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Medien - die "Vierte Gewalt" im Staat?

Unterrichtseinheit

Der ehemalige Kanzler Gerhard Schröder galt als Medienkanzler. Auch unsere jetzige Kanzlerin Angela Merkel weiß sehr gut, wie sie medienwirksam ihre Botschaften zum Beispiel mit Hilfe von Podcasts wöchentlich ins Volk transportiert.Das Verhältnis von Medien und Politik verändert sich zunehmend durch eine sich wandelnde Medienlandschaft und politische Bedingungen. Wie sind sie miteinander verflochten und wer übt über wen Macht und Kontrolle aus? Diese Fragestellungen sollen sich Lernende durch Recherche und Präsentation erarbeiten und in Diskussionen vertiefen. Zudem ist das Thema sehr nah am Lebensalltag der Schülerinnen und Schüler. Sie können selbst mit einfachen Mitteln Recherchen über die Mediendarstellung und -rezeption oder die Qualität von Nachrichten- und Berichterstattung durchführen.Das Thema "Medien als vierte Gewalt im Staat" ist sehr komplex. Für den Unterricht ist es ratsam, Teilaspekte zu betrachten, zum Beispiel Betrachtung verschiedener Medien, rechtliche Aspekte oder geschichtliche Hintergründe. Die methodische Vorgehensweise sollte Recherche, Diskussion und Präsentation beinhalten. Die Recherche der Schülerinnen und Schüler könnte sehr alltagsnah erfolgen, zum Beispiel Einsatz von Werbung im Fernsehen, Quantität von Anteilen der Unterhaltung und von Berichterstattung oder Qualität von neuen Medien. Die Rechercheergebnisse sollten in der Klasse in Gruppen präsentiert werden und zur Diskussion im Plenum anregen.Die Schülerinnen und Schüler sollen die Kommunikation verschiedener Medien differenziert beurteilen. Mediennutzung und Medienformate recherchieren und beschreiben. Argumente kennen lernen, mit denen Medien verteidigt und kritisiert werden. mit diesen Argumenten ihre eigene Bewertung des Verhältnisses von Politik und Medien begründen. das Verhältnis von Sender und Empfänger kritisch bewerten. ethische Grundsätze von Berichterstattung und Nachrichtenproduktion kennen lernen und diskutieren. die veränderte Medienlandschaft beschreiben und zukünftige Kanäle ausfindig machen. selbst die neuen Medien als Informations- und Recherchemedium nutzen (Internet, Foren, Podcasts et cetera) Thema Medien - die "vierte Gewalt" im Staat? Autor Michael Bornkessel Fach Politik, Sozialwissenschaften Zielgruppe Sek II, ab Klasse 10-13 Zeitaufwand je nach Intensität 4-8 Stunden Medien je ein Computer mit Internetzugang für 2 Schülerinnen und Schüler Auf der folgenden Seite finden Sie Anregungen, wie man das Thema im Unterricht angehen kann. Die Lehrkraft kann einen Ansatz als Herangehensweise wählen oder in Schülergruppen einteilen, die das Thema jeweils aus verschiedenen Perspektiven erarbeiten. Das Verhältnis Medien - Politik Wie kann dieses Verhältnis beschrieben werden? Vier Ansätze aus der Wissenschaft liefern eine erste Orientierung. Auf den folgenden Seiten wird die Entwicklung der Medien in Deutschland nach dem 2. Weltkrieg kurz skizziert und anschließend die Frage gestellt, wie man das Verhältnis von Politik und Medien beschreiben kann. Weiterhin wird der rechtliche Rahmen publizistischer Arbeit vorgestellt und nach den Kontroll- und Einflussmöglichkeiten beider Bereiche gefragt. Die Neuorganisation der Rundfunkmedien Der Rundfunk wird nach 1945 öffentlich-rechtlich organisiert. Mit den privaten Sendeanstalten verändert sich die Medienlandschaft in den 80er Jahren. Der rechtliche Rahmen der Medien Im Grundgesetz ist die Presse- und Informationsfreiheit verankert, weitere Gesetze regeln den Rahmen publizistischer Tätigkeit. Möglichkeiten der Kontrolle und Einflussnahme Medien können politische Arbeit kritisch begleiten, aber die Politik nutzt die Medien gleichermaßen zur positiven Außendarstellung. Medien werden oft als "Vierte Gewalt" in einem Staat bezeichnet. Allerdings ist diese These nur ein Aspekt eines ausdifferenzierten wissenschaftlichen Diskurses. Um die vielfältigen Beziehungen, die beide Systeme unterhalten, bewerten zu können, lohnt ein Blick auf die vier wirkungsmächtigsten Ansätze der Wissenschaft: Das Gewaltenteilungsparadigma: Die Medien werden hier als "Vierte Gewalt" neben Legislative, Judikative und Exekutive verstanden. Kraft ihrer Autonomie bilden sie eine Kontrollinstanz und sind dadurch aktiv an der Ausübung staatlicher Herrschaft beteiligt. Das Gewaltenteilungsparadigma geht davon aus, dass das politische System durch klare Grenzlinien vom Mediensystem getrennt ist. Genau dies bezweifeln aber Kritiker dieses Ansatzes, indem sie auf die mannigfaltigen politischen und ökonomischen Abhängigkeiten des Mediensystems hinweisen. Der Instrumentalisierungsansatz: Dieser Ansatz rückt die These in den Fokus, dass die Medien im politischen Feld immer bedeutender werden, gleichzeitig jedoch kommt es zu einem Autonomieverlust. Deutlich wird dies an der wachsenden Bedeutung politischer Kommunikation: Medienreferenten, Wahlkampfstrategen, Redenschreiber und Spin-doctors betreiben PR im Sinne ihrer Auftraggeber und machen sich zu diesem Zweck die medialen Kanäle zunutze. Der Dependenzansatz: Der Dependenzansatz geht zwar ebenso wie der Instrumentalisierungsansatz von einer "Mediatisierung der Politik", also von einer gegenseitigen Durchdringung beider Systeme aus. Allerdings kommt er zu dem Ergebnis, dass die politische Kommunikation sich den Gesetzmäßigkeiten der Medien angepasst und sich damit in ein Abhängigkeitsverhältnis begeben hat. Das bedeutet: Medien "regieren mit", indem sie bestimmen, welche Themen erhöhte Aufmerksamkeit verdienen. Damit setzen sie den Rahmen, in dem politische Arbeit öffentlichkeitswirksam kommuniziert werden kann. Der Interdependenzansatz Von einer engen Verflechtung und einer gegenseitigen Abhängigkeit beider Systeme geht diese Position aus. Demzufolge benötigt die Politik die Medien zur Kommunikation ihrer Entscheidungen. Allerdings sind die Medien auf diese politischen Prozesse angewiesen, da sie