Bleiben oder gehen? Deutsch-jüdische Migrationsbiografien

Unterrichtseinheit

Die Lernenden setzen sich anhand der exemplarischen Biografien von Löb "Levi" Strauss (19. Jahrhundert) und Albert Einstein (20. Jahrhundert) mit Bedingungen von Migration (Migrationstheorie), Inklusion und Exklusion, Stereotypen und der Vielfalt jüdischer Identität auseinander.

  • Geschichte / Früher & Heute
  • Sekundarstufe I, Sekundarstufe II
  • 2 Doppelstunden
  • Arbeitsblatt, Internetressource, Interaktives Quiz
  • 4 Arbeitsmaterialien

Beschreibung der Unterrichtseinheit

Migration ist der "Normalfall der Geschichte" (Klaus Bade), aber sie stellt die Reaktion auf völlig unterschiedliche Situationen dar: Freiwilligkeit und Zwang sowie Push- und Pull-Faktoren bestimmen Aus- und Einwanderung. Armut und Obrigkeitsstaat veranlassten vor allem im 19. Jahrhundert Hunderttausende Deutsche zur Auswanderung; für Jüdinnen und Juden in Deutschland galten zusätzlich Benachteiligungen in Staat und Gesellschaft.

Von Einschränkungen und Vorurteilen hebt sich die Entfaltung der Persönlichkeit in einer freien Gesellschaft in Lebensgeschichten wie der von Löb "Levi" Strauss (1829-1902) ab: In San Francisco (USA) entwickelte sich Strauss durch harte Arbeit, Erfindergeist und eine soziale Einstellung zu einem verantwortungsbewussten, angesehenen Bürger.

Albert Einstein (1879–1955) findet zwar als Jahrhundert-Physiker Anerkennung, aber dieser Erfolg wird ihm als assimilierten Juden am rechten Rand der Gesellschaft geneidet. Seine Ausbürgerung 1933 markiert zweierlei: einen Wendepunkt in der deutschen Geschichte hin zu Exklusion, Kulturverlust und Barbarei, und für Einstein schon in der Weimarer Republik eine Rückbesinnung auf aktive Solidarität mit Verfolgten und dem Aufbau jüdischer Institutionen: Der Agnostiker Einstein wird Zionist.

Die Unterrichtseinheit ist Bestandteil der virtuellen Ausstellung "Gemeinsame Geschichte(n) – deutsch-jüdische Lebenswege"

Unterrichtsablauf

Inhalt
Sozial- / Aktionsform

Didaktisch-methodischer Kommentar

Das Thema "Bleiben oder gehen? Deutsch-jüdische Migrationsbiografien" im Unterricht

Der Titel dieser Unterrichtseinheit vereint auf den ersten Blick Widersprüche: Der Migrationsbegriff ist offener als Flucht, die immer Zwang impliziert, und der Hoffnung auf Erfolg steht auch immer das Risiko des Scheiterns gegenüber. Diese Ambivalenzen sollen mit der vorliegenden Unterrichtseinheit aus der Perspektive zweier erfolgreicher Migranten offengelegt werden. Der Lernweg beginnt jeweils empathisch mit der Perspektive von Migrantinnen und Migranten. Sie werden jedoch nicht in eine Opferrolle gedrängt, sondern als aktiv Handelnde sichtbar, die mit Energie, Solidarität und beruflichem Erfolg positive Zeichen setzen. Die Darstellung aktiver Lebensgestaltung und der Perspektivwechsel sind didaktische Elemente, die verbreiteten Stereotypen entgegenwirken.

Vorkenntnisse

Beide Biografien, die von Levi Strauss und von Albert Einstein, werden in der virtuellen Ausstellung in schlüssiger Form selbsterklärend dargestellt. Die Lernenden können sie in einfacher Weise allein erarbeiten, unter anderem anhand interaktiver Übungen. Für eine vertiefte Arbeit zu Strauss sollten die Lernenden über eine gewisse Kenntnis der autoritären Herrschaftspraxis in den deutschen Obrigkeitsstaaten des 19. Jahrhunderts verfügen. Zu Albert Einstein sollten die Ereignisse in Deutschland bis etwa 1935, zumindest aber die Weimarer Republik eine allgemeine Orientierung bieten.

Methodische Hinweise

Im Sinne problemorientierten Unterrichts werden in den Einstiegen jeder Stunde mit einem Bildimpuls Fragen geweckt, die gesammelt, zu einer historischen Leitfrage gebündelt und in der Erarbeitung einer Beantwortung nähergebracht werden. Die digitalen Übungen regen individuelle Erarbeitungen und klare Strukturierung des Lernstoffes sowie Selbstüberprüfungen an. Auswertungen und Vertiefungen führen zu Stellungnahmen, die auf ein tolerantes, an Vielfalt orientiertes Weltbild hinweisen.

Unterrichtsmaterial "Bleiben oder gehen – deutsch-jüdische Migrationsbiografien" zum Download (PDF)

Unterrichtsmaterial "Bleiben oder gehen – deutsch-jüdische Migrationsbiografien" zum Download (Word)

Vermittelte Kompetenzen

Fachkompetenz

Die Schülerinnen und Schüler

  • recherchieren Daten zu Migrationsprozessen. 
  • ordnen die Biografien von Löb "Levi" Strauss und Albert Einstein in ihre jeweiligen historischen Kontexte ein.
  • arbeiten unterschiedliche Perspektiven heraus und nehmen dazu Stellung.
  • analysieren, reflektieren und interpretieren Migrationsprozesse aus der Perspektive betroffener historischer Personen (historisches Sach- und Werturteil).

Medienkompetenz

Die Schülerinnen und Schüler

  • erheben aus digitalen Medien strukturiert Informationen (historische Sachanalyse).
  • handeln problemlösend, indem sie Informationen aus analogen und digitalen Quellen historisch einordnen (Sachurteil) und präsentieren.

Sozialkompetenz

Die Schülerinnen und Schüler

  • kooperieren in Lerntandems und Kleingruppen, um Daten auszuwerten und zu präsentieren.
  • entwickeln Empathie zu historischen Personen, ihrer Abhängigkeit von oppressiven historischen Bedingungen und ihrer Entfaltung von Verhaltensspielräumen.
  • nehmen solidarisch Stellung für die jüdische Minderheit und können das mit Grund- und Bürgerrechten begründen.

Autor

Portrait von Friedrich Huneke
Friedrich Huneke

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In Kooperation mit

Arbeitsgemeinschaft Jugend und Bildung e. V.

Dieses Arbeitsmaterial wurde von der Arbeitsgemeinschaft Jugend und Bildung e. V. herausgegeben.

Gefördert von

Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat

Gefördert durch #2021 JLID – Jüdisches Leben in Deutschland e. V. aus Mitteln des Bundesministerium des Inneren, für Bau und Heimat.

1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland

Der Verein 321-2021: 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland e. V. koordiniert und gestaltet 2021 bundesweit das deutsch-jüdische Festjahr "#2021 JLID-Jüdisches Leben in Deutschland e. V." (#2021 JLID).