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Kinderbetreuung in Deutschland

Unterrichtseinheit

Viele Verbände und Prominente melden sich beim Thema Kinderbetreuung zu Wort - ob Ursula von der Leyen, Bischof Mixa oder die ehemalige Tagesschau-Sprecherin Eva Herman. Leider werden die Profis für dieses Thema, nämlich Mütter, Väter, Erzieherinnen und Erzieher, selten gehört.Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU) kündigte Anfang Februar 2007 in einem Interview mit der "Süddeutschen Zeitung" an, bis zum Jahr 2013 zusätzliche 500.000 Betreuungsplätze für Kleinkinder unter drei Jahren in ganz Deutschland einrichten zu wollen. Damit trat sie eine zum Teil heftig geführte Debatte los, in deren Verlauf sie ihr Vorhaben gegen massive Kritik verteidigen musste. In den folgenden Texten werden Ist-Stand, die verschiedenen Positionen und der Ausblick und Perspektiven beschrieben.Die Schülerinnen und Schüler sollen Zahlen zur Kinderbetreuung in Deutschland recherchieren, auswerten und interpretieren. die Unterschiede in Ost- und Westdeutschland darstellen und Gründe hierfür benennen. Argumente für das Pro und Contra bei der Diskussion um die Krippenplätze sammeln und in zwei Schülergruppen vorstellen und diskutieren. ein Rollenspiel zum Thema vorbereiten, in dem verschiedene Positionen (Verbände, Kirchen, Politiker) von verschiedenen Lernenden übernommen werden, zum Beispiel nach dem Vorbild einer Talksendung (Sabine Christiansen). die Veränderungen der Erwerbstätigkeit von Frauen früher und heute darstellen und diskutieren. Erfahrungen von Eltern und Bekannten aus dem eigenen Umfeld beschreiben. Tendenzen und Perspektiven für die Zukunft erörtern. das Internet als Informations- und Recherchemedium nutzen. Thema Kinderbetreuung in Deutschland - Streit um die Krippenplätze Autor Michael Bornkessel Fach Politik, Sozialwissenschaften Zielgruppe Sek I und II, Klasse 8-10 Zeitaufwand je nach Intensität und Schwerpunktsetzung 1-4 Stunden Medien je ein Computer mit Internetzugang für 2 Schülerinnen und Schüler Niedrige Geburtenrate Hintergrund des Vorschlages von Ministerin von der Leyen ist, dass die Geburtenrate in Deutschland seit Jahrzehnten konstant zu niedrig ist: Im statistischen Durchschnitt bringt jede Frau 1,36 Kinder zur Welt - für den Fortbestand der Bevölkerungsgröße wären hingegen 2,1 Kinder erforderlich. Die schwache Geburtenrate resultiert unter anderem daraus, dass immer mehr Paare auf Kinder verzichten, weil für sie Familie und Beruf nicht miteinander zu vereinbaren sind. Das heisst, es müssen oder wollen beide Partner arbeiten, um den Lebensunterhalt zu sichern - für die Erziehung von Kindern bleibt dann keine Zeit mehr. Maßnahmen für eine bessere Betreuung Um dieses Problem zu lösen und für mehr Nachwuchs zu sorgen, hat die Bundesregierung im letzten Jahr verschiedene Gesetze verabschiedet: So wurde beispielsweise das Elterngeld eingeführt oder die Ausgaben für Kinderbetreuung steuerlich begünstigt. Nun will die Familienministerin mit ihrem Vorschlag dafür sorgen, dass Eltern, die beide arbeiten wollen oder müssen, bessere Möglichkeiten haben, ihr(e) Kind(er) in entsprechenden Betreuungseinrichtungen unterzubringen. Denn bislang sind Krippenplätze für unter Dreijährige eher Mangelware. Betreuungsangebot Daten und Zahlen zur Betreuung und Tagespflege und Vergleich mit EU-Staaten: Wo steht Deutschland bei der Kinderbetreuung zur Zeit? Pro und Contra: Krippenbetreuung In einem Pro und Contra werden hier die verschiedenen Positionen der Politik, von Institutionen und Personen, gegenüber gestellt. Perspektiven und Ausblick Die Frage der hier nachgegangen wird, behandelt die Perspektiven für die Zukunft. Politische Entscheidungen benötigen Zustimmungen. Betreuung in Kinderkrippen Zur Zeit kann im Bundesdurchschnitt nur jedes zehnte Kind unter drei Jahren in einer Krippe betreut werden. Das Statistische Bundesamt hat im März 2007 neue Zahlen über die Kindertagesbetreuung in West- und Ostdeutschland vorgestellt. Dabei kam heraus, dass es immer noch deutliche Unterschiede zwischen den alten und den neuen Bundesländern gibt. Unterschiede in Ost und West Nach den vorläufigen Ergebnissen, es liegen noch nicht aus allen Ländern Daten vor, haben im Jahr 2006 die Eltern von rund 285.000 Kindern unter drei Jahren Angebote der Kindertagesbetreuung in Anspruch genommen. Der Anteil der Kinder in Tagesbetreuung an allen Kindern dieser Altersgruppe (Besuchsquote) belief sich in Deutschland damit auf rund 13,5 Prozent. Deutliche Unterschiede zeigen sich im Vergleich der neuen Bundesländer und des früheren Bundesgebietes (jeweils ohne Berlin): Während in Ostdeutschland bei rund 40 Prozent der unter Dreijährigen Tagesbetreuung ergänzend in Anspruch genommen wurde, betrug die Besuchsquote für diese Altersgruppe in Westdeutschland rund acht Prozent. Differenzierung der Pflegeverhältnisse Am Stichtag (15. März 2006) besuchten bundesweit rund 251.000 Kinder unter drei Jahren eine Kindertagesstätte, rund 33.500 Kinder waren in Tagespflege bei Tagesmüttern oder -vätern. Hierbei hat das Statistische Bundesamt aber nur die mit öffentlichen Mitteln durch die Jugendämter geförderten Tagespflegeverhältnisse gezählt. Darüber hinaus bestehende Tagespflegeverhältnisse auf rein privater Basis, bei denen kein Jugendamt in die Vermittlung oder Förderung eingeschaltet war, hat diese Statistik nicht erfasst. Statistisches Bundesamt: Kindertagesbetreuung Die Daten und Zahlen zum Thema können Sie in dieser Broschüre nachlesen. Damit hat Deutschland im europäischen Vergleich einen nicht unerheblichen Nachholbedarf: In Deutschland sei die Möglichkeit der Betreuung von Kleinkindern in Krippen "im Vergleich zu anderen Ländern eher beschränkt", sagte der EU-Sozialkommissar Vladimir Spidla dem "Tagesspiegel". Die auf dem EU-Gipfel von Barcelona im März 2002 beschlossenen Kriterien zur Betreuung von Kleinkindern würden in Deutschland "nicht erfüllt", so Spidla weiter. Die EU-Staaten haben sich nämlich verpflichtet, bis zum Jahr 2010 für mindestens 90 Prozent der Kinder zwischen drei Jahren und dem Grundschulalter die Möglichkeit zu schaffen, einen Kindergarten- oder Hortplatz in Anspruch zu nehmen. Dem Gipfel-Beschluss zufolge sollen außerdem 33 Prozent der unter dreijährigen Kinder in den EU-Staaten bis zum Jahr 2010 einen Krippenplatz beanspruchen können. Plädoyer der Ministerin Ursula von der Leyen orientiert sich mit ihrem Vorschlag an Frankreich und den skandinavischen Staaten: "Die Kinder dort sind wohlauf, sie leben seltener in Armut, und in Bildungsvergleichen schneiden sie oft besser ab als Kinder aus der Bundesrepublik", sagte von der Leyen im SZ-Interview. Zudem würden dort mehr Kinder geboren - und zugleich seien mehr Mütter erwerbstätig. "Das sollte uns zu denken geben", sagte die Familienministerin. Die Bindungsforschung der letzten Jahre habe gezeigt, dass ein Kleinkind in der Tat verlässliche Beziehungen brauche. "Doch das heißt nicht, dass ein und dieselbe Person 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche und 52 Wochen im Jahr zur Stelle sein muss", betonte die Familienministerin. Modernisierung und Familienwunsch Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) führt auf seiner Internetseite aus, dass die Entscheidung für Familie, für Kinder und für ihre Betreuung immer individuell und privat sei. Der Staat könne und wolle jungen Eltern nichts vorschreiben. Allerdings seien heute rund 90 Prozent aller Frauen, in dem Alter in dem sie typischerweise in Deutschland ihr erstes Kind bekommen, berufstätig. Daher stehe der Staat in der Pflicht, "Bedingungen zu schaffen, die jungen Paaren helfen, in einer modernen Welt noch ihre Familienwünsche zu verwirklichen, ohne dabei in einen Zwiespalt zu geraten." Bedeutung von Betreuung und Bildung Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) fordert, dass der Ausbau der Krippen und Kindergärten durch einen "Dreiklang aus Rechtsanspruch, Gebührenfreiheit und eine höhere Qualität" unterfüttert werden müsse. Norbert Hocke, für Jugendhilfe- und Sozialarbeit verantwortliches GEW-Vorstandsmitglied, betonte, dass es nicht reiche, irgendwie irgendwelche Kita-Plätze zu schaffen. "Wir brauchen keine Verwahranstalten für Kinder, sondern Bildungseinrichtungen. Wer lediglich ein pädagogisches Stundenhotel einrichten will, damit stressgeplagte Eltern das Diktat flexibler Arbeitszeiten besser erfüllen können, springt viel zu kurz", so Hocke in einer Pressemitteilung. Uneinigkeit in der CDU Der sächsische Kultusminister Steffen Flath (CDU) sagte der in Würzburg erscheinenden "Tagespost", die Ministerin sei "auf einem Irrweg". Sie müsse sehr aufpassen, dass sie nicht auf einem Modernisierungskurs sei, der die Kernkompetenz der CDU verletze. Es sei "nicht zukunftsfähig, wenn sich der Staat zunehmend in eine Rolle begibt, die Familien zu ersetzen." Die Diskussion erinnere ihn an "gewisse Fehlorientierungen in der DDR". Kein Handlungsbedarf im Osten Für Sachsens Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) ist es eine "West-Diskussion". In Sachsen gebe es für 40 Prozent der unter Dreijährigen und für 100 Prozent der über Dreijährigen Kita-Plätze, so Milbradt im Fernsehsender "N24". Sachsen brauche also keinen weiteren Ausbau. In der Diskussion müsse zudem deutlich gemacht werden, dass Wahlfreiheit herrsche und beide Lebensmodelle akzeptiert würden. Vor allem müsse immer das Kindeswohl im Vordergrund stehen. Kritik der katholischen Kirche Heftige Kritik erntete Ursula von der Leyen vom Augsburger Bischof Walter Mixa. Ihre Initiative sei "schädlich für Kinder und Familien und einseitig auf eine aktive Förderung der Erwerbstätigkeit von Müttern mit Kleinkindern fixiert", sagte Mixa. Die Familienpolitik der Ministerin diene nicht in erster Linie dem Kindeswohl oder der Stärkung der Familie, sondern sei "vorrangig darauf ausgerichtet, junge Frauen als Arbeitskräfte-Reserve für die Industrie zu rekrutieren". Dies sei kinderfeindlich. Die Doppelverdiener-Ehe werde von der Ministerin geradezu zum "ideologischen Fetisch" erhoben, bemängelte der Bischof. Wer aber mit staatlicher Förderung Mütter dazu verleite, ihre Kinder bereits kurz nach der Geburt in staatliche Obhut zu geben, degradiere die Frau zur "Gebärmaschine". Auch Prominente mischen sich ein Der Verein "Familien e. V.", den die ehemalige "Tagesschau"-Sprecherin Eva Herman unterstützt, warnt sogar vor einer "gesellschaftlichen Katastrophe", die Ursula von der Leyen zu verantworten habe. Man zitiert Prof. Dr. Johannes H. Pechstein, den ehemaligen Chef des Kinderneurologischen Zentrums Mainz: "Krippen sind weiterhin nur Nothilfe-Einrichtungen und können keine allgemeinen Erziehungseinrichtungen werden". Studien zeigten, dass vor allem kontaktschwache Kinder sich im Verlaufe des Krippenaufenthalts immer mehr zurückzögen. Föderale Strukturen Am 2. April 2007 hat sich Ursula von der Leyen mit Vertretern der Bundesländer und der Kommunen zusammengesetzt und darüber beraten, wie groß der Bedarf an Betreuungsplätzen für unter Dreijährige überhaupt ist. Die Länder sind nämlich für die Kinderbetreuung politisch zuständig und die Kommunen müssen nach Angaben des Hauptgeschäftsführers des Deutschen Städtetages, Dr. Stephan Articus, "schon heute den Löwenanteil der Ausgaben für Kinderbetreuung" tragen. Europäisches Niveau als Ziel Nach dem "Krippengipfel" sagte von der Leyen, dass es im Jahr 2013 rund 750.000 Kinderbetreuungsplätze geben solle - darauf habe man sich geeinigt. Um dieses Ziel zu erreichen müsse allerdings der Ausbau der Kinderbetreuung beschleunigt werden. Ziel ist, dass bereits ab 2008 für jedes fünfte Kind unter drei Jahren ein Krippenplatz oder eine Tagesmutter bereitstehen solle, ab 2013 dann für jedes dritte Kind. Damit werde Deutschland bei den Betreuungsangeboten "europäisches Niveau" erreichen. Eine Versorgungsquote von 35 Prozent sei dabei "kein starres Gebilde", so von der Leyen. Die Nachfrage werde sicherlich in Städten größer sein als auf dem Lande. Woher kommen die Mittel? "Wir müssen schneller vorankommen. Die Wartelisten sind zu lang", betonte die Ministerin. Dafür seien alleine im Jahr 2008 rund eine Milliarde Euro und im Jahr 2013 rund drei Milliarden Euro zusätzlich notwendig. Bund, Länder und Kommunen wollen "diese Kraftanstrengung" gemeinsam schultern, so von der Leyen. Sie selbst will sich "vehement dafür einsetzen", dass sich der Bund an den Kosten des Ausbaus der Kinderbetreuung beteiligt. Beteiligung des Bundes Allerdings konnte man sich nicht über den genauen Finanzbedarf und die Details der Finanzierung verständigen. Der Deutsche Städte- und Gemeindetag betonte im Vorfeld des Treffens, dass der Ausbau der Kinderbetreuung auf 750.000 Plätze für Kinder unter drei Jahren jährlich mindestens sechs Milliarden Euro kosten würde. Christian Ude (SPD), der Präsident des Deutschen Städte- und Gemeindetages, sagte nach dem "Krippengipfel", dass der Bund sich an den Kosten des Ausbaus der Kinderbetreuung beteiligen werde. Ude sprach gegenüber der "Frankfurter Rundschau" von einem "Milliardenbetrag", den der Bund bis 2013 beisteuern müsse, sonst würde er seiner Verantwortung nicht gerecht werden. Irene Vorholz, die Jugendbeigeordnete des Deutschen Landkreistages, forderte im "Handelsblatt", den Anteil der Gemeinden an den Mehrwertsteuereinnahmen zu erhöhen. Dies wäre ein guter Weg, um den Bund an den Kosten zu beteiligen. Abstimmung in der Koalition Nach Ostern soll eine Arbeitsgruppe über die Finanzfragen beraten, so die Ministerin. Am 16. April will von der Leyen dem Koalitionsausschuss von CDU/CSU und SPD ihr Konzept zum Ausbau der Kinderbetreuung inklusive einem Finanzierungsvorschlag vorlegen.

  • Politik / WiSo / SoWi
  • Sekundarstufe I, Sekundarstufe II

Arbeitsblatt: Digitalisierung der Berufswelt

Kopiervorlage

Die Schülerinnen und Schüler erfahren, wie sich Arbeitswelt und verschiedene Berufsfelder unter dem Einfluss der Digitalisierung verändern. Die Schülerinnen und Schüler lernen die vier Entwicklungsstufen der Arbeitswelt kennen und erfahren, welche Folgen die letzte industrielle Revolution für die Berufswelt hatte. Anhand eines Fallbeispiels erarbeiten die Lernenden, wie Vernetzung und Digitalisierung das Berufsfeld Steuerberatung verändern. Sie werten Expertenmeinungen zum digitalen Wandel aus und erörtern anschließend, welche Berufe konkret wie durch Digitalisierung verändert werden. Die zunehmende Digitalisierung und Vernetzung durchdringt die gesamte Berufs- und Arbeitswelt. Arbeitsprozesse werden beschleunigt, Berufsbilder wandeln sich, einige Berufe fallen weg, neue entstehen. Spätestens im Rahmen der Berufsorientierung sollten sich die Schülerinnen und Schüler daher mit dem Einfluss der Digitalisierung auseinandersetzen. Anhand des Arbeitsblatts erarbeiten die Lernenden Schritt für Schritt, wie sich die Berufswelt durch die Digitalisierung verändert und welche Herausforderungen als auch Chancen dies mit sich bringt, unter anderem am Beispiel der Steuerberatung. Fachkompetenz Die Schülerinnen und Schüler kennen die vier Entwicklungsstufen der Arbeitswelt sowie deren Charakteristika. wissen, wie der digitale Wandel die Berufswelt verändert. erfahren, welchen Einfluss Digitalisierung und Vernetzung auf das Berufsfeld Steuerberatung haben. erörtern, welche Tätigkeiten und Berufe auch künftig zukunftssicher sein werden. Medienkompetenz Die Schülerinnen und Schüler werten eine Expertenmeinung zum Einfluss der Digitalisierung auf die Arbeitswelt aus und reduzieren diese auf ihre Kernaussagen. recherchieren anhand einer vorgegebenen Internetquelle konkrete Berufe und untersuchen, inwiefern diese aufgrund der Digitalisierung von Rationalisierungen betroffen sein könnten. Sozialkompetenz Die Schülerinnen und Schüler präsentieren ihre Arbeitsergebnisse strukturiert und verständlich dem Plenum. führen anhand von Leitfragen Interviews mit ihren erwerbstätigen Eltern, Verwandten oder Bekannten zu den Folgen der letzten industriellen Revolution. üben sich darin, in Teamarbeit komplexe Sachverhalte auszuwerten.