einen wichtigen Inhalt für sie darstellen. Durch die Berichterstattung wird schließlich ein Feedback generiert, dass auf das politische Feld zurückwirkt, woraufhin dieses wiederum neue Inhalte hervorbringt. Der Interdependenzansatz geht also von einer "Komplizenschaft" beider Systeme aus, die ein unauflösbares Tauschverhältnis miteinander verbindet. All diese Überlegungen dienen als Diskussionsgrundlage für die Bestimmung des Verhältnisses Politik-Medien. Sie gehen davon aus, dass es im Laufe der Entwicklung zu einer Grenzverschiebung und auch -verwischung gekommen ist. Es muss zum einen bedacht werden, wie sich im Zuge der zunehmenden Kommerzialisierung die Aufbereitung politischer Themen in den Medien gewandelt hat (Stichwort "Infotainment") und nach welchen Kriterien die Themen, die schlussendlich an der Spitze der publizistischen Agenda stehen, ausgewählt werden. Zum anderen gilt es, die Strategien politischer Kommunikation und ihre Implementierung in die medialen Gegebenheiten in Augenschein zu nehmen. Kontrolle und Einflussnahme sind also die Schlagworte, unter denen das Spannungsverhältnis beider Systeme verbucht werden kann. Nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelte sich in der Bundesrepublik Deutschland eine unter dem im Grundgesetz verankerten Schutz der Presse- und Meinungsfreiheit stehende Medienlandschaft. Während private Herausgeber und Verlage weiterhin die Printmedien veröffentlichten, entschied man sich nach den Erfahrungen des Nationalsozialismus, die Rundfunk- und später auch die beiden Fernsehsender ARD und ZDF öffentlich-rechtlich zu organisieren und durch Gebühren zu finanzieren. Dadurch wollte man gewährleisten, dass die Medien vom Staat unabhängig sind und sich nicht zu Propagandazwecken instrumentalisieren lassen. Die Versorgung der Bevölkerung mit politischen Informationen wurde ein wichtiges Element des öffentlich-rechtlichen Sendeauftrages und somit integraler Bestandteil des Programmablaufs. Das Angebot richtete sich zudem an die gesamte Gesellschaft und musste daher alle Strömungen berücksichtigen. Diese Monopolstellung der Öffentlich-Rechtlichen im Bereich der elektronischen Massenmedien endete allerdings Mitte der 80er Jahre. Seitdem hat sich das Mediensystem der Bundesrepublik Deutschland tiefgreifend gewandelt und es befindet sich weiterhin in einem Differenzierungsprozess: "Die Einführung neuer Medientechnologien sowie die Deregulierung der Kommunikationsinfrastruktur und des Rundfunksystems sind mit einem gesamtgesellschaftlichen Wandel hin zur sogenannten Kommunikationsgesellschaft verbunden", analysierte die Politik- und Kommunikationswissenschaftlerin Barbara Pfetsch in ihrem 1998 erschienenen Aufsatz "Regieren unter den Bedingungen medialer Allgegenwart". Neue Angebote, eine allgemeine und weitreichende Kommerzialisierung, das immer schneller werdende Informationstempo und die Verschmelzung der Individual- mit der Massenkommunikation im Internet sind dabei die laut Pfetsch kennzeichnenden Entwicklungen. Mit dem Fall des öffentlich-rechtlichen Monopols und der Zulassung von privaten Rundfunk- und Fernsehsendern verbreiterte sich das Angebot rasant in verschiedene Richtungen. Alleine im Zeitraum von 1988 bis 1993 wuchsen die Lizensierung privater Fernsehprogramme von 63 auf 89 und der Programmumfang von circa 26.000 (1982) auf insgesamt über 130.000 Stunden im Jahr 1993. Zum Stichtag 30. April 2006 führt die Arbeitsgemeinschaft der Landesmedienanstalten (ALM) in ihrer Datenbank insgesamt 436 in Deutschland lizensierte "private Fernsehprogramme, Bürgerfernsehen, Teleshopping- und sonstige Fernseh-Angebote" sowie die Fernsehprogramme der "öffentlich-rechtlichen Fernsehprogrammveranstalter". Auch im Printbereich war eine ähnliche Entwicklung zu beobachten. Nachdem die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten lange Jahre ohne private Mitbewerber geblieben waren, gerieten sie nun durch die neu aufkommende Konkurrenz unter ökonomischen Druck. Das gesamte Mediensystem musste sich dem nun entstehenden Wettbewerb öffnen und den neuen Gegebenheiten anpassen. Wirtschaftliche Faktoren traten zunehmend in den Vordergrund. Im Artikel 5 des Grundgesetzes ist die Presse- und Informationsfreiheit verankert: Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt. Verschiedene Landespresse-, Rundfunk- und Landesmediengesetze sowie Rundfunkstaatsverträge regeln über den Artikel 5 des Grundgesetzes hinaus die rechtliche Stellung der Medien in der Bundesrepublik Deutschland. Daraus ergibt sich auch der Sendeauftrag der öffentlich-rechtlichen Medien, der im §11 des Rundfunkstaatsvertrages fixiert ist: Der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat in seinen Angeboten und Programmen einen umfassenden Überblick über das internationale, europäische, nationale und regionale Geschehen in allen wesentlichen Lebensbereichen zu geben. Er soll hierdurch die internationale Verständigung, die europäische Integration und den gesellschaftlichen Zusammenhalt in Bund und Ländern fördern. Sein Programm hat der Information, Bildung, Beratung und Unterhaltung zu dienen. Er hat Beiträge insbesondere zur Kultur anzubieten. Öffentlich-rechtliche Sender Damit der öffentlich-rechtliche Rundfunk diese Aufgaben auch erfüllen kann, wird er hauptsächlich durch die Rundfunkgebühren finanziert. Diese müssen alle Bürger, sofern sie entsprechende Geräte zum Empfang bereit halten, entrichten. Zwar dürfen ARD und ZDF auch Werbezeit verkaufen, hier gelten allerdings strenge Beschränkungen. So darf die Gesamtdauer der Werbung höchstens 20 Minuten werktäglich im Jahresdurchschnitt betragen. Nach 20.00 Uhr sowie an Sonntagen und im ganzen Bundesgebiet anerkannten Feiertagen dürfen Werbesendungen gar nicht ausgestrahlt werden. Private Unternehmen Die staatlichen Einflussmöglichkeiten auf die Programminhalte und -gestaltung der privaten Medienunternehmen, die keinerlei Rundfunkgebühren erhalten und sich daher durch Werbeeinnahmen