt von der "Entarteten Kunstausstellung" in den Residenzarkaden - die "Große Deutsche Kunstausstellung". Zur Vernissage versammelten sich alle hochrangigen Künstler, Politiker, die Medien und Kunstsachverständigen des NS-Regimes, um ihre "Deutsche Kunst" im "gesäuberten Kunsttempel" Deutschland und der Welt stolz zu präsentieren. Zu diesem Zweck wurde eine große Einweihungszeremonie mit einer Parade veranstaltet, die mit einem Vorbeimarsch der SA endete. Hitler selbst eröffnete die erste Ausstellung in seinem neuen Musentempel, dem Haus der Deutscher Kunst. In seiner Rede betonte er die große Zukunft, die der NS-Kunst bevorstehe. In einem Nebensatz raunte er: "... Kubismus, Dadaismus, Futurismus, Impressionismus, Expressionismus, alles völlig wertlos für das deutsche Volk". Internetrecherche nach Informationen und Bildern Nachdem die Schülerinnen und Schüler generell den Anspruch der freien Kunst diskutiert und sich über die Aufgaben der Staatskunst im Nationalsozialismus informiert haben, sollen sie im Internet nach Informationen recherchieren zu Leben und Werk von Adolf Ziegler, Josef Thorak, Fritz Koelle und Arno Breker. Dabei nutzen sie explizit die Bildsuche von Google und die Seiten des Lebendigen Virtuellen Museums Online (LeMO), wo Farbbilder zu Künstlern des NS-Regimes zu finden sind (alle Aufgaben finden sich auf dem Arbeitsblatt AB-NS-Staatskunst). Gegebenenfalls bekommen Sie zusätzliche Informationen zu den Aufgaben der NS-Staatskunst über das Arbeitsblatt Info-NS-Staatskunst an die Hand. Erarbeitung einer PowerPoint-Präsentation Aufgabe der Schülerinnen und Schüler ist es, Bild- und Textdokumente in einem neuen Ordner zu sammeln, die Informationen auszuwerten und für eine Präsentation so aufzuarbeiten, dass sie abgesehen von der Information auch auf die Übersichtlichkeit und die gestalterischen Qualitäten achten. Bei ihrer Präsentation sollen immer wieder der Bezug zu den Aufgaben der NS-Staatskunst hergestellt werden. Gegebenenfalls können den Schülerinnen und Schülern schon hier Informationen des Blattes Info-Entartete-Kunst (siehe Unterrichtsphase 4) zur Verfügung gestellt werden. LeMO: NS-Kunst und Kultur Über den Bereich "NS-Regime" gelangen die Schülerinnen und Schüler zu dem Kapitel "Kunst", das unter anderem Informationen zu Architektur, Film und NS-Kunstpolitik enthält. Recherche zu Kandinsky, Dix, Nolde, Grosz und "Entarteter Kunst" Die Schülerinnen und Schüler sammeln mit der Bildsuche von Google Werke "entarteter Künstler" wie Wassily Kandinsky, Otto Dix, Emil Nolde, Georg Grosz, Felix Nussbaum und Kurt Schwitters, aber auch von dem NS-Propagandakünstler Adolf Ziegler (siehe Arbeitsblatt AB-Entartete Kunst im Download-Bereich). Mithilfe der Informationen zur "Entarteten Kunst" (siehe Download) sollen sie belegen, warum Gemälde als entartet eingestuft wurden. Sie layouten die gesammelten Informationen und die Textbeiträge aus dem Arbeitsblatt zu einer mehrseitigen PowerPoint-Präsentation. Dabei sollen sie die einzelnen Punkte mit interessanten Bildbeispielen kombinieren. Am Ende der Stunde können die PowerPoint-Dateien via Videobeamer vor der Klasse präsentiert werden. Informationen sammeln, auswerten und archivieren Die Schülerinnen und Schüler suchen mithilfe des Arbeitsblatts im Internet gezielte Bildinformationen und verbinden diese später mit den Textbausteinen in PowerPoint. Das Sammeln, Auswerten und Archivieren von Bildern und Textdokumenten zu Künstlern und Werken der Bildenden Kunst und der Propagandakunst ist ein vorrangiges medienpädagogisches Ziel dieser Unterrichtsphase. Nicht nur das Finden, sondern gerade das Auswerten, Präsentieren und Kommunizieren ist eine wichtige Medienkompetenz, die im Bereich der ästhetischen Erziehung im Medienzeitalter einen wichtigen Stellenwert einnimmt. Norbert Bisky und die "Schönen Körper" Der junge deutsche Maler Norbert Bisky setzt sich in seinen Gemälden mit "Schönen Körpern im Gleichschritt" auseinander. Er legt sein Augenmerk auf Bilder, die im gesellschaftlichen und historischen Langzeitgedächtnis der Deutschen verankert sind. Bisky spielt mit seinen Fundstücken, unter anderem Filmstills (Standbilder) aus Propagandafilmen des NS-Regimes. Seine Themen sind Jugend und Körperkult, Kameradschaft, Sport, Muskelkraft, Tapferkeit, Autorität des Stärkeren und das Siegen. Genau diese Motive wurden auch schon 1934 im Film "Triumph des Willens" oder im Film Olympia" (1938) von Leni Riefenstahl bildmächtig als Propagandainszenierung für das NS-Regime in Szene gesetzt. Bisky betreibt Vergangenheitsbewältigung mit bildnerischen Mitteln, malt ironisch ein "Bild des Deutschen", versetzt junge blonde Athleten in Pseudoidyllen, verwandelt Propagandakunst in provokante, kritische zeitgenössische Malerei und thematisiert auch die "Macht der Bilder", die uns in den 30er Jahren in Deutschland manipuliert haben. Elizabeth Leach Gallery: Norbert Bisky, Wehrausbildung (2001) Standbilder aus dem Film "Olympia - Fest der Völker" Manipulation und Propaganda In dieser Unterrichtsphase sollen die Jugendlichen Manipulation und Propaganda durch das Massenmedium Film aufdecken und untersuchen. Sie sollen lernen, die persönlichen ästhetischen Erfahrungen, Informationen und Ergebnisse aus den Phasen 1 bis 4 in die praktische Arbeit einfließen zu lassen. Text und Bild werden hier nicht wie vorher am Computer gelayoutet, sondern mit künstlerischen Mitteln. Die Präsentation der Collagen, die in Kleingruppen erstellt werden, dient als Grundlage für die Abschlussdiskussion zum Themenkomplex Expressionismus, NS-Kunst und Entartete Kunst. Die Wirkung von Standbildern Zunächst werden