  • Fächerübergreifend
  • Sekundarstufe I, Sekundarstufe II
Titelbild: Lingo Global-Drucklizenz - Ausgabe 11: Geschlechtergerechtigkeit

Lingo Global-Drucklizenz – Ausgabe 11: Geschlechtergerechtigkeit

Unterrichtseinheit
0,25 €

In dieser Ausgabe geht es bei „Lingo Global“ um das Thema „Geschlechtergerechtigkeit". Auf insgesamt 11 Seiten wird den Leserinnen und Lesern das fünfte Ziel der UN-Nachhaltigkeitsziele erläutert – die Gleichstellung der Geschlechter mit Fokus auf der Stärkung der Rechte von Frauen und Mädchen. Wichtiges Hintergrundwissen und interessante Fakten zum Thema vermitteln Lesetexte und Grafiken. Das Heft ist als Ergänzung von DaF/DaZ-Lehrmaterialien gedacht und für A2-Niveau geeignet. In der Rubrik „Darum geht es“ wird in das Thema über die Problematisierung, dass Gleichberechtigung zwar geltendes Menschenrecht ist, aber noch längst nicht überall im Alltag gelebt wird, eingeleitet. In „Fakten finden“ finden Lernenden Fakten zum Wahlrecht für Frauen, der Gender Pay Gap, häuslicher Gewalt und Erwerbstätigkeit von Frauen im Vergleich zu Männern aufbereitet. Anschließend werden in Kurzporträts sechs mutige Frauen von der Antike bis heute vorgestellt und auch Lingo-Lesende zu weiblichen Vorbildern befragt. Zudem werden internationale Initiativen, Organisationen und Personen vorgestellt, die sich für mehr gelebte Gleichberechtigung einsetzen. In einem interaktiven Teil bietet Lingo Lesenden zusätzlich Reflexionsmöglichkeiten, um eigenen Geschlechterklischees und Rollenbilder zu hinterfragen. Neue und schwierige Wörter sind farblich markiert und am rechten Rand des Magazins aufgelistet, sodass Lernende die Übersetzung in ihrer Muttersprache hinzufügen und diese vertiefend lernen können. Achtung: Bei diesem Produkt handelt es sich um eine professionelle Drucklizenz. Diese erhalten Sie als Direktdownload. Anschließend können Sie die Datei von einer Druckerei vor Ort drucken und heften lassen oder auch selbst ausdrucken. LINGO im CLIL-Unterricht für Deutsch als Fremd-/Zweitsprache (DaF/DaZ) "Lingo Global" ist für den DaF/DaZ-Unterricht nach dem CLIL-Ansatz ("Content and Language Integrated Learning") entwickelt und macht so integriertes Fremdsprachen- und Sachfachlernen möglich. Das Magazin erscheint viermal im Jahr inklusive jeweils einer Lehrkräftehandreichung mit didaktisch-methodischen Anregungen für den Einsatz im Unterricht in Deutsch als Fremd- oder Zweitsprache.

  • Biologie / Ernährung und Gesundheit / Natur und Umwelt / Geographie / Jahreszeiten / DaF / DaZ / Fächerübergreifend / Pädagogik / Politik / WiSo / SoWi
  • Sekundarstufe I, Sekundarstufe II

Die Wirtschaftslage in Deutschland

Unterrichtseinheit

Was gegenwärtig die Hauptprobleme der deutschen Wirtschaft sind und welche Prognosen für die Zukunft gestellt werden, erläutert diese aktualisierte Fassung des Basisartikels.Kein Tag vergeht, an dem die Medien nicht über die Lage der deutschen Wirtschaft berichten. Der Einzelhandel klagt über schwachen Konsum, die Arbeitslosenquote steigt, und Jugendliche bekommen die Konjunkturkrise bei der Ausbildungsplatzsuche zu spüren. Die Augen vor den Problemen zu verschließen, hilft nicht. Der Basisartikel informiert über den Zusammenhang von Wirtschaftsflaute und Sozialreformen und über die Erwartungen an die Konjunkturentwicklung im Jahr 2004.Die Schülerinnen und Schüler sollen sich über die aktuelle Lage der deutschen Wirtschaft, über Probleme und Lösungsstrategien informieren. sich der Zusammenhänge von den Problemen der Wirtschaft und des Sozialsystems bewusst werden. das Internet als Informations- und Recherchemedium nutzen. Thema Die Wirtschaftslage in Deutschland - Fakten, Probleme, Aussichten Autoren Wolfgang Bauchhenß und Michael Bornkessel Fach Politik, Sozialwissenschaften Zielgruppe Sek I und II, ab Klasse 10 Zeitaufwand je nach Intensität und Schwerpunktsetzung mindestens vier Stunden Medien Computer mit Internetzugang Finanznot und Reformzwang Seit gut drei Jahren dümpelt die deutsche Wirtschaft mehr schlecht als recht vor sich hin. Die Folge: Das soziale Sicherungssystem ächzt unter der immer drückender werdenden Last, und die Arbeitslosenquote steigt weiter über 4,5 Millionen. Auch wenn Finanzminister Hans Eichel 2003 knapp den Neuverschuldungsrekord des früheren Amtsinhabers Theo Waigel (CSU) aus dem Jahr 1996 knapp verfehlte - eine Neuverschuldung von rund 39 Milliarden Euro ist keine wirklich gute Nachricht. Bundeskanzler Gerhard Schröder muss mit seinem Kabinett viele Löcher stopfen und zahlreiche Reformen angehen, wenn er die Wirtschaft wieder auf Trab bringen will. Einschnitte bei Renten Seit Ende 2003 verkündet die Bundesregierung ständig neue Hiobsbotschaften. Da der Staat 2003 deutlich weniger Steuern eingenommen hat, als der Finanzminister ursprünglich berechnet hatte, läuft die Suche nach neuen Geldquellen. Die findet die Koalition beispielsweise bei den Rentnern, die auf eine bereits eingeplante Erhöhung ihrer Renten verzichten müssen. Auf die rund 20 Millionen Rentner in Deutschland kommt 2004 also eine Nullrunde zu. Neu ist ebenfalls, dass sie künftig einen höheren Beitragssatz zur Pflegeversicherung zahlen müssen. Einschnitte in Zukunft auch für Studenten Und auch zukünftige Rentner müssen Abstriche hinnehmen: Die Bundesregierung plant, dass von 2009 an Schulbesuch und Studium bei der Rentenberechnung nicht mehr berücksichtigt werden. Dadurch erhielten Akademiker niedrigere Altersbezüge. Diese Einsparungen werden allerdings auch innerhalb der Koalition noch diskutiert. Derzeit werden für Schul- und Universitätszeiten ab dem 17. Lebensjahr bis zu drei Jahre anerkannt. Das dürfte aber nicht die letzte Sparmaßnahme sein, die Bundeskanzler und Finanzminister schweren Herzens verkünden müssen. Situation auf dem Arbeitsmarkt unverbessert Ebenso unsicher ist, ob wieder mehr Menschen Arbeit finden werden. Ende Januar 2004 waren nach Angaben der Bundesanstalt für Arbeit 4,597 Millionen Menschen erwerbslos, die Arbeitslosenquote stieg damit auf 11 Prozent. Inoffiziell liegt die Quote sogar noch höher, da sich die Art der Erhebung geändert hat. Menschen, die an Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen oder Bewerbungstrainings teilnehmen, wurden im Januar 2004 erstmals nicht mehr als "erwerbslos" geführt. Damit fallen rund 81.000 Personen aus der Statistik heraus. Der amtierende Chef der Bundesagentur für Arbeit (BA), Weise, sagte: "Die Anzeichen für eine Belebung der Wirtschaft sind da, zeigen sich allerdings noch nicht auf dem Arbeitsmarkt". Ähnlich sehen es die Wirtschaftsforschungsinstitute. Nach ihren Angaben wird die Arbeitslosigkeit 2004 durchschnittlich bei 4,45 Millionen liegen. Die Experten sehen erst ab Mitte des Jahres einen Rückgang der Arbeitslosigkeit voraus. Sie bauen auch darauf, dass sich die wirtschaftliche Situation in unseren europäischen Nachbarländern bessert. Statistisches Bundesamt: Arbeitslosenquote Deutschland Prozentuale Angaben zum Anteil der Männer, Frauen und Jugendlichen unter 20 Jahren an den Arbeitslosen. Konjunkturbremse Lohnkosten Warum die deutsche Wirtschaft in den letzten Jahren stagniert, darüber sind sich Experten, Politiker und Wirtschaftswissenschaftler weitgehend einig: Die Lohnkosten sind im europäischen Vergleich zu hoch, und da sich die Unternehmen in einer globalisierten, weltweit agierenden Wirtschaft die Standorte mit den besten Voraussetzungen aussuchen können, bleibt Deutschland auf der Strecke. Unternehmen wandern aus Um Kosten zu sparen, verlagern viele Unternehmen ihre Produktion ins kostengünstigere Ausland und entlassen Mitarbeiter in ihren deutschen Niederlassungen. Kleine und mittelständische Unternehmen, die nicht ohne weiteres das Land verlassen können, müssen sich gesundschrumpfen und ebenfalls Mitarbeiter entlassen - oder gehen im schlimmsten Fall sogar in Konkurs. Sozialsysteme unter Druck Derzeit finanzieren Arbeitnehmer und Arbeitgeber die sozialen Sicherungssysteme, sei es Renten-, Kranken-, Pflege- oder Arbeitslosenversicherung, durch ihre Abgaben zu gleichen Teilen. Doch da immer mehr Arbeitsplätze abgebaut und so immer mehr Menschen arbeitslos werden, droht dem ganzen System bald der Kollaps. Wenn immer weniger einzahlen, dann kann das System entsprechend weniger auszahlen. Erschwerend kommt hinzu, dass die Schwarzarbeit zunimmt und die Geburtenrate im Vergleich zu früher deutlich gesunken ist und auf niedrigem Niveau stagniert (aktuell liegt sie in Deutschland statistisch gesehen bei 1,4 Kindern pro Frau). Letzteres ist insbesondere für die Rentenversicherung ein großes Problem, an dessen Lösung sich schon frühere Bundesregierungen versucht haben. Fehlkalkulationen Doch nicht nur das soziale System muss harte Einschnitte verkraften, auch der Haushalt leidet unter der angespannten wirtschaftlichen Situation. In den letzten Jahren ging die Bundesregierung bei der Aufstellung ihrer Haushalte von zu günstigen Rahmenbedingungen aus. Mal fielen die Wachstumsprognosen zu positiv aus, dann wurden die zu erwartenden Steuereinnahmen zu hoch eingeschätzt oder Finanzminister Hans Eichel rechnete mit Einnahmen aus der LKW-Maut, deren Start sich nach immer neuen technischen Schwierigkeiten immer weiter verzögerte. Ursprünglich sollte das Mautsystem Ende August 2003 eingeführt werden. Monatlich entgehen dem Bund seitdem Einnahmen in Höhe von über 150 Millionen €, die bereits in den laufenden Haushalt eingeplant worden waren. Inzwischen hat die Bundesregierung entschieden, den Vertrag über den Aufbau des Mautsystems mit dem Konsortium Toll Collect zu kündigen und stattdessen eine Euro-Vignette einzuführen. Bundesverkehrsminister Manfred Stolpe beziffert den Einnahmeausfall des Bundes auf 6,5 Milliarden €. Nachtragshaushalt Ende Oktober 2003 musste Hans Eichel bei der Vorstellung der Eckdaten für einen Nachtragshaushalt eingestehen, dass er für 2003 eine Neuverschuldung in Rekordhöhe von 43,4 Milliarden € erwartet und das Milliardendefizit im Bundeshaushalt damit wesentlich größer ausfallen würde als angenommen. Letztlich belief sich die Nettokreditaufnahme des Bundes "nur" auf 39 Milliarden €. Als Grund dafür wurden anziehende Steuereinnahmen und Einsparungen bei der Bundesagentur für Arbeit genannt. Der Haushalt 2004 wird womöglich durch den starken Euro belastet. Weil der gegenüber dem Dollar an Wert gewinnt, werden voraussichtlich die Gewinne der Bundesbank schrumpfen, die auch in den Bundeshaushalt fließen. Bundeszentrale für politische Bildung: Online-Lexika Begriffe wie Haushalt, Konjunktur, Soziale Sicherung oder Rentenversicherung erklärt das Politiklexikon oder das Handwörterbuch des politischen Systems der BRD. Verstoß gegen den europäischen Stabilitätspakt Der Finanzminister darf eine bestimmte Schuldengrenze eigentlich nicht überschreiten. Denn bei Einführung des Euro verpflichteten sich alle teilnehmenden Länder, bestimmte Kriterien einzuhalten. So wollten sie sicherstellen, dass der Euro keine schwache Währung wird. Vor allem die damalige deutsche Regierung unter Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) und Finanzminister Theo Waigel (CSU) bestand darauf. Die wichtigste Regel ist, dass kein Land mehr als drei Prozent seines Bruttoinlandproduktes (BIP) an neuen Schulden machen darf. So wie es derzeit aussieht, wird Finanzminister Eichel dies 2004 zum dritten Mal in Folge nicht schaffen: Während die Neuverschuldung im Jahr 2002 bei 3,7 Prozent des BIP lag, prognostiziert das Herbstgutachten für 2003 ein Defizit von 4 Prozent und für 2004 eines in Höhe von 3,5 Prozent. Franzosen kennen ähnliche Probleme Deutschland ist dabei nicht das einzige Sorgenkind in Europa: Auch bei unseren europäischen Nachbarn sieht die Lage nicht besser aus. Francis Mer, der französische Amtskollege von Hans Eichel, hat schon angekündigt, dass auch sein Land die Drei-Prozent-Grenze überschreiten wird. Der Finanzministerrat der EU verzichtete Ende 2003 darauf, die Schulden-Sünder in einem Defizitverfahren mit Strafzahlungen und konkreten Vorgaben zu bestrafen. Sie vertraute darauf, dass sich die wirtschaftliche Lage wieder bessert. Wirtschaftsexperten haben jedoch ihre Zweifel, ob Deutschland und Frankreich nach drei Verstößen 2005 die Maastricht-Stabilitätskriterien wieder einhalten werden. europa-digital: EU-Glossar Erklärungen zum Stichwort „Stabilitäts- und Wachstumspakt“ europa-digital: Dossier Verschiedene Artikel zu Stabilitätspakt und Konvergenzkriterien EU-Klage gegen Deutschland Ganz anders beurteilt dagegen die EU-Kommission den permanenten Verstoß gegen den Euro-Stabilitätspakt. Ende Januar reichte sie eine Klage gegen den Ministerrat beim europäischen Gerichtshof (EuGH) ein. Ziel des spanischen EU-Währungskommissars Solbes ist es, mit einer Klage das politische Ansehen und Gewicht der EU-Kommission sowie des Stabilitätspaktes wieder herzustellen. Deutsche Welle: Die EU verklagt sich selbst Artikel vom 13.01.2004 zur Klage der EU-Kommission gegen den Beschluss des Ministerrats. Agenda 2010 - Reform des Sozialsystems Die Bundesregierung unter Bundeskanzler Gerhard Schröder hat unter dem übergreifenden Stichwort "Agenda 2010" bislang zahlreiche Vorschläge gemacht, um das Sozialsystem zu reformieren und der Wirtschaft so neue Impulse zu geben. Dabei muss man immer bedenken, dass die Regierung selbst keine neuen Arbeitsplätze schaffen kann; dies ist Sache eines jeden einzelnen Unternehmers. Die Bundesregierung Informationen zur Agenda 