Unwort des Jahres 2014: "Lügenpresse"

Fundstück

Manche Wörter verwirren, diffamieren und sind einfach unpassend gewählt. Manche Wörter braucht kein Mensch und dennoch finden sie Verwendung. Solche Ausdrücke stehen jedes Jahr zur Wahl als "Unwort des Jahres". Auf den ersten Platz des Jahres 2014 hat es das Wort "Lügenpresse" geschafft.

Jedes Jahr wählt eine Jury aus Sprachwissenschaftlerinnen und Sprachwissenschaftlern das "Unwort des Jahre". Das Ziel: ein sensiblerer Umgang mit Sprache in der öffentlichen Kommunikation. Viel zu häufig benutzen wir Wörter, ohne die Bedeutung zu hinterfragen. Das Wort "Lügenpresse" war bereits im Ersten Weltkrieg ein zentraler Kampfbegriff und diente auch den Nationalsozialisten zur pauschalen Diffamierung unabhängiger Medien. Gerade die Tatsache, dass diese sprachgeschichtliche Aufladung des Ausdrucks einem Großteil derjenigen, die ihn seit dem letzten Jahr als "besorgte Bürger" skandieren und auf Transparenten tragen, nicht bewusst sein dürfte, macht ihn zu einem besonders perfiden Mittel derjenigen, die ihn gezielt einsetzen, so die Jury.

Unwörter

Die Jurybegründung

Dass Mediensprache eines kritischen Blicks bedarf und nicht alles, was in der Presse steht, auch wahr ist, stehe außer Zweifel. Mit dem Ausdruck "Lügenpresse" aber werden Medien pauschal diffamiert, weil sich die große Mehrheit ihrer Vertreterinnen und Vertreter bemüht, der gezielt geschürten Angst vor einer vermeintlichen "Islamisierung des Abendlandes" eine sachliche Darstellung gesellschaftspolitischer Themen und differenzierte Sichtweisen entgegen zusetzen. Eine solche pauschale Verurteilung verhindere fundierte Medienkritik und leiste somit einen Beitrag zur Gefährdung der für die Demokratie so wichtigen Pressefreiheit, deren akute Bedrohung durch Extremismus gerade in diesen Tagen unübersehbar geworden ist, heißt es in der Jurybegründung.

Unwort-Statistik 2014

Auch gerügt wurden die Wörter "Erweiterte Verhörmethoden" und "Russland-Versteher". Für das Jahr 2014 wurden 733 verschiedene Wörter eingeschickt. Die Jury erhielt insgesamt 1.246 Einsendungen. Die häufigsten Einsendungen (je über zehn Einsendungen), die den Kriterien der Jury entsprechen, waren Putin-Versteher / Russland-Versteher (zusammen 60-mal), PEGIDA / Patriotische Europäer gegen Islamisierung des Abendlandes (44-mal), Social Freezing (29-mal), tierische Veredelung / Veredelungsindustrie / Veredelungswirtschaft (in allen Varianten zusammen 25-mal) und Gutmensch / Gutmenschentum (zusammen 15-mal).

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