Erfahrungen bei der Durchführung einer Unterrichtseinheit

Die geschilderten Erfahrungen basieren auf einer von Tim Rinkens und Ruth Dietzel am Reismann Gymnasium in Paderborn durchgeführten Unterrichtseinheit in einem Informatikkurs der Klasse 10.

1. Konstruktion der Roboter

Den Schülerinnen und Schülern wurden leihweise vier LEGO-Baukästen der Mathematik/Informatik-Fachschaft der Uni Paderborn zur Verfügung gestellt. Zunächst wurden Vor- und Nachteile einiger Bauelemente erklärt. Anschließend wurde der Arbeitsauftrag gestellt, einen Roboter zu konstruieren, der fahren kann und Tast- sowie Lichtsensoren besitzt. Die Lernenden sollten den Arbeitsauftrag in Fünfergruppen bearbeiten. Der Einsatz von Legosteinen war mit Kindheitserfahrungen verbunden und führte zu einer positiven intrinsischen Motivation durch den Lerngegenstand. Dennoch hätte eine gänzlich eigenständige Konstruktion des Roboters die Schülerinnen und Schüler überfordert. So war es notwendig, einige Hilfestellungen bezüglich der Verwendung von Sensoren und des Aufbaus der Getriebe zu geben. Letztlich musste in den Konstruktionsplänen für die Roboter nachgeschaut werden, um die Statik und Stabilität der eigenen Entwürfe zu verbessern. Dennoch gelang es den Gruppen, die meisten Hürden der Konstruktion durch Versuch und Irrtum zu überwinden. Die Identifikation mit den "eigenen" Robotern war sehr hoch.

2. Test der Roboter

Wichtig war es im Sinne der Ergebnisorientierung, die Roboter einem Test zu unterziehen. Hier kam das Programm RCXDirectMode zum Einsatz, da es bei der Ansteuerung von Motoren und Sensoren komfortabler ist als die offizielle Lego-Software. Das Programm wurde den Lernenden vorgestellt und das Laden der Firmware durch RCXDownload veranschaulicht. Das Anwenden der Software gelang ohne nennenswerte Probleme.

3. Einführung in die Objektorientierte Programmierung

Aufgrund der unterschiedlichen Roboter-Modelle sollte jede Gruppe eine Präsentation ihres Modells vor der Klasse vorbereiten. Zu dieser Präsentation gehörte die möglichst genaue Beschreibung der Eigenschaften und Funktionen des Roboters. Mithilfe dieser Beschreibung wurde eine Definition für den Begriff des Objekts gefunden: "Ein Objekt ist gekennzeichnet durch seinen Namen, durch seine Eigenschaften und durch seine Funktionalitäten (durch das, was es machen kann)". Da nicht alle Eigenschaften von allgemeinem Interesse waren, wurden die Roboter später verkürzt beschrieben. Zentrale Merkmale konnten durch die Beantwortung der Fragen "Was hat der Roboter?" (Attribute) und "Was kann der Roboter?" (Dienste) beschrieben werden. Auch der Begriff der "Klasse" ließ sich nun einführen: "Objekte mit gleichen Attributen und Diensten können zu einer Klasse zusammengefasst werden. Eine Klasse ist ein Bauplan (Schablone), nach der gleichartige Objekte erstellt werden können". Zentrale Begriffe der Informatik wurden so anhand der Robotermodelle handlungsorientiert erarbeitet.

4. Dekonstruktion und Anwendung eines Testprogramms

Nach der Einführung anhand realer Objekte wurde im Folgenden eine Java-Klasse "Roboter" vorgegeben. Die Klasse beinhaltete die Dienste "geh_vorwaerts" und "geh_rueckwaerts". Weiterhin erhielten die Gruppen einen Ausdruck der Klasse "Test". In der Klasse wurden durch die main-Methode Nachrichten an den Roboter gesandt. (Die main-Methode sorgt dafür, dass ein Java-Programm gestartet werden kann. Eine Methode kann man dabei als "Hilfsprogramm" verstehen. Siehe auch Zusatzinformationen.) Die Schülerinnen und Schüler lernten anhand des Programms zu erklären, was der Roboter beim Ausführen tun würde. Es wurden erste Einblicke in die Syntax der Sprache erarbeitet und verstanden, wie das Objekt einer Klasse erzeugt und mit Diensten beauftragt wird. Die Implementierung des Programms sollte nun durch das Programm RCXDownload ausprobiert werden. Die Gruppen testeten das Programm und veränderten selbstständig die Nachrichten an den Roboter.

5. Nutzung und Realisation von Vererbung

Die Lernenden bemängelten recht bald, dass der Roboter nicht nach links und rechts fahren konnte. Es wurde deshalb die Klasse "RoboterLR" eingeführt, die bereits alle Attribute der Roboter-Klasse enthielt und nur um die Dienste "geh_links" und "geh_rechts" erweitert wurde. Die Definition der Vererbung war für die Schülerinnen und Schüler schwer nachzuvollziehen, deshalb wurden die selbstgebauten Roboter mit den neuen Diensten beauftragt. Sie sollten in die Lage versetzt werden, ein Quadrat zu fahren. Nach Fehlversuchen stellten die Arbeitsgruppen fest, dass die Deklaration und Verwendung des Roboters verändert werden musste. Nun wurde wie selbstverständlich vorgeschlagen, die neue Klasse von "RoboterLR" abzuleiten - die Vererbung war also nachvollzogen worden. Es folgte eine Einführung in die Thematik der Vererbung in Java. Erst an dieser Stelle spielte die Syntax von Java eine Rolle.

Objektorientierte Programmierung: Spielerisch & spannend

An dieser Stelle wird nun der Bericht über die Unterrichtseinheit abgebrochen. Er sollte in erster Linie verdeutlichen, dass objektorientierte Programmierung nicht abstrakt bleiben muss, sondern an konkreten Anwendungsbeispielen spielerisch-problemorientiert zu einem spannenden Thema für die Lernenden werden kann.

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Dr. Jens Winkel

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