2010 in einer Broschüre im pdf-Format Steinkohle, Landwirtschaft und Co. Neben der Bundesregierung haben sich natürlich auch andere Politiker und insbesondere die Opposition mit den Problemen befasst. Verschiedene Maßnahmen werden vorgeschlagen. Die Ministerpräsidenten Roland Koch (CDU) aus Hessen und Peer Steinbrück (SPD) aus Nordrhein-Westfalen haben sich beispielsweise in einem gemeinsamen Vorschlag für einen radikalen Abbau von so genannten Subventionen ausgesprochen. Subventionen sind staatliche Hilfen, die bestimmten Branchen zu Gute kommen. Bekanntestes Beispiel sind die Subventionen für die deutsche Steinkohleförderung, die sich im Jahr 2002 auf 3,3 von insgesamt 21,4 Milliarden Euro beliefen. Andere Formen von Subventionen sind beispielsweise die Förderungen für den Wohnungsbau (Eigenheimzulage) oder die Land- und Forstwirtschaft. Die Steuerbefreiung von Flugbenzin fällt ebenfalls unter den Katalog der bestehenden Subventionen. Die Rasenmähermethode à la Koch und Steinbrück Steinbrück und Koch schlagen in ihrem Aktionsprogramm "Subventionsabbau im Konsens" vor, die staatliche Hilfe nach der Rasenmähermethode zu kürzen. Das bedeutet, dass sie keine Subvention komplett abschaffen, sondern überall gleichermaßen kürzen wollen. Sie haben alle bundesrechtlich geregelten Subventionen, sowohl die direkten, das heißt die Finanzhilfen, als auch die indirekten, also die steuerlichen Vergünstigungen, auf den Prüfstand gestellt und kamen zu dem Schluss, dass Bund, Länder und Gemeinden, folgen sie ihren Vorschlägen, in den ersten drei Jahren (2004 bis 2006) rund 15,8 Milliarden € einsparen können. stern.de: Staatliche Subventionen in Deutschland Hintergrundinformationen: Wer bekommt wie viele Fördergelder? Landesregierung NRW: Subventionsabbau Informationen zum Programm der Ministerpräsidenten Steinbrück und Koch Stoiber will Steuersenkungen Der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) verlangt, die staatlichen Hilfen noch stärker zu kürzen. Er hofft, deutlich mehr einzusparen als seine Kollegen Koch und Steinbrück. Mit diesem Geld könnte man nach seinen Vorstellungen dann eine Steuerreform finanzieren - und die Wirtschaft durch Steuersenkungen wieder in Schwung bringen. In seinem eigenen Bundesland geht Stoiber mit gutem Beispiel voran: 2004 will er alle staatlichen Ausgaben um zehn Prozent kürzen. Vorschläge der Herzog-Kommission Die CDU hatte, ähnlich wie die Bundesregierung, eine Kommission eingesetzt, die mittlerweile eigene Vorschläge zur Reform der sozialen Sicherungssysteme erarbeitet hat. Unter Vorsitz des ehemaligen Bundespräsidenten Roman Herzog stellte die Kommission "Soziale Sicherheit" Ende September 2003 ihren Bericht vor. Er sieht zum Teil so drastische Einschnitte vor, dass sich Teile der CDU dagegen aussprachen und der frühere Arbeitsminister Norbert Blüm die Herzog-Vorschläge heftig kritisierte: Die Empfehlungen der CDU-Kommission seien "weder solidarisch noch gerecht noch freiheitlich", so Blüm. Rente ab 67 Die Herzog-Kommission schlägt unter anderem die Anhebung des gesetzlichen Rentenalters auf 67 Jahre vor. Außerdem spricht sie sich dafür aus, frühestens ab dem Jahr 2013 bei der Krankenversicherung eine so genannte Kopfprämie einzuführen. Das bedeutet, dass jeder Krankenversicherte den gleichen Beitrag, nämlich 264 € im Monat, bezahlen muss, egal wie viel er verdient. Für Blüm ist die Kopfprämie keine christlich-demokratische Sozialpolitik, sondern der "Gipfel der Gleichmacherei". Doch Parteichefin Angela Merkel konnte sich gegen den parteiinternen Widerstand durchsetzen. Auf dem CDU-Parteitag am 1./2. Dezember 2003 in Leipzig wurde das Programm der CDU zur "Zukunft der sozialen Sicherungssysteme", das auf den Herzog-Vorschlägen basiert, von der Parteibasis verabschiedet. Bundestag gegen Bundesrat Alle Parteien entwickelten Ende 2003 eigene Reformvorschläge, doch niemand besitzt ein Patentrezept für den erhofften Wirtschaftsaufschwung. Wenn die Regierung im Bundestag ihre Sparbeschlüsse durchsetzt, ist sie spätestens im Bundesrat wieder auf die Unterstützung der Opposition angewiesen. Und die ist sich selbst nicht einig darüber, welches der beste Weg ist, und ob man die Regierung unterstützen oder besser gegen die Reformpläne von SPD und Grünen stimmen sollte. Ende 2003 drängte dann die Zeit: Die Bundesregierung wollte unbedingt erreichen, dass ihre Gesetze schon zum Jahreswechsel in Kraft treten. So trafen sich Regierung und Opposition kurz vor Weihnachten zu einer Marathonsitzung im Vermittlungsausschuss. Zur Rolle des Vermittlungsausschusses Der Vermittlungsausschuss tagt, wenn sich die Bundesregierung und die Regierungen der einzelnen Bundesländer nicht einigen können. Wichtigen Gesetzen, die die Interessen der Länder berühren, muss der Bundesrat nämlich zustimmen. Da dort die derzeitige Opposition - die CDU/CSU - eine Mehrheit hat, drohte sie mit einer Blockade der Reformgesetze der Regierung. So saßen sich die 32 Mitglieder des Ausschusses - 16 Vertreter des Bundestages und 16 Vertreter der Bundesländer - in ihrer geheimen Sitzung gegenüber und feilschten um Kompromisse. Schließlich mussten beide Seiten Änderungen ihrer ursprünglichen Vorschläge hinnehmen, doch letztlich man fand eine Einigung, mit der alle Seiten leben konnten. Die Steuerreform Umstrittenster Programmpunkt war die Steuerreform. Regierung und Opposition hatten jeweils eigene Vorstellungen davon, wie man das Steuersystem reformieren müsse, und wie eine Entlastung für die Bürger finanzieren zu sei. Einig war man sich in dem Punkt, dass Steuersenkungen die Wirtschaft beleben würden. Zwar sinken die Steuern nicht ganz so stark, wie die Regierung geplant hatte, doch erzielte man immerhin eine Einigung. 2004 sinkt der Eingangssteuersatz der Einkommenssteuer von 19,9 auf 16 Prozent, der Spitzensteuersatz von 48,5 auf 45 Prozent. Praxisgebühr und Co. Ob durch die Steuersenkung mehr Geld im Portmonnaie bleibt, ist nicht sicher. Schließlich kommen auf viele Verbraucher neue Ausgaben wie die Praxisgebühr oder höhere Zuzahlungen zu Medikamenten beziehungsweise Krankenhausaufenthalten zu, ab 2005 auch eine private Zusatzversicherung für Zahnersatz. Die zehn Euro Praxisgebühr sollen der Finanzierung der Gesundheitsreform dienen. Lockerung des Kündigungsschutzes Auch Arbeitnehmer bekommen die Reformen zu spüren. Sind sie in kleinen Unternehmen tätig, können sie in Zukunft leichter gekündigt werden. Diese Änderung soll die Arbeitgeber dazu bewegen, schneller neue Mitarbeiter einzustellen - wenn sich die Lage des Unternehmens verschlechtert, können sie das überzählige Personal einfach wieder entlassen. Frankfurter Allgemeine Zeitung Entlastungen für Steuerzahler - Belastungen für Sozialversicherte: Informationen zur Steuerreform. Einigkeit beim Kampf gegen Schwarzarbeit Einig sind sich alle Parteien allein dann, wenn es darum geht, die Schwarzarbeit zu bekämpfen. Denn jährlich verursacht die illegale Beschäftigung enorme Einnahmeausfälle in Milliardenhöhe bei den Sozialversicherungen und dem Staat. Daher hat die rot-grüne Mehrheit im Bundestag jetzt ein Gesetz zur intensiveren Bekämpfung der Schwarzarbeit und der damit zusammenhängenden Steuerhinterziehung verabschiedet. Kontrollen auf dem Bau, nicht in Privathaushalten Vor allem gegen Schwarzarbeit in der Bauwirtschaft soll vorgegangen werden. In Privathaushalten wird dagegen nicht kontrolliert werden, ob eine Putzhilfe ordnungsgemäß angemeldet und versichert ist oder nicht. Insgesamt soll das Gesetzespaket das Unrechtsbewusstsein der Bevölkerung schärfen und die gesellschaftliche Akzeptanz von Schwarzarbeit emindern. Schwarzarbeit ist eben kein Kavaliersdelikt, so die deutliche Botschaft aus Berlin. CDU und CSU haben signalisiert, dem Gesetz im Bundesrat zuzustimmen. Ob das Gesetz der Regierung allerdings hilft, ab 2004 Mehreinnahmen von rund einer Milliarde € jährlich in die leeren Kassen zu spülen, wird sich zeigen. Durchwachsenes Echo Die Reaktionen auf die Ergebnisse des Vermittlungsausschusses waren durchwachsen. Die Industrie kritisierte, dass sie in vielen Bereichen höhere Abgaben und höhere Kosten zu verkraften habe. Handel und Handwerk sahen die Reformen positiver. Sie hoffen, dass die Rechnung der Bundesregierung aufgeht, wonach die Steuerreform Konsum und Wirtschaft beleben soll. Angesichts der weiterhin unsicheren internationalen Wirtschaftslage ist man in der Wirtschaft mit allzu positiven Vorhersagen allerdings vorsichtig. Binnenmarkt wartet weiter auf Belebung Im Februar 2004 sorgen wieder negative Meldungen aus der Wirtschaft für Schlagzeilen: Der Einzelhandel klagt, dass der Umsatz im Winterschlussverkauf hinter den Erwartungen und den Umsatzzahlen des Vorjahres zurückgeblieben ist. Ernüchternde Meldungen verbreitet auch der Volkswagen-Konzern aus Wolfsburg. Da der Automobilbau allgemein als Indikator für die wirtschaftliche Entwicklung gesehen wird, macht der schleppende Verkauf des neuen Golf V nicht gerade Mut. Außerdem ist die größte Personalserviceagentur der Bundesagentur für Arbeit, die Maatwerk-Gesellschaft, pleite. Rund 9.500 Leiharbeiter und 600 Angestellte der Agentur sind damit von der Arbeitslosigkeit bedroht. Die Wirtschaft protestiert gegen die geplante Ausbildungsabgabe für Unternehmen, die nicht genügend Lehrlinge einstellen, und fordert massive Einschnitte beim Arbeitslosengeld. Weitere negative Meldungen werden wohl auch 2004 nicht ausbleiben. Externe Faktoren nur bedingt beeinflussbar Ob die Konjunktur sich bessert, hängt nach Ansicht der führenden deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute nicht nur vom Erfolg der Reformen ab, sondern auch von Faktoren, die die Bundesregierung kaum beeinflussen kann. Ein Risiko für die Belebung der Wirtschaft ist ein weiterer Euro-Anstieg, der die deutschen Exporte belasten würde. Abhängig ist die deutsche Wirtschaft auch vom Aufschwung in den USA und in Europa. Export von zentraler Bedeutung Der Export ist nach wie vor ein wichtiges Standbein der deutschen Wirtschaft. Im Dezember 2003 schloss die Außenhandelsbilanz mit einem Überschuss von 10,4 Milliarden Euro ab. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes wurden im Dezember 2003 von Deutschland Waren im Wert von 54,5 Milliarden € ausgeführt und Waren im Wert von 44,0 Milliarden € eingeführt. Die deutschen Ausfuhren waren damit um 7,1% und die Einfuhren um 3,6% höher als im Dezember 2002. Der größte Teil des Exports wird mit Ländern der Europäischen Union abgewickelt. Statistisches Bundesamt: Export Tabellen, Schaubilder und Presseinformationen zu den Daten des deutschen Außenhandels. Besserung der Weltwirtschaftslage erwartet Bereits Ende 2003 gab das so genannte Herbstgutachten der sechs führenden deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute Anlass zu leiser Hoffnung: In dem am 21. Oktober 2003 veröffentlichten Bericht zur Lage der Weltwirtschaft und der deutschen Wirtschaft glaubten sie, "erste Anzeichen einer Besserung" zu erkennen und rechnen für das Jahr 2004 mit einem Wirtschaftswachstum von 1,7 Prozent. Allerdings verursacht eine im Vergleich zu 2003 deutlich höhere Zahl von Arbeitstagen den Anstieg. Gäbe es 2004 nicht vier Arbeitstage mehr als 2003, würde die gesamtwirtschaftliche Produktion nur um 1,1 Prozent zunehmen. Anfang 2004 korrigierten einige Institute die optimistischen 1,7 Prozent dann wieder nach unten. Auch wenn man europaweit mit einem Aufschwung rechnet, ist noch fraglich, ob wir ihn auch in Deutschland zu spüren bekommen. ifo Institut für Wirtschaftsforschung, München Informationen zum Herbstgutachten 2003 Frühjahrsumfrage: Deutsche Unternehmer wieder optimistisch Die aktuelle Konjunkturumfrage des deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) unter mehr als 25 000 deutschen Unternehmen brachte ein positives Ergebnis. Zum ersten Mal seit drei Jahren erwarten die Unternehmen wieder eine positive Entwicklung der Konjunktur - und sind damit so optimistisch wie seit zehn Jahren nicht mehr. Für das Jahr 2004 erwartet der DIHK trotz des starken Euro eine deutliche Zunahme des Exports. Positive Wirtschaftsimpulse aus dem Ausland machen sich nach Angaben der Unternehmen inzwischen auch in Deutschland bemerkbar. Die Industrie und das Dienstleistungsgewerbe gehen von einer Besserung des Umsatzes aus. Der Einzelhandel und das Baugewerbe werden dagegen wohl nicht vom Konjunkturaufschwung erfasst. Statistisches Bundesamt: Export Tabellen, Schaubilder und Presseinformationen zu den Daten des deutschen Außenhandels. Arbeitslosigkeit bleibt Kernproblem Schlecht ist es nach den Erwartungen des DIHK auch 2004 um Investitionen im Inland und um den privaten Konsum bestellt. Mit einem deutlichen Abbau der Arbeitslosigkeit rechnen die Unternehmen daher nicht. Der Beschäftigungsabbau werde allenfalls Ende des Jahres nachlassen. Immerhin hat sich der Beschäftigungsabbau im letzten Quartal des Jahres 2003 verlangsamt. Die Zahl der Erwerbstätigen sank im Vergleich zum Vorjahr um 0,6 Prozent auf 38,6 Millionen Beschäftigte. Im zweiten Quartal belief sich der Rückgang noch auf 1,3 Prozent, im dritten Quartal auf 1 Prozent. Bleibt eine positive Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt aus, ist der dauerhafte wirtschaftliche Aufschwung weiter in Gefahr. Statistisches Bundesamt: Erwerbstätigkeit, Arbeitsmarkt Tabellen, Infos und Grafiken zu verschiedenen Aspekten der Erwerbstätigkeit und der Entwicklung des Arbeitsmarktes.

