Freie Unterrichtsmaterialien: Open Educational Resources

Fachartikel

Unterrichtsmaterialien in klassischer Form werden immer häufiger durch solche aus den digitalen Medien ergänzt. Dabei bleibt das Urheberrecht für Lehrkräfte nicht selten ungeklärt. Open Educational Resources stellen eine Alternative zur rechtlichen Grauzone dar. Materialien werden vom Urheber unter einer besonderen Lizenz veröffentlicht, die Nutzungsrechte klar definiert.

Materialien zur Unterrichtsvorbereitung und -gestaltung finden Lehrkräfte oft auf Webseiten, die explizit Lehr- und Lernmaterialien anbieten. Aber auch Medien, die nicht direkt für das Lehren und Lernen konzipiert wurden, können sich als mögliche Quellen eignen. Aber darf ich diese Materialien auch im Unterricht verwenden? Darf ich sie bearbeiten, verändern und im Internet, zum Beispiel auf der Lernplattform meiner Schule, veröffentlichen? In vielen Fällen schränkt das Urheberrecht die Vervielfältigung und Bereitstellung von Materialien in digitaler Form im Internet oder dem Schulnetzwerk ein und bindet die Nutzerinnen und Nutzer an die schriftliche Genehmigung durch den Urheber. Anders verhält es sich bei den Open Educational Resources (OER).

OER als Lösung

Definition Open Educational Resources

Die Hewlett Foundation, eine private Stiftung aus den USA, die Projekte im sozialen und entwicklungspolitischen Bereich fördert, definiert Open Educational Resources (OER) wie folgt: "OER sind frei zugängliche Lehr-, Lern- und Forschungsressourcen, die gemeinfrei sind oder auf Basis freier Lizenzen die Verwendung und Veränderung erlauben. Open Educational Resources umfassen vollständige Kurse, Kursmaterialien oder -aufgaben, Lehrbücher, Videos oder Anwendungsprogramme sowie andere Werkzeuge, Materialien oder Techniken, die genutzt werden, um den Wissenserwerb zu unterstützen."

Klare Lizenzierung

Anders als bei den meisten klassischen Bildungsmedien handelt es sich bei freien Bildungsmedien um Material, das vom Urheber unter eine besondere Lizenz gestellt wurde, die es anderen erlaubt, diese Materialen zu nutzen, zu verändern und erneut zu veröffentlichen. Für Lehrkräfte bedeutet dies vor allem Sicherheit darüber, sich auf der rechtlich sicheren Seite zu befinden und nicht im Graubereich, in dem sie hoffen müssen, unentdeckt zu bleiben.

Lizenzen für OER

Creative Commons-Lizenzen

Es gibt verschiedene Lizenzen, mit denen ein Urheber anzeigen kann, dass die eigenen Materialien als freie Bildungsmaterialien verwendet werden dürfen. In Deutschland sind die sogenannten Creative Commons-Lizenzen besonders verbreitet. Dabei handelt es sich um Lizenzverträge, die für viele Länder und Sprachen weltweit gelten und die dem Urheber die Möglichkeit geben, seine Rechte sehr differenziert an die Nutzer weiterzugeben. Dabei ist wichtig: Das Urheberrecht bleibt bestehen.

Kombination der CC-Komponenten

Aus den einzelnen CC-Komponenten sind unterschiedliche Kombinationen möglich, die jeweils verschiedene Rechte einräumen. Sehr verbreitet ist die Version CC BY-SA, die eine sehr freie Nutzung erlaubt. Die Kombination CC BY-NC-ND zeigt, dass die Vergabe einer CC-Lizenz nicht unbedingt bedeutet, dass die Materialen frei sind, denn hier sind die Veränderungs- und Nutzungsmöglichkeiten klar eingeschränkt. Aber selbst diese Form der CC-Lizenz gibt Lehrkräften genaue Auskunft, wie das Material verwendet werden darf, ohne beim Urheber nach einer gesonderten Genehmigung fragen zu müssen.

Die Lizenzen setzten sich aus verschiedenen Komponenten zusammen

CC BY - attribution

"CC BY" ist die Basisversion der Creative Commons-Lizenzen und die einzige, die in allen CC-Lizenzen vorkommen muss. Sie besagt, dass die Materialen frei verwendet, verändert und auch wieder veröffentlicht werden können. Die einzige Auflage: Der ursprüngliche Urheber und die Quelle müssen genannt werden.

CC SA - share alike

"Share alike" besagt, dass eine veränderte Version des Materials, wenn sie wieder veröffentlicht wird, auch wieder unter denselben Bedingungen und damit derselben Lizenz veröffentlicht werden muss.

CC NC - non commercial

Diese Komponente verbietet die kommerzielle Nutzung des Materials beziehungsweise seiner Derivate.