Europäer in Deutschland - Einwanderer "aus Zufall"?

Die so genannten Gastarbeiter, die nach Deutschland kamen, wollten nicht unbedingt bleiben. Diese "zufällige" Einwanderung stand der Integration im Wege.

Die Geschichte der "Gastarbeiter"

Einwanderung auf Zeit

Wer Anfang der 1970er Jahre sein anatolisches Dorf verließ, um in den Kölner Ford Betrieben oder bei VW in Wolfsburg zu arbeiten, war nicht von einem expliziten Auswanderungswunsch ergriffen wie etwa ein Hispanic, Chinese oder Ire, der in die Vereinigten Staaten von Amerika emigrierte. Die jungen türkischen Männer, die im Zuge des Anwerbeabkommens in die Bundesrepublik kamen, wollten die Nabelschnur zu ihrer Heimat erhalten. Sie kamen mit hochgesteckten Sparzielen und beabsichtigten lediglich ein paar Jahre zu bleiben, um sich mit der angehäuften deutschen Mark in der Türkei einen kleinen Wohlstand zu sichern. Das waren auch die Pläne der Griechen, Spanier, Italiener, Portugiesen und Jugoslawen. In ihren eigenen Ländern fanden sie kaum eine Arbeitsmöglichkeit, wo sie in kurzer Zeit so viel verdienen konnten wie im Wirtschaftswunderland Deutschland. Deshalb packte das "Deutschlandfieber" auch so viele junge Männer.

Die eigenen Wurzeln wurden kultiviert

Die Mehrheit der nach Deutschland gekommenen Arbeiter gehörte zu den unteren Bildungsschichten. Das heißt in ihren Entsenderstaaten hatten die meisten lediglich geringe berufliche Qualifikationen erworben. In den gering qualifizierten Jobs, für die man sie nach Deutschland holte, war es kaum erforderlich, dass sie gutes Deutsch sprachen. So konnten die sogenannten Gastarbeiter in der Fremde auch im Alltag ihre Herkunftssprachen kultivieren, ohne dass sie sich genötigt sahen, die Sprache der deutschen Mehrheitsgesellschaft zu lernen und sich mit den "Alteingesessenen" auszutauschen. Eine verpasste Chance, denn noch heute sprechen viele Migranten der ersten Stunde nur gebrochen Deutsch.

Integration mit Hindernissen

Aus Zufall geblieben, schlecht integriert

Viele von ihnen erlebten die Fremde trotz der Aussichten auf einen guten Verdienst nicht unbedingt als Paradies. Sie litten an Heimweh und fühlten sich nicht zuletzt deshalb ausgeschlossen, weil sie von der Bevölkerung als billige und willige Arbeitskräfte stigmatisiert wurden. Ob Marokkaner in Frankreich, Türken, Griechen und Italiener in Deutschland oder Jugoslawen in Österreich, sich in der europäischen Gesellschaft ökonomisch und sozial "ganz unten" wiederzufinden, war eine kollektiv bittere und demütigende Erfahrung für die Migranten der ersten Stunde. Von gelungenen Integrationsmodellen oder -vorstellungen kann im Zusammenhang mit diesen Menschen nicht die Rede sein, denn weder die Migranten selbst noch die europäische Gesellschaft war an einer dauerhaften Einwanderung und Einbindung interessiert.

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Yildiz Turak

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