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Wirtschaftsstandort Deutschland: Erwartungen für 2005

Unterrichtseinheit

Die Prognosen für die Wirtschaftsentwicklung und den Arbeitsmarkt sind auch im neuen Jahr nicht rosig. Es gibt vorsichtigen Optimismus, doch auch 2005 werden die Debatten um Arbeitszeit, Lohnkosten und den Standort Deutschland weitergehen. Wochenarbeitszeit, Lohnzahlung, Kündigungsschutz - zentrale Säulen der Arbeitswelt gerieten 2004 ins Wanken. Die Drohung einzelner Firmen, Standorte von Deutschland nach Osteuropa zu verlagern, zwang Arbeitnehmer und Gewerkschaften zu Zugeständnissen. Die Debatte um den Wirtschaftsstandort Deutschland wird angesichts gedämpfter Konjunkturaussichten auch 2005 weitergehen - zumal sich auf dem Arbeitsmarkt weiterhin keine positive Entwicklung abzeichnet. Die Schülerinnen und Schüler sollen verschiedene Prognosen für die Wirtschaftsentwicklung 2005 vergleichen. sich über die allgemeine Debatte um Arbeitszeiten und Standortfaktoren informieren. die Positionen von Arbeitgebern, Gewerkschaften und Politik kennen lernen und vergleichen. sich der Zusammenhänge zwischen Arbeitsmarkt, Wirtschaftslage und Konjunktur bewusst werden. die Vor- und Nachteile der wirtschaftlichen Entscheidungsmöglichkeiten diskutieren. das Internet als Informations- und Recherchemedium nutzen. Thema Wirtschaftsstandort Deutschland: Die Erwartungen 2005 Autoren Wolfgang Bauchhenß und Michael Bornkessel Fach Politik, Sozialwissenschaften Zielgruppe Sek II, ab Klasse 10 Zeitaufwand je nach Intensität und Schwerpunktsetzung circa 3 Stunden Medien Computer mit Internetzugang Neuverschuldung knapp unter Investitionen Ende November 2004 stellte Finanzminister Hans Eichel seinen Haushaltsentwurf für das Jahr 2005 im Bundestag vor: Insgesamt will er 254,3 Milliarden Euro ausgeben, davon sind allein 40,4 Milliarden Euro Zinszahlungen. Die Neuverschuldung liegt mit 22 Milliarden nur knapp unter den Investitionen von 22,7 Milliarden. Damit entspricht der Haushalt den Vorgaben des Grundgesetzes. Das schreibt nämlich vor, dass die Neuverschuldung die Investitionen nicht übersteigen darf. Das meiste Geld bekommt wieder einmal das Sozialministerium: Ihm stehen 84,4 Milliarden Euro zur Verfügung, wobei ein Großteil direkt in die Rentenkasse fließt. Das Wirtschaftsressort bekommt knapp 38 Milliarden Euro und die Bundesagentur für Arbeit fast vier Milliarden Euro. Das Bildungsministerium darf 8,54 Milliarden Euro ausgeben. Finanzierung auf unsicheren Füßen Allerdings kann der Finanzminister die Kreditaufnahme nur unter der Investitionssumme halten, weil er sich rund 23 Milliarden Euro aus dem Verkauf von Staatseigentum erhofft. Die Opposition ließ sich erwartungsgemäß nicht von dem Haushaltskonzept der Regierung beeindrucken, kritisierte die vorgelegten Zahlen und sprach von einem "finanzpolitischen Desaster und einem Offenbarungseid". Auch der Rechnungshof äußerte in seinem Bericht "erhebliche Bedenken"; man sehe die Gefahr des Verfassungsbruchs und bei der Finanzierung erhebliche Risiken. Bundesministerium der Finanzen: Bundeshaushalt 2005 Tabellen und Übersichten stehen als Download zur Verfügung. Leichtes Wachstum In die wirtschaftliche Zukunft Deutschlands schauen regelmäßig die so genannten Fünf Weisen - offiziell heißt das Gremium "Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung". Sie gehen in ihrer Prognose für das Jahr 2005 von einem Wachstum des Bruttoinlandproduktes (BIP) von 1,4 Prozent aus. Damit werde sich das Wachstum im Vergleich zu 2004 (1,5 Prozent) leicht abschwächen. Doch da 2005 weniger Arbeitstage als 2004 hat, signalisiere diese Zuwachsrate "ein in etwa unverändertes Tempo der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung", bilanziert der Sachverständigenrat. Von einem durchgreifenden Aufschwung der Binnenwirtschaft sei Deutschland allerdings noch "ein gutes Stück" entfernt. Schere zwischen Binnen- und Außennachfrage Die konjunkturelle Erholung 2004 sei vor allem auf die Außenwirtschaft, das heißt auf die Exporte ins Ausland, zurückzuführen. Hier sehen die Sachverständigen "eine tiefe Spaltung" und warnen, dass "einer sehr lebhaften Exportentwicklung und einem kräftig steigenden Außenbeitrag (...) eine weiterhin kraftlose binnenwirtschaftliche Entwicklung" im Jahr 2005 drohe. Doch solange sich Auslands- und Binnennachfrage nicht die Waage halte, bleibe "die Hoffnungen auf eine Fortsetzung der konjunkturellen Belebung fragil". Denn der hauptsächlich vom starken deutschen Außenhandel getragene Aufschwung drohe im nächsten Jahr nachzulassen: Zum einen sei der immer weiter steigende Ölpreis dafür verantwortlich, zum anderen könne auch der immer stärker werdende Euro das Wachstum negativ beeinflussen. Während also die Exporte den Aufschwung ermöglichen, droht die immer noch schleppende Binnenkonjunktur die guten Ansätze zunichte zu machen. Unternehmer wieder optimistisch Das arbeitgebernahe Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) prognostiziert eine positive wirtschaftliche Entwicklung für 2005: "Der Aufschwung hält an", fasst der Direktor Michael Hüther die Ergebnisse der Herbstumfrage zusammen. Insgesamt würden die Antworten der mehr als 1.500 befragten ost- und westdeutschen Unternehmen zeigen, dass die Produktion steige, der Exporte weiter zunehme und 2005 endlich auch wieder mehr investiert werde. Das Institut sieht damit seine im Oktober gestellte Prognose für 2005 mit einem Wachstum des BIP von bis zu zwei Prozent bestätigt. Es ist damit zugleich optimistischer als die Bundesregierung, die Wirtschaftsweisen und die meisten führenden Wirtschaftsinstitute. Gleichwohl sei in Westdeutschland erneut ein höheres Wachstum als in den neuen Bundesländern zu erwarten: Im Osten verzerre die Krise in der Bauwirtschaft den Durchschnitt. Endlich wieder etwas mehr Erwerbstätige Nach ersten vorläufigen Berechnungen des Statistischen Bundesamtes gab es 2004 im Durchschnitt rund 38,4 Millionen Erwerbstätige in Deutschland. Das waren 128.000 Personen oder 0,3 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Damit kam es im Jahresdurchschnitt 2004 erstmals seit 2001 wieder zu einem Anstieg der Erwerbstätigkeit im Vergleich zum Vorjahr. Diese Entwicklung wurde nach Angaben des Statistischen Bundesamtes durch die Reformen am Arbeitsmarkt im Rahmen der Hartz-Gesetze I und II (Ich-AGs und Mini-Jobs) sowie die Neuregelung des Arbeitslosengeldes II durch Hartz IV (Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe zum Arbeitslosengeld II) begünstigt. Entspannung nicht in Sicht Insgesamt ist jedoch noch keine deutliche Verbesserung der Lage auf dem Arbeitsmarkt in Sicht. Laut dem arbeitgebernahen Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) befindet sich Deutschland zwar auf der ersten Stufe einer "Beschäftigungsstabilisierung", doch eine generelle Besserung stehe 2005 noch aus. Lediglich 18 Prozent der Firmen glauben, den Personalbestand im nächsten Jahr aufstocken zu können. Auch die Fünf Weisen rechnen für 2005 mit keiner durchgreifenden Belebung: Zwar sei die Einführung des Arbeitslosengeldes II (ALG II) einer der "bedeutendsten Reformschritte auf dem Arbeitsmarkt der letzten Jahrzehnte", man könne aber die konkreten Auswirkungen noch nicht abschätzen. Außerdem seien noch weitere Reformen, vor allem der Kranken- und Pflegeversicherung, notwendig. Höchster Stand seit 1997 Die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland ist Ende 2004 deutlich gestiegen. Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg waren im Dezember 4,46 Millionen Personen (10,8 Prozent) arbeitslos gemeldet, fast 207.000 mehr als im November 2004 und 150.000 mehr als zum Jahresende 2003. Im Durchschnitt des vergangenen Jahres belief sich die Arbeitslosigkeit auf fast 4,4 Millionen und damit auf den höchsten Stand seit 1997. Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement sagte, er rechne erst für 2006 mit einer nachhaltigen Trendwende auf dem Arbeitsmarkt. Um neue Arbeitsplätze zu schaffen, gab es bereits 2004 verschiedene Ansätze. Es begann die Debatte um die Verlängerung der Arbeitszeit. Aber auch Lohnkosten stehen als Standortfaktoren immer wieder im Zentrum der Debatte. Siemens: Längere Arbeitszeiten statt Werksschließung Die Firma Siemens stellte ihre Belegschaft an zwei Standorten in Nordrhein-Westfalen im Sommer 2004 vor die Wahl: Entweder sie akzeptiere, künftig 40 Stunden statt bisher 35 zu arbeiten, oder Siemens würde die Produktion von Mobiltelefonen ganz nach Ungarn verlagern. Zwei Handy-Werke in Bocholt und Kamp-Linfort hätten dann schließen müssen. Das Argument der Konzernleitung: Nur niedrigere Produktionskosten garantieren weiterhin die Wettbewerbsfähigkeit auf dem hart umkämpften Handy-Markt. Die Belegschaft überlegte daher nicht lange und stimmte dem Angebot zu - andernfalls wären die 4.500 Beschäftigten in den zwei Werken arbeitslos geworden. Zugeständnisse aus Angst vor Arbeitslosigkeit Ähnliche Szenen spielen sich derzeit auch in anderen Firmen ab: Die Arbeitgeber fordern von ihren Beschäftigten Zugeständnisse wie niedrigere Löhne oder längere Arbeitszeiten. Die Angst vor Arbeitslosigkeit bei gleichzeitig schlechter Wirtschaftslage macht es möglich: Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer müssen derzeit zähneknirschend viele Forderungen ihrer Chefs akzeptieren. Mit der Drohung, den Betrieb dorthin zu verlegen, wo die Produktion billiger ist, streichen die Arbeitnehmer Rechte, die sich die Beschäftigten jahrelang mühsam erkämpft haben. Es war einmal: Der Weg zur 35-Stunden-Woche In den 80er und 90er Jahren forderten die Gewerkschaften die 35-Stunden-Woche in den Betrieben der Metallindustrie. Da die Arbeitslosigkeit damals massiv anstieg, es also immer weniger Arbeit gab, schien sie ein konsequenter Weg, die vorhandene Arbeit besser zu verteilen. Doch die Rechnung ging nicht auf: Die Arbeitslosigkeit stieg weiter an, gleichzeitig wurden die Löhne stetig teurer. Die Gewerkschaften hängen auch heute noch an ihrem Modell kürzerer Arbeitszeiten, während die Arbeitgeber lieber länger arbeitende Beschäftigte wollen, die im Schnitt weniger kosten. Die Gewerkschaften fordern jetzt, dass auch das Management seinen Teil zu den Einsparungen beitragen müssen. "Wer sich in den letzten Jahren seine Bezüge so exorbitant erhöht hat wie viele deutsche Top-Manager, kann leicht auf ein paar Prozent für ein Jahr verzichten", sagte IG-Metall-Chef Jürgen Peters in einem Zeitungsinterview. Gewerkschaften gehen Kompromisse ein Insgesamt zeigen sich die Gewerkschaften in letzter Zeit beim Thema Arbeitszeit aber sehr flexibel, wenn einzelne Betriebe in der Klemme stecken und Arbeitsplätze in Gefahr sind: Zahlreiche Sonderklauseln und betriebsinterne Absprachen ermöglichen es den Arbeitgebern, ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter länger arbeiten zu lassen als das in den Tarifverträgen ursprünglich vereinbart wurde. Zwar sperren sich die Gewerkschaften weiterhin gegen eine flächendeckende und dauerhafte Verlängerung der Arbeitszeit, doch sie halten bei Problemfällen nicht mehr dogmatisch an ihren Zielen fest und sind zu Kompromissen bereit. Lohnkosten im Visier Der Fall Siemens hat eine allgemeine Debatte um Lohnkosten entfacht. Einige Arbeitgeber-Funktionäre und Politiker verlangten sogar, die Deutschen müssten pauschal 50 Stunden arbeiten oder sollten auf ein paar Urlaubstage verzichten. Nur so könne Deutschland wieder wettbewerbsfähig werden. Aber diese Aussagen sind Extrempositionen, die wohl ebenso wenig durchsetzbar sind wie eine 35-Stunden-Woche für alle. Die OECD, die Organisation der Industrieländer, hält eine pauschale Verlängerung der wöchentlichen Arbeitszeit jedoch nicht für geeignet, um die Arbeitslosigkeit zu senken und dämpft die Erwartungen der Arbeitgeber. Und nach einer Untersuchung des Kölner Instituts zur Erforschung sozialer Chancen (ISO) liegt die tatsächliche Wochenarbeitszeit für Vollzeitkräfte in Deutschland mit Überstunden schon jetzt über 40 Wochenstunden. Verzicht auf Feiertage oder Kaffeepausen? Im Herbst 2004 stellte die Bundesregierung einen weitere Idee vor, wie man die Arbeitszeit - sozusagen durch die Hintertür - verlängern könnte: Kurz vor dem 15. Jahrestag des Mauerfalls machte sie den Vorschlag, den Tag der Deutschen Einheit als Feiertag vom 3. Oktober auf den ersten Oktober-Sonntag zu verlegen. So wollte sie das Wirtschaftswachstum ankurbeln und hoffte gleichzeitig auf mehr Steuereinnahme. Dieser Vorschlag als Teil eines Konzepts zur Haushalts-Sanierung stieß jedoch auf breite Kritik und wurde schnell zu den Akten gelegt. Manchmal nimmt die Diskussion um längere Arbeitszeiten sogar skurrile Züge an. Der Chefvolkswirt der Deutschen Bank, Norbert Walter, schlug vor, nur noch "echte Arbeitszeit" zu entlohnen: Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die im Job rauchen oder Tee trinken wollten, sollen dies auch weiterhin tun dürften. "Aber keiner kann verlangen, dass Arbeitgeber Zigaretten- und Teepausen auch noch bezahlen", so Walter. Sein Vorschlag wurde allerdings meist nur belächelt. Der Fall Telekom: Lohnverzicht Wie ein Mittelweg funktionieren kann, zeigen zahlreiche Betriebe bereits seit einigen Jahren: Nach dem deutschen Tarifrecht können Arbeitgeber und Arbeitnehmer flexibel mit den Regelungen zur Arbeitszeit verfahren. So können sich Belegschaft und Geschäftsführung in einzelnen Absprachen für jeden Betrieb darauf einigen, auf bestimmte Privilegien zu verzichten, um die Arbeitsplätze nicht zu gefährden. So zeigten sich etwa die Beschäftigten der Telekom bereit, auf Teile ihres Lohns zu verzichten, um die Stellen von 10.000 ihrer Kollegen zu erhalten. Andere Firmen handeln mit ihren Angestellten um zwei oder mehr Stunden verlängerte Arbeitszeiten ohne Lohnausgleich aus, um die Kosten zu senken und so konkurrenzfähig zu bleiben. Der Fall DaimlerChrysler: Lohnerhöhung bleibt aus DaimlerChrysler hat nun eine neue Variante ins Spiel gebracht. Arbeitgeber und Belegschaft einigten sich darauf, die Arbeitskosten um 500 Millionen Euro pro Jahr zu senken. Dafür verzichten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf eine für 2006 vereinbarte Lohnerhöhung von knapp drei Prozent. Aber auch die Bezüge des Vorstands sollen nach Angaben von Konzernchef Jürgen Schrempp gekürzt werden. Als Gegenleistung für die Kürzungen versprach der Konzern für die 160.000 Arbeitnehmer in Deutschland eine Beschäftigungsgarantie bis 2012. Der Fall Opel: Schließungs-Drohung aus den USA Im Oktober 2004 bekamen die Beschäftigten beim Autobauer Opel schlechte Nachrichten aus den USA. Die Muttergesellschaft General Motors (GM) plane bis zum Jahr 2006 europaweit 12.000 der insgesamt 63.000 Stellen abzubauen, davon allein 10.000 - fast jeden dritten Arbeitsplatz - bei Opel in Deutschland. Es drohe sogar die komplette Schließung des Bochumer Werks, berichteten die Medien. Werksleitung und Betriebsrat der Adam Opel AG einigten sich bei Verhandlungen mit der Muttergesellschaft anschließend auf Zugeständnisse bei den Lohnkosten und den Arbeitszeiten. Obwohl sich die Verhandlungen schwierig gestalten, nähert man sich langsam an: Gesamtbetriebsratschef Klaus Franz gab Anfang Dezember bekannt, dass es keine betriebsbedingten Kündigungen geben solle. Die Zahl der Arbeitsplätze soll zwar wie von General Motors gefordert um 10.000 reduziert werden. Der Großteil der Betroffenen in den Werken Rüsselsheim und Bochum soll aber nicht entlassen werden, sondern in Beschäftigungsgesellschaften wechseln. General Motors (GM) müsse aber noch zustimmen, so Franz. Der Fall Volkswagen: Langfristige Arbeitsplatzgarantie für Nullrunden Auch bei Volkswagen standen die Zeichen lange Zeit auf Sturm: Mehrere Wochen verhandelten die Gewerkschaften mit dem Konzern, der nach Angaben von Personalvorstand Peter Hartz bis zum Jahr 2011 die Arbeitskosten um 30 Prozent senken will. In dieser Tarifrunde musste ein Volumen von einer Milliarde Euro eingespart werden, das vor allem durch eine zweijährige Nullrunde erreicht werden sollte. Anfangs forderten die Gewerkschaften aber eine Lohnerhöhung von vier Prozent sowie eine Job-Garantie für die Beschäftigten in den westdeutschen Werken, und unterstrichen ihre Kampfbereitschaft später auch durch Warnstreiks. Hartz konterte unter anderem mit der Drohung, bis zu 15.000 Arbeiter entlassen zu müssen, sollten die Gewerkschaften sich weiter hart zeigen. Doch am Ende der Verhandlungen präsentierten beide Seiten einen Kompromiss, mit dem alle leben können: Die 103.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den sechs westdeutschen VW-Werken verzichten für 28 Monate auf Lohnerhöhungen und erhalten im Gegenzug die geforderte Job-Garantie: Betriebsbedingte Kündigungen bleiben nach den Vereinbarungen bis Ende 2011 ausgeschlossen. Im März 2005 erhalten die Angestellten außerdem noch eine Einmalzahlung in Höhe von 1.000 Euro. Für Neueinstellungen und übernommene Auszubildende wird es aber geringere Löhne geben als es der Haustarifvertrag bislang vorsah. Deutsche Welle: Weitere Proteste gegen Daimler-Sparpläne DaimlerChrysler in Deutschland will 500 Millionen Euro sparen oder der Vorstand verlagert Arbeitsplätze. Die ZEIT: Jahresrückblick 2004 Nachrichten aus der Wirtschaftswelt des vergangenen Jahres im Überblick. Deutsche arbeiten durchschnittlich 37,7 Stunden Vielen Firmen erscheint es immer attraktiver ins Ausland zu gehen, wo die Löhne niedriger und die Arbeitszeiten länger sind. Viele europäische Länder haben längere Arbeitszeiten als Deutschland: Mit 37,7 Stunden pro Woche liegen deutsche Arbeitnehmer auf einem mittleren Platz, während in Osteuropa fast durchweg 40 Stunden gearbeitet wird. Im EU-Vergleich liegt Deutschland damit rund eine Wochenstunde unter dem Durchschnitt von 38,5 Stunden. Die Debatte um die Arbeitszeiten in Deutschland schwappt inzwischen schon über die Grenzen nach Frankreich, Belgien und in die Niederlande. Produktionsverlagerung nach Polen Gerade im vereinten Europa ist es für viele Firmen einfach, in einem Land die Zelte abzubrechen und in das nächste Land weiterzuziehen. Opel will beispielsweise ab 2005 sein Modell Zafira in Polen bauen. Da die Bundesrepublik mit Polen im gemeinsamen europäischen Binnenmarkt ist, hat Opel kaum höhere Kosten, wenn die Firma die Produktion in unser östliches Nachbarland verlegt. Doch bei den Arbeitslöhnen kann Opel kräftig sparen. Sie sind in Polen - wie auch in anderen europäischen Ländern - deutlich niedriger als in Deutschland. Ungleiche Bestimmungen zum Kündigungsschutz Zudem ist es in vielen anderen Ländern einfacher, Arbeiter in Zeiten schlechter Konjunktur vor die Tür zu setzen. Während die Gewerkschaften in Deutschland einen umfangreichen Kündigungsschutz durchgesetzt haben, existieren solche Regelungen anderswo in weit weniger umfangreicher Form. Doch auch hier werden wir wohl in Zukunft Abstriche hinnehmen müssen: Beispielsweise fordert die CDU, dass der Kündigungsschutz erst ab Unternehmen mit mehr als 20 Beschäftigten und bei Neueinstellungen erst ab dem vierten Jahr gelten soll. Durch gelockerte Bestimmungen könne, so die CDU, Langzeitarbeitslosen und älteren Arbeitnehmern auf diesem Weg wieder ein Einstieg in den Arbeitsmarkt ermöglicht werden. Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) hat eine Änderung des Kündigungsschutzgesetzes dagegen abgelehnt. Der Standard: Deutsche Arbeitszeitdebatte macht Schule Das österreichische Magazin berichtet über die Diskussionen in Belgien, den Niederlanden und Frankreich. General Electric geht nach München Doch es gibt nicht nur negative Beispiele - manche Firmen kommen wegen besonders guter Bedingungen nach Deutschland. General Electric, der weltweit größte Elektrokonzern aus den USA, eröffnete erst im Sommer ein Forschungszentrum bei München. Die Firma geht nach Deutschland, weil sie auf dem hiesigen Markt noch Wachstumschancen sieht. Außerdem ist Deutschland nach Angaben des Konzerns ein idealer Standort vor den Toren des ökonomisch keimenden Osteuropas. Ein wichtiger Grund, das Forschungszentrum gerade in München anzusiedeln, war für General Electric die Vernetzung mit der dortigen Technischen Universität und anderen europäischen Hochschulen. Das Unternehmen lobt die Qualität der deutschen Forschung und die Ausbildung der Facharbeitskräfte. Guter Ruf des Hochschulstandorts Die solide Ausbildung deutscher Ingenieurinnen und Ingenieure kommt also auch bei ausländischen Unternehmen gut an. Überhaupt schätzen viele Firmen Deutschland sehr positiv ein. Eine Umfrage im Frühjahr 2004 ergab, dass unser Land zu den drei attraktivsten Wirtschaftsstandorten in der Welt gehört. Trotz der Pisa-Studie haben unsere Hochschulabsolventen also einen guten Ruf weltweit, und nicht zuletzt ist Deutschland für viele Konzerne als Markt hochinteressant. Mehr qualifizierte, weniger unqualifizierte Arbeitskräfte Dennoch scheint sich eine Tendenz auf dem Arbeitsmarkt zu bestätigen: Die Arbeitsplätze in der Produktion, für die keine höhere Ausbildung nötig ist, verschwinden nach und nach ins Ausland, wo ähnlich qualifizierte Arbeitskräfte für niedrigere Löhne arbeiten. Deutsche Welle: Standort Deutschland im Aufwind "Made in Germany" steht weltweit hoch im Kurs: Im Ranking der attraktivsten Standorte rückt es weiter vor Die ZEIT: I love Germany Amerikanische Unternehmer loben den Standort Deutschland. Reformen der Agenda 2010 gehen weiter Bevor sich auch die Politiker in diesem Sommer auf den Weg in ihren Urlaub machen konnten, war in Berlin ein Abstimmungs-Marathon angesagt: 99 Beschlüsse verhandelte der Bundesrat im Juli, darunter auch die letzte Stufe der so genannten Hartz-Reformen. Der Bundeskanzler und seine Minister hoffen, mit diesen und anderen Maßnahmen den Wirtschaftsstandort Deutschland zu sichern und die Konjunktur endlich anzukurbeln. Lage auf dem Arbeitsmarkt bleibt schlecht Auf dem Arbeitsmarkt ist daher keine Besserung in Sicht. Noch immer haben Arbeitslose kaum Hoffnung, eine passende Stelle zu finden: Die Arbeitslosigkeit bleibt weiter auf einem Rekordhoch von über 10 Prozent. Auch Wirtschaftsforscher schätzen, dass sich die Lage frühestens in einem Jahr leicht bessern könnte, wenn der seit dem Frühjahr spürbare leichte wirtschaftliche Aufschwung anhält. Wirtschaftsforscher haben im Juni festgestellt, dass sich der weltweite Aufschwung langsam auch auf Deutschland überträgt; das Konjunkturbarometer des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung bemängelt allerdings, dass die Binnennachfrage noch nicht stark genug sei - die Deutschen konsumieren nicht genug, um der eigenen Wirtschaft auf die Beine zu helfen. Frankfurter Allgemeine Zeitung: Arbeitsmarktreform ? Was bringt Hartz IV? Die FAZ sammelt in diesem Themen-Dossier Artikel rund um die Reform des Arbeitsmarkts. Yahoo: Nachrichten vom Arbeitsmarkt Kompakte Nachrichtensammlung von (Agentur-) Meldungen rund um das Thema Arbeitsmarkt. Mehr Eigenvorsorge, weniger Sozialleistungen Die Regierung hofft nun, dass durch die Reformen der Agenda 2010 mehr Menschen eine Arbeit finden, beziehungsweise die Wirtschaft mehr Arbeitsplätze schafft. Mit der so genannten Hartz-IV-Reform, die Anfang 2005 in Kraft treten wird, will die rot-grüne Bundesregierung das Sozialsystem umbauen. Die Reform soll besonders Langzeitarbeitslosen und Jugendlichen zu neuen Jobs verhelfen, denn die Arbeitsagenturen sollen diese Gruppen künftig besonders intensiv betreuen. Wer schon längere Zeit arbeitslos ist, muss künftig auch Jobs annehmen, die nicht seiner früheren Arbeit entsprechen. Die Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe zum Arbeitslosengeld II soll die leeren Sozialkassen entlasten, denn bevor der Staat hilft, sollen die Antragsteller künftig erst Teile ihrer Ersparnisse aufbrauchen. Bundesregierung: Agenda 2010 ? Innovation und Wachstum Die Bundesregierung informiert in einer pdf-Broschüre über die Agenda 2010. CDU: Projekt Wachstum ?Wie gelingt es, in Deutschland mehr Wachstum und Arbeitsplätze zu generieren?? Um diese Frage zu beantworten, hat die CDU ?Projekt Wachstum? ins Leben gerufen.

