• Schulstufe
  • Klassenstufe
  • Schulform
  • Fach
  • Materialtyp
  • Quelle 1
Sortierung nach Datum / Relevanz
Kacheln     Liste

Bundeswehreinsatz in Afghanistan

Unterrichtseinheit

Der Bundestag hat beschlossen, deutsche Soldaten nach Afghanistan zu entsenden – erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik steht somit die Bundeswehr für einen Kampfeinsatz außerhalb Europas zur Verfügung.Um diese Entscheidung herbeizuführen, hatte Bundeskanzler Schröder zuvor im Parlament die Vertrauensfrage gestellt und sie mit der inhaltlichen Frage über die Entsendung deutscher Truppen nach Afghanistan zur Unterstützung der Amerikaner im ?Kampf gegen den internationalen Terrorismus? verknüpft. Denn obwohl die Macht der Taliban in Afghanistan nach dem wochenlangen Bombardement durch die USA und den Erfolgen der Nordallianz am Boden schwindet, ist ein militärischer Einsatz der Bundeswehr allgemein umstritten. Die Bundesregierung hält es nach wie vor für notwendig, den Amerikanern die ?uneingeschränkte? Solidarität zu gewähren, die Bundeskanzler Schröder nach den Terroranschlägen des 11. Septembers versprochen hatte. (Fortsetzung s. Unterrichtsschritte, Basisartikel)Die Schülerinnen und Schüler sollen sich mithilfe des Basisartikels Grundlagen zur aktuellen Diskussion und die Argumente der Kriegsgegner und -befürworter erarbeiten. mithilfe von im Internet recherchierten Informationen einzelne Aspekte vertiefen. die Rolle Deutschlands im "Bündnisfall" erörtern können. die Situation der Regierungskoalition und der Grünen beurteilen. die Tragweite der Verknüpfung von Innen- und Außenpolitik in der Vertrauensfrage diskutieren. Um diese Entscheidung herbeizuführen, hatte Bundeskanzler Schröder zuvor im Parlament die Vertrauensfrage gestellt und sie mit der inhaltlichen Frage über die Entsendung deutscher Truppen nach Afghanistan zur Unterstützung der Amerikaner im "Kampf gegen den internationalen Terrorismus" verknüpft. Denn obwohl die Macht der Taliban in Afghanistan nach dem wochenlangen Bombardement durch die USA und den Erfolgen der Nordallianz am Boden schwindet, ist ein militärischer Einsatz der Bundeswehr allgemein umstritten. Die Bundesregierung hält es nach wie vor für notwendig, den Amerikanern die "uneingeschränkte" Solidarität zu gewähren, die Bundeskanzler Schröder nach den Terroranschlägen des 11. Septembers versprochen hatte. (Fortsetzung s. Unterrichtsschritte, Basisartikel) Katrin Schaumann ist Mitarbeiterin von politik-digital Die Verknüpfung zweier unterschiedlicher Fragen - einer außenpolitischen mit einer innenpolitischen Machtfrage - ist bei fast allen Parteien auf Kritik gestoßen. Entgegen Schröders anfänglichen Behauptungen, eine Mehrheit in der eigenen Koalition sei weniger wichtig als eine breite Mehrheit im Bundestag, hatte er seine Meinung geändert und den Antrag zur Vertrauensfrage gestellt: "Ich habe bewusst die Vertrauensfrage und den Antrag über die Bereitstellung deutscher Streitkräfte für den Kampf gegen den Terrorismus miteinander verknüpft. Denn der Bundeskanzler kann seinem Amt nur dann entsprechen, wenn seine Person und sein Programm die Zustimmung der ihn tragenden Mehrheit des Hohen Hauses finden", sagte er vor der Abstimmung im Bundestag. Bundeswehreinsatz schwer vermittelbar Dem Tag der Abstimmung war eine Woche vorausgegangen, in der noch einiges an Überzeugungsarbeit geleistet werden musste, vor allem bei den Grünen, aber auch in den Reihen der SPD-Fraktion, wo sich ebenfalls starke Zweifel breitgemacht hatten. Ein Einsatz der Bundeswehr, der humanitäre Hilfsleistungen überschreitet und gezielt militärische Aktionen einbezieht, ist für Deutschland problematisch und der Öffentlichkeit schwer vermittelbar. Wegen der von Deutschland ausgegangenen Überfälle auf seine Nachbarstaaten und der Schrecken des Zweiten Weltkriegs, herrscht seit Bestehen der Bundesrepublik Konsens darüber, dass von deutschem Boden nie wieder kriegerische Handlungen ausgehen dürften. Die Wiederbewaffnung Deutschlands und die Gründung der Bundeswehr unter Konrad Adenauer in den fünfziger Jahren stand unter dem Zeichen des Kalten Krieges zwischen Ost und West. Sie fand daher unter der strengen