Was erzählen die Bilder?

Möglichkeiten zur Darstellung der scheinbaren Drehung um den Himmelspol und hellerer Großstrukturen der Milchstraße sowie ein Himmelsäquator-Effekt werden vorgestellt.

Die scheinbare Drehung um den Himmelspol

Animation

Auf den ersten Blick sind im fertig bearbeiteten Bild der Milchstraße über dem Himmel von Moshi (Tansania) die Sterne noch einigermaßen punktförmig (Animation in Abb. 7). Man hat also ein Ergebnis erzielt, das dem Empfinden unseres Auges entspricht. Zoomt man jedoch weiter in das Bild hinein oder vergrößert es (Abb. 7 zur Vergrößerung anklicken), so erkennt man die Sterne als bogenförmige Strichspuren. Der Mittelpunkt der Kreisbögen befindet sich knapp über dem Horizont und entspricht der Position des südlichen Himmelspols. Die vergrößerte Animation zeigt eindrucksvoll die Himmelsdrehung (Milchstraße und Magellansche Wolken; im Vordergrund die Stadt Moshi an der Südflanke des Kilimandscharo in Tansania). Für die Erstellung der Animation wurden mit der kostenfreien Software GiftedMotion vier nach dem oben beschriebenen Vorgehen exakt gleich bearbeitete Fotos zu einer GIF-Animation zusammengesetzt. Die vier Bilder wurden in Abständen von jeweils fünf Minuten aufgenommen. Eine ausführliche Beschreibung zur Arbeit mit GiftedMotion finden Sie in dem folgenden Lehrer-Online-Beitrag:

Einzelbilder mit langen Belichtungszeiten

Ebenfalls eindrucksvoll erschließt sich die Himmelsdrehung aus gezielt lang belichteten Aufnahmen. Abb. 8 (zur Vergrößerung bitte anklicken) zeigt ein Foto der südlichen Milchstraße (ISO 800, Belichtungszeit 60 Minuten, Brennweite 18 Millimeter, Blende 13). Die Bildbearbeitung erfolgte durch Dunkelbildsubtraktion und durch die Optimierung der Tonwertkurve sowie des Kontrasts. Es fällt auf, dass am Südhimmel ein "Polarstern", wie wir ihn vom Nordhimmel kennen, fehlt: In unmittelbarer Nähe des südlichen Himmelspols gibt es keinen besonders auffallend hellen Stern. Dennoch lässt sich der Himmelspol P als Mittelpunkt aller konzentrischen Sternstrichspuren in Abb. 8 leicht bestimmen.

Geographische Breite des Aufnahmestandorts

Legt man in Aufnahmen wie Abb. 8 den Horizont H (bei ebenem Gelände) und den bezüglich der gesamten Bildhöhe h bestimmten Mittelpunkt M fest (Abb. 9), dann kann die geographische Breite des Aufnahmestandortes bestimmt werden: Zunächst misst man die Abstände MH und MP in Abb 8 (beziehungsweise im linken Teil von Abb. 9). Mit Kenntnis der Bildhöhe h (h = 22,2 Millimeter bei der Canon EOS350D) und einfacher Dreisatzmathematik erhält man die entsprechenden Abstände M`H`= 9,9 Millimeter und M`P` = 4,0 Millimeter auf dem Kamerasensor. Der rechte Teil von Abb. 9 zeigt vereinfacht den Strahlengang bei der Aufnahme (O ist der optische Mittelpunkt des Objektivs, f = OM? = 18 Millimeter die eingestellte Brennweite). Aus tan(alpha) = (M`P`): f = 4 Millimeter: 18 Millimeter folgt alpha = 12,5 Grad, aus tan (alpha plus phi) = (H`M`) : f = 9,9 Millimeter: 18 Millimeter erhält man (alpha plus phi) = 28,8 Grad. Der Winkel, unter dem der Himmelpol sich über den Horizont erhebt, also die geographische Breite, ist somit phi = 28,8 Grad - 12,5 Grad = 16,3 Grad (südlicher Breite). Das gleiche Verfahren funktioniert natürlich auch am Nordhimmel.

Auswirkungen des Himmelsäquators

Länger belichtete Bilder von Regionen beidseits des Himmelsäquators zeigen eine gänzlich andere Krümmung der Sternstrichspuren. In Abb. 10 (Platzhalter bitte anklicken), entstanden durch eine dreiminütige Belichtung des Sternbilds Orion und seiner Umgebung, wird dies deutlich: Oberhalb (nördlich) des Himmelsäquators ist der Mittelpunkt der Strichspuren der nördliche Himmelspol, unterhalb des Äquators liegen die Spuren auf konzentrischen Kreisen um den südlichen Himmelspol.

Einzelbelichtungen heller Großstrukturen

Tipps zur Aufnahmetechnik

Manche Himmelsregionen, vor allem der (südlichen) Milchstraße, sind so hell, dass sich bereits mit Einmalbelichtungen von etwa einer Minute deutliche Strukturen und Objekte darstellen lassen. Der in Abb. 11 gezeigte Teil der Südmilchstraße wurde im bolivianischen Hochland am selben Ort wie Abb. 8 aufgenommen. Mit dem Ziel, in möglichst kurzer Zeit möglichst viele Sterne abzubilden, wurden Sensorempfindlichkeit (ISO 1.600) und Blendenöffnung maximiert (Blende 3,5). Die Belichtungszeit (80 Sekunden) wurde so gewählt, dass bei nicht allzu starker Vergrößerung des Fotos die Sterne nicht sofort als Strichspuren auffallen.

Sternhaufen, Emissionsnebel und Dunkelwolken

Abb. 11 wurde nur mit den oben beschriebenen Mitteln bearbeitet. Auffallend ist neben der enormen Sterndichte die kontrastreiche Darstellung der Milchstraße mit ihren Dunkelnebeln, von denen der "Kohlensack" (K) der bekannteste ist. Neben der Wasserstoffwolke des Eta-Carinae-Nebels (E) sind diverse Sternhaufen zu erkennen, die sich anhand einer Sternkarte leicht bestimmen lassen.

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Peter Stinner

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