finanzieren, ist dagegen wesentlich enger begrenzt. Der Rundfunkstaatsvertrag gibt ihnen zwar einen gewissen gesetzlichen Rahmen vor, an den sie sich halten müssen, doch definiert er nicht ihre Aufgaben. Die Interessen von Publikum und Werbekunden müssen letztlich im Mittelpunkt der privaten Medienunternehmen stehen, denn nur so ist letztlich ein Gewinn zu erzielen und damit das wirtschaftliche Überleben des Medienunternehmens zu gewährleisten. Dennoch unterliegt die Werbung gewissen Beschränkungen, so muss Werbung klar als solche gekennzeichnet sein, und bestimmte Zeitrahmen dürfen nicht überschritten werden. Diese sind aber nicht so ausgeprägt wie bei den öffentlich-rechtlichen Sendern. Journalistische Sorgfaltspflicht In den Pressegesetzen sind allerdings auch Bestimmungen enthalten, an die sich die Journalisten bei ihrer Arbeit halten müssen. Als wichtigster Grundsatz gilt dabei die journalistische Sorgfaltspflicht. Das heißt, dass die Journalisten den Inhalt, die Herkunft und den Wahrheitsgehalt von Nachrichten gewissenhaft überprüfen müssen, bevor sie diese veröffentlichen. Zudem dürfen sie Nachrichten nicht sinnentstellend wiedergeben. Gerüchte, Spekulationen und nicht bestätigte Meldungen müssen sie entsprechend kennzeichnen und Kommentare, also eigene Meinungsäußerungen, von der Nachrichten-Berichterstattung deutlich erkennbar trennen. Wenn Journalisten gegen diese Sorgfaltspflicht verstoßen und nachweislich falsche Informationen verbreiten, drohen ihnen entsprechende zivilrechtliche Konsequenzen. Der Pressekodex Im Printbereich ist der so genannte Pressekodex (eigentlich: Publizistische Grundsätze) von besonderer Bedeutung. Darunter versteht man die journalistisch-ethischen Grundregeln, die der Deutsche Presserat, eine Organisation der großen deutschen Verleger- und Journalistenverbände, 1973 vorgelegt hat. Der Presserat fasst den Inhalt auf seiner Internetseite folgendermaßen zusammen: Nicht alles, was von Rechts wegen zulässig wäre, ist auch ethisch vertretbar. Deshalb hat der Presserat die Publizistischen Grundsätze, den sogenannten Pressekodex, aufgestellt. Darin finden sich Regeln für die tägliche Arbeit der Journalisten, die die Wahrung der journalistischen Berufsethik sicherstellen, so zum Beispiel: Achtung vor der Wahrheit und Wahrung der Menschenwürde Gründliche und faire Recherche Klare Trennung von redaktionellem Text und Anzeigen Achtung von Privatleben und Intimsphäre Vermeidung unangemessen sensationeller Darstellung von Gewalt und Brutalität Verleger und Journalisten haben diesen Grundsätzen durch ihre Verbände zugestimmt und sich damit freiwillig selbst verpflichtet, diese bei ihrer Arbeit zu beachten. Seit 1973 hat man den Pressekodex mehrfach ergänzt. Konkretisiert wird er durch die "Richtlinien für die publizistische Arbeit nach den Empfehlungen des Deutschen Presserates". Einschränkung der Pressefreiheit Für Journalisten, die für elektronische Medien arbeiten, gelten im Prinzip die gleichen Sorgfaltspflichten. Der "Staatsvertrag über Mediendienste" definiert in § 11, dass TV-, Rundfunk- und Onlineangebote "soweit sie der Berichterstattung dienen und Informationsangebote enthalten, den anerkannten journalistischen Grundsätzen zu entsprechen" haben. Nachrichten über das aktuelle Tagesgeschehen müssen vor ihrer Verbreitung mit der "nach den Umständen gebotenen Sorgfalt auf Inhalt, Herkunft und Wahrheit" überprüft werden. Sobald strafrechtliche Grenzen überschritten werden, endet natürlich die Pressefreiheit. Der Artikel 5, Absatz 2 des Grundgesetzes legt fest, dass die Meinungs-, Informations- und Pressefreiheit "ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre" finden. "Agenda Setting" und "Gatekeeping" Medien, beziehungsweise die für sie arbeitenden Journalisten, informieren mit ihren Beiträgen die breite Öffentlichkeit über alle Sachverhalte oder Vorgänge, die von allgemeiner, politischer, wirtschaftlicher oder kultureller Bedeutung sind. Diese Arbeit ist deswegen für die Gesellschaft besonders wichtig, weil die Journalisten darin auch über (politische) Missstände berichten und die dafür Verantwortlichen benennen. So können sie Themen und Vorgänge auf die gesellschaftliche Tagesordnung setzen und dafür sorgen, dass man darüber diskutiert. Dies nennt man in der Kommunikationswissenschaft "Agenda-Setting". Der Journalist hat es dabei letztlich in der Hand, welche Themen er auswählt und veröffentlicht. Die Kommunikationswissenschaft bezeichnet den (meist personellen) Einflussfaktor, der darüber entscheiden kann, welche Nachricht in den Medien erscheint, als "Schleusenwärter" (Gatekeeper). Medien als wichtiges Element der politischen Meinungsbildung Man kann durchaus sagen, dass die freie Presse damit den drei Staatsgewalten (Legislative, Exekutive, Judikative) zur Seite steht und deren Arbeit kritisch begleitet. Diese Stellung hat das Bundesverfassungsgericht in einem Urteil vom 25. April 1972 bekräftigt: "Die freie geistige Auseinandersetzung [ist] ein Lebenselement der freiheitlichen demokratischen Ordnung in der Bundesrepublik und für diese Ordnung schlechthin konstituierend. Sie beruht entscheidend auf der Meinungs-, Presse- und Informationsfreiheit, die als gleichwertige Garanten selbständig nebeneinander stehen." Die Medien sind also ein wichtiger Bestandteil der politischen Meinungs- und Willensbildung. Um diese Kontrollfunktion von staatlicher Beeinflussung ungehindert ausüben zu können, haben die für die Medien arbeitenden Journalisten beispielsweise besondere Recherchebefugnisse. Diese regeln die Pressegesetze der verschiedenen deutschen Bundesländer unter Begriffen wie "Auskunftsrecht" oder "Informationsrecht". Darunter ist zu verstehen, dass staatliche Behörden verpflichtet sind, den Journalisten "die der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgabe dienenden Auskünfte zu erteilen", wie es beispielsweise im § 4 des nordrhein-westfälischen Pressegesetzes formuliert ist. Missbrauchen die Medien ihre Macht? Der