Aufsicht der westlichen Verbündeten und einer Einbindung in die NATO statt. Ebenso wurde die Nationale Volksarmee (NVA) der DDR in den Warschauer Pakt, das Verteidigungsbündnis des Ostens, integriert. Beide Armeen wurden ausdrücklich als Verteidigungsinstrumente angelegt. Heute hat sich die Situation geändert: Deutschland ist wiedervereinigt, der Ost-West-Gegensatz beigelegt und der Warschauer Pakt aufgelöst. Die Bedrohungen und Krisenszenarien haben sich aus der Sicht der NATO verändert. Heute steht nicht mehr die Verteidigung der Mitgliedsstaaten gegen einen Angriff im Mittelpunkt der NATO-Strategie, sondern die weltweiten "friedensstiftenden Einsätze" in Krisenregionen, auch wenn kein Bündnisfall oder UN-Mandat vorliegt. Die PDS ist mit einer Klage gegen diese Ausweitung der NATO-Aufgaben, die sie nicht mehr durch den ursprünglichen NATO-Vertrag gedeckt sieht, vor dem Verfassungsgericht gescheitert. Schröder begründet daher die Verpflichtung Deutschlands für einen Bundeswehreinsatz auf Seiten der USA mit dem Bündnisfall der NATO, der nach den Terroranschlägen des 11. September ausgerufen wurde. Befürworter und Gegner Allgemein wird der Entschluss, deutsche Soldaten auch außerhalb Europas zu stationieren, als Zäsur in der Geschichte der Bundesrepublik gewertet. Die Befürworter des Einsatzes betrachten dies als folgerichtiges "Erwachsenwerden" Deutschlands, das in der Außenpolitik selbst Verantwortung übernehmen müsse und militärische Einsätze nicht mehr allein den Verbündeten überlassen könne. Die Kritiker sehen in der Entscheidung eine fatale Fehlentwicklung, die vor allem zu einer Eskalation von Konflikten führt und Humanitären und politischen Zielen schadet. Die Abgeordnete Christa Lörcher etwa trat aus Protest gegen den Druck, der in dieser Gewissensfrage auf die Abgeordneten seitens der Regierung ausgeübt wurde, aus ihrer Fraktion aus. Auch die PDS lehnt den Bundeswehreinsatz kategorisch ab, das Mandat ist der Partei nicht genau genug definiert, sie befürchtet eine Ausweitung des Krieges und damit des Mandats auf andere Staaten wie etwa den Irak. Die Diskussion darüber ist entfacht, seit der Kanzler die bedingungslose Unterstützung der Amerikaner zugesichert hatte: Kritiker sind der Auffassung, Deutschland stünde mehr Zurückhaltung an. Andere sind der Meinung, gerade im Vergleich zu anderen Staaten Europas kann Deutschland sich nicht "raushalten". Die Frage wurde zu einer Feuerprobe für die Regierungskoalition. Die Grünen, viele ihrer Gründungsmitglieder aus der Friedensbewegung kommend, werden zum entscheidungsunfähigen Sündenbock abgestempelt, obwohl sie im Grunde die Meinungsvielfalt zu diesem Thema in der Gesellschaft abbilden. Die Verknüpfung dieser innenpolitischen Probleme mit der Frage nach der Richtung deutscher Außenpolitik ist umstritten - die vom Kanzler herbeigeführte Vertrauensfrage ein selten strapaziertes Instrument der Politik. Der Artikel der AutorInnen von politik-digital schafft einen guten Einstieg in die Thematik. Alle wesentlichen Aspekte des viel diskutierten Themas werden angesprochen, Tendenzen deutlich heruasgestellt. Um einzelne Aspekte zu vertiefen, können die SchülerInnen Dokumente und Zeitungsartikel recherchieren, unbekannte Begrifflichkeiten können nachgeschlagen werden. Internetadressen, die hierfür als Ausgangspunkt dienen können, sind von politik-digital bereits zusammengestellt worden. So können sich die SchülerInnen zum Beispiel zunächst über die beiden Verteidigungsbündnisse des Kalten Krieges informieren und Bezüge zur heutigen, veränderten Situation herstellen, in der die westlichen Staaten die Weltpolitik dominieren und in der Mitte Europas ein wiedervereinigtes Deutschland liegt. Fragen zur Regierungskoalition und der besonderen Lage der Grünen können ebnfalls mit den angfügten Adressen untersucht werden, ggf. können die SchülerInnen noch auf den Seiten der Parteien die dortigen Programme und Stellungnahmen einsehen. Zur Vorbereitung einer abschließenden Diskussion sollte der Artikel "Deswegen bitte ich um Ihr Vertrauen" zu Einsatz kommen, folgende Erarbeitungsfragen sind denkbar: Wie begründet Schröder die Verknüpfung der Vertrauensfrage mit der inhaltlichen