Einführung der Geometriesoftware "Cinderella"
Der Einsatz von Dynamischer Geometriesoftware bietet vielfältige Möglichkeiten für den Unterricht. Im Rahmen einer zweiten Staatsexamensarbeit wurde ein Konzept zur Einführung der Software mit dem dritten Platz beim Wettbewerb "ExaMedia 2009" ausgezeichnet.Für den Mathematikunterricht sind digitale Medien eine große Bereicherung, da sie selbstgesteuertes Lernen im Unterricht fördern. Gerade Geometriesoftware wie zum Beispiel ?Cinderella? ist in dieser Hinsicht von enormer Bedeutung. Das mausgeführte Geometrieprogramm ermöglicht den Schülerinnen und Schülern ein interaktives Erstellen von Konstruktionen mithilfe des Computers und dadurch eine methodische Erweiterung des Unterrichts.Um die geschilderten Intentionen, Lernzielschwerpunkte und Kompetenzen zu erreichen, wurden zur Einführung von "Cinderella" Arbeitsblätter erstellt. Die einzelnen Arbeitsblätter sind so konzipiert, dass sie eigenständig von den Schülerinnen und Schülern bearbeitet werden können und dadurch ihre Selbstständigkeit gefördert wird. Als Dynamische Geometriesoftware eignet sich "Cinderella" vor allem deshalb, weil sie übersichtlich aufgebaut und eine kostenlose Version verfügbar ist. Hinweise zum Unterrichtsverlauf Mithilfe der Arbeitsblätter wird die Nutzung von "Cinderella" Schritt für Schritt erläutert und praktisch erprobt. Die Winkelsumme im Dreieck Die Stunde wird bespielhaft näher betrachtet, weil bei diesem Thema das visuell-dynamische Beweisen im Mittelpunkt steht. Dreieckskonstruktionen (WSW) Das Verbalisieren in Form einer Konstruktionsbeschreibung steht im Zentrum der Stunde zur Dreieckskonstruktion nach dem Kongruenzsatz WSW. Fachkompetenz Die Schülerinnen und Schüler sollen Entdeckungen in eigenen Worten präsentieren und mit geeigneten mathematischen Begriffen verbalisieren, Konstruktionen beschreiben sowie ihre Arbeitsergebnisse präsentieren (prozessbezogene Kompetenz "Argumentieren und Kommunizieren"). Grundkonstruktionen mit der Geometriesoftware ausführen, mittels Zugmodus ihre Konstruktionen bewegen und ihre Beobachtungen verbalisieren. Dreieckskonstruktionen durchführen. Konstruktionsbeschreibungen anfertigen. Anwendungsaufgaben lösen. Medienkompetenz Die Schülerinnen und Schüler sollen ihre Medienkompetenz erweitern, indem sie Kompetenzen hinsichtlich der Nutzung der Dynamischen Geometriesoftware als Hilfsmittel und Werkzeug im Mathematikunterricht erwerben. die Dynamische Geometriesoftware "Cinderella" kennen lernen. einen Einblick in den Aufbau und die Funktionen des Programms erhalten. ausgewählte Werkzeuge des genannten Geometrieprogramms am Ende der Einheit selbstständig und zielgerichtet benutzen können. Sozialkompetenz Die Schülerinnen und Schüler sollen ihre Selbstständigkeit durch eigenständiges Bearbeiten der Arbeitsblätter fördern. sich mit ihrem Sitznachbarn oder ihrer -nachbarin über ihre Ergebnisse austauschen und miteinander kooperieren. ihre Ergebnisse am Ende jeder Stunde präsentieren. Zech, Friedrich Grundkurs Mathedidaktik, Theoretische und praktische Anleitungen für das Lehren und Lernen von Mathematik, 10. Auflage, Beltz: Weinheim und Basel 2002 Elschenbroich, Hans-Jürgen Unterrichtsgestaltung mit Computerunterstützung. In: Mathematik Didaktik, Praxishandbuch für die Sekundarstufe I und II, Hrsg. Timo Leuders, 3. Auflage, Berlin: Cornelsen 2006 Schülerorientiertes Arbeiten Durch den Einsatz der Arbeitsblätter wird die Lehrerzentriertheit im Unterricht abgebaut, eine hohe Schüleraktivierung und eigenverantwortliches Lernen ermöglicht sowie eine schülerorientierte