Vorwurf des Machtmissbrauchs ist allerdings schnell zur Hand. Seitdem die Bürgerinnen und Bürger ihre Wahlentscheidungen immer kurzfristiger treffen und die Demografie ihren Status als quasi-prophetische Instanz verloren hat, wird die politische Berichterstattung in den Medien immer kritischer ins Visier genommen. Die Bundestagswahl 2005 markierte einen Höhepunkt dieser Auseinandersetzung: Noch am Wahlabend griff Gerhard Schröder die Medien vehement an, indem er ihnen Kampagnenbildung und Missbrauch der Pressefreiheit unterstellte. Er machte sie damit verantwortlich für die temporäre politische Instabilität in Deutschland und warf ihnen Kompetenzüberschreitung vor, denn durch ihre tendenziöse Berichterstattung habe ein illegitimer Eingriff in die Sphäre des Politischen stattgefunden. Ganz gleich, wie man solche Anwürfe schlussendlich bewertet: Diese und ähnliche Reaktionen bestätigen nicht nur die exponierte Stellung, die Medien mittlerweile im politischen Feld eingenommen haben, sondern zeigen auch, wie eng verflochten beide Bereiche mittlerweile sind. Bürgernahe Politikvermittlung Allerdings nutzt auch die Politik die Medien, um ihre Themen auf die gesellschaftliche Tagesordnung zu setzen. Bezeichnend in diesem Zusammenhang ist die Aussage des Altkanzlers Gerhard Schröder, zum Regieren benötige er nur "BILD, BamS und Glotze". In TV-Talkshows wie "Sabine Christiansen" oder "Berlin Mitte" können sich Politiker einem breiten Fernsehpublikum präsentieren und ihre politischen Ziele direkt an die Zuschauer vermitteln. Die Parteien beschäftigen zudem Werbeagenturen, Medienberater und PR-Leute, die Politiker auf öffentliche Auftritte vorbereiten und eng mit den Medien zusammenarbeiten. Ziel ist eine positive Darstellung der politischen Arbeit und der Person des Politikers. Auch das Internet wird immer wichtiger, nicht nur in Wahlkampfzeiten. Fast jeder Spitzenpolitiker hat mittlerweile seine persönliche Homepage, die Parteien veröffentlichen auf ihren Webseiten umfangreiche Informationen nicht nur zu ihrem Programm, und öffentliche Stellen bieten verstärkt so genannte eGovernment-Angebote an. Bloggende Politiker Dabei nutzt die Politik auch neue Formen, beispielsweise das so genannte Podcasting. "Man kann Podcasts als Radio- oder Fernsehsendungen auffassen, die nicht mehr zu einer bestimmten Zeit konsumiert werden müssen", beschreibt Wikipedia dieses relativ neue Internetformat. Selbst Bundeskanzlerin Angela Merkel hat seit Juni 2006 verschiedene Podcast-Sendungen produzieren lassen, um sich in den kurzen Videostatements zu verschiedenen politischen Themen, beispielsweise zum Libanon-Einsatz der Bundeswehr oder dem Haushalt 2007, direkt an die Internet-Zuschauer zu wenden. Auch die so genannten Weblogs haben mittlerweile Einzug in die Politik erhalten. Ein Weblog (auch Blog genannt) ist, so definiert Wikipedia, "eine Webseite, die periodisch neue Einträge enthält". Man kann es also durchaus als elektronisches Tagebuch bezeichnen, in denen der Betreiber sich frei äußern kann. Der nordrhein-westfälische SPD-Landesverband startete im Juni 2004 ein eigenes Weblog und war damit einer der ersten Akteure aus dem politischen Bereich, der dieses Kommunikationsformat nutzte. Im NRWSPD-Weblog kommentieren verschiedene Autoren aktuelle Ereignisse, die nicht immer unbedingt etwas mit der nordrhein-westfälischen Landespolitik zu tun haben müssen. Droht eine Instrumentalisierung der Medien? Ein Hauptkritikpunkt ist in diesem Zusammenhang, dass sich die Politik zu gut auf der medialen Klaviatur, besonders der des Fernsehens, eingespielt hat. Die Folge sind Boulevardisierung und Oberflächlichkeit. Die Vermittlung komplizierter politischer Zusammenhänge wird zugunsten des Spektakels aufgegeben. Damit geht ein Transparenzverlust einher, der paradox anmutet: Alles ist sichtbar, alles ist öffentlich. Aber was gesagt wird, bleibt seltsam unkonkret. Die Dramaturgie von Talkshow-Auftritten wird von PR-Profis entwickelt, und die Moderatorinnen und Moderatoren fungieren oft nur als Stichwortgeber, anstatt kritisch nachzuhaken. So wird die Talkshow zu einer Präsentationsfläche, auf der sich Spitzenpolitiker publikumswirksam darstellen können. Die Politik, so der Vorwurf, beteiligt sich hier an einem Spiel um Quoten und Sympathie, bei dem die Information der Bürgerinnen und Bürger aus dem Blickfeld verschwindet. Mehr Transparenz und Interaktion? Eine Besonderheit des neuen Mediums Internet zeigt sich darin, dass hier neben der für die Massenmedien kennzeichnenden "One-to-many"-Kommunikation, also ein Sender wendet sich an viele Empfänger, auch andere, individuellere Formen möglich sind. Beispielsweise verfügen viele Politiker über eMail-Adressen, an die man schreiben kann. Auch andere Kommunikationsformen, bei denen man Sender und zugleich Empfänger sein kann, die so genannte "Many-to-many"-Kommunikation, ist möglich: beispielsweise kann man sich in Online-Foren oder Newsgroups mit anderen Internetnutzern austauschen und über viele, auch politische, Inhalte diskutieren. Jeder kann dort seine "Botschaft" niederschreiben, andere Benutzer reagieren darauf und bringen dann auch ihre Meinung ein. Das Internet als Schnittstelle zwischen Bürgern und der Politik Von seinen Möglichkeiten her ist das Internet also ein demokratisches Medium par excellence. Noch nie war es so einfach, sich zu vernetzen. Bürgerinnen und Bürger haben die Möglichkeit, direkt und für alle sichtbar ihre Interessen im Zusammenschluss zu artikulieren. Auch für die Politikvermittlung wird das Internet ein immer wichtigerer Schauplatz. Hier kann Bürgernähe nicht bloß simuliert, sondern wirklich praktiziert werden. Die Chancen einer politischen Kommunikation, die die Menschen nicht mit kompliziertem Expertenwissen überfordert, aber dennoch Substanz hat, stehen gut. Zwar kann und soll das Internet die übrigen Medien nicht als Träger politischer Information kassieren, eine Alternative zu ihnen könnte es aber dennoch darstellen.