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Unterrichtsprojekt demografischer Wandel: Ideenreporter

Unterrichtseinheit

Wir werden älter, wir werden weniger, wir werden vielfältiger: Im Unterrichtsprojekt "Ideenreporter" zum demografischen Wandel berichten die Schülerinnen und Schüler als Blogger über die Chancen des demografischen Wandels und stellen in ihren Reportagen und Interviews zukunftsweisende Projekte vor.Die Menschen in Deutschland leben länger, während die Geburtenrate seit den 1970er Jahren stark gesunken ist. Selbst eine vermehrte Zuwanderung wird voraussichtlich nicht verhindern können, dass die Gesellschaft in Deutschland älter wird und die Bevölkerungszahl sinkt. Die Schülerinnen und Schüler von heute werden als zukünftige Erwerbstätige von den Folgen des demografischen Wandels direkt betroffen sein. Für sie gilt es, diese Entwicklungen als Potenzial einer sich ändernden Gesellschaft zu entdecken. Welchen Veränderungen muss sich eine älter werdende Gesellschaft stellen? Welche Vorteile bieten altersgemischte Lern-, Wohn- und Arbeitskontexte? In der Unterrichtseinheit "Ideenreporter demografischer Wandel" bloggen die Schülerinnen und Schüler über generationenübergreifende Mentorenprogramme, Wohninitiativen sowie Bildungs- und Forschungsprojekte und berichten über neue Formen des Zusammenlebens über Alters- und Kulturgrenzen hinweg. Chancen Der demografische Wandel bringt zahlreiche Chancen mit sich: zugewanderte Fachkräfte und ältere Menschen können unsere Gesellschaft bereichern, der Wandel der Gesellschaft ist eine Möglichkeit, positive Impulse für das Zusammenleben in der Zukunft zu setzen. Aber wie gestalten wir diese? Wie werden wir zusammen leben, arbeiten, lernen und unsere Freizeit verbringen? Als Ideenreporter dokumentieren die Schülerinnen und Schüler Projekte in altersgemischten oder multikulturellen Kontexten, die einen Lösungsansatz für die aufgeworfenen Fragen bieten. Ablauf Demografischer Wandel: Arbeitsblätter und Ablauf Die Schülerinnen und Schüler erstellen Webblogs, die über zukunftsweisende Projekte zum demografischen Wandel informieren. Fachkompetenz Die Schülerinnen und Schüler können die wichtigsten Folgen des demografischen Wandels darstellen und Daten und Fakten zur Bevölkerungsentwicklung analysieren. Chancen und Herausforderungen des demografischen Wandels benennen sowie Handlungsfelder für Gesellschaft, Wirtschaft und Politik identifizieren. Initiativen und Projekte recherchieren, die generationen- oder kulturübergreifende Lösungsansätze für die Auswirkungen des demografischen Wandels bieten. Fragen für die gewählten Interviewpartner vorbereiten, die Befragung durchführen und die Ergebnisse als Blogbeitrag dokumentieren. Grundlagen journalistischen Arbeitens und Publizierens anwenden, indem sie Reportagen und Interviews verfassen und veröffentlichen. aus Internetquellen für ihr Projekt relevante Informationen entnehmen und weiterverarbeiten. Medienkompetenz Die Schülerinnen und Schüler können einen themenbezogenen Weblog einrichten sowie Inhalte einpflegen und publizieren. Web 2.0-Angebote wie soziale Netzwerke und Diskussionsforen nutzen, um sich mit Betroffenen, Projektteilnehmern oder Experten auszutauschen und Informationen einzuholen. Fotos und Videos auf den Computer übertragen und in einem Bildbearbeitungsprogramm nachbearbeiten, um die Arbeitsergebnisse von Reportagen, Interviews und Recherchen zu dokumentieren. Sozialkompetenz Die Schülerinnen und Schüler können in einem Team ein Konzept für einen kollaborativen Blog entwerfen und umsetzen. mit Menschen aus einer anderen Generation oder Kultur ins Gespräch kommen, um verschiedene Standpunkte, Meinungen, Wünsche und Vorstellungen zu erfragen. Bei Reportagen Projekte vor Ort kennenlernen, Eindrücke sammeln und sich gezielt nach Konzepten, Erfahrungswerten und Zielen erkundigen. Folgen des demografischen Wandels Das Video zu den Folgen des demografischen Wandels sollen die Schülerinnen und Schüler dafür sensibilisieren, unterschiedliche Interpretationen der gesellschaftlichen Zukunft wahrzunehmen. Da in den Medien oft ein negativ besetztes Zukunftsszenario geschildert wird (zum Beispiel "Die Deutschen sterben aus!", "Greisenrepublik") sind die Wortspiele im Video "Die demografische Chance" zum Wissenschaftsjahr 2013 geeignet, auch die positiven Seiten dieser Entwicklung zu sehen. Grundkenntnisse zum Thema Zunächst erarbeiten die Schülerinnen und Schüler mithilfe der Linkliste in Material 2 Grundkenntnisse zum demografischen Wandel, den absehbaren Folgen dieser gesellschaftlichen Entwicklung und den Herausforderungen und Handlungsfeldern, die sich hieraus ergeben. Es sollte für das anschließende Projekt ausreichend sein, die groben Züge der Entwicklung zu kennen und ein Verständnis für die Ursache-Wirkungs-Beziehung zu entwickeln. Ergebnissicherung als MindMap Nach einer eigenständigen Internetrecherche tragen die Lernenden ihr Wissen im Plenum zusammen und strukturieren ihre Stichpunkte in Form einer MindMap. Es bietet sich an, die MindMap so aufzubauen, dass die einzelnen Themenfelder der Projektgruppen gespiegelt werden. Aufgabenstellung Am Ende des Unterrichtsprojekts sollte ein themenbezogener, kollaborativ erstellter Weblog stehen, in dem die Schülerinnen und Schüler unterschiedliche, eigenständig erstellte Beiträge zu Projekten rund um den demografischen Wandel veröffentlicht haben. Dabei liegt der Fokus der Unterrichtseinheit stark im Prozess und im altersgemischten Dialog: Der Blog soll in seiner wörtlichen Funktion als Projekttagebuch dienen, in dem die Schülerinnen und Schüler auch Zwischenschritte ihrer Arbeit dokumentieren. Darüber hinaus erhalten die Lernenden den Auftrag, mit unterschiedlichen Menschen ins Gespräch zu kommen. Themenfelder für Projekte Die Gruppen bearbeiten hierbei vier unterschiedliche Themenfelder für Projekte: Arbeiten im Zeichen des demografischen Wandels Lernen im Zeichen des demografischen Wandels Wohnen im Zeichen des demografischen Wandels Freizeit/Lebensqualität im Zeichen des demografischen Wandels Inhalte und Darstellungsformen Die Blogbeiträge sollten folgende Inhalte und Darstellungsformen abdecken: Interview mit älteren Menschen, Experten, Teilnehmern oder Initiatoren von Leuchtturmprojekten Reportage: Bericht über einen Besuch einer oder mehrerer Initiativen vor Ort Sammlung von Kommentaren zum Thema, die die Wünsche, Ängste und Standpunkte anderer Menschen widerspiegeln: Ergebnisse von Befragungen, Auswertung von Forendiskussionen et cetera Hinweise, Tipps oder Links, die den Schülerinnen und Schülern bei ihrer Recherche begegnen und die für Leserinnen und Leser interessant sein könnten Themenfindung und Konzepterstellung In dieser Phase arbeiten die vier Gruppen noch als Einheit. Die Lernenden recherchieren auf verschiedenen Internetseiten, um Ideen für Themen, Inhalte und Projekte für ihren Blog zu finden. Hierbei strukturieren sie sich selbst, indem sie ein Konzept erstellen und dieses in einem Exposé festhalten. Hilfestellung durch die Lehrkraft In dieser Unterrichtsphase kann die Lehrperson wichtige Unterstützung leisten, indem sie berät, inwiefern die gesetzten Ziele realistisch sind und sich in der gegebenen Zeit umsetzen lassen. Dann bilden die Gruppen Teams, die die Einzelbeiträge für den Blog ausarbeiten. Es bietet sich an, sich über einen gemeinsam Bloganbieter zu verständigen. Dies hat den Vorteil, dass alle Gruppen mit den gleichen technischen Voraussetzungen und der gleichen Handhabung konfrontiert sind und sich gegenseitig helfen können. Die Gruppenmitglieder tauschen sich untereinander über Gestaltung, Inhalte, Überschriften und mögliche Navigationspunkte ihres Blogs aus und setzen ihre Vorstellungen um. In dieser Unterrichtsphase haben sich die Gruppen in Kleinteams aufgeteilt, die eigenständig ihren Artikel für den Blog ausarbeiten. Es gilt, sich über ein ausgewähltes Projekt zu informieren, Kontakte zu knüpfen, vor Ort zu recherchieren sowie Interviews zu führen. Am Ende wird der fertige Beitrag formuliert. Wer Fotos oder Videos vor Ort gemacht hat, kann diese mit einer entsprechenden Software aufbereiten. Sobald die Gruppe wieder zusammenkommt, korrigieren sich die Teams gegenseitig, geben sich Tipps und überarbeiten die Texte, bevor diese online gestellt werden. Die Gruppen stellen ihre Blogs mittels eines Beamers oder am interaktiven Whiteboard vor. Die Blogs können untereinander verlinkt werden und, falls gewünscht, in einem gemeinsamen Blog zusammengeführt werden. Nach Abschluss des Projekts können die Arbeitsergebnisse einem größeren Publikum zugänglich gemacht werden, indem Links an Interviewpartner, Kommunalpolitiker, andere Blogger oder Foren und an die lokale Presse verschickt werden.

  • Politik / WiSo / SoWi
  • Sekundarstufe I

Handwerk liegt in der Natur des Menschen

Fachartikel

Dieser Fachartikel zeigt Möglichkeiten auf, wie der Wirtschaftsbereich Handwerk den allgemeinbildenden Unterricht im Rahmen der Lehrpläne bereichern kann. Darüber hinaus widmet er sich der Ausbildung im Handwerk in Deutschland und beschreibt diesen vielfältigen Berufszweig in seiner Aktualität und seinen Möglichkeiten. Es werden wesentliche Merkmale des Handwerks erläutert und wichtige Informationen auf dem Weg in einen Handwerksberuf gegeben. Handwerk in meinem Unterricht?! Ich bin doch Deutsch-Lehrkraft! Unterricht individuell auszurichten gestaltet sich nicht immer leicht, denn die Zeitfenster in den dichten Fachcurricula zeigen sich gewohnt eng. Aber wie ist es möglich, trotzdem auch zeitaktuelle, außer-curriculare Inhalte weiterhin einzubinden, die für die eigene Klasse, für die Region und gar Bundesländer von tragender Bedeutung sind? Kann man als Lehrkraft aus dem eigenen Unterrichtsgeschehen heraus tatsächlich einen Wandel mitgestalten, eine neue Perspektive eröffnen, an gesellschaftlichen Entwicklungen teilhaben? Lehrkräfte wissen, dass das möglich ist, denn sie greifen Impulse der Zeit auf, nehmen sie in ihren Unterricht und öffnen damit Augen und Ohren der Lernenden zu Belangen unserer Zeit. Und dies kann ganz unterschiedliche Themengebiete betreffen. Blickt man beispielsweise auf das Handwerk, so stellt man seit Jahren einen deutlichen Rückgang an Auszubildenden sowie eine kongruente Zunahme an unbesetzten Ausbildungs- und Lehrstellen fest (ZDH. Online). Überall fehlt es an qualifizierten Fachkräften; Handwerkerinnen und Handwerker sind daher begehrter denn je. In allen Bereichen des alltäglichen Lebens werden sie gebraucht und geschätzt, ihre beruflichen und finanziellen Erfolgsaussichten sind mithin äußerst gut. Erlerntes setzen sie dabei konkret um und sehen das eigens Geschaffene als Resultat ihres Werkens. Kann und sollte man als Lehrkraft dazu beitragen, den Schülerinnen und Schülern allgemeinbildender Schulen Handwerk näher zu bringen und wie kann dies geschehen? Ja, indem für Lernende interessante Themen mit Lebensweltbezug im Unterricht behandelt werden, die indirekt auch eine Schnittstelle zur Welt des Handwerks und zugleich zum Curriculum des jeweiligen Faches bilden. Das können Themen sein wie das Warmwasser , mit dem man sich morgens duscht – der Energiebedarf zur Erwärmung des Wassers lässt sich im Physikunterricht berechnen und seine Nachhaltigkeitspotenziale in gesellschaftswissenschaftlichen Fächern diskutieren. Themen wie der Dreisatz , den jeder und jede in den vielfältigsten Lebenssituationen anwenden kann, daher lehrplanrelevant im Fach Mathematik ist und darüber hinaus auch von Gerüstbauerinnen und Gerüstbauern genutzt wird. Oder einer der wichtigsten Identitätsfaktoren, vor allem im Jugendalter – die Haare – ist biologisch betrachtet eine wahre Wunderwelt, in der sich besonders Friseurinnen und Friseure galant bewegen. Handwerk steckt in mehr Themen als man denkt – und auch in mehr Regionen. Warum also nicht auch im Sinne außerschulischen Lernens den Satz des Pythagoras am frisch errichteten Gerüst um die Ecke visualisieren oder die Warmwasseraufbereitung in der Schule vor Ort erfahren? Sie sehen: Genau hier können Lehrkräfte ansetzen. Was ist Handwerk? Das Handwerk bezeichnet sich selbst als "die Wirtschaftsmacht von nebenan". In Deutschland hat die Branche über fünf Millionen Beschäftigte, eine Million Betriebe und erzielt einen Jahresumsatz von 650 Milliarden Euro (ZDH. Online). Das handwerkliche Gewerbe wird in Deutschland verbindlich durch das Gesetz zur Ordnung des Handwerks (Handwerksordnung) festgelegt und geregelt (HwO. Online). In fast allen Lebensbereichen werden die Fertigkeiten und das Know-how von Handwerkerinnen und Handwerkern gebraucht. "Die handwerkliche Tätigkeit, die von der industriellen Massenproduktion abzugrenzen ist, ist eine selbständige Erwerbstätigkeit auf dem Gebiet der Be- und Verarbeitung von Stoffen sowie im Reparatur- und Dienstleistungsbereich" (Gabler Wirtschaftslexikon. Online). Wolfgang Herzog, selbst erfahrener Handwerker, macht darauf aufmerksam, dass der Begriff "Handwerk" sich aus den beiden Wörtern "Hand" und "Werk" formt und dabei bereits das Wesentliche eines Handwerksberufs zusammenfasst: Nämlich mit den eigenen Händen etwas herzustellen, was einen Nutzen hat (Herzog 2012: 13). Dabei stehen den Händen heute vielfach hochinnovative, häufig digitale Werkzeuge zur Seite. Entscheidend ist und bleibt aber die individuelle Leistung oder Problemlösung des Handwerks im Gegensatz zur Massenproduktion.