Frage? Warum hat die Entscheidung, egal wie sie ausfällt, nach Argumentation der CDU/CSU keinen Bestand? Weshalb verweigert die PDS ihre Zustimmung? Nach der Verfassung ist jeder Abgeordnete ausschließlich seinem Gewissen verpflichtet, es darf kein Druck auf ihn ausgeübt werden. Faktisch jedoch untersteht er der Fraktionsdisziplin, die Regierungsfraktionen auch dem Koalitionszwang. Da Schröder die Vertrauensfrage gestellt hatte, machte er das Fortbestehen der Koalition von dieser inhaltlichen Entscheidung der Entsendung von Bundeswehrsoldaten abhängig. Ohne die Unterstützung der Regierungskoalition in dieser wichtigen Frage wäre ein Weiterregieren nicht möglich, argumentierte Schröder. Selten wurde der Charakter des Zweckbündnisses so deutlich wie in diesen Tagen. Pazifismus versus Regierungsverantwortung Dementsprechend gestaltete sich die Gewissensentscheidung für Bündnis 90/Die Grünen besonders schwierig. Die Partei hatte sich zu großen Teilen aus der Friedensbewegung heraus gebildet. Die Grünen Abgeordneten standen in dieser Frage vor dem Dilemma, entweder ihre pazifistische Grundhaltung aufgeben zu müssen oder aber die Koalition platzen zu lassen und Neuwahlen zu riskieren. Umfragen zufolge wären die Wählersympathien bei Neuwahlen zugunsten einer sozialliberalen Koalition ausgefallen. Somit mussten die Grünen also entweder ihre Grundwerte über Bord werfen oder aber in Kauf nehmen, dass eine neue, wahrscheinlich sozialliberale Regierung eine Politik unterstützte, die ihren Interessen noch ferner läge als der derzeitige Regierungskurs. Um also den Fortbestand der Koalition nicht zu gefährden, rangen sich schließlich die acht Kriegsgegner um Hans-Christian Ströbele die strategische Entscheidung ab, ihre Stimmen aufzuteilen: vier Stimmen für den Kanzler (und damit für den Erhalt der Koalition) und vier Stimmen gegen Schröder (als Ausdruck der Ablehnung des Krieges). Durch das taktische Zahlenspiel der Grünen hatte Schröder am Ende 336 Jastimmen beisammen, genau zwei mehr als für eine Mehrheit erforderlich. Das Ergebnis ist insofern paradox, als es genau die entgegengesetzten Verhältnisse im Parlament widerspiegelt: Denn sowohl FDP als auch die CDU/CSU-Fraktion befürworten einen Einsatz der Bundeswehr, verweigerten dem Kanzler jedoch das Vertrauen, weil sie gegen eine Weiterführung der rot-grünen Koalition sind. So gesehen haben auch sie das getan, was sie dem Kanzler vorwarfen: eine ursprünglich außenpolitische Frage mit innenpolitischen Überlegungen vermischt. Die Vertrauensfrage wurde zum vierten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik gestellt. Die Vertrauensfragen von Willy Brand 1972 und Helmut Kohl 1982 führten (beabsichtigt) zur Auflösung des Bundestages und zu Neuwahlen. Helmut Schmidt überstand 1982 zwar die Vertrauensfrage, verlor seine Mehrheit aber schon sieben Monate später, als ihn die Abgeordneten mithilfe des Misstrauensvotums abwählten. Auch Gerhard Schröder steht nach der Abstimmung nicht wirklich gestärkt da, die Wunden vor allem beim kleinen Koalitionspartner sind tief. Das Instrument der Vertrauensfrage ist ein starkes Mittel, das er nach Artikel 68 des Grundgesetztes erfolgreich zur Disziplinierung seiner Koalition eingesetzt hat, es offenbart jedoch gleichzeitig die Schwäche eines Bundeskanzlers, der sich seiner Mehrheit in dieser Frage offensichtlich nicht anders sichern konnte. Doch die Entscheidung für einen Kriegseinsatz der Bundeswehr, die auch ein Pokerspiel um mehr Macht und Einfluss auf dem internationalen Parkett war, ist endgültig. Die Vorbereitungen für den Einsatz laufen: Das Verteidigungsministerium wird Schnellboote, Minensucher und Aufklärungsflugzeuge der Marine zur Überwachung an die somalische Küste schicken. Auch die Vorbereitungen des Kommando Spezialkräfte (KSK) für einen Einsatz in Afghanistan sind im Gang. Die Elitesoldaten des KSK sind darauf spezialisiert, Geiseln zu befreien und Terroristen zu fangen. Die Mithilfe Deutschlands im internationalen Krisenmanagement schließt Kampfhandlungen zwar schon seit dem Kosovo-Krieg nicht mehr aus. Doch es überschreitet erstmals die Grenzen Europas.

  • Politik / WiSo / SoWi
  • Sekundarstufe II
ANZEIGE