Biskys Bilder mit Filmstills (Standbildern) aus beiden Filmen verglichen. Bei dem Film "Triumph des Willens" über den NS-Parteitag setzte Riefenstahl beispielsweise 16 Kamerateams mit über 100 Mitarbeitern ein. Aus mehr als 60 Stunden Filmmaterial entstand einer der bekanntesten und wirkungsvollsten Propagandafilme aller Zeiten. Vorab sollten die Schüler beide Filme jeweils etwa 15 Minuten ansehen. Während die Filme über den Videorekorder abgespielt werden, sollen die Schüler mit einer Digitalkamera Filmstills aufnehmen. Schlüsselszenen, besonders seltsam wirkende Stills oder auch vielleicht Stills, die den Schülern auf eine gewisse Weise vertraut sind oder bei ihnen etwas auslösen. Arbeit mit Papier und Schere Nach einer kurzen Internetrecherche zu Bisky sollen die Schüler in Kleingruppen eine Text/Bild-Collage auf einem DIN A 0 großen Papier gestalten. Die Videostills werden dann in schwarz-weiß ausgedruckt, auch die Arbeiten von Bisky. Ausschnitte können mit dem Kopierer vergrößert und mit Buntstiften/Farben farbig gestaltet werden. Parallel können die Schülerinnen und Schüler auch mit der Schere arbeiten und wichtige Details ausschneiden. Textpassagen zu Bisky und auch Riefenstahl werden dann ausgedruckt und mit dem Bildmaterial kombiniert. Eigene Texte können auch handschriftlich auf diese "Arbeitscollage" gemalt/geschrieben werden. Reflexion zur Bildwirkung Ihre Gedanken zu folgenden Leitfragen können die Schülerinnen und Schüler direkt auf die Collage schreiben und mit Pfeilen dann Zusammenhänge und Verknüpfungen herstellen: Welche Motive, Objekte, Szenarien, Handlungen, Ereignisse werden behandelt? Wo gibt es Übereinstimmungen, Abweichungen bei Bisky/Riefenstahl? Welche Begriffe passen? Abstrakt, realistisch, provokant, impressionistisch, idealisierend, expressiv, ironisch, pathetisch, ornamental, gegenständlich? Finden die Schüler noch andere? Welche Wirkung lösen die Bilder/Filmstills beim Betrachter aus? An was erinnern sie? Sicherung und Diskussion Abschließend werden die Collagen im Klassenzimmer aufgehängt und die einzelnen Gruppen präsentieren die entstandenen Arbeiten. Mit einer Abschlussdiskussion zum Themenkomplex Expressionismus, NS-Propagandakunst und "Entartete Kunst" wird die Unterrichtseinheit beendet. Die Schülerinnen und Schüler können die Ergebnisse der praktischen Phasen 1 bis 5 fotografieren und alle PowerPoint-Dateien auf eine CD-ROM brennen - so kann jeder die recherchierten Informationen und auch die entstandenen praktischen Arbeiten in digitaler Form mit nach Hause nehmen. Lernort Museum Die Vertiefung des erworbenen Wissens vor Originalkunstwerken im Museum ist fakultativ. Für Schulen aus der Nähe von München gibt es im Museumspädagogischen Zentrum der bayerischen Landeshauptstadt verschiedene Angebote. Zeitgenössische Kunst im Kontext der Kunst des Nationalsozialismus: Schöne Körper im Gleichschritt. Norbert Bisky malt Jungen, die marschieren, und Mädchen, die Reigen tanzen. So als wäre die Zeit in einer dubiosen Epoche stehen geblieben. Der Kunstmarkt dankt mit Großeinkäufen. In: Der Spiegel 44/2003 Max Nordau: Theorie kultureller Degeneration "Die Entartung". Max Nordau erfand den Begriff der "Entartung". Sein Buch ist eines der Fundamente, auf der das NS-Regime seine Rassentheorie stützte. Wolfgang Willrich: Die Säuberung des Kunsttempels, 1937 Willrich war ein begeisterter Anhänger der NS-Kunst - die "Säuberung des Kunsttempels". Die Diffamierung der Klassischen Moderne hat er maßgeblich mit seinen Äußerungen vorangetrieben. Jörg Häntzschel: Lieber Maler, male mir den Krieg. Ein Traditionshaus wie das Pentagon schätzt die gegenständliche Malerei, schreibt die Süddeutsche Zeitung am 5.Mai 2003. Ein schöner Artikel darüber, wie Maler in den Krieg geschickt werden, um Kriegspropaganda zu malen. Die > Kunststadt < München 1937. Nationalsozialismus und "Entartete Kunst" D a s Standardwerk zum Thema Nationalsozialismus und Entartete Kunst plus dem Ausstellungskatalog zur Ausstellung "Entartete Kunst" erschien 1987 im Prestel-Verlag München. Es enthält viele interessante Dokumente, ist als Paperback lieferbar. Leni Riefenstahl: "Triumph des Willens", 1934 Über den NS-Parteitag dreht Riefenstahl "Triumph des Willens". Sie setzt dafür 16 Kamerateams mit über 100 Mitarbeitern ein. Aus mehr als 60 Stunden Filmmaterial entsteht einer der bekanntesten und wirkungsvollsten Propagandafilme überhaupt. Leni Riefenstahl: "Olympia Teil II, Fest der Schönheit" ,1938 Film (100 Minuten) mit zahlreichen Aufnahmen von den Olympischen Spielen in Berlin 1936. Entartete Kunst? (VHS Nr.7198092; 45 Minuten; Farbe; 1987; D) Am 19. Juli 1937 wurde in München von den Nationalsozialisten die Ausstellung "Entartete Kunst" eröffnet. Gleichzeitig wurde das Haus der Deutschen Kunst in München eröffnet, in dem die Werke der offiziellen Kunstschaffenden des Dritten Reiches besonders gewürdigt wurden. Der Film zeigt beide Ausstellungen und ihr politisch-kulturelles Umfeld. Landesmediendienste Bayern Friedrich Wilhelm Murnau: Nosferatu, 1922 Ein Beispiel des Expressionistischen Films in Deutschland. Robert Wiene: Das Kabinett des Dr. Caligari, 1919 Ein weiteres Beispiel des Expressionistischen Films. Charly Chaplin: "Der Große Diktator" 1940 Der berühmte Komiker Charly Chaplin war im Hollywood der dreißiger Jahre offenbar einer der wenigen, die den Mut und die Mittel besaßen, Politik in Film umzusetzen. So entstand "Der Große Diktator", eine Parabel, die sich an die Zustände im Deutschland Hitlers anlehnt.

  • Geschichte / Früher & Heute / Kunst / Kultur
  • Sekundarstufe II

Deutsche Türken – Türkische Deutsche?