  • Politik / SoWi
  • Sekundarstufe I, Sekundarstufe II

Innovationen: der kreative Motor der Wirtschaft

Unterrichtseinheit

Diese Unterrichtseinheit zum Thema "Innovationen" fokussiert Querdenker, Gründer und heimliche Weltmarktführer. Die Schülerinnen und Schüler dokumentieren in einem Blog Beispiele zur Innovationskultur in Deutschland und veröffentlichen Reportagen und Interviews über innovative Konzepte und Unternehmen. Innovation ist eines der einflussreichsten Leitmotive in der gegenwärtigen politischen und ökonomischen Theorie. Die Fähigkeit, Neuerungen einzuführen, gilt als eine der wirkungsvollsten Strategien, sich im globalen Wettbewerb zu behaupten, und somit als wesentlicher Faktor, um Wachstum und Wohlstand zu sichern. Doch was ist unter dem Begriff Innovation zu verstehen? Ist Deutschland ein Innovationsland? Wie müssen Gesellschaft, Wirtschaft und Politik zusammenspielen, um Innovationen hervorzubringen? Welche Chancen bieten Innovationen für die globalen Herausforderungen der Zukunft? Und wie kann man die Innovationsfähigkeit eines Landes im internationalen Vergleich messbar machen? Die Schülerinnen und Schüler recherchieren innovative Konzepte in ihrem Ausbildungsbetrieb und in der Region, führen Interviews und setzen sich mit dem Phänomen von Schumpeter-Unternehmern und Hidden Champions auseinander. Als Bloggerinnen und Blogger dokumentieren und veröffentlichen sie ihre Sammlung aus dem lokalen Umfeld und entwickeln auf diese Weise als "Innovationsreporterinnen" beziehungsweise "Innovationsreporter" ein lokales Netzwerk. Hintergrundinformationen Meist ohne es zu wissen, sind alle Schülerinnen und Schüler bereits in ein Innovationssystem eingebunden: als Teilnehmende am Bildungssystem, als Verbraucherinnen und Verbraucher, als Auszubildende in ihren Betrieben, als zukünftige Erwerbstätige — vielleicht sogar einmal als potenzielle Gründer. Sie nutzen innovative Produkte wie Smartphones in ihrem Alltag, schauen sich Fernsehserien der internationalen Kreativschmieden an und sind als Berufsschülerinnen und -schüler möglicherweise bereits in einen betrieblichen Innovationsprozess integriert. Didaktische Überlegungen Die Unterrichtseinheit "Innovationen: der kreative Motor der Wirtschaft" behandelt das Thema Innovation sowohl praxisbezogen als auch theoretisch. Die Arbeitsblätter vermitteln zunächst Basis-Wissen zu Merkmalen und Wirkungen von Innovationen in Gesellschaft, Wirtschaft und Politik und stellen das gerade in Deutschland häufig vorkommende Phänomen der Hidden Champions vor. Im praxisbezogenen Teil der Unterrichtseinheit sind die Schülerinnen und Schüler aufgefordert, Innovationen und die Innovationskultur in ihrem Ausbildungsbetrieb zu evaluieren und ein Interview hierzu zu führen. Die Unterrichtseinheit enthält mehrere Module, die unabhängig voneinander herangezogen werden können, um den Umfang an die zur Verfügung stehende Stundenzahl anzupassen, eine Binnendifferenzierung vorzunehmen oder das Thema an den Ausbildungsgang anzupassen. Multimediale Ergebnispräsentation im Blog Die Präsentationsform eines Blogs ermöglicht es den Schülerinnen und Schülern, ihre Arbeitsergebnisse multimedial aufzubereiten und zusammenzufassen, um anschließend eine Sammlung von Innovationen der Region zu veröffentlichen, die möglicherweise auch für die untersuchten Betriebe von Interesse sein könnte. Ablaufplanung und Arbeitsmaterialien Verlauf der Unterrichtseinheit "Innovationen" Hier wird der Verlauf der Unterrichtseinheit "Innovationen: Der kreative Motor der Wirtschaft" mit Hinweisen auf die Arbeitsmaterialien Schritt für Schritt erläutert. Fachkompetenz Die Schülerinnen und Schüler können die wichtigsten Merkmale und unterschiedliche Formen von Innovationen beschreiben. arbeiten die Bedeutung von Innovationen für die wirtschaftliche Entwicklung heraus und zeigen Faktoren auf, die die Innovationsfähigkeit in einer Volkswirtschaft fördern. können die Rolle der Sozialen Marktwirtschaft für die Innovationsfähigkeit eines Landes herleiten. arbeiten die Rahmenbedingungen für Innovationen heraus und erläutern beispielhaft die wechselseitigen Bezüge ihrer Akteure. werten Ergebnisse des Innovationsindikators aus und interpretieren die Innovationskultur in einem internationalen Vergleich anhand einzelner gesellschaftspolitischer und wirtschaftlicher Themen. legen die Rolle der Unternehmerpersönlichkeit im Innovationsprozess dar. kennen und benennen wichtige Innovationen und Erfindungen sowie Hidden Champions und Unternehmensgründerinnen beziehungsweise -gründer aus Deutschland. stellen Innovationen in einen sozialen und ökologischen Bezug und erörtern darauf aufbauend, unter welchen Umständen Innovationen Lösungen für gegenwärtige globale Herausforderungen bieten können. Methodenkompetenz Die Schülerinnen und Schüler üben sich im eigenständigen Beschaffen, Strukturieren und Interpretieren von Informationen. können ausgewählte Aspekte von Texten und Grafiken aufbereiten. nutzen verschiedene Medien zur Informationsbeschaffung. wenden Grundlagen journalistischen Arbeitens und Publizierens an, indem sie Reportagen und Interviews verfassen und veröffentlichen. trainieren im Rahmen von Interviews und Präsentationen die eigene Verbalisierungsfähigkeit und Aktives Zuhören. Medienkompetenz Die Schülerinnen und Schüler können einen themenbezogenen Weblog einrichten sowie Inhalte einarbeiten und publizieren. recherchieren im Internet Informationen von Innovationsplattformen oder Wirtschaftsinitiativen, analysieren diese und bereiten sie entsprechend der Arbeitsaufträge auf. Sozialkompetenzen Die Schülerinnen und Schüler entwickeln im Team ein Konzept für einen kollaborativen Blog und setzen diesen um. trainieren im Rahmen von Partner- und Gruppenarbeit ihre Zusammenarbeit mit anderen Personen. lernen, Diskussionen argumentativ und rational zu führen. trainieren im Rahmen von Interviews Empathie und Menschenkenntnis. Ridley, Matt (2011). "Wenn Ideen Sex haben: wie Fortschritt entsteht und Wohlstand vermehrt wird". München: Deutsche-Verlags-Anstalt. Schumpeter, Joseph (2011). "Theorie der wirtschaftlichen Entwicklung". Köln: Bastei-Lübbe. Simon, Herrmann (2012). "Hidden Champions - Aufbruch nach Globalia: die Erfolgsstrategien unbekannter Weltmarktführer". Frankfurt am Main, New York: Campus-Verlag. Brainstorming zum Thema Innovation Mithilfe von Impulsfragen kann die Lehrkraft ein Brainstorming zum Thema Innovation starten. Mögliche Fragen an die Schülerinnen und Schüler sind: "Was ist für Sie innovativ?" "Welche Innovationen kennen Sie?" "Wo ist Ihnen der Begriff Innovation schon einmal begegnet?" Innovationen im sozialen oder ökologischen Kontext Vermutlich werden die Lernenden zunächst einmal an Produkte aus dem Hightech-Bereich denken. Aus Werbespots kennen sie unter Umständen Slogans wie "Innovation in Bewegung" (Mitsubishi) oder "Fortschritt durch Innovation" (Henkel). Hierbei bietet es sich an, die Schülerinnen und Schüler auch auf Innovationen im sozialen oder ökologischen Kontext aufmerksam zu machen, um möglichst viele Aspekte von Innovation abzudecken. Stichpunkte für diesen Bereich wären beispielsweise: Mikrokredite Vereinbarkeit von Familie und Beruf Facebook-Revolution Grundeinkommen car2go Häuser aus PET-Flaschen Urban Gardening Solarmobil Fixierung und Kategorisierung der Ideen Eine schriftliche Fixierung und Kategorisierung der Ideen ist im weiteren Unterrichtsverlauf hilfreich, um theoretische Modelle anhand dieser Beispiele zu konkretisieren. Zunächst erarbeiten die Schülerinnen und Schüler mithilfe des Arbeitsblattes "Innovation und Innovationsklima" grundlegendes Wissen zu Merkmalen, Wirkung, Formen und Messbarkeit von Innovationen. Zitate zum Thema ermöglichen eine kritische Auseinandersetzung mit der Thematik und spiegeln unterschiedliche Aspekte von Innovationen in der öffentlichen Wahrnehmung in Geschichte und Gegenwart wider. Auf Grundlage des Schaubildes "Rahmenbedingungen für Innovationen" ordnen die Schülerinnen und Schülern einzelne Faktoren aus den Bereichen Wirtschaft, Gesellschaft und Politik zu. Hierbei werden sie dahingehend sensibilisiert zu erkennen, welche Grundlagen in diesen Bereichen geschaffen werden müssen, um Neuerungen erfolgreich einzuführen und Innovationen und damit wirtschaftliches Wachstum zu fördern. Dabei kommen sie auch erstmals mit dem Begriff "Innovationsindikator" in Kontakt. Auf der Internetseite des Innovationsindikators der Deutschen Telekom Stiftung und des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) können die Schülerinnen und Schüler das Innovationsklima in Deutschland im internationalen Ranking vergleichen. Interaktive Diagramme ermöglichen es, die Innovationsfähigkeit der Vergleichsnationen thematisch nach den Subindikatoren Wirtschaft, Wissenschaft, Bildung, Staat und Gesellschaft aufzuschlüsseln. Die Schülerinnen und Schüler interpretieren die Ergebnisse des Innovationsindikators, analysieren, in welchen Bereichen Deutschland besonders gut beziehungsweise eher schlechter abschneidet und erörtern Handlungsfelder für die Zukunft. Die Schülerinnen und Schüler erarbeiten mithilfe des Arbeitsblattes "Innovationen aus Deutschland", was einen Schumpeter-Unternehmer beziehungsweise eine Schumpeter-Unternehmerin ausmacht und welche Unternehmerbeispiele sie dafür kennen. Mithilfe einer Recherche-Aufgabe, in der die Lernenden wichtige deutsche Erfindungen sowie Erfinderinnen und Erfinder recherchieren, werden sie dafür sensibilisiert, dass Innovation und Fortschritt kein Phänomen und kein Slogan unserer Zeit sind. Innovation und Fortschritt vor allem Leistungen kleiner und mittelständischer Unternehmen, sogenannter KMUs, sind. Innovation und Fortschritt in Geschichte und Gegenwart auch durch deutsche Erfindungen stattfanden. Darauf aufbauend beschäftigen sich die Schülerinnen und Schüler mit dem Phänomen der Hidden Champions. Sie lernen ausgewählte Hidden Champions kennen, recherchieren im Internet nach Hidden Champions in ihrer Region und stellen ein ausgewähltes Unternehmen vor. Erweiterung: Reportage Diese Recherche kann auch zu einer Reportage ausgeweitet werden, was sich insbesondere dann anbietet, wenn die Schülerinnen und Schülern keine duale Ausbildung absolvieren. Die Reportagen und Interviews mit den Unternehmensvertreterinnen und -vertretern der Hidden Champions bilden in diesem Fall den Kern oder eine Ergänzung der Blogbeiträge. Aufgabenstellung Am Ende der Unterrichtseinheit soll ein themenbezogener, kollaborativ erstellter Weblog stehen, in dem die Schülerinnen und Schüler eigenständig erstellte Beiträge zu ihren Recherchen und Interviews veröffentlichen. Der Blog soll in erster Linie als Sammlung von Innovationsbeispielen aus der Region dienen und kann darüber hinaus auch als Ergebnissicherung der weiteren Arbeitsaufträge verwendet werden. In seiner wörtlichen Funktion als Projekttagebuch können die Lernenden auch Zwischenschritte ihrer Arbeit im Blog dokumentieren. Eine besondere Motivation besteht darin, dass die Schülerinnen und Schüler ihre Unternehmensreportage öffentlich vorstellen können. Um den gemeinsamen Blog zu erstellen bietet es sich an, Gruppen zu bilden, die für einzelne Schritte zuständig sind (zum Beispiel Blog anmelden, Template aussuchen, erste Navigationspunkte festlegen). Wer Fotos oder Videos vor Ort erstellt hat, kann diese mit einer entsprechenden Software für den Blog aufbereiten. Sobald die Reportagen vorliegen, korrigieren sich die Schülerinnen und Schüler gegenseitig ihre Textbeiträge, geben sich Tipps und überarbeiten die Texte, bevor diese online gestellt werden. Als Innovationsreporterinnen und -reporter im Ausbildungsbetrieb Die Schülerinnen und Schüler forschen nach konkreten Innovationen in ihrem Ausbildungsbetrieb. Anhand eines Gesprächsleitfadens, den sie je nach Ausbildungsbetrieb modifizieren können, führen sie vor Ort Interviews durch, dokumentieren das Innovationsklima des Unternehmens und halten fest, welche Bedingungen für Innovationen in dem Betrieb wichtig sind. Da sie aus den Informationen und Materialien anschließend einen Blogbeitrag erstellen, können sie auch multimediale Formate (Fotos vom Betrieb, Podcast et cetera) einbinden. Die Gruppen stellen ihre Blogs mittels eines Beamers vor. Nach Abschluss des Projekts können die Arbeitsergebnisse weitergeführt und / oder einem größeren Publikum zugänglich gemacht werden, indem Links an Interviewpartner, andere Blogger, Foren, die lokale Presse oder Internetauftritte zum Thema Innovation verschickt werden. Ridley, Matt Wenn Ideen Sex haben: wie Fortschritt entsteht und Wohlstand vermehrt wird; Deutsche-Verlags-Anstalt; München 2011. Schumpeter, Joseph Theorie der wirtschaftlichen Entwicklung; Bastei-Lübbe, Köln 2011. Simon, Herrmann Hidden Champions - Aufbruch nach Globalia: die Erfolgsstrategien unbekannter Weltmarktführer; Campus-Verlag; Frankfurt am Main, New York 2012.