  • Politik / WiSo / SoWi
  • Sekundarstufe II

Vandalismus-Video im Klassenchat: Konsequenzen der Verbreitung per WhatsApp

Schulrechtsfall

Klassenchats und WhatsApp-Gruppen sind weit verbreitet. Allerdings ist dieser Bereich nicht rechtlos. Inhalte, die in den Klassenchats verbreitet werden, können rechtliche Konsequenzen haben. Was droht Lernenden, wenn sie ein Vandalismus-Video teilen? Der konkrete Fall Ein Schüler hatte im Klassenchat ein Video eingestellt, in dem zu sehen war, wie ein Mitschüler im Unterricht einen Stuhl aus dem vierten Stock des Schulgebäudes wirft. Die Schulleitung schloss den Schüler, der das Vandalismus-Video in der Klassengruppe auf WhatsApp verbreitete, für sechs Tage vom Unterricht aus. Dagegen wandte er sich und machte geltend, der Vorfall sei zwar mit seinem Mobiltelefon gefilmt worden, aber nicht von ihm selbst. Außerdem missbillige er das Verhalten seines Mitschülers. Auch habe er das Video nur auf Bitten weiterer Mitschülerinnen und Mitschüler in den Klassenchat eingestellt. Deshalb hätte er nicht vom Unterricht ausgeschlossen werden dürfen. Die Entscheidung des Gerichts Die Schulleitung kann eine Schülerin oder einen Schüler vorläufig vom Unterricht ausschließen, wenn sie oder er Vandalismus im Klassenchat verbreitet. Das geht aus einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts Berlin vom 12. November 2020 (AZ: 3 L 649/20) hervor, über die das Rechtsportal anwaltsauskunft.de informiert. Von dem Schüler gehe eine negative Vorbildfunktion aus, begründete das Gericht seine Entscheidung und billigte den von der Schule verhängten sechstägigen Ausschluss vom Unterricht. Überbietungswettbewerb in Chatgruppen Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts gefährdete der Schüler durch sein Verhalten das geordnete Schulleben. Außerdem erschütterte er das Vertrauen der Schulgemeinschaft in einen regelgeleiteten und gewaltfreien schulischen Rahmen. Dabei war es für das Gericht irrelevant, ob der Antragsteller selbst den Vorfall gefilmt habe und wie der dazu stehe. Das Video zeige, wie Schuleigentum zerstört und Menschen dadurch gefährdet würden. Daher komme es alleine auf die Außenwirkungen des Films an. Durch das Einstellen des Videos in den Klassenchat habe der Schüler diese Auswirkung zu verantworten. Es war absehbar, dass sich das Video darüber hinaus weitläufig verbreite, so das Gericht weiter. Andere könnten dazu animiert werden, ähnliche Aktionen durchzuführen. Die Dynamik sozialer Onlinemedien und virtueller Chatgruppen könne einen regelrechten Überbietungswettbewerb um immer schwerere Regelübertretungen auslösen. Die Schulleitung habe durch den Unterrichtsausschluss klargestellt, dass ein entsprechendes Verhalten Konsequenzen nach sich ziehe, so die Richter. Deshalb musste sie auch nicht eine weniger einschneidende Maßnahme als den Ausschluss vom Unterricht ergreifen.

  • Fächerübergreifend

Digitale Bildung im Französischunterricht: die Proteste der "Gilets Jaunes" in den Medien