Arbeitsform geschaffen. Demzufolge werden die Forderungen der TIMSS-Studie nach mehr Selbstständigkeit der Schülerinnen und Schüler im Unterricht, mehr eigenverantwortlichem Handeln und aktivem Mathematikbetreiben während der Einführung der Software realisiert. Werkzeugauswahl Der Text wird jeweils mit einer ikonischen Abbildung des zu benutzenden Werkzeugs kombiniert, um eine Überforderung der Schülerinnen und Schüler bezüglich der Werkzeugauswahl zu verhindern und einen gezielten Einsatz der Werkzeuge zu ermöglichen (Abb. 1, zur Vergrößerung bitte anklicken). Dadurch wird ebenfalls ein unreflektiertes und wahlloses Ausprobieren verhindert. Ebenso wird durch die Vorgabe und das Bearbeiten der Arbeitsblätter in Einzelarbeit der so genannte "Bully-Effekt", das heißt eine dauernde Herausforderung der Schülerinnen und Schüler zu irgendwelchen Aktionen auf dem Bildschirm, vermieden. Zur selbstständigen Überprüfung der Lösungen und als Hilfemöglichkeit sind auf den einzelnen aufeinander aufbauenden Arbeitsblättern, die das Konstruieren betreffen, die Lösungen zu der jeweiligen Aufgabe in Form einer bildlichen Darstellung der fertigen Konstruktion angegeben. Binnendifferenzierung Zur Differenzierung wurden aufgrund der heterogenen Lernvoraussetzungen unter anderem zusätzliche Aufgaben erstellt, die durch ein Sternchen gekennzeichnet sind. Am Ende der Einführung stehen Anwendungsaufgaben, bei denen die Schülerinnen und Schüler selbstständig die einzelnen Werkzeuge des Programms wählen und benutzen. Dadurch können sie ihre im Vorfeld erworbenen Kompetenzen gezielt und passend zur Lösung der jeweiligen alltagsbezogenen Aufgabe einsetzen. Einzel- und Partnerarbeit Die Wahl der Sozialformen zur Bearbeitung der Arbeitsblätter orientiert sich an dem Grundkonzept des kooperativen Lernens (Denken - Austauschen - Vorstellen), um eine möglichst hohe Schüleraktivität zu erzielen. Zunächst bearbeitet jede Schülerin und jeder Schüler das Arbeitsblatt in Einzelarbeit, was dem Prinzip Denken entspricht. Anschließend vergleicht die Lerngruppe in Partnerarbeit ihre Lösungen, dies entspricht dem Prinzip Austauschen. Das Prinzip Vorstellen wird in der Phase der Ergebnisdarstellung am Ende jeder Stunde mittels Beamer berücksichtigt. Medieneinsatz Die gesamte Einheit zum Thema "Zeichnen und Konstruieren" fand nicht komplett im Computerraum statt. Damit das Arbeiten im Schülerheft nicht durch den Einsatz von "Cinderella" überflüssig wird, sollen die Schülerinnen und Schüler weiterhin das "klassische" Konstruieren mit Zirkel und Lineal erlernen und ihre motorischen Fähigkeiten diesbezüglich ausbauen sowie verbessern können. Aus diesem Grund wurde der Computer vertiefend und erweiternd innerhalb des genannten Themenbereichs eingesetzt. Die Stunde zum Thema "die Winkelsumme im Dreieck" wurde zur näheren Betrachtung ausgewählt, da sie beispielhaft für eine Stunde steht, in der sich das visuell-dynamische Beweisen im Zentrum befindet. Die Unterrichtsstunde orientiert sich an den Konzepten des handlungsorientierten und entdeckenden Lernens, da diese eine Aktivierung der gesamten Lerngruppe gewährleisten und der Motivationsförderung dienen. Hinzu kommt, dass entdeckendes Lernen "zu besserem Behalten und sichererem Wissen" (Zech) führt. Handlungsorientiert ist die Stunde, da eine Dynamische Geometriesoftware laut Elschenbroich "virtuell handlungsorientiert" ist. Erläuterung Die Phasierung der Stunde führt zu vier Abschnitten. Zur Einstimmung legt die Lehrkraft zur Motivationsförderung und Wiederholung verschiedene Abbildungen von Winkeln (Vollwinkel, rechter Winkel, gestreckter Winkel) sowie ein Bild von einem Dreieck in den Stuhlkreis, die als optische Reize gedacht sind. Diese sollen bei den Schülerinnen und Schülern Vorstellungen und Assoziationen über das Thema der heutigen Stunde auslösen. Die ausgelegten Materialien liefern zunächst einen stummen Impuls, da die Lerngruppe sich spontan in Form einer Meldekette dazu äußern soll. Durch die Meldekette organisieren sich die Schülerinnen und Schüler eigenständig und würdigen sich somit durch ihre Aufmerksamkeit selbst. Einstieg Anschließend nennt die Lehrperson zur Schaffung von Transparenz und zur Sicherstellung der Voraussetzungen für die Arbeitsphase am Computer das Stundenthema und den Stundenablauf. Der Ablauf ist auf einem Plakat schriftlich fixiert, um ihn zu visualisieren. Dann wird das Arbeitsblatt ausgeteilt und leise gelesen. Zur Vermeidung von Verständnisproblemen werden anschließend Fragen zu der Aufgabenstellung geklärt und die Aufgabenstellung sowie der Stundenablauf von einer Schülerin oder einem Schüler mit eigenen Worten wiederholt. Die erste Phase vollzieht sich im Stuhlkreis, da dieser eine hohe Konzentration und Aufmerksamkeit gewährleistet sowie jede und jeder die Möglichkeit des Betrachtens der Bilder hat. Arbeitsphase In der Arbeitsphase bearbeiten die Schülerinnen und Schüler selbstständig in Einzelarbeit das Arbeitsblatt, indem sie die einzelnen Arbeitschritte am Computer ausführen, die Winkelsumme des Dreiecks schriftlich ermitteln und ihre Entdeckungen im Sinne eines visuell-dynamischen Beweises, die sich durch das Verändern des Dreiecks mittels Zugmodus ergeben, schriftlich in eigenen Worten fixieren. Das Verbalisieren in eigenen Worten ist für das aktive Verstehen eines Sachverhalts notwendig. In dieser Phase sind aufgrund der heterogenen Lernvoraussetzungen Differenzierungen eingeplant. Eine Differenzierung ergibt sich schon alleine aus den unterschiedlichen Arbeitstempi der Lernenden beim Konstruieren. Für schnelle Schülerinnen und Schüler besteht die Möglichkeit ein Viereck zu konstruieren und dessen Winkelsumme zu ermitteln. Diese Phase wird mit einem akustischen Signal beendet. Dabei ertönt zunächst kurz vor Ende der Phase ein kurzes Signal, welches andeutet, dass diese Phase gleich beendet sein wird. Nach kurzer Zeit folgt dann ein längeres akustisches Signal, welches die Phase endgültig beendet. Dies schafft eine bewusste Verdeutlichung der einzelnen Phasen, und die Schülerinnen und Schüler lernen, sich an vorgegebene Zeiten zu halten und zu orientieren. Austauschphase In der Austauschphase stellen sich die Schülerinnen und Schüler gegenseitig in Partnerarbeit ihre Konstruktionen und Entdeckungen vor. Dies dient der Verbalisierung vollzogener Handlungen und dem Ausbau der kommunikativen Kompetenzen. Darüber hinaus schafft die Partnerarbeit eine gute Möglichkeit der Kooperation, denn die Konzentration auf nur einen Partner oder eine Partnerin und die damit verbundene Redefülle und Reduzierung der Redebeiträge fördern die Zusammenarbeit. Diese Phase wird ebenfalls mit einem akustischen Signal beendet. Präsentationsphase Zur Würdigung der Ergebnisse und zur Förderung der prozessbezogenen Kompetenz Verbalisieren stellen mittels Zufallprinzip ermittelte Schülerinnen oder Schüler in der Präsentationsphase ihre Konstruktion mittels Beamer im Halbkreis vor dem Lehrerarbeitsplatz vor und schildern ihre Beobachtungen. Anschließend fragt die Lehramtsanwärterin warum die Winkelsumme im Dreieck genau 180 Grad beträgt. Dies dient der Verhinderung des Abbaus des Beweisbedürfnisses