  • Wirtschaft
  • Sekundarstufe II, Berufliche Bildung

Unterrichtsmaterial "Armut in Deutschland"

Unterrichtseinheit

Diskussionen über "die neue Unterschicht" und "das abgehängte Prekariat" bestimmen die Debatten zum Thema Armut in Deutschland. Die folgenden Basistexte dienen der Bearbeitung des Themas im Unterricht. Zudem wird in einem beispielhaften Schulprojekt dargestellt, wie das Thema gewinnbringend in den Unterricht integriert werden kann.Auslöser der Debatten war die Studie "Gesellschaft im Reformprozess" der Friedrich-Ebert-Stiftung. Hierfür befragte das Meinungsforschungsinstitut TNS Infratest von Februar bis April 2006 rund 3000 wahlberechtigte Deutsche zu den gesellschaftlichen Reformen. Die vorab veröffentlichten Ergebnisse sorgten für Aufsehen, denn diesen zufolge haben acht Prozent der deutschen Bevölkerung jegliches Streben nach sozialem Aufstieg aufgegeben. Bereits im Vorfeld dieser Veröffentlichung hatte der SPD-Parteivorsitzende Kurt Beck in einem Gespräch mit der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung die Diskussion um die Armut in Deutschland neu angestoßen.Die Schülerinnen und Schüler sollen ihr Verständnis von Armut in unserer Gesellschaft kritisch reflektieren. den Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung bearbeiten und Begrifflichkeiten herausarbeiten und kritisch bewerten. identifizieren, wer als arm gilt und warum. sich mit dem bundesweiten Zahlenmaterial auseinandersetzen und dieses mit der eigenen Region vergleichen. die Gründe für Armut herausarbeiten. über gesellschaftliche Verteilungen von Kapital und gesellschaftliche Gerechtigkeit diskutieren. bezüglich dieses Themas den Kontakt zu Politikern und Verbandsvertretern suchen und Diskussionen einfordern. angegebene Geldgrößen kritisch bewerten und mit dem eigenen Konsumverhalten in Beziehung stellen. das Internet als Informations- und Recherchemedium nutzen. Thema Armut in Deutschland Autor Michael Bornkessel Fach Politik, Sozialwissenschaften Zielgruppe Sek I und II, Klasse 8-12 Zeitaufwand je nach Intensität und Schwerpunktsetzung 4-8 Stunden, Schulprojekt Medien je ein Computer mit Internetzugang für 2 Schülerinnen und Schüler Begrifflichkeiten von Armut Der Begriff Armut lässt sich nicht eindeutig definieren. Er wird beispielsweise als eine Mangelversorgung mit materiellen Gütern und Dienstleistungen bezeichnet. Gründe für Armut Der Hauptgrund für Armut in Deutschland ist Arbeitslosigkeit. Weitere Risikofaktoren sind fehlende Bildungsabschlüsse, geringfügiges Einkommen und Überschuldung. Eine gerechte Gesellschaft? In Deutschland haben Kinder aus Elternhäusern mit niedrigem sozialen Status und Kinder mit Migrationshintergrund deutlich schlechtere Bildungschancen. Die hier dokumentierte Arbeit von Schülerinnen und Schülern von Bremer Schulen führt sehr lebensnah und nachvollziehbar vor Augen, was es heißt, in Armut zu leben. Im Schulprojekt wurden das soziale Miteinander und das politische Engagement der Lernenden gestärkt. Schulprojekt - Kinderarmut in Bremen Das Schulprojekt der Bremer Schulen zeigt auf, wie fächer- und schulübergreifender Unterricht dieses Thema als Projekt auf regionaler Ebene behandelt. Generell unterscheidet man zwischen "absoluter" und "relativer Armut": Absolute Armut bedroht die physische Existenz, also das Leben. Als absolut arm gelten nach Definition der Weltbank Menschen, die pro Tag weniger als einen US-Dollar zur Verfügung haben. In Wohlstandsgesellschaften wie der Bundesrepublik Deutschland ist meist von "relativer Armut" die Rede. Die "relative Armutsgrenze" bezieht sich auf statistische Durchschnittswerte, etwa das durchschnittliche Einkommen eines Landes. Armut und soziale Ausgrenzung Der 2. Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung von 2004/2005 geht davon aus, dass Armut im Sinne von sozialer Ausgrenzung dann vorliegt, "wenn Handlungsspielräume von Personen in gravierender Weise eingeschränkt und gleichberechtigte Teilhabechancen an Aktivitäten und Lebensbedingungen der Gesellschaft ausgeschlossen sind". Eine so genannte "Armutsrisikogrenze" ist seit einiger Zeit EU-weit definiert: Im Jahr 2001 hat die Europäische Union ein Aktionsprogramm "zur Förderung der Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten bei der Bekämpfung der sozialen Ausgrenzung" verabschiedet. Darin war auch die Entwicklung von gemeinsamen Indikatoren zur Erfassung von Armut und Ausgrenzung vorgesehen. Armutsrisikoquote und Armutsrisikogrenze In den europäischen Ländern liegt das durchschnittliche Wohlstandsniveau wesentlich über dem physischen Existenzminimum. Daher hat man Armut "als auf einen mittleren Lebensstandard bezogene Benachteiligung" definiert. Die "Armutsrisikoquote" bezeichnet den Anteil der Personen in Haushalten, deren "bedarfsgewichtetes Nettoäquivalenzeinkommen" weniger als 60 Prozent des Mittelwerts aller Personen beträgt. In Deutschland liegt nach Angaben des 2. Armuts- und Reichtumsberichts der Bundesregierung die so errechnete Armutsrisikogrenze bei 938 Euro. Berechnung des Nettoäquivalenzeinkommens Dieses "Nettoäquivalenzeinkommen" berechnet sich, indem zunächst sämtliche Einkommen (Bruttoeinkommen aus unselbständiger Arbeit oder Tätigkeit, aus Vermögen einschließlich des Mietwerts selbstgenutzten Wohneigentums und laufenden Sozialtransfers) zusammengerechnet werden. Dann werden die Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung sowie Steuern abgezogen und die verbleibende Summe durch die Anzahl der "bedarfsgewichteten" Haushaltsmitglieder geteilt. OECD-Skala Um die Einkommen international vergleichen zu können, wird auf europäischer Ebene wie auch im deutschen Armuts- und Reichtumsbericht das "Nettoäquivalenzeinkommen" nach einer Skala der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) ermittelt. Demnach ist der Gewichtungsfaktor für den Haupteinkommensbezieher 1,0. Alle übrigen Haushaltsmitglieder von 14 Jahren und älter erhalten den Gewichtungsfaktor 0,5 und Personen unter 14 Jahren den Gewichtungsfaktor 0,3. Bei einer Familie mit zwei Kindern unter 14 Jahren wird das Haushaltseinkommen also nicht durch vier, sondern durch 2,1 geteilt. Steigendes Armutsrisiko Bereits der 2002 veröffentlichte 1. Armuts- und Reichtumsbericht hat festgestellt, dass die Armutsrisikoquote von 1983 bis 1998 kontinuierlich angestiegen ist. Dieser Trend hat sich weiter fortgesetzt: Die Armutsrisikoquote ist von 12,1 Prozent im Jahr 1998 auf 13,5 Prozent in 2003 gewachsen. Das heißt, dass 13,5 Prozent aller Deutschen in Haushalten leben, in denen das bedarfsgewichtete Haushaltseinkommen bei weniger als 938 Euro im Monat liegt. Gleichwohl gehört Deutschland im europäischen Vergleich nach Dänemark und Schweden zu den Ländern mit der niedrigsten Armutsrisikoquote. Größtes Armutsrisiko Nach dem 2. Armuts- und Reichtumsbericht ist Arbeitslosigkeit der Hauptgrund für Armut: "Für die Betroffenen bedeutet Arbeitslosigkeit akute Gefahr von Armut und sozialer Ausgrenzung", heißt es im Bericht der Bundesregierung. Das Armutsrisiko von Arbeitslosen lag 2003 bei über 40 Prozent. Bei Haushalten, in denen wenigstens ein Mitglied vollerwerbstätig oder mindestens zwei Mitglieder teilerwerbstätig sind ("Vollerwerbshaushalte"), betrug es lediglich vier Prozent. Armut trotz Arbeit Dabei hängt das Risiko für Einkommensarmut trotz Arbeit im Wesentlichen von zwei Faktoren ab: Vom Umfang der Erwerbstätigkeit und vom Vorhandensein von Kindern. Teilzeithaushalte sind armutsgefährdet, während bei Vollzeithaushalten das Armutsrisiko relativ gering ist. Unter Haushalten mit Kindern sind vor allem kinderreiche Migrantenfamilien und allein Erziehende betroffen, so der 2. Armuts- und Reichtumsbericht. Ursachen und Ausmaß Eine weitere wichtige Ursache für Armut und ein erhöhtes Armutsrisiko ist die Überschuldung von Haushalten, meist ausgelöst durch Arbeitslosigkeit, ein zu niedriges Einkommen oder als Folge von Trennung und Scheidung. Ein Privathaushalt gilt dann als überschuldet, wenn das Einkommen und das Vermögen über einen längeren Zeitraum nicht ausreichen, um die fälligen Außenstände zu bezahlen. 2002 waren nach Angaben des 2. Armuts- und Reichtumsberichts rund 3,13 Millionen private Haushalte in Deutschland überschuldet, das sind rund acht Prozent aller Haushalte. Teufelskreis der Armut Überschuldete Personen und ihre Familien können nur sehr begrenzt am normalen wirtschaftlichen und sozialen Leben teilnehmen. Meist geraten sie ohne professionelle Hilfe einer Schuldnerberatung in eine "Überschuldungsspirale", das heißt der Schuldenberg wird immer größer. Sobald das Girokonto gesperrt wird, sind sie vom bargeldlosen Zahlungsverkehr ausgeschlossen. Als Folge ist der Arbeitsplatz gefährdet beziehungsweise die Suche nach einem neuen Arbeitsplatz wird erschwert. Dadurch wird auch die Gefahr, die Wohnung zu verlieren, immer größer. In der Schuldenfalle Auch Jugendliche können leicht in die Schuldenfalle geraten: Zwar dürfen Minderjährige ohne Einwilligung der Eltern keine Geschäfte tätigen, die zu Schulden führen könnten. Allerdings bergen so genannte Dauerschuldverhältnisse, die man etwa beim Abschluss eines Handy-Vertrages mit fester Laufzeit eingeht, bei denen die Höhe der monatlich zu zahlenden Beträge aber nicht fest steht oder nicht begrenzt ist, eine nicht zu unterschätzende Verschuldungsgefahr. Niedrige oder gar keine Schulabschlüsse Ein Schulabschluss ist eine wichtige Voraussetzung, um am Arbeitsmarkt überhaupt eine Chance zu haben: Je höher der Abschluss, desto mehr Möglichkeiten stehen den jungen Menschen offen. Schülerinnen und Schüler mit nicht-deutscher Staatsangehörigkeit haben, so der 2. Armuts- und Reichtumsbericht, besondere Probleme: Sie erreichen im Schnitt nur niedrigere Abschlüsse, überproportional viele verlassen die Schule sogar ohne einen Abschluss. Daraus resultiert, dass die Startchancen beim Übergang in die Berufsausbildung 2001 für nicht-deutsche Schülerinnen und Schüler deutlich schlechter waren als die der deutschen. Zunehmend betroffen: Männer, Migranten, Lernbeeinträchtigte Damit einhergehend hat sich die Zusammensetzung der Gruppe der bis 25-Jährigen ohne Berufsausbildung in den letzten Jahrzehnten grundlegend verändert: Im Vergleich zu den 1960er und 1970er Jahren ist es eine zunehmend sozial homogenere, stärker männlich besetzte und ethnisierte Gruppe: Überproportional und mit steigender Tendenz (circa 36 Prozent) sind hier Jugendliche und junge Erwachsene ausländischer Herkunft vertreten, so der 2. Armuts- und Reichtumsbericht. Auch viele Jugendliche mit Lernbeeinträchtigungen und sozialen Benachteiligungen finden keine Lehrstelle oder können eine Berufsausbildung nicht erfolgreich abschließen. So blieben 2003 in der Altersgruppe der 20- bis 29-Jährigen 1,36 Millionen (14,9 Prozent) ohne beruflichen Bildungsabschluss. Privatbesitz steigt an Deutschland ist ein reiches Land. Dies zeigt sich beispielsweise an dem Vermögen, das sich in privater Hand befindet. Damit bezeichnet man im engeren Sinne das verzinslichte Geldvermögen (Spar- und Bausparguthaben, Wertpapiere, Termingeld und angesammeltes Kapital bei Lebensversicherungen) und die Verkehrswerte von Immobilien abzüglich Bau- und Konsumschulden. Die Vermögen sind nach Angaben des 2. Armuts- und Reichtumsberichts in den vergangenen Jahrzehnten stetig gestiegen und haben im Jahr 2003 eine Summe von rund fünf Billionen Euro erreicht. Ungleiche Verteilung Das Privatvermögen in Deutschland ist aber sehr ungleichmäßig verteilt. Die unteren 50 Prozent der Haushalte verfügen nur über etwas weniger als vier Prozent des gesamten Nettovermögens. Die vermögensstärksten 20 Prozent besitzen dagegen rund zwei Drittel, alleine auf das oberste Zehntel entfallen knapp 47 Prozent. Dabei ist der Anteil des obersten Zehntels gegenüber 1998 um gut zwei Prozentpunkte gewachsen. West- und Ostdeutschland Insgesamt stieg das Nettovermögen im Zeitraum von 1993 bis 2003 im Durchschnitt um rund 26 Prozent. Dabei bestehen aber gravierende Unterschiede zwischen West- und Ostdeutschland: Während die westdeutschen Haushalte im Jahr 2003 durchschnittlich ein Immobilien- und Geldvermögen im Wert von rund 149.000 Euro besaßen, lag das durchschnittliche Vermögen der ostdeutschen Haushalte mit knapp 60.000 Euro nur bei 40 Prozent des West-Betrages. Jedoch hat sich der Abstand zwischen Ost- und Westdeutschland nach Angaben des 2. Armuts- und Reichtumsberichts von 1993 bis 2003 erheblich verringert. Keine Chancengleichheit Eine qualifizierte Ausbildung für junge Menschen sicherzustellen ist eine der wichtigsten gesellschafts- und wirtschaftspolitischen Aufgaben. Sie erhöht die Chancen, einen erfolgreichen Einstieg in das Berufsleben zu finden und kann den Weg zu einer selbstständigen Lebensführung öffnen. Doch nicht alle jungen Menschen haben die gleichen Chancen: Der 2. Armuts- und Reichtumsberichts kommt zu dem Schluss, dass der Zugang zu höherwertigen Schul-, Ausbildungs- und Berufsabschlüssen wie auch der Zugang zum Studium nach wie vor durch die Herkunft, den Bildungsstand und die berufliche Stellung der Eltern bestimmt wird. Leistungsrückstand bei Migrantenkinder Auch Kinder mit Migrationshintergrund haben es schwerer. Eine im Mai 2006 vorgelegte Sonderauswertung der internationalen PISA-Studie hat gezeigt, dass Kinder mit Migrationshintergrund in Deutschland so schlechte Chancen wie in kaum einem anderen Industriestaat haben: Das deutsche Bildungssystem sei nahezu unfähig, Migrantenkinder zu integrieren. Im Durchschnitt aller 17 OECD-Staaten liegen die Leistungen der 15-jährigen Migrantenkinder um 48 Punkte unter denen ihrer einheimischen Mitschüler - ein Bildungsrückstand von etwa einem Schuljahr. In Deutschland beträgt dieser Unterschied bei Migrantenkindern der zweiten Generation fast das Doppelte: 90 Punkte. Unfähiges Bildungssystem? Dass es in Deutschland besonders viele Einwanderer gibt ist laut der Studie kein unmittelbarer Grund für die deutlichen Leistungsunterschiede. So verzeichnen etwa klassische Zuwanderungsländer wie Kanada, Australien oder Neuseeland wesentlich bessere Bildungserfolge bei Migrantenkindern. Vielmehr könne vor allem eine gezielte Sprachförderung helfen. In Ländern mit klar strukturierten Förderungsprogrammen hätten Migrantenkinder einen geringeren Leistungsrückstand. Denn der Leistungsabstand zwischen Migrantenkindern und gleichaltrigen Einheimischen ist laut der Studie besonders extrem, wenn in der Ausländerfamilie nicht Deutsch gesprochen wird. Im Schuljahr 2005/2006 haben sich Klassen und Kurse von sieben Bremer Schulen zusammengeschlossen, um durch forschendes Lernen die verschiedenen Aspekte der Armut zu untersuchen. Knapp 200 Schülerinnen und Schüler sowie acht Lehrkräfte haben sich mit dem 2. Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung auseinandergesetzt, die Sozialhilfestatistik in Bremen bearbeitet und die Regelsätze des Arbeitslosengeldes II untersucht. Sie haben in einem Bremer Schulforum zur Kinderarmut mit Expertinnen und Experten vom Kinderschutzbund und dem Paritätischen Wohlfahrtsverband, von Arbeitnehmerkammer und DGB, vom Bildungssenator und der Universität Bremen diskutiert. Die Lernenden des SZ Rübenkamp konzentrierten sich auf das Thema Bildung und Armut und haben sowohl einen PISA-Experten des Bildungssenators, als auch Besucher der "Bremer Tafel" befragt. Die Schülerinnen und Schüler des SZ Walle haben sich mit verschiedenen Armutsbegriffen beschäftigt und das "Lohnabstandsgebot" untersucht. Die Lernenden der Oberstufe der Gesamtschulen haben die Bürgerschaftsdebatten zum Thema nachgelesen und sich mit folgender Frage beschäftigt: "Arbeiten und trotzdem arm?" Die Schülerinnen und Schüler der Gesamtschule West haben untersucht, was ihre Mitschüler unter Armut verstehen und entsprechende Fragebögen entwickelt und ausgewertet. Die Hauswirtschaftsklassen des SZ Neustadt haben versucht, eine gesunde Ernährung mit geringsten Mitteln zu sichern und entsprechende Menüpläne entwickelt. Die Schülerinnen und Schüler des SZ Alwin-Lonke-Straße haben sich mit den Regelsätzen für Kleidung bei ALG II beschäftigt und ihre Erfahrungen in einer Ausstellung umgesetzt. Die Lernenden des SZ Walliser Straße haben verschiedene Gütergruppen aus den Regelsätzen des ALG II durch Preiserhebungen daraufhin überprüft, inwieweit die Geldmittel für einen 13-Jährigen ausreichend sind, um keine Ausgrenzung zu erfahren. Diese Ergebnisse sind in der folgenden PDF-Datei dokumentiert. Die Schülerinnen und Schüler haben in zwei Diskussionsrunden öffentlich mit Bremer Politikerinnen und Politikern diskutiert. Die Nacht der Jugend war ein Anlass, auf den die beteiligten Schulen ganzjährig mit Projekten hingearbeitet haben. Sie kooperierten im Rahmen des Modellversuchs "Demokratie lernen und leben", der von der Bund-Länder-Kommission aufgelegt worden ist. Dieser soll dazu beitragen, Demokratie und Politik für Lernende besser erfahrbar werden zu lassen und mit ihrem Leben und ihren Interessen zu verknüpfen. blk-demokratie.de Auf der Seite des BLK-Programms "Demokratie lernen und leben" finden Sie eine Dokumentation des Schulprojektes aus Bremen. Recherchieren Die Schülerinnen und Schüler des Projekts haben sich zunächst ihr Vorverständnis von Armut in unserer Gesellschaft bewusst gemacht. Sie haben sich mit den gesellschaftlich herrschenden Armutsbegriffen und mit deren Operationalisierung im 2. Armutsbericht der Bundesregierung vertraut gemacht. Die Lernenden haben anhand der vorliegenden Zahlen untersucht, ob es gestattet ist, Empfängerinnen und Empfänger von Sozialhilfe und ALG II als arm zu bezeichnen. Anschließend haben sie Einschätzungen abgegeben und sich mit den Vorderungen der Verbandsvertreter auseinandergesetzt. Diskutieren Die Lernenden haben wiederholt ihre Arbeitsergebnisse mit den wichtigsten Politikerinnen und Politikern in Bremen diskutiert. Dabei haben sie politisch geschickt mit Bildern gearbeitet. In vielen der diskutierten Fragen waren sie dabei absolut auf Augenhöhe mit den Politikern, in vielen Fragen sogar deutlich besser informiert. Sie wurden dabei von verschiedenen Seiten teils heftig attackiert, haben aber Angriffe in den meisten Fällen souverän zurückgewiesen. Im Umgang mit den Medien lernten die Schülerinnen und Schüler einerseits selbst mit starken, bildhaften Argumenten zu operieren, andererseits das Interesse mancher Medien abzublocken, die in ihre Privatsphäre eindringen wollten. Einmischen Mit einem Brief an alle Bremer Lehrkräfte haben sie selbst die Initiative ergriffen, um für die betroffenen Kinder etwas positiv zu verändern. Sie wollten diese Diskussion nicht nur in die Kollegien der Schulen tragen, sie haben mit dem Appell vor allem versucht, über mehr Klassenfahrten ein zusätzliches Bildungsangebot für arme Kinder anzuregen. Die Schülerinnen und Schüler konnten erfahren, dass sie auch in politischen Fragen "richtig etwas bewegen können". Die am Projket beteiligten Schülerinnen und Schüler haben in den Diskussionen vor allem zwei politische Forderungen erhoben: Eine Anhebung der Hartz IV- Regelsätze für Kinder und die Erstellung eines Bremer Armuts- und Reichtumsberichtes. Sie haben dabei folgende Erfolge erzielt: Die Bürgerschaftsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen hat die Ausstellung der Schülerinnen und Schüler unverändert als Broschüre gedruckt und veröffentlicht. Bei der Vorstellung dieser Broschüre wurde von der Fraktionssprecherin erstmalig die Anhebung des Regelsatzes für Kinder gefordert. Die CDU- Bürgerschaftsfraktion hat in einer großen Anfrage an den Senat Fragen aufgeworfen, an denen das Schulprojekt gearbeitet hat. In der anschließenden Debatte im Landtag wurde auf die Ergebnisse des Projekts direkt Bezug genommen. Der SPD-Ortsverein im Bereich des SZ Walliser Straße hat die Schülerinnen und Schüler zu einem Vortrag ihrer Ergebnisse eingeladen und unmittelbar im Anschluss daran die Forderung nach einem Bremer Armuts- und Reichtumsbericht gestellt. Diese Forderung wurde auf dem Landesparteitag der SPD von diesem Ortsverein eingebracht und einstimmig beschlossen.