Unterrichtseinheit
14,99 €

In dieser Unterrichtseinheit zu den Protesten der "Gilets Jaunes" analysieren, bewerten und reflektieren die Lernenden unterschiedliche Berichterstattungen über die Demonstrationen der "Gelbwesten".Im Rahmen der Digitalisierung ist zunehmend zu beobachten, dass in unserer Gesellschaft ein über lange Jahre sicher geglaubter Konsens verloren geht. Längst gehen nicht mehr alle davon aus, dass traditionelle Medien journalistischen Qualitätsstandards folgend objektiv über die gesellschaftlichen Realitäten berichteten und unterschiedliche Perspektiven und Meinungspluralität angemessen berücksichtigen. Die Anerkennung der Massenmedien als legitime vierte Gewalt schwindet im Zuge von Fake News und es haben sich mit neuen digitalen Möglichkeiten zur Veröffentlichung von Informationen alternative Öffentlichkeiten gebildet. Weiterführende Informationen zu diesem Thema liefert der Fachartikel " Digitale Bildung im (Französisch-) Unterricht: Medien analysieren und reflektieren ". In der vorliegenden Unterrichtseinheit nehmen die Lernenden anhand der Berichte um die Gelbwestenbewegung in Frankreich zur Förderung der Medienkompetenz mit "medialen Blasen" einen Aspekt dieser Entwicklung in den Blick. Vorschnell wird das Thema häufig darauf reduziert, dass Filterblasen vor allem als digitale Blasen im Internet entstünden. Bei genauerer Betrachtung zeigt sich jedoch, dass ebenso die klassischen Massenmedien vor dem Phänomen nicht gefeit sind. Auch im modernen Französischunterricht spielt die mediale Berichterstattung eine Rolle: Anhand von authentischen Texten setzen sich die Schülerinnen und Schüler in diesem Unterrichtsmaterial sowohl mit der französischen Landeskunde als auch im Bereich der Medienkompetenz mit übergreifenden Themen auseinander. Die übergeordnete Frage ist demnach: Qui est-ce qui se trouve dans une bulle médiatique? Das Thema "Digitale Bildung" im Französischunterricht Anhand der Berichterstattungen über die "Gelbwesten-Demonstrationen" in Paris gerät in der vorliegenden Unterrichtseinheit mit "medialen Blasen" etwas in den Blick, was mit Habermas als ein Aspekt einer beunruhigenden Entwicklung bezeichnet werden könnte - als ein Aspekt der "Auflösung der traditionellen nationalen Öffentlichkeiten". Gemäß der Strategie der Kultusministerkonferenz (KMK) "Bildung in der digitalen Welt" sollen die Lernenden "Medien analysieren und bewerten" sowie "… verstehen und reflektieren" (KMK 2016). Didaktische Analyse In dieser Einheit wird der oben beschriebene veränderte Stellenwerts der traditionellen Medien thematisiert. Den Medien des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und dem sogenannten Qualitätsjournalismus der zumeist überregionalen Tageszeitungen sowie der politischen Magazine kam früher die Rolle zu, objektiv zu berichten, indem sie Indikatoren als Maßstäbe hinsichtlich journalistischen Umgangs mit Informationen festlegten: Der Kodex des deutschen Presserates , die "Charte des journalistes en France" aus dem Jahr 1938 oder die Münchner "Déclaration des devoirs et des droits des journalistes" der Fédération internationale des journalistes aus dem Jahr 1971 schienen verlässliche Standards zu sein, deren Einhaltung auch von innen heraus kritisch überwacht werden konnte. So bemühen sich nicht nur in Frankreich Journalisten wie zum Beispiel Daniel Schneidermann darum, durch kritische Selbstbeobachtung über die Einhaltung journalistischer Qualitätskriterien zu wachen, indem sie die Verletzung journalistischer Standards skandalisieren. Darüber hinaus haben Kritiker wie Hans-Magnus Enzensberger (Baukasten zu einer Theorie der Medien, 1970), Baudrillard (Requiem für die Medien, 1972), Pierre Bourdieu (Sur la télévision, 1996), Noam Chomsky (Media control. Wie uns Medien manipulieren, 2003) oder Serge Halimi (Les nouveaux chiens de gardes, 1997/2005) früh auf die Grenzen der vermeintlichen journalistischen Objektivität hingewiesen. Aber auch die Hoffnung, dass es mit den Neuen Medien zu einer Aufhebung der "Nicht-Kommunikation" zwischen nicht antworten könnenden Informationsempfängern und (nach Baudrillard manipulativen) sendenden Massenmedien kommen würde, konnte bislang unzureichend realisiert werden. Methodische Analyse Die Unterrichtseinheit ist methodisch in drei Phasen gegliedert: In einer ersten Phase wird im Plenum das Vorwissen aktiviert und für die Problematik sensibilisiert. In der zweiten Phase betreiben die Schülerinnen und Schüler aktiv Sozialforschung, indem sie die Geschehnisse rund um die Demonstrationen der gilets jaunes aus zwei Unterschiedlichen Perspektiven nachvollziehen: aus der Perspektive der sozialen Medien, die die gilets jaunes nutzen und zweiten aus der Perspektive der sogenannten klassischen Medien. In der Auswertung der Untersuchung ergibt sich aus einem Vergleich der Berichterstattung, dass es schwierig ist, eindeutig festzustellen, wer der beiden Lager sich in einer digitalen Blase, einer bulle médiatique bewegt. In einer dritten Phase analysieren die Lernenden verschiedene Positionen zur Frage der Unterrichtseinheit, um dann abschließend in einer vierten Phase zu diskutieren, welche Konsequenzen sich für sie selbst aus der Arbeit am Unterrichtsgegenstand ergeben: Diskutiert werden soll unter anderem, ob man sich mehr oder weniger in sozialen Netzwerken über die gesellschaftliche Realität informieren sollte. Aus der Diskussion ergeben sich im Idealfall Handlungsmaxime für eine kritische Mediennutzung. Fachkompetenz Die Schülerinnen und Schüler erweitern ihre Lesekompetenz, indem sie journalistische Stellungnahmen zur Fragestellung genau lesen. trainieren ihre Sprachkompetenz im Bereich des Hörverstehens, indem sie Videos die zentralen Informationen entnehmen und auswerten. Medienkompetenz Die Schülerinnen und Schüler erarbeiten Handlungskonzepte zu einem kritischen Umgang mit medialen Darstellungen der sozialen Wirklichkeit. analysieren bewerten und reflektieren Medien, indem sie unterschiedliche Berichterstattungen zu einem Thema miteinander vergleichen. Literatur Habermas, Jürgen (2008): Ach, Europa. Kleine politische Schriften XI, Frankfurt. KMK (2016): Strategie der Kultusministerkonferenz "Bildung in der digitalen Welt". Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 08.12.2016. Online Meyer-Lucht, Robin (2008): Habermas, die Medien, das Internet. Online

  • Französisch
  • Berufliche Bildung, Erwachsenenbildung, Sekundarstufe I, Sekundarstufe II

"Stoppt Hass-Propaganda bei Facebook & Co."