und soll zum Begründen der beobachtbaren Zusammenhänge anregen. Zur Klärung dieser Frage wird das Bild mit dem gestreckten Winkel in den Kreis gelegt sowie ein Ausdruck mit einem von einer Schülerin oder einem Schüler konstruierten Dreieck. Dann überlegen die Schülerinnen und Schüler zur Förderung des Argumentierens gemeinsam, wie man mithilfe der Abbildungen den visuell-dynamisch gemachten Beweis am Computer zusätzlich statisch beweisen könnte. Die Wahl der Sozialformen innerhalb dieser Stunde orientiert sich, wie die anderen Stunden innerhalb der Einführung auch, an dem Grundkonzept des kooperativen Lernens (Denken-Austauschen-Vorstellen), um eine möglichst hohe Schüleraktivität zu erzielen. Die Lernenden fertigen in dieser Stunde eine Konstruktionsbeschreibung zur Konstruktion eines Dreiecks nach dem Kongruenzsatz WSW an, führen diese aus und präsentieren sie. Hinführungsphase Die Phasierung der Stunde führt wieder zu vier Abschnitten. In der Hinführungsphase wird an die vorherigen Stunden angeknüpft sowie die heute benötigte Denkweise angebahnt, indem das Wissen der Schülerinnen und Schüler bezüglich der Dreieckskonstruktionen nach dem Kongruenzsatz SSS und SWS aktiviert wird, da zwei Schülerinnen oder Schüler mittels Beamer jeweils ein Dreieck nach der jeweiligen Konstruktionsvorschrift konstruieren und die einzelnen auszuführenden Schritte nennen. Damit die übrigen Schülerinnen und Schüler auch aktiviert werden, erhalten sie den Beobachtungsauftrag zu überprüfen, ob die Dreiecke auch richtig konstruiert sowie die einzelnen Konstruktionsschritte richtig benannt sind. Zur Schaffung von Transparenz und zur Sicherstellung der Voraussetzungen für die Arbeitsphase wird der Lerngruppe innerhalb dieser Phase das Thema der Stunde, die Aufgabenstellung und der Stundenablauf mittels Tafelanschrift mitgeteilt. Dann wird das Arbeitsblatt ausgeteilt, zunächst leise gelesen und dann laut vorgelesen. Zur Vermeidung von Verständnisproblemen werden anschließend Fragen zu der Aufgabenstellung geklärt und die Aufgabenstellung sowie der Stundenablauf von einer Schülerin oder einem Schüler mit eigenen Worten wiederholt. Arbeitsphase In der Arbeitsphase fertigt die Lerngruppe in Einzelarbeit eine Konstruktionsbeschreibung zur Konstruktion eines Dreiecks nach dem Kongruenzsatz WSW an. In dieser Phase sind aufgrund der heterogenen Lernvoraussetzungen Differenzierungen eingeplant. Die Tippkarte zur Konstruktionsbeschreibung stellt für schwache Schülerinnen und Schüler eine Hilfemöglichkeit bei der Beschreibung dar (siehe Abb. 2). Schnelle Schülerinnen und Schüler erhalten die Möglichkeit, zur Vertiefung und Übung ein weiteres Dreieck mit beliebigen Angaben zu konstruieren und eine Konstruktionsbeschreibung dazu anzufertigen. Diese Phase wird mit einem akustischen Signal beendet. Austauschphase Im Rahmen des Austauschs stellen sich die Schülerinnen und Schüler gegenseitig ihre Beschreibungen vor, indem sie diese dem jeweils rechten Sitznachbarn vorlesen, dieser danach das Dreieck konstruiert und umgekehrt. Diese Phase wird ebenfalls mit einem akustischen Signal beendet. Präsentationsphase In der Phase der Präsentation stellen mittels Zufallsprinzip ermittelte Schülerinnen oder Schüler ihre Ergebnisse vor, in dem immer einer seine Beschreibung vorliest und ein anderer die genannten Schritte am Lehrerarbeitsplatz visualisiert. Die übrigen Schülerinnen und Schüler erhalten die Aufträge genau zuzuhören, zuzusehen und den Vorstellenden am Ende ein Feedback hinsichtlich der Formulierung und der Richtigkeit der beschriebenen Schritte zu geben.