Der digitale "Prüfungskandidaten-Auswahlautomat"
Wen wird es erwischen? Der hier vorgestellte “digitale Prüfungskandidaten-Auswahlautomat” soll im Rahmen des Stochastikunterrichts in der Themeneinheit “Gesetz der großen Zahlen” eingesetzt werden. Die Lernenden diskutieren und analysieren die Sinnhaftigkeit eines solchen Instruments. Die Thematik eignet sich auch sehr gut für die Gestaltung einer Vertretungsstunde.In der Unterrichtsplanung ist das Stichwort "mündliche Leistungserhebung" deutlich vermerkt - aber welche Schülerin oder welchen Schüler wähle ich heute aus? Es gilt, über das gesamte Schuljahr gesehen, gerechte Entscheidungen zu treffen. Läge es da nicht nahe, ein kleines Computerprogramm zu entwickeln, welches per Zufall eine "gerechte" Entscheidung gewährleistet? Ob es dabei wirklich gerecht zugehen kann, sollen die Lernenden in der hier vorgestellten Unterrichtsstunde hinterfragen. Dabei diskutieren sie in der Regel sehr kontrovers über den Sinn oder Unsinn einer solchen Vorgehensweise. Für die Verifikation beziehungsweise Falsifikation ihrer formulierten Hypothesen wird eine Excel-Arbeitsmappe eingesetzt, mit deren Hilfe die Ergebnisse einer beliebigen Anzahl von Kandidaten-Wahlen simuliert werden können. Sollten die Schülerinnen und Schüler über Programmierkenntnisse verfügen, können sie in einer zweiten Stunde auch eigene Simulationsumgebungen entwerfen.Die mit dem hier verwendeten Auswahlprogramm erzielten Simulationsergebnisse (und natürlich auch der gesunde Menschenverstand) zeigen, dass man sich in der Regel bei der Bestimmung einer Kandidatin oder eines Kandidaten für eine mündliche Leistungserhebung auf sein pädagogisches Gespür verlassen und keine zufallsbestimmte Auswahl betreiben sollte Relative Häufigkeit, Wahrscheinlichkeit, Stichprobenumfang Bei der Frage nach der Gerechtigkeit eines digitalen Auswahlautomaten muss das Gesetz der großen Zahlen von Bernoulli berücksichtigt werden. Der für ein gerechtes Verfahren erforderliche Stichprobenumfang kann in einem Schulhalbjahr nicht erreicht werden. Arbeitsmaterialien Hier können Sie sich den Prüfungskandidaten-Auswahlautomaten und eine Excel-Arbeitsmappe zur Simulation einer beliebigen Anzahl von Kandidaten-Wahlen herunterladen. Außerdem finden Sie hier mögliche Aufgabenstellungen für Ihre Schülerinnen und Schüler. Internetadresse Der Computer soll's bestimmen Weitere Hinweise zur Gestaltung der Stunde, zu dem mathematischen Hintergrund sowie mit der Excel-Arbeitsmappe erzielte Simulationsergebnisse (Screenshots samt Kommentar) finden Sie auf dieser Seite des Autors. http://www.gym-pforta.bildung-lsa.de/tschoedel/mathematik/wen_wird_es_heute_erwischen/index.htm Die Schülerinnen und Schüler sollen an einem Beispiel die alltägliche Bedeutung des Gesetzes der großen Zahlen kennen lernen. die Begriffe relative Häufigkeit und Wahrscheinlichkeit klar voneinander abgrenzen können. die Problematik von Zufallsversuchen mit sehr geringen Stichprobenumfängen erfahren. propädeutisch auf Testverfahren vorbereitet werden. wissen, dass Computer Folgen von Zufallszahlen produzieren können. erkennen, dass man mithilfe von Tabellenkalkulationsprogrammen auch Simulationen durchführen kann. Thema Der digitale Prüfungskandidaten-Auswahlautomat - ein sinnvolles Instrument? Autor Thomas Schödel Fach Mathematik Zielgruppe ab Klasse 8 Zeitraum 1 Unterrichtstunde (bei Entwurf einer eigenen Simulationsumgebung wird eine weitere Stunde benötigt) Technische Voraussetzungen idealerweise ein Rechner pro Schülerin bzw. Schüler, Laptop, Beamer Planung Verlaufsplan Prüflings-Auswahlautomat zur Unterrichtseinheit Zufall mit dem Computer - geht das überhaupt? Dr. E. Malitte; Modellbildung, Computer und Mathematikunterricht Verlag Franzbecker 2000 