Unterrichtseinheit

Hasspredigerinnen und Hassprediger verlagern ihre Aktivitäten zunehmend in die sozialen Netzwerke. Wie Jugendliche menschenverachtende Propaganda erkennen und mit welchen Mitteln sie sich selbst und andere davor schützen können, (unfreiwillig) Mittäterinnen oder Mittäter zu werden, vermittelt diese Unterrichtseinheit.Vegane Kochshows von Neonazis, religiöse Gesänge, die zum Dschihad aufrufen, Pseudo-Geldberatung: Hass-Propaganda kann sich insbesondere im Web 2.0 explosionsartig verbreiten. Verdeckt oder ganz offen werben extremistische Gruppen im usergenerierten Netz um Unterstützerinnen und Unterstützer. Innerhalb sozialer Netzwerke sind sie besser vor strafrechtlicher Verfolgung geschützt und zielen darauf ab, dass Userinnen und User ihre Botschaften weitertragen. Wer jedoch menschenverachtendes Gedankengut im Social Web mit anderen teilt, hilft mit, solche Inhalte zu verbreiten und gesellschaftsfähig zu machen. Die Schülerinnen und Schüler sollen im Verlauf der Unterrichtseinheit in die Lage versetzt werden, kriteriengeleitet Hass-Propaganda zu identifizieren, sich hiervon zu distanzieren und entsprechend zu handeln. Einführung Vorbemerkungen und Hintergrundinformationen Auf dieser Seite finden Sie einige hilfreiche Vorbemerkungen zur Durchführung der Unterrichtseinheit sowie eine kurze Vorstellung der Kampagne "Stoppt Hass-Propaganda!". Ablauf Ablauf der Unterrichtseinheit "Stoppt Hass-Propaganda!" Hier wird der Ablauf der Unterrichtseinheit mit den dazugehörigen Materialien kurz vorgestellt. Eine ausführliche Anleitung steht in Form eines Leitfadens als PDF-Dokument zur Verfügung. Fachkompetenzen Die Schülerinnen und Schüler können zwischen freier Meinungsäußerung, Provokation, Propaganda, Volksverhetzung und Gewaltaufrufen differenzieren und kennen die wichtigsten Unterscheidungskriterien. kennen die gängigsten Methoden der propagandistischen Manipulation und sind in der Lage, auch versteckte Botschaften zu entschlüsseln. wissen, welche weltanschaulichen Gruppierungen im Netz mit extremistischen Inhalten operieren und welche Bevölkerungskreise bevorzugt Opfer oder Ziel menschenverachtender Ideologien sind. lernen ausgewählte Beispiele von Hass-Propaganda kennen. haben Einblick in die rechtlichen Grundlagen zum Thema Volksverhetzung sowie in die Verantwortlichkeit der Websitebetreiber für die Inhalte ihres Angebots. Medienkompetenzen Die Schülerinnen und Schüler sind in der Lage, anhand von gestalterischen, sprachlichen und inhaltlichen Kriterien Hass-Propaganda im Internet zu identifizieren. erkennen die Gefahren für sich selbst und andere, wenn sie persönliche Daten, "Likes" oder Kommentare auf Propagandaseiten im Netz hinterlassen und wissen, wie sie es verhindern können, ungewollt Mittäterin oder Mittäter in einem extremistischen Netzwerk zu werden. Sozial- und Handlungskompetenzen Die Schülerinnen und Schüler lernen, Verantwortung für die eigene Internetnutzung zu tragen, um entsprechend mit extremistischen Inhalten im Netz umzugehen. sind in der Lage, sich aufgrund ihres Wissens emotional gegen Propaganda zu wappnen und eine kritisch-rationale Distanz aufzubauen. wissen, an wen sie sich wenden müssen, um strafrechtlich relevante Inhalte zu melden oder Beratung und Hilfe einzuholen. werden motiviert zu handeln und aktiv gegen Hass-Propaganda, Extremismus und Menschenverachtung vorzugehen. Die Autorinnen übernehmen keine Verantwortung für die Inhalte externer Websites. Konzept Um Hass-Propaganda erkennen und sich davon distanzieren zu können, durchlaufen die Schülerinnen und Schüler folgende Schritte: Sensibilisierung für die Thematik: Beispiele und Erfahrungsaustausch Selbsteinschätzung: Besprechen der eigenen Handlungs- und Wahrnehmungsmuster Wissen um die rechtlichen Grundlagen über die Verbreitung von Hass-Propaganda Erkennen von Hass-Propaganda anhand einer Checkliste und der Analyse von Fallbeispielen Erkennen von Manipulationsversuchen Stärkung der eigenen Handlungskompetenz und -motivation zur Identifizierung von Propaganda und für einen verantwortungsvollen Umgang mit Propaganda Material In dieser Unterrichtseinheit kommen drei unterschiedliche Materialtypen zum Einsatz: Eine PowerPoint-Präsentation mit Informationen und Links zum Thema Hass-Propaganda, die mittels eines Beamers als Grundlage für die gemeinsame Erarbeitung im Plenum dient. Ein Leitfaden zur Nutzung der PowerPoint-Präsentation, in dem die Durchführung der Unterrichtseinheit Schritt für Schritt beschrieben wird. Materialbögen für die Schülerinnen und Schüler als Vorlage für Gruppenarbeiten oder als Anleitung für gemeinsame Analysen im Plenum. Außerschulische Bildungsarbeit Diese Unterrichtseinheit basiert auf Materialien, die für einen Workshop entwickelt wurden. Die Sequenz ist sowohl in schulischen als auch in außerschulischen Kontexten (Jugendbildungsarbeit) einsetzbar. Binnendifferenzierung Die vorgestellten Materialien, Fallbeispiele und Arbeitsaufträge sind für eine Doppelstunde/ein Blockseminar (2 x 45 Minuten) konzipiert. Zielgruppe sind Schülerinnen und Schüler der 7. bis 10. Klassen. Eine Differenzierung hinsichtlich der Altersstufe (Klassen 7/8, Klassen 9/10) kann bei den Beispielen zu Hass-Propaganda im Internet (ab Folie 15) erfolgen. Die Kampagne "Stoppt Hass-Propaganda!" Die Kampagne " Die Erben der Rose. Stoppt Hass-Propaganda! Erst prüfen, dann teilen. " war bundesweit die erste Kampagne gegen die Verbreitung von Hass-Propaganda in den sozialen Netzwerken. Nutzerinnen und Nutzer von Facebook, YouTube & Co. wurden im Rahmen der Kampagne dazu aufgefordert, sich nicht zum Handlanger massenhafter viraler Hetze machen zu lassen. Ziel: Die Nutzerinnen und Nutzer von sozialen Netzwerken sollen ein geschärftes Bewusstsein für den Umgang mit manipulativen Inhalten entwickeln. Die Kampagne wurde von Oktober bis Dezember 2014 vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Rahmen des Bundesprogramms "TOLERANZ FÖRDERN - KOMPETENZ STÄRKEN" gefördert. Träger der Kampagne war der Verein " Neues Potsdamer Toleranzedikt ". Kampagnenziel Der Verein "Neues Potsdamer Toleranzedikt" setzte mit der Durchführung der Kampagne "Die Erben der Rose. Stoppt Hass-Propaganda! Erst prüfen, dann teilen." ein Zeichen für mehr Wachsamkeit in den sozialen Netzwerken. Die Botschaft des Vereins lautet: statt Verboten und Zensur - kompetenter Umgang mit manipulativen Inhalten in den sozialen Netzwerken. Material PowerPoint-Präsentation, Folie 2 Video Zum Einstieg wird den Schülerinnen und Schülern das Video "Ködern mit der Kochshow: Vegane Neonazis" gezeigt, das sie für die Thematik sensibilisieren soll. Der Beitrag beschäftigt sich mit verdeckter Propaganda. Die Lehrkraft weist die Jugendlichen darauf hin, dass nicht immer eindeutig zu erkennen ist, was hinter einem Internetangebot steckt. Rechtsextreme nutzen vor allem das Internet, um junge Leute anzusprechen. Dabei greifen sie Trends auf, zum Beispiel vegane Kochshows. Ergebnissicherung Die Meinungen der Schülerinnen und Schüler zum Video werden von der Lehrkraft an der Tafel oder auf Moderationskarten festhalten. Material PowerPoint-Präsentation, Folien 3 bis 6 Was ist Hass-Propaganda und gegen wen richtet sie sich? Den Schülerinnen und Schülern wird nun eine Definition von (Hass-)Propaganda vorgestellt. Sie erfahren, wie sich Propaganda, freie Meinungsäußerung und journalistisch aufbereitete Informationen voneinander abgrenzen lassen und gegen welche Bevölkerungsgruppen oder Wertvorstellungen sich Hass-Propaganda bevorzugt richtet. Zentrale Fragen zum Thema Hass-Propaganda Warum wird Hass-Propaganda eingesetzt? Wer zieht Nutzen aus Hass-Propaganda? Mit welchen Mitteln wird Hass-Propaganda verbreitet? Material PowerPoint-Präsentation, Folie 8; Materialbogen 1 Übung: Hass-Propaganda abgrenzen In Anschluss an die Definition von Hass-Propaganda nehmen die Schülerinnen und Schüler in Kleingruppen eine erste Einschätzung von vorgegebenen Texten (Materialbogen 1) vor und wenden die gelernten Unterscheidungsmerkmale von Hass-Propaganda, freier Meinungsäußerung und journalistisch aufbereiteten Inhalten an. Material PowerPoint-Präsentation, Folien 9 bis 13 Hass-Propaganda kann strafbar sein Die Beschäftigung mit der Rechtslage führt den Schülerinnen und Schülern vor Augen, dass Hass-Propaganda nicht vom Grundrecht der freien Meinungsäußerung geschützt ist und unter Umständen strafrechtliche Konsequenzen kann. Durch die Verbreitung von Hass-Propaganda (zum Beispiel durch "Liken") können sich die Jugendlichen unter Umständen selbst strafbar machen. Umgekehrt haben sie die Möglichkeit, entsprechende Inhalte zur Anzeige zu bringen. Thematisiert werden: Artikel 3, Grundgesetz: Diskriminierungsverbot Artikel 5, Grundgesetz: Freie Meinungsäußerung § 130 Strafgesetzbuch (StGB): Volksverhetzung Material PowerPoint-Präsentation, Folien 14 bis 17; Materialbogen 3. Fallbeispiele Die Schülerinnen und Schüler analysieren Hass-Propaganda anhand von vier konkreten Beispielen (Folie 15: Folie 15 ist so konzipiert, dass Beispiel 1 dargestellt ist. Für die Beispiele 2 bis 4 sind entsprechend Folien zu erstellen). Hierbei erkennen sie, mit welchen Methoden Hasspredigerinnen und -prediger versuchen, Anhängerinnen und Anhänger zu gewinnen. Außerdem erhalten die Jugendlichen einen Eindruck davon, wie Bilder, Symbole, Musik und Texte eingesetzt werden, um bestimmte Personengruppen herabzuwürdigen, Opfer zu definieren oder die eigene Meinung zu heroisieren. (Aufgrund der Inhalte der Fallbeispiele wird auf eine eigenständige Internetrecherche der Schülerinnen und Schüler verzichtet. Die Autorinnen übernehmen keine Verantwortung für die Inhalte externer Websites.) Die Fallbeispiele greifen unterschiedliche Themen auf: Beispiel 1: Hass-Rap, Homophobie Beispiel 2: Islamismus, Aufruf zum Dschihad Beispiel 3: Fremdenfeindlichkeit/Rechtsextremismus Beispiel 4: Antifeminismus/Frauenhass Hass-Propaganda stoppen Die Schülerinnen und Schüler werden mit einem fiktiven Fall konfrontiert, bei dem eine Jugendliche von einer getarnten Hass-Propaganda-Seite von Extremisten geködert wird, ihre persönlichen Daten angibt und (unfreiwillig) zur Mittäterin wird, indem sie das Material verlinkt und mit "Gefällt mir" markiert (Folie 16). Das Beispiel dient als Vorbereitung zur zusammenfassenden Diskussion, wie Hass-Propaganda gestoppt werden kann. Material PowerPoint-Präsentation, Folien 18 und 19; Feedback-Bogen Feedback Zum Abschluss der Unterrichtseinheit wird eine Feedbackrunde im Plenum durchgeführt.

  • Politik / WiSo / SoWi
  • Sekundarstufe I, Sekundarstufe II
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