  • Politik / WiSo / SoWi / Wirtschaft
  • Sekundarstufe I, Sekundarstufe II

Demografischer Wandel und das SHK-Handwerk

Fachartikel

Der demografische Wandel ist ein bedeutsames Lehrplanthema vieler Fächer und bietet Lebensweltbezug, denn er lässt sich gesamtgesellschaftlich beobachten und belegen. Dieser Fachartikel zeigt dies am Beispiel des Sanitär-, Heizungs- und Klima-Handwerks (SHK): Die Bevölkerung wird älter und der Bedarf an modernen generationengerechten Badezimmern wächst. Zugleich werden die SHK-Handwerkerinnen und -Handwerker der sogenannten Babyboomer-Generation in den nächsten Jahren in den Ruhestand gehen; für Nachwuchs muss entsprechend gesorgt werden. Entscheidend dabei ist auch, Frauen verstärkt in die Branche zu integrieren. In diesem Fachartikel wird konkret Einblick in demografisch bedingte Neuerungen, Veränderungen und Möglichkeiten gewährt, die auch neue Perspektiven für Schülerinnen und Schüler in Berufsorientierungsphasen eröffnen können. Demografischer Wandel im Unterricht Die Überalterung der Gesellschaft und die damit zusammenhängenden Wandlungsprozesse in Gesellschaft, Wirtschaft und Politik sowie auf dem Arbeitsmarkt sind fest lehrplanverankert im Sozialkunde- und Politik-, Geografie-, Wirtschafts-, Geschichts- und Religions-/Ethik-Unterricht. Seit vielen Jahren lässt sich der demografische Wandel in der Realität beobachten, doch gerade heutzutage manifestiert er sich konkret in den unterschiedlichsten Teilbereichen. Wie er ganze Berufsbilder beeinflussen, tradierte Rollenbilder aufbrechen, Impulse zu nachhaltiger, generationengerechter Baukultur liefern und auch neue berufliche Perspektiven eröffnen kann, thematisiert dieser Fachartikel am Beispiel des Handwerks Sanitär Heizung Klima. Demografischer Wandel verändert SHK-Berufsbild Eine alternde Bevölkerungsstruktur, der demografische Wandel, macht sich in vielen Branchen und in den Anforderungen an sie immer deutlicher bemerkbar. Das trifft auch auf das Berufsbild Sanitär Heizung und Klima (SHK) zu. Laut Statistischem Bundesamt steigt die Zahl der Pflegebedürftigen von Jahr zu Jahr. Waren es 1999 noch knapp 2 Millionen Menschen, waren es im Dezember 2021 fast 5 Millionen. Gleichzeitig steigt auch der Anteil derer, die zu Hause gepflegt werden. Im Jahr 2021 wurden 84 Prozent der Pflegebedürftigen zu Hause versorgt. Das ist ein Anstieg von fast 10 Prozent gegenüber 2017 (Mehr Pflegebedürftige, 2023). Immer mehr Menschen möchten so lange wie möglich in den eigenen vier Wänden bleiben. Um diesen Wunsch zu erfüllen, muss die Wohnung altersgerecht sein. Bei der Schaffung von altersgerechtem Wohnraum kommt dem SHK-Handwerk eine Schlüsselrolle zu. Kernkompetenz Badsanierung – zukunftssichere Branche Denn die Badsanierung gehört zu den Kernkompetenzen des SHK-Handwerks. Allein im Jahr 2018 haben die SHK-Innungsbetriebe eine halbe Million Bäder saniert – rund 40 Prozent davon wurden mit dem Pflegewohngeld gefördert. Das heißt, es wurde Wohnraum altersgerecht umgebaut (Zentralverband Sanitär, Heizung, Klima, 2020 Pflegebad, S. 5). SHK-Handwerkerinnen und -Handwerker beraten dabei private Eigenheimbesitzerinnen und -besitzer beim altersgerechten Umbau und dessen Planung. In den letzten Jahren lag der Forschungsschwerpunkt im SHK-Handwerk – neben digitalen Assistenzsystemen – daher auch auf pflegegerechtem Wohnen (ZVSHK, Studie zum Bedarf fürs Pflegebad). Gesundheitspolitischer Grundsatz "ambulant vor stationär" – Handlungsbedarf In der deutschen Gesundheitspolitik gilt der Grundsatz "ambulant vor stationär". Das bedeutet, dass medizinische Leistungen und Behandlungen in der Regel zuerst in ambulanten Einrichtungen erbracht werden, bevor eine stationäre Versorgung in einem Krankenhaus in Betracht gezogen wird. Mit der alters- und pflegerechten Badezimmergestaltung trägt das SHK-Handwerk zur Umsetzung dieses Leitsatzes bei. Es hat das Fachwissen und die Beratungskompetenz, um Badezimmer alters- und pflegegerecht zu konzipieren und umzusetzen. Der Verband arbeitet konstruktiv mit Pflege- und Wohnberaterinnen/-beratern, Nutzerinnen und Nutzern sowie Pflegekassen zusammen, um sicherzustellen, dass bauliche Lösungen für die Pflege zu Hause verbessert werden (statement, 2019, S. 8f.). Demografischer Wandel im Handwerk Der Wandel betrifft aber auch die Alters- und Geschlechterstruktur des SHK-Handwerks selbst. Ende 2022 veröffentlichte das Statistische Bundesamt eine Studie, aus der hervorging, dass in den folgenden zehn Jahren die sogenannten Babyboomer, also die Geburtsjahrgänge 1955 bis etwa 1969, in Rente gehen. Diese besonders geburtenstarken Jahrgänge machen derzeit im Bundesdurchschnitt 22 Prozent der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten aus (Statistisches Bundesamt, Sanitär- und Heizungsbau, 2022). In einigen Branchen und Bundesländern ist der Anteil noch deutlich höher. So sind in Berlin in der Gebäudetechnik, zu der auch die Berufe des Sanitär-, Heizungs- und Klimahandwerks gehören, 43,5 Prozent der Beschäftigten älter als 55 Jahre (Daehler und Schneider 2022). Herausforderungen: Tradierte Strukturen aufbrechen, Frauen einbinden Das SHK-Handwerk braucht also Nachwuchs und eines ist sicher: Der demografische Wandel und der Fachkräftemangel im Handwerk sind ohne Frauen nicht zu bewältigen. Der Frauenanteil im SHK-Handwerk wächst stetig, dennoch ist es noch eine Männerdomäne. Mit 1,5 Prozent liegt der Frauenanteil der Auszubildenden im SHK-Handwerk unter dem Durchschnitt aller Ausbildungsgruppen/-zweige (34,5 Prozent) (Statistisches Bundesamt, Sanitär- und Heizungsbau, 2022). Vor diesem Hintergrund sprechen sich immer mehr Fachleute der Branche für eine stärkere Beteiligung von Frauen aus. Gleichzeitig müssen aber hier auch veraltete Geschlechtervorstellungen thematisiert und überwunden werden (Jahn, Frauen im Blaumann). Konkrete Maßnahmen, um mehr Frauen für die Branche zu gewinnen, sind daher vor allem politische, aber auch betriebliche Aufklärungsarbeit (Linda, Handwerk, 2020). Ebenso fördern Angebote wie der jährlich stattfindende Girls‘ Day die Sichtbarkeit von Frauen in der Branche. Besonders die inhaltlichen Veränderungen im SHK-Handwerk, weg von körperlich schwerer Arbeit hin zu mehr Kopf- und Planungsarbeit, könnten mehr Frauen in den Beruf bringen (ZVSHK, Girls‘ Day). Vor allem aber braucht es weibliche Vorbilder in der Branche selbst (Peters, Aufzeigen von Lösungsmöglichkeiten, S. 3f.). Ausbildung im SHK-Handwerk im Trend Dabei ist die Branche so beliebt wie kaum eine andere und befindet sich, was die Berufsinhalte betrifft, besonders im Wandel. Die Digitalisierung bringt frischen Wind in den Berufsalltag und verändert damit auch das Berufsbild an sich. Digitale Assistenzsysteme unterstützen die Fachkräfte bei ihrer Arbeit. Aber auch neue Themen und Einsatzgebiete rücken den Klimawandel und die älter werdende Bevölkerung verstärkt in den Fokus der Branche. In schulischen Berufsorientierungsphasen, an Girls‘ and Boys‘ Days oder durch Praktika in SHK-Betrieben können Schülerinnen und Schüler ein Verständnis für die Bedeutung und Vielfalt dieses Handwerks entwickeln. Die Beliebtheit der Branche spiegelt sich auch in den Ausbildungszahlen wider, die kontinuierlich steigen (Statistisches Bundesamt, Sanitär- und Heizungsbau, 2022). Die SHK-Branche ist eine der wenigen, die die Trendwende geschafft hat. Sie gehört zu den Top 3 der Ausbildungsberufe bei Jungen im Jahr 2022 (Boys' Day, Top 10). Neue Herausforderungen auch für die Ausbildung Die neuen Herausforderungen, die sich aus den veränderten Berufsinhalten ergeben, werden das Berufsbild auch in Zukunft weiter verändern. Vor diesem Hintergrund müssen auch die Ausbildungsinhalte durch den Verband laufend angepasst werden, damit sowohl der Nachwuchs als auch die erfahrenen Fachkräfte den Anforderungen des Berufes gewachsen sind. Zukunftsbranche mit vielen Facetten Der demografische Wandel, die Digitalisierung und der Klimawandel stellen das SHK-Handwerk vor Herausforderungen und neue Möglichkeiten. Die Branche entwickelt sich dadurch zu einem vielseitigen Berufsbild, das die Nutzung moderner Technologien sowie gesellschaftlich relevante Tätigkeiten wie das altersgerechte, digitale und klimaneutrale (Um-)Bauen von Wohnraum umfasst. Diese Vielfalt macht die SHK-Branche zu einer zukunftssicheren, die gebraucht wird. Eine Schlüsselrolle bei der Bewältigung des Branchen internen demografischen Wandels kommt vor allem den Frauen und ihrer verstärkten Integration in dieses Handwerk zu. Im Hinblick auf die Berufsorientierung können Schulen eine entscheidende Rolle spielen. Durch eine intensivere Auseinandersetzung mit dem SHK-Handwerk in Form von Praktika und Betriebsbesichtigungen, aber insbesondere auch im lebensweltnahen Unterricht können Schülerinnen und Schüler die Vielseitigkeit und Relevanz dieses Handwerksfeldes erleben. Verwendete Internetadressen Boys' Day: Top 10 der beliebtesten Ausbildungsberufe bei jungen Männern, 2023. Online: https://www.boys-day.de/ueber-den-boys-day/statistiken-und-evaluation/statistiken-zur-studien-und-berufswahl/top-10-der-ausbildungsberufe . Jahn, Martina: Frauen im Blaumann – nicht immer akzeptiert, handwerk.com, 2018. Online: https://www.handwerk.com/frauen-im-blaumann-nicht-immer-akzeptiert . Linda: Handwerk: Immer mehr Frauen setzen auf handwerkliche Berufe, Frauenpanorama, 2020. Online: https://frauenpanorama.de/handwerk-immer-mehr-frauen-setzen-auf-handwerkliche-berufe/ . Peters, Horst (Hrsg.): Aufzeigen von Lösungsmöglichkeiten für einen erhöhten Frauenanteil im Handwerk, Hochschule Düsseldorf (HSD), 2016. Online: https://weiterbildung.hs-duesseldorf.de/heat/Documents/Erh%C3%B6hter_Frauenanteil_im_Handwerk_HEAT.pdf . Statistisches Bundesamt (Destatis): Mehr Pflegebedürftige. Online: https://www.destatis.de/DE/Themen/Querschnitt/Demografischer-Wandel/Hintergruende-Auswirkungen/demografie-pflege.html#:~:text=Pflegebed%C3%BCrftige%20nach%20Versorgungsart%202021&text=vollstation%C3%A4r%20in%20Heimen-,End%20of%20interactive%20chart.,Pflegebed%C3%BCrftige%20%C3%BCberwiegend%20durch%20Angeh%C3%B6rige%20gepflegt . Statistisches Bundesamt (Destatis): Sanitär- und Heizungsbau. Zahl der Erwerbstätigen binnen 10 Jahren um 9 % zurückgegangen. Online: https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2022/07/PD22_N047_13_61.html . Zentralverband Sanitär, Heizung, Klima: 2030 Pflegebad. Online: https://www.zvshk.de/zvshk/shk-gewerke/installateur-und-heizungsbauer/betriebswirtschaft/details/artikel/7166-pflegebad-2030/ . Zentralverband Sanitär, Heizung, Klima (Hrsg.): statement. Das Meinungsmedium des ZVSHK, 2019. Online: https://www.zvshk.de/fileadmin/zvshk.de/user_upload/Redaktion/PDF_Dokumente/Statement_Ausgabe-19_web.pdf . Zentralverband Sanitär, Heizung, Klima: Wissenswertes rund ums SHK-Handwerk: was ist der Girls‘ Day?, Zeit zu starten. Online: https://www.zeitzustarten.de/blog/details/girlsday2023 .

  • Politik / SoWi
  • Sekundarstufe I, Sekundarstufe II, Fort- und Weiterbildung

Ergonomie am Arbeitsplatz – Luxus oder Notwendigkeit?

Unterrichtseinheit

Schülerinnen und Schüler sollten sich rechtzeitig mit dem Thema Ergonomie bewusst auseinandersetzen. Diese Unterrichtseinheit sensibilisiert Jugendliche dafür, auf gesundheitserhaltende Bedingungen am Lern- und Arbeitsort zu achten. Die Motivation, sich mit der Verbesserung der Arbeitsbedingungen zu befassen, ist aus der Sicht von Arbeitgeber und Arbeitnehmer sicherlich sehr unterschiedlich. Fakt ist, dass der Erhalt der Arbeits- und Leistungsfähigkeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beiden Seiten nützt. Das berufliche Umfeld ist sehr vielgestaltig, entsprechend breit gefächert sind die Aspekte, die aus ergonomischer Sicht berücksichtigt werden müssen. Diese betreffen nicht nur die Situation am unmittelbaren Arbeitsplatz, sondern auch organisatorische, kommunikatorische und infrastrukturelle Faktoren. Mithilfe dieser Unterrichtseinheit werden die Schülerinnen und Schüler zunächst an das etwas abstrakte, weil sehr vielschichtige, Thema herangeführt. Anschließend versuchen sie, das berufliche Umfeld in Teilbereiche zu gliedern und jeweils Gestaltungsansätze zu formulieren. Im Fokus stehen hierbei allgemein Büro- und handwerkliche Tätigkeiten. Die Schülerinnen und Schüler recherchieren zu möglichen physischen Folgen einer unzulänglichen Arbeitsplatzgestaltung. Ein abschließender Selbsttest mit Blick auf den Zeitraum, den sie bereits jetzt im Sitzen verbringen, soll dafür sensibilisieren, dass es durchaus Sinn macht, sich mit dem Thema Ergonomie auch außerhalb des beruflichen Umfeldes zu befassen. Die einzelnen Schritte der Unterrichtseinheit sind in ihrem Umfang flexibel gestaltbar, die Arbeit in kleinen Gruppen wird empfohlen. Fachkompetenz Die Schülerinnen und Schüler sollen erarbeiten, was Ergonomie ist und welche Ziele eine ergonomische Arbeitsgestaltung verfolgt. das Arbeitssystem in Teilbereiche untergliedern und für diese ergonomische Gestaltungsansätze ermitteln. mögliche physische Folgen einer unzulänglichen Arbeitsplatzgestaltung recherchieren. Medienkompetenz Die Schülerinnen und Schüler sollen eigenständig nach relevanten Informationen recherchieren und diese auswerten. Sozialkompetenz Die Schülerinnen und Schüler sollen erfahren, dass eine selbstkritische Betrachtung ein erster Schritt für eine möglicherweise erforderliche Änderung des eigenen Ergonomie-Verhaltens darstellen kann.

  • Arbeitsschutz / Arbeitssicherheit
  • Berufliche Bildung
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