Bei alltäglichen Problemstellungen ist man nur allzu leicht geneigt, die Begriffe "relative Häufigkeit" und "Wahrscheinlichkeit" synonym zu verwenden. Ein schwerwiegender Fehler, dessen Folgen auch an diesem Beispiel deutlich werden. Sollte eine Lehrerin oder ein Lehrer tatsächlich mithilfe eines Zufallsgenerators die Auswahl des Prüflings vornehmen, kann es durchaus vorkommen, dass am Ende eines Schuljahrs große "Ungerechtigkeiten" zutage treten. Der Verdacht, dass diese auf die mangelnde Qualität der in der Software implementierten Zufallsgeneratoren zurückzuführen sei, ist unbegründet. Über den Aufbau und die Güte dieser Zufallsgeneratoren kann man beispielsweise in dem Artikel "Zufall mit dem Computer - geht das überhaupt?" von Malitte nachlesen (siehe Zusatzinformationen). Vielmehr gilt es das Gesetz der großen Zahlen nach Bernoulli zu beachten, welches besagt: "Mit zunehmendem Stichprobenumfang strebt die relative Häufigkeit h n (A), mit der das Ereignis A eintritt, gegen die Eintrittswahrscheinlichkeit P(A)." Erst bei sehr großen Stichprobenumfängen kann somit berechtigt von der Wahrscheinlichkeit auf die Häufigkeit bestimmter Ereignisse geschlossen werden. Ein Stichprobenumfang von beispielsweise 90 Leistungserhebungen (pro Klasse und Schuljahr) ist somit viel zu klein, als dass per Zufall eine gerechte Auswahl an Prüfungskandidaten vorgenommen werden kann. Bezieht man in die Forderung nach Gerechtigkeit auch noch das Auftreten von Zweier- und Dreierserien mit ein (ein Lernender wird zwei- oder dreimal nacheinander per Zufall ausgewählt), so muss der Stichprobenumfang schon sehr groß gewählt werden. Die Auswertung der Experimente in der Simulationsumgebung (Excel-Arbeitsmappe) zeigen, dass selbst ein Stichprobenumfang von 100.000 Tests noch zu klein gewählt ist. Erst bei größeren Stichprobenumfängen (etwa 300.000 Leistungskontrollen) geht es mit großer Wahrscheinlichkeit "gerecht" zu. Damit das Programm auf eine Namensliste der Schülerinnen und Schüler einer Klasse zugreifen kann, ist mit einem Texteditor (zum Beispiel Notepad) eine Namensliste als Textdatei zu erstellen (txt-Dateiendung). Nach der Eingabe eines Namens (nur Vorname oder Vorname Nachname) ist ein Zeilenumbruch einzufügen (zum Beispiel durch Drücken der Enter-Taste). Zur Einbindung der txt-Datei in das Programm ist nach dem Programmstart der Button "Klassenliste laden" zu drücken. In dem sich öffnenden Explorerfenster kann die zuvor abgespeicherte Datei aufgesucht und ausgewählt werden. Nach dem Klick auf den Start-Button wird jetzt per Zufall einer der vorhandenen Einträge aus der txt-Datei ausgewählt. Um die Spannung zu erhöhen, ist vor der Einblendung des ermittelten Namens eine Warteschleife von drei Sekunden eingebaut. Mithilfe der Excel-Arbeitsmappe lässt sich die Wahl der einzelnen Klassenmitglieder bei einer bestimmten Anzahl von Leistungserhebungen simulieren. Die verwendete Arbeitsmappe enthält ein Makro. Damit dieses aktiviert werden kann, muss in Excel unter Extras/Optionen/Sicherheit der Button "Makrosicherheit" angeklickt werden. Die Sicherheitsstufe ist auf "Mittel" zu reduzieren. Tippen Sie dann in das Feld "B1" der Excel-Arbeitsmappe die Zahl der gewünschten Leistungserhebungen ein. Die Lernenden können folgende Fragen beantworten und ihre Ergebnisse mithilfe der Arbeitsmaterialien (Auswahlautomat und Excel-Arbeitsmappe) überprüfen und diskutieren: Mit welcher Wahrscheinlichkeit wird dein Name ausgewählt werden? Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass dein Name zweimal (dreimal) direkt nacheinander ausgewählt wird? Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass überhaupt eine Schülerin oder ein Schüler deiner Klasse zweimal (dreimal) direkt nacheinander ausgewählt wird?