Unterrichtseinheit

Diese Unterrichtseinheit befasst sich mit den in Deutschland lebenden Türken. Der überwiegende Teil der in Deutschland lebenden Zuwanderer kommt aus der Türkei. Mit 2,4 Millionen Menschen stellen sie Deutschlands größte Zuwanderergruppe dar. Ein großer Teil von ihnen ist in Deutschland geboren und kennt die Türkei nur aus Erzählungen und Reisen.Obwohl die meisten der in Deutschland lebenden Türken mit ihrer Lebenssituation zufrieden sind und sich ein Leben mit ihren Familien in Deutschland aufgebaut haben, existieren immer noch Fremdheitsgefühle auf beiden Seiten. Bei einigen Deutschen bewirken sie Ablehnung, und auf türkischer Seite einen Rückzug auf sich selbst. In den Medien finden diese Rückzugstendenzen ihren Ausdruck in dem Begriff der "Parallelgesellschaft", das heißt: Türken schaffen parallel zur deutschen Gesellschaft ihre eigene Lebenswelt. Flexibler Einsatz der Materialien Die didaktischen Kommentare bieten Ihnen Hinweise und Materialien in Analogie zu den einzelnen Themenstationen. Sie sind so konzipiert, dass sie auch miteinander kombiniert werden können und sich so neue Themenfelder ergeben. Ebenso ist es möglich, Teile der Themenstation in andere Unterrichtseinheiten zu integrieren. Beispielweise können Texte türkischstämmiger Schriftsteller auch im Deutschunterricht behandelt werden, oder die Bevölkerungsentwicklung und Migration in Deutschland kann am Beispiel der Türken im Politik- oder Wirtschaftsunterricht näher unter die Lupe genommen werden. Darüber hinaus bietet es sich natürlich an, die Themenstationen im Fach Geschichte eingehend zu thematisieren. Alle Materialien verfolgen das Ziel, die in Deutschland lebende Zuwanderergruppe der Türken als wichtigen Teil der deutschen Gesellschaft zu begreifen, ohne die das Wirtschaftswunder BRD nicht möglich gewesen wäre. In diesem Zusammenhang soll ein Blick in die Historie und die zur Verfügung gestellten Links und Materialien mehr Sensibilität im Umgang mit dem Thema fördern. Lektion 1: Historie - Die erste Generation 40 Jahre Türken in Deutschland: Gastarbeiter, Ausländer, Fremde. Wer an Deutschlands Zuwanderer denkt, dessen Gedanken ziehen unweigerlich Kreise um die 2,4 Millionen türkischen Mitbürger. Seit über vierzig Jahren leben und arbeiten sie hier. Warum die ersten Türken ausgerechnet nach Deutschland kamen und unter welchen Bedingungen sie hier arbeiteten, wissen aber nur wenige. Kommentar zur Unterrichtseinheit "Deutsche Türken – Türkische Deutsche?": Lektion 1 Lektion 2: Die zweite und dritte Generation Identitätssuche und Selbstfindung - die jungen Türken der zweiten und dritten Generation stellen 60 Prozent der türkischen Gesellschaft in Deutschland dar. Die Hälfte von ihnen ist in Deutschland geboren oder hier aufgewachsen. Kommentar zur Unterrichtseinheit "Deutsche Türken – Türkische Deutsche?": Lektion 2 Lektion 3: Rückzug, Integration oder Ankunft im deutschen Alltag? Die Geschichte der ersten türkischen Einwanderer in die Bundesrepublik Deutschland war von dem Gedanken geprägt, eines Tages in die Heimat zurückzukehren. Doch es kam ganz anders: Man hatte in Deutschland Wurzeln geschlagen, die Kinder besuchten deutsche Schulen, sie heirateten in Deutschland, erwarben Wohneigentum und zahlten ihre Steuern. Kommentar zur Unterrichtseinheit "Deutsche Türken – Türkische Deutsche?": Lektion 3 Lektion 4: Vorurteile Was fällt einem Deutschen ein, wenn er an Türken denkt? - Kopftücher, Döner, Machos, Hup-Konzerte, Schläger, Aldi, aufgedonnerte Mädchen, Knoblauch? Vorurteile und Klischees gegenüber Türken prägen den Alltag in Deutschland. Was viele nicht wissen: Viele Vorurteile sind Jahrhunderte alt, nur haben sie heute ein anderes Gesicht. Kommentar zur Unterrichtseinheit "Deutsche Türken – Türkische Deutsche?": Lektion 4 Lektion 5: Mach mit! Hier finden Schülerinnen und Schüler Anregungen für eigene Rechercheprojekte. Sie können beispielsweise ein Starporträt gestalten oder auf regionale Spurensuche gehen und türkische Mitbürgerinnen und Mitbürger interviewen. Anmerkung Bei den verschiedenen Lernstationen und den dazugehörigen Kommentaren ist immer die Rede von türkischen Zuwanderern, Migranten oder Einwanderern. Auf den Begriff des Türken als Ausländer wird gänzlich verzichtet. Dies sollte auch im Schulunterricht berücksichtigt werden, da die Schüler lernen sollen, diese in Deutschland lebende Bevölkerungsgruppe als gleichberechtigte Mitbürger zu betrachten und sie nicht als Fremde zu stigmatisieren. Flexibler Einsatz der Materialien Die didaktischen Kommentare bieten Ihnen Hinweise und Materialien in Analogie zu den einzelnen Themenstationen. Sie sind so konzipiert, dass sie auch miteinander kombiniert werden können und sich so neue Themenfelder ergeben. Ebenso ist es möglich, Teile der Themenstation in andere Unterrichtseinheiten zu integrieren. Beispielweise können Texte türkischstämmiger Schriftsteller auch im Deutschunterricht behandelt werden, oder die Bevölkerungsentwicklung und Migration in Deutschland kann am Beispiel der Türken im Politik- oder Wirtschaftsunterricht näher unter die Lupe genommen werden. Darüber hinaus bietet es sich natürlich an, die Themenstationen im Fach Geschichte eingehend zu thematisieren. Alle Materialien verfolgen das Ziel, die in Deutschland lebende Zuwanderergruppe der Türken als wichtigen Teil der deutschen Gesellschaft zu begreifen, ohne die das Wirtschaftswunder BRD nicht möglich gewesen wäre. In diesem Zusammenhang soll ein Blick in die Historie und die zur Verfügung gestellten Links und Materialien mehr Sensibilität im Umgang mit dem Thema fördern. Bei den verschiedenen Lernstationen und den dazugehörigen Kommentaren ist immer die Rede von türkischen Zuwanderern, Migranten oder Einwanderern. Auf den Begriff des Türken als Ausländer wird gänzlich verzichtet. Dies sollte auch im Schulunterricht berücksichtigt werden, da die Schüler lernen sollen, diese in Deutschland lebende Bevölkerungsgruppe als gleichberechtigte Mitbürger zu betrachten und sie nicht als Fremde zu stigmatisieren. Der Stein des Anstoßes und das doppeldeutige Urteil In der Vergangenheit wurden immer wieder Konflikte zwischen muslimischen und deutschen Traditionen oder Auffassungen vor Gericht verhandelt (zum Beispiel bei der Frage des Schächtens von Tieren oder der Frage, ob eine Verkäuferin in einem Kaufhaus von der einheitlichen Arbeitskleidung abweichen und ein Kopftuch tragen darf). Das jüngste Beispiel ist der Fall von Fereshta Ludin, einer Lehrerin aus Baden-Württemberg. Fünf Jahre lang kämpfte sie mit der deutschen Justiz, um durchzusetzen, dass sie mit einem Kopftuch bekleidet ihren Beruf ausüben darf. Für die Lehrerin, die aus Afghanistan stammt und in Deutschland studiert hat, ist das Islam: Die Bedeutung des Kopftuchs/Schleiers Ausdruck ihre Glaubens und ihrer Würde. Das Bundesverfassungsgericht entschied, dass Fereshta Ludin ihr Kopftuch in der Schule tragen darf. Der Haken bei dem Urteil: Das Bundesverfassungsgericht betonte, die Bundesländer dürften das Tragen des Kopftuchs nur verbieten, wenn sie ein entsprechendes Gesetz dafür verabschieden. Und das wollen einige Bundesländer jetzt tun. Anfänge der Migrationsbewegung Warum kamen Türken ausgerechnet in die Bundesrepublik Deutschland? Weshalb waren es in erster Linie junge Männer im Alter zwischen 18 und 28 Jahren? Unter welchen Umständen lebten sie in der Türkei, und was versprachen sie sich, als sie mit nichts als einem Koffer und ihren Papieren ausgestattet nach "Almanya" zogen? Vor allem aber, warum lockte Deutschland so viele junge Türken ins Land? Im Zentrum dieser Unterrichtseinheit sollen die Anfänge der türkischen Migrationsbewegung in die Bundesrepublik Deutschland herausgearbeitet werden. Deshalb liegt der Fokus dieses Kapitels auch auf der ersten Generation, den sogenannten Gastarbeitern. Situation im Nachkriegsdeutschland Dabei soll das "Abkommen zur Anwerbung türkischer Arbeitskräfte für den deutschen Arbeitsmarkt" im Jahre 1961 zum Anlass genommen werden, um sich erst einmal die Situation des Nachkriegsdeutschlands vor Augen zu führen. Den Schülerinnen und Schülern soll in diesem Zusammenhang die Notwendigkeit einer Anwerbung nicht-deutscher Arbeitskräfte plausibel gemacht werden, in dessen Rahmen aber auch die Vorteile für die türkischen Arbeitskräfte zu thematisieren sind. Neue Heimat BRD Abgeschlossen wird diese Unterrichtseinheit mit der Situation der türkischen Arbeitsmigranten in ihrer neuen Heimat, wobei die Verdienste der Türken im Rahmen des wirtschaftlichen Aufbaus Deutschlands bewusst gemacht werden sollen. Die Schülerinnen und Schüler werden sich der Bedeutung der türkischen Einwanderung für die deutsche Nachkriegsgeschichte und für die gegenwärtige Gesellschaft bewusst, werden sich anhand der Links und Materialien der Problematik der Arbeitssituation von jungen Türken in Deutschland bewusst. setzen sich im Rahmen von selbständigen Internetrecherchen exemplarisch mit einige Fällen der ersten Generation auseinander und stellen sie im Unterricht dar. setzen sich im Rahmen einer Gruppendiskussionen mit der Problematik des Begriffs "Gastarbeiter" auseinander. verschaffen sich einen Überblick über die Auswanderungssituation der Türken in ihren Herkunftsländern und den Lebensverhältnissen in Deutschland. werden sich dessen bewusst, dass Deutschland nach dem Krieg die Weichen für seine heutige Einwanderungsgesellschaft gestellt hat. Die Unterrichtseinheit ist in zwei größere Teile und in einen kleineren Abschnitt gegliedert. In den ersten beiden Stunden geht es darum, die Situation im Deutschland der Nachkriegszeit herauszuarbeiten, die dazu führte, dass bis zum Jahr 1972 mehr als 600.000 Türken angeworben wurden. Unmittelbar an diese Stunde soll die Situation der Türken in ihrem Herkunftsland thematisiert werden, so dass den Schülerinnen und Schülern auch die Vorteile einer Migration für die türkischen Arbeitskräfte bewusst werden. In der dritten Unterrichtseinheit, die wie die erste eine Doppelstunde sein sollte, ist der Schwerpunkt auf die Einwanderungssituation in Deutschland zu setzen. Aufbau Lektion 1 (ca. 5 bis 7 Unterrichtsstunden) Einstieg Zu Beginn der Unterrichtseinheit sollte die Überlegung stehen, warum Deutschland in den sechziger Jahren so viele Menschen aus anderen Ländern ins Land holte (AB1). Auf diese Weise werden die Schülerinnen und Schüler mit dem Arbeitskräftemangel in der deutschen Wirtschaft konfrontiert, der so groß war, dass bis zum Anwerbestopp 1973 rund 5,1 Millionen Menschen aus den Anwerbestaaten zur Arbeit nach Deutschland kamen. So kann im Rahmen dieser Eingangsfrage herausgearbeitet werden, dass angesichts der Arbeitszeitverkürzung auf 45 Stunden, verlängerte Ausbildungszeiten, Bau der Mauer, durch den der Übersiedlerstrom aus der DDR abriss, sowie dem Eintritt der geburtenschwachen Kriegsjahrgänge das inländische Arbeitskräfteangebot zurückging. Der so eruierte Hintergrund soll dazu dienen, dass die Lerngruppe ein Bewusstsein dafür bekommt, dass ohne die Arbeitskraft türkischer oder anderer Zuwanderer die deutsche Wirtschaft nicht hätte aufgebaut werden können. Erarbeitungsphase Vor dem Hintergrund dieses Wissens sollten die Schülerinnen und Schüler auch mit den Lebensverhältnissen der türkischen Migranten in der Türkei konfrontiert werden, um nachzuvollziehen, unter welchen wirtschaftlichen Umständen Menschen ihre Familien verließen und in ein Land zogen, dessen Sprache und Kultur ihnen fremd war (AB2). Außerdem kann auch thematisiert werden, dass sowohl die türkischen Einwanderer wie auch die deutsche Regierung in diesen Jahren eine Integration in die deutsche Gesellschaft nicht für notwendig erachteten, weil beide Seiten von einem befristeten Aufenthalt in Deutschland ausgingen. Dies führte dazu, dass dieses Versäumnis noch heute die Beziehung zwischen Türken und Deutschen beeinflusst. Vertiefungsphase Der Punkt der Familienzusammenführung (AB3) ist insofern wichtig, als dass durch ihn ein Wandel vom Gastarbeiterstatus hin zum Einwandererstatus vollzogen wurde. Denn in dem Moment, als die sogenannten Gastarbeiter ihre Ehefrauen und Kinder nachholten, stieg ihre Aufenthaltsdauer. Dadurch änderte sich die Struktur der türkischen Bevölkerung. Zu den mehrheitlich männlichen "Gastarbeitern" stießen nun deren Frauen und Kinder. Aus den "Gastarbeitern" wurden Einwanderer. Abgeschlossen wird die Einheit mit Blick auf die "Lebenssituation der Türken in ihrer neuen Heimat". Um die Sozialstruktur der in Deutschland lebenden türkischen Migranten zu verstehen, sollte hervorgehoben werden, dass es sich bei ihnen in der Mehrheit um gering qualifizierte Arbeiter handelte, die in den meisten Fällen unattraktive Arbeiten verrichteten, für die sich kein Deutscher fand. Vor diesem Hintergrund können die Schülerinnen und Schüler auch das Unvermögen vieler türkischer Migranten verstehen, schlecht bis wenig Deutsch zu sprechen. Präsentation Mit einigen exemplarischen Beispielen türkischer Gastarbeitergeschichten, welche die Schülerinnen und Schüler im Internet recherchiert haben, soll die Unterrichtseinheit abgeschlossen werden. Nach der Präsentation der Ergebnisse kann auch darüber diskutiert werden, was die Arbeitsmigranten nach Deutschland lockte, welche Bedingungen sie daheim und in Deutschland vorfanden, inwieweit sich ihr "German Dream" realisierte und welche Versäumnisse es auf beiden Seiten gegeben hat. Internetrecherche In diesem Zusammenhang können Sie auf das Internet zurückgreifen. Um die Suche zu erleichtern, sollte sich die Lerngruppe auf die Station des Exil-Clubs und die dort angegebenen Links beschränken (eine Auswahl befindet sich auch auf dem Arbeitsblatt 3). Dabei sollte in Einzel-, Partner- oder Gruppenarbeit herausgearbeitet werden, aus welchen sozialen Verhältnissen die angeworbenen Arbeitskräfte stammten, welche Motive sie zur Arbeitsmigration trieben und ob sie mit Auswanderungsabsichten nach Deutschland zogen. Die Beantwortung dieser Fragen soll dazu führen, dass sich die Lerngruppe der Tatsache bewusst wird, dass die türkischen Arbeitskräfte zunächst einmal mit einer Rückkehrabsicht nach Deutschland kamen, was jedoch nicht realisiert wurde, weil zum einen die wirtschaftliche Situation in der Türkei schlecht blieb und zum anderen das Gesetz der Familienzusammenführung die Entscheidung zum Bleiben erleichterte. Die Kinder der Gastarbeiter im Spannungsfeld der Medien Das Anliegen der zweiten Unterrichtseinheit liegt darin, die Schülerinnen und Schüler dafür zu sensibilisieren, dass sich die heutige in Deutschland lebende türkische Bevölkerung so weit ausdifferenziert hat, dass von einer heterogenen Gesellschaft zu sprechen ist. Da die Medien ein bisweilen einseitiges und klischeebeladenes Bild von der türkischen Migrantengruppe zeichnen, soll mit dem aus dieser Themenstation gewonnenen Wissen ein kritischer Umgang mit den Medienbildern gelernt werden. Im Gegensatz zur ersten Generation, die in der Mehrheit aus bildungsschwachen Arbeitern bestand, zeichnet sich die zweite und dritte Generation durch eine verbesserte Schul- und Ausbildungssituation, eine höhere berufliche Stellung und ein besseres Sprachniveau aus. Identitätssuche und Identitätsfindung Dennoch geht die Einwanderungssituation für einen Teil der jungen Migranten mit Problemen einher, die im Rahmen des Unterrichts thematisiert werden sollten. So sollen die Schülerinnen und Schüler am Ende der Unterrichtseinheit ein Bewusstsein für die Identitätssuche und -findung dieser Generation bekommen. Um sich ein rundes Bild von der Vielfalt des türkischen Lebens in Deutschland zu machen, wurden Beispiele prominenter Türken aus Sport bis hin zum Filmbusiness herangezogen. Diese exemplarischen Lebensläufe sind insofern wichtig, als dass sie den Blick der Lerngruppe vom ehemaligen Gastarbeiterkind hin zum erfolgreich integrierten Migranten schärfen können. Die Schülerinnen und Schüler lernen die Vielfalt der verschiedenen Modelle und Lebenswege türkischer Migrantenkinder kennen. arbeiten die Problematik, aber auch die Chance der Einwanderungssituation für diese Kinder heraus. stellen die einseitigen Bilder, welche in Talkshows oder Serien gezeichnet werden, in Frage. setzen sich mit dem langsamen Wandel in der Medienberichterstattung über erfolgreiche türkische Migranten auseinander. analysieren die Bedeutung dieser Bevölkerungsgruppe für die deutsche Mehrheitsgesellschaft. setzen sich exemplarisch mit verschiedenen Biografien auseinander. diskutieren über die gewonnenen Informationen. Die Unterrichtseinheit setzt zwei Schwerpunkte, die von den Schülerinnen und Schülern auf unterschiedliche Art und Weise zu erarbeiten sind: Die selbständige (Internet)-Recherche zu den unterschiedlichen Lebenswegen und Lebensläufen innerhalb der zweiten und dritten Generation. Die Auseinandersetzung mit prominenten türkischstämmigen Migranten, die die gegenwärtige deutsche Kultur mitprägen. Als Einstieg bietet es sich an, zunächst einmal bekannte Schauspieler, Sportler, Moderatoren, Sänger Comedy-Stars und Regisseure aufzählen zu lassen. Aufbau Lektion 2 (ca. 6 bis 8 Unterrichtsstunden) Einstieg Gerade bei der Erarbeitung des Themenkomplexes "Zweite und dritte Generation" sollte der Lerngruppe klar gemacht werden, dass es "den Türken" nicht gibt. Die in Deutschland lebenden Migranten der zweiten und dritten Generation sind keine in sich geschlossene Gruppe, die über einen Kamm geschert werden dürfen. Binnendifferenzierungen innerhalb der Deutschlandtürken sind vor dem Hintergrund der Themenstation hervorzuheben. Erarbeitungsphase Als Ausgangspunkt sollte den Schülerinnen und Schülern die Aufgabe gestellt werden, aus den Medien oder aber von persönlichen Erfahrungen ausgehend die gängigsten Klischees von jungen Türkinnen und Türken zu benennen (AB1). Dies kann zum Beispiel der Schlägertürke oder die von ihren Brüdern unter Verschluss gehaltene Einwanderertochter sein. Diese Arbeit kann in Gruppenarbeit oder im Klassenverband erfolgen. Welche Beispiele werden herangezogen? Woher stammt der Kenntnisstand? Gibt es ein Klischee, das oft auftaucht? Die Ergebnisse sollen gesammelt werden. Im Anschluss daran sollten die Ergebnisse vorgetragen werden, um sie später kritisch zu beleuchten. Dies sollte vor dem Hintergrund jener türkischstämmigen Repräsentanten geschehen, die in der Lernstation Beachtung finden. Recherche In diesem Sinne soll mit Hilfe der in der Themenstation vorgestellten türkischen Migrantinnen oder Migranten das Porträt einer bestimmten Person gezeichnet werden (AB2). Als Beispiel eignen sich zum Beispiel die Überfliegerin Bilge Buz, RTL-Moderatorin Nazan Eckes, der Musikproduzent Mousse T., VIVA-Moderatorin Gülcan Karahanci, der Rap-Musiker Eko Fresh, die Schauspielerin Sibel Kekilli oder der Erfolgsregisseur Fatih Akin. Die Schülerinnen und Schüler sollten dabei biografische Informationen zu dieser Person sammeln. Sie sollten auch das Verhältnis ihres "Beispiel-Türken" zu der deutschen und der türkischen Gesellschaft untersuchen. Dabei sollen markante Kommentare, die in diesem Zusammenhang gefunden werden, gesammelt werden. Als Grundlage können zum Beispiel auch im Internet recherchierte Interviews dienen. Präsentation Nach dem Sammeln der Ergebnisse erfolgt nun die Auseinandersetzung im Klassenverband. Die Schülerinnen und Schüler sollen erneut aufgefordert werden, ihre alten Klischees, die sie zu Beginn der Unterrichtseinheit geäußert hatten, und die Ergebnisse aus der Rechercheaufgabe miteinander zu vergleichen. In diesem Zusammenhang soll die ganze Klasse darüber diskutieren können, wie heterogen die in Deutschland lebende zweite und dritte Generation ist. Fortschritte und Rückschläge für die Integration Die Geschichte türkischstämmiger Zuwanderer in Deutschland ist eine Geschichte, die in diesem Kapitel unter den Aspekten "Rückzug, Integration oder Ankunft im deutschen Alltag?" gesehen werden soll. In diesem Zusammenhang werden einige wichtige Ereignisse und Entwicklungen vertieft. So soll zum Beispiel im Rahmen des Themenkomplexes "Mölln und Solingen" einer der größten Rückschläge in der Geschichte der türkischstämmigen Zuwanderung thematisiert werden. Noch heute bilden diese beiden rechtsradikalen Übergriffe auf zwei türkische Familien Anfang der 90er Jahre das Trauma der türkischstämmigen Gesellschaft in Deutschland. Mit dem Hinweis auf diese traurigen Anschlägen begründen viele Türken sogar 10 Jahre danach ihr Unwohlsein, in Deutschland Wurzeln zu schlagen. Integration durch deutsche Staatsbürgerschaft In den 90er Jahren setzten aber auch Entwicklungen ein, die die Integration vorantrieben: Als Beispiel soll im Unterricht die Bereitschaft türkischer Migranten genannt werden, in die deutsche Staatsbürgerschaft überzuwechseln, oder aber der Trend innerhalb der zweiten und dritten Generation, sich in Deutschland einen eigenen Party- und Lifestyle aufzubauen. Mit Blick auf diese Thematiken, die um den Trend türkischer Arbeitnehmer zur Selbständigkeit ergänzt werden kann, können sich die Schülerinnen und Schüler ein differenziertes Bild von den Entwicklungen in der türkischstämmigen Gesellschaft machen. Die Schülerinnen und Schüler werden sich der vielfältigen Entwicklungen innerhalb der türkischen Einwanderergesellschaft bewusst. sehen in dem Nebeneinander der deutschen und der türkischen Kultur eine Chance. haben eine Vorstellung von der Traumatisierung der Türken durch Mölln und Solingen haben. verstehen durch die Auseinandersetzung die Rückzugstendenzen der Türken. werden sich der Tatsache bewusst, dass Türken in Deutschland zusätzliche Arbeitsplätze schaffen. haben eine Vorstellung vom Lifestyle junger Migrantenkinder, und können die Gründe für die Entwicklung in diese Richtung benennen. machen sich die Verwurzelungsambitionen der Türken in Deutschland bewusst. Die 1990er Jahre - also 30 Jahre nach dem Anwerbeabkommen zwischen Deutschland und der Türkei - sind eine sehr wichtige Zeit in der deutsch-türkischen Integrationsgeschichte und -politik. In diesen Jahren wurden sowohl auf politischer Ebene wie auch innerhalb der türkischen Zuwandergesellschaft die Weichen für die heutigen Entwicklungen gestellt. Im Unterricht sollte auf diese Zeit hingewiesen werden, da in diesen Jahren auch das Selbstverständnis, sich in Deutschland niederzulassen und zum Beispiel Wohneigentum zu erwerben, entstand. Die Unterrichtseinheit ist in vier Teile gegliedert. In den ersten zwei Stunden sollte die Traumatisierung der türkischen Gesellschaft durch die Ereignisse von Mölln und Solingen thematisiert werden. Unmittelbar an diese Stunden sollen die Einbürgerungserleichterungen diskutiert werden, die die Identifikation mit Deutschland vorantreiben, so dass den Schülern die Wichtigkeit der Einbürgerung bewusst wird. Im dritten Teil, der auch Im Rahmen einer Doppelstunde stattfinden sollte, liegt der Schwerpunkt auf dem Trend der Türken, sich mit eigenen Geschäftsideen in Deutschland selbständig zu machen. Den Schülerinnen und Schülern sollte dadurch bewusst werden, dass Migranten auch zur Entlastung des deutschen Arbeitsmarktes beitragen. Im vierten und letzten Teil der Unterrichtseinheit ist das Thema des deutsch-türkischen Lifestyles Gegenstand des Unterrichts bzw. die bewusste Entstehung einer deutsch-türkischen Jugendkultur. Ein weiterer Indikator für die Integration der Türken ist der Trend zur Bildung von Wohneigentum. Dieser Punkt ist nicht in der Lernstation berücksichtigt worden, kann aber innerhalb dieser Einheit in Betracht gezogen werden. Denn wie aus einer aktuellen Studie (Januar 2005) des Essener Zentrums für Türkeistudien hervorgeht, haben bis zum Jahr 2003 über 160.000 türkische Haushalte Wohneigentum in Deutschland erworben. Eine Rückkehr in die Türkei ist also ausgeschlossen. Aufbau Lektion 3 (ca. 6 bis 8 Unterrichtsstunden) Einstieg Den Ausgangspunkt dieser Themeneinheit sollten die beiden Anschläge auf zwei von türkischen Familien bewohnte Häuser in Mölln und Solingen bilden (AB1). Als Einleitung kann der Klasse die Frage gestellt werden, was sie mit den Städten Mölln und Solingen verbinden. Im Anschluss daran kann der Klasse auch das in der Themenstation "Mölln und Solingen" vorangestellte Zitat der Großmutter Mevlüde Genc vorgelesen werden. Auf diese Weise werden die Schülerinnen und Schüler mit einem lebenden Zeitzeugen dieses grauenvollen Ereignisses konfrontiert, so dass ihnen die traurige Tragweite emphatisch vor Augen geführt wird. Erarbeitungsphase Solingen, wo im Mai 1993 die Familie Genc ihre beiden Töchter, zwei Enkelinnen und eine Nichte verlor, markiert den grauenvollen Höhepunkt einer Reihe von fremdenfeindlichen Anschlägen, die mit der deutschen Wiedervereinigung begannen. Anhand der Linktipps oder auch im Internet recherchierter Beiträge über die Familie Genc und den Anschlag von Solingen sollen die Schülerinnen und Schüler sich näher mit dem Thema auseinandersetzen (AB2). Dabei kann mit Hilfe der zusammengetragenen Ergebnisse darüber diskutiert werden, welche Narben Mölln und Solingen noch heute in der Seele der türkischen Migranten hinterlassen haben. Aber auch die migrantenfeindliche Atmosphäre dieser Zeit, denen Übergriffe auf Asylbewerberheime in Hoyerswerda vorausgingen, sollten vertieft werden, damit die Lerngruppe für diese düstere Zeit in der deutschen Nachkriegsgeschichte sensibilisiert wird. Vertiefungsphase Im folgenden Teil der Unterrichtseinheit können die weiteren Themen der Station nacheinander bearbeitet werden (AB3). Denn in den 90er Jahren setzten auch Entwicklungen ein, die die Integration vorantrieben: Als Beispiel soll im Unterricht die Bereitschaft türkischer Migranten genannt werden, in die deutsche Staatsbürgerschaft überzuwechseln, oder aber der Trend der zweiten und dritten Generation, sich in Deutschland einen eigenen Party- und Lifestyle aufzubauen. Mit Blick auf diese Thematiken, die um den Trend türkischer Arbeitnehmer zur Selbständigkeit ergänzt werden, können sich die Schülerinnen und Schüler ein differenziertes Bild von den Entwicklungen in der türkischstämmigen Gesellschaft machen. Jeder kennt sie Das Abschlusskapitel "Vorurteile" ist ein wichtiges Kapitel, denn Vorurteile und Klischees beeinflussen das Verhältnis der Menschen zueinander. Nicht anders ist es mit dem deutsch-türkischen Verhältnis. Sowohl Türken als auch Deutsche sind nicht frei von einseitigen oder falschen Bildern voneinander. Diesen Vorurteilen wird in der Themenstation nachgegangen, damit die Schülerinnen und Schüler begreifen, dass das Zusammenleben dieser beiden Gesellschaften von Bildern geprägt wird, die nicht immer angenehm sind; die aber durch ihr eigenes kritisches Denken an Wirkung verlieren. In diesem Sinne ist das Kapitel Vorurteile erst einmal eine Einladung, die eigenen Vorurteile auszubreiten, um sie schließlich in der Klasse zu entzerren. Die Schülerinnen und Schüler ergründen die Auswirkungen der Vorurteile für das Zusammenleben der Menschen in Deutschland. nehmen Probleme und Ängste, die hinter Vorurteilen stecken, wahr und analysieren diese. werden sich des grundsätzlichen Problems der Akzeptanz des Fremden in der eigenen Kultur bewusst. erkennen, dass das Phänomen Vorurteil beseitigt werden kann. beleuchten die zusammengetragenen und gesammelten Vorurteile kritisch. erarbeiten Strategien, wie man mit Vorurteilen besser umgeht bzw. sie widerlegt. biegen verleumdende und entstellende Vorstellungen gerade. Als Einstieg bietet sich an, eine fiktive Gruppe aus Deutschen und Türken auszurufen. Die beiden Gruppen sollen alle Vorurteile sammeln, die sie gegenüber der jeweils anderen Gruppe haben. Die Lerngruppen sollen am Ende der Unterrichtseinheit an das Ergebnis herangeführt werden, dass die große Mehrheit der Vorurteile Hirngespinste sind, die zwar weitverbreitet sind, für die es aber in der Realität nicht immer eine Entsprechung gibt. Aufbau Lektion 4 (ca. 4 Unterrichtsstunden) Einstieg Zu Beginn der Einheit soll bei den Schülern zunächst einmal ein Problembewusstsein für die Begriffe Vorurteile, Klischees und Stereotypen geschaffen werden (AB1). Das kann entweder dadurch geschehen, dass die Schüler diese Begriffe in der Klasse zu erklären versuchen, oder aber dazu aufgefordert werden, sie nachzuschlagen. Vor dem Hintergrund der so herausgearbeiteten Begriffsdefinition soll die Lerngruppe eine Liste von Vorurteilen anlegen. Erarbeitung Zur Bewältigung dieser Aufgabe kann entweder auf die Liste der Klischees und Vorurteile zurückgegriffen werden, die die Themenstation dafür bereithält, oder aber es kann im Einzel- Paar- oder Klassenunterricht eine eigene und ergänzende Liste angelegt werden (AB2). Damit die Arbeit auch "rund" wird, soll eine Vorurteilen-Liste von Türken und Deutschen angelegt werden. Auf diese Weise werden die Schülerinnen und Schüler dafür sensibilisiert, dass auf beiden Seiten falsche oder negative Bilder vorhanden sind. Dies ist insofern ein wichtiger Punkt, als dass die Klasse auch einmal die andere Seite der Medaille sieht: nämlich, dass auch sie Vorurteilen ausgesetzt sind, die zur Korrektur herausfordern. Vertiefung Als Beispiel kann den Schülern die Aufgabe erteilt werden, einmal das Vorurteil "Türken nehmen uns die Arbeit weg", näher unter die Lupe zu nehmen (AB3). Wie die Schüler in der Station "Rückzug, Integration oder Ankunft im deutschen Alltag" erfahren konnten, ergänzen türkische Selbständige das Arbeitsangebot in Deutschland. Zur Korrektur dieses Vorurteils können die Schüler aber auch in die Linktipps der Themenstation "Vorurteile" gehen, und sich mit Zahlen und Fakten auseinandersetzen, die der Realität entsprechen. Präsentation Bei der Präsentation der Ergebnisse sollen im Zuge der Darstellung der Vorurteile immer die Daten und Fakten zur Entzerrung des jeweiligen Vorurteils genannt werden. So können die Schülerinnen und Schüler zählebige Vorstellungen, die Menschen voneinander haben, objektiv betrachten und sie kritisch hinterleuchten, um beim nächsten Mal in Diskussionen, im Freundeskreis oder in der Familie kompetent mitreden zu können.

  • Politik / WiSo / SoWi
  • Sekundarstufe I, Sekundarstufe II

Populismus als Phänomen der Netz- und Jugendkultur

Fachartikel
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In diesem Fachartikel zum Thema Populismus als Phänomen der Netz- und Jugendkultur erklärt Dr. Frederik Weinert, wie sich Rassismus und Beleidigungen in den Schulalltag einschleichen. Vor allem in WhatsApp-Gruppen entwickelt sich schnell eine gefährliche Eigendynamik. Warum Populismus im Netz? Mutproben wie Selfies auf Bahngleisen und gefilmte Schlägereien sind seit Jahren Bestandteil der digitalen Kindheit. Horrorclowns und Gewaltvideos stürzen wasserfallartig in das Kinderzimmer, das schon lange kein geschützter Raum mehr ist (vergleiche Weinert 2019: 31). Kinder, die zu ihrer sozialen Gruppe dazugehören wollen, schauen sich diese schockierenden Inhalte bis zum Ende an und leiten sie an Klassenkameradinnen und -kameraden weiter. Schnell wird klar: Wer cool sein will, muss Grenzen überschreiten. Das gilt auch für politische Ansichten. Flüchtlingskrise, Holocaust und Adolf Hitler – all das sind Themen, über die wir in Deutschland lieber mit Bedacht sprechen sollten. Die Regeln der politischen Korrektheit sollten eingehalten werden, denn ansonsten kommt es zum Skandal. Allerdings wissen sowohl Kinder als auch Erwachsene, dass verbotene Früchte besonders süß schmecken. In einer polarisierten Gesellschaft ist derjenige, der polarisiert, auch medial präsent. Das führt Prominente sowie Politikerinnen und Politiker in Versuchung, Normen zu brechen. Die Comedy-Branche als Vorbild Populismus hat das Ziel, die Gunst der Massen zu gewinnen. Politikerinnen und Politiker sprechen das aus, was Wählerstimmen bringt. Deutschlands bekannteste Komiker überspitzen gerne die politische Lage, auch wenn der Humor vielleicht nicht immer politisch korrekt ist. Entscheidend ist, dass das Publikum lacht. Nazi-Witze und Anspielungen auf das Dritte Reich sind plötzlich salonfähig, das zeigt regelmäßig auch die heute show im ZDF. Aufgrund der eigenen Nazi-Vergangenheit sind die Deutschen sehr vorsichtig, was sie sagen dürfen – und was nicht! Beinahe wohltuend scheint es dann zu sein, wenn Kabarettisten und Komiker über die Stränge schlagen. "Der Humor ist der Regenschirm der Weisen", sagte nämlich einst schon Erich Kästner. Das bedeutet: Humor ist eine der subklinischen Arten, schlimme Ereignisse zu verarbeiten. Doch wie viel Humor ist eigentlich erlaubt? Bülent Ceylan ist ein bekannter Vertreter der so genannten Ethno-Comedy. Ceylan kokettiert mit deutschen und türkischen Stereotypen, ohne das wirklich böse zu meinen. Auf YouTube kursiert ein Video, das Ceylan bei einer Hitler-Parodie zeigt. "Hipp, hipp", ruft er. Das Publikum ergänzt unisono: "Hurra!" Doch plötzlich schreit der Komiker: "Sieg!" Und tatsächlich: Einige aus dem Publikum kontern mit einem amüsierten "Heil", ebenso Bülent Ceylan, der danach noch uniformierte Männer einmarschieren lässt und von "Gestapo" spricht (vergleiche Weinert 2018a: 185). Das Live-Publikum ist begeistert, und die YouTube-User, darunter viele Jugendliche, verteilen fleißig Likes. Auf ähnliche Weise provozierte einst Late-Night-Legende Harald Schmidt mit seinem "Nazometer". Das Nazometer war ein fiktives Gerät, das Nazi-Vokabeln wie "Blitzkrieg" mittels Signalton meldete. Entsprechend grotesk sah der Dialog mit Oliver Pocher aus, der nur darauf aus war, dass das Messgerät möglichst oft anschlägt. Das Publikum lachte trotzdem – oder auch gerade deshalb. Polen-Witze sind vor allem unter jungen Menschen beliebt. Politisch korrekt ist das nicht. Wohl kaum jemand hätte gedacht, dass Thomas Gottschalk, der immer für Spiel und Spaß im deutschen Fernsehen stand, selbst in ein solches Fettnäpfchen treten könnte. Doch am 27. Januar 2018 verkündete Thomas Gottschalk via Twitter, er habe seine DNA aufschlüsseln lassen: "Afrika war ja klar. Aber über 50 Prozent Osteuropäer! Deswegen habe ich als Kind so geklaut" (Passauer Neue Presse 2018). Der Tweet deutet an, dass Osteuropäerinnen und Osteuropäer gerne klauen, auch wenn Gottschalk das wohl nicht so gemeint hat. Zum Shitstorm kam es trotzdem. Rassismus im Chat – Beispiele aus dem Alltag Jugendlicher Provokationen sind in den Sozialen Medien an der Tagesordnung , um überhaupt erst aufzufallen. Möglichst bunt und schrill muss es sein. Ähnlich verhält es sich auf dem Schulhof. Die lautesten Jungs, also die Draufgänger und Spaßvögel, gelten als besonders cool. Sie trauen sich Dinge, die sich andere nicht trauen – wie beispielsweise das Ansehen von harten Porno-Videos oder das Weiterleiten von gruseligen Sprachnachrichten im Messenger-Dienst WhatsApp. Kids, die wegschauen und nicht mitmachen, werden schnell zu Außenseiterinnen und Außenseitern. Das kann zu Mobbing und Cyber-Mobbing führen, weshalb es wichtig ist, dass Lehrkräfte und Eltern hinschauen, was die Kids mit ihren Smartphones so treiben. Denn viele riskante Inhalte sind harmlos verpackt. Denn was bitte soll daran gefährlich sein, wenn drei gelbe Küken ein schwarzes Küken aus der Stadt jagen? Das ist doch lustig – eben nicht! Da gibt es nämlich diese Grafik, die im Internet kursiert: Süße Entenbabys trappeln über eine kleine Steinmauer. Sie sind gelb befiedert und knuffig. Ganz in der Nähe steht ein schwarzes Küken und fuchtelt wild mit den noch nicht ganz ausgewachsenen Flügelchen. Von den gelben Küken geht eine Sprechblase aus: "Jesus Maria, ein Asylant!!!" Die Urheber solcher Grafiken sind meist unbekannt oder haben sich rechtzeitig aus dem Staub gemacht. Kinder, die darüber lachen, sind nicht unbedingt ausländerfeindlich. Bezeichnungen wie "Asylant" schleichen sich allerdings schnell in den Wortschatz ein. Kürzlich kursierte sogar ein Nazi-Kettenbrief, der via WhatsApp an Jugendliche verschickt wurde. Kurios: Der Angeschriebene wird mit Erhalt des Kettenbriefs "gehitlert". Zu sehen ist ein Hakenkreuz und die Aufforderung, den Brief an zehn weitere Kids weiterzuleiten, um "ein Führer zu werden" (Weinert 2018b: 285). Der Erhalt des Nazi-Kettenbriefs ist natürlich kein krimineller Akt, doch die Weiterleitung ist verboten. Gerade das macht den Reiz aus. Das zeigt sich auch am Beispiel einiger Polizeianwärter in Hessen, die sich in einer WhatsApp-Gruppe ein Bild schickten, das Juden in einem Deportationszug zeigt (vergleiche Pfitzenmaier 2019). Dazu der Text: "Genieß das Leben in vollen Zügen!" Mindestens genauso makaber ist es dann, wenn Teenager aus dem Wort "Holocaust" das Wort "Yolocaust" machen. Zur Erinnerung: Das Akronym YOLO steht für you only live once. Zivilcourage – ja oder nein? Digitale Wortgefechte und Diskussionen sind Teil der demokratischen Streitkultur in den Sozialen Medien. Das ist einerseits gut und wichtig, weil das Recht auf freie Meinungsäußerung, auch geschichtlich betrachtet, ein wertvolles Kulturgut ist. Andererseits tut es keiner Kinderseele gut, selbst im digitalen Kreuzfeuer zu stehen. Der Upload eines Profil-Bildes kann genügen, um beschimpft zu werden. Dass Kinder und Jugendliche mit ihren Smartphones den ganzen Tag online sind, ist nicht gerade ein Schutzschild. Doch wie verhält man sich, wenn Freunde und Klassenkameraden rassistische Bildchen verschicken? Junge Menschen, die sich tolerant und weltoffen zeigen, laufen nämlich Gefahr, für ihre Sichtweise verbal attackiert zu werden. Im November 2017 erhält die 15-jährige Emilia aus Dresden den Preis für Zivilcourage gegen Rechtsradikalismus. Es ist ein ganz normaler Schultag in ihrer Klasse. Plötzlich amüsieren sich die Schülerinnen und Schüler, weil der Akku nur noch 88 Prozent anzeigt – die 88 steht in der rechten Szene für "Heil Hitler". Diese Art von Humor schaukelt sich hoch. Irgendwann taucht das Foto einer Rauchwolke mit der Bildunterschrift "Jüdisches Familienfoto" auf. Emilia wehrt sich dagegen und meldet die Schülerinnen und Schüler. Nicht ohne Folgen: Ein Mitschüler beschimpft Emilia und meint, sie habe "wohl zu viele tote Juden eingeatmet" (Weinert 2018b: 135). Zivilcourage ist immer mit einem gewissen Risiko verbunden. Wer sich einmischt, wird möglicherweise aufgemischt. Fazit Lehrkräfte sollten mit den Schülerinnen und Schülern darüber sprechen, welche Strategien in den Sozialen Medien einen gewissen Schutz gewährleisten und wann sie das Gespräch mit den Lehrkräften suchen sollten. Aufklärung ist wichtig, denn schließlich ist es prinzipiell demokratiefördernd, die eigene Meinung zu äußern. Populismus kann mit Mut und den richtigen Argumenten entschärft und aufgedeckt werden. Das ist Teil der Medienerziehung und Medienbildung im Zeitalter der Digitalisierung. Literaturverzeichnis Pfitzenmaier, Marc (2019). Hitlerbilder und "Judensterne" im Chat angehender Lehrer. Welt.de . Online: www.welt.de/politik/deutschland/article204006968/Antisemitismus-Hitlerbilder-in-WhatsApp-Chat-fuer-Lehramtsstudenten.html Weinert, Frederik (2018a). Promis und Populismus in den Sozialen Medien. Wie Stars und Sternchen mit rechter Sprache umgehen. In: Altmeppen, Dieter/Filipovic, Alexander (Herausgeber): Communicatio Socialis. Zeitschrift für Medienethik und Kommunikation in Kirche und Gesellschaft, 51. Jahrgang Baden-Baden, Seite 182-191. Weinert, Frederik (2018b). Die Sprache der Rechten. Wie wir täglich manipuliert werden. Baden-Baden: Tectum. Weinert, Frederik (2019). Digitalkunde als Schulfach. München: UVK/UTB. Weiterführende Literatur Weinert, Frederik (2019): Hilfe, mein Kind ist ein Smombie. Unsere Kids im digitalen Rausch. Baden-Baden: Tectum.

  • Fächerübergreifend / Politik / WiSo / SoWi
  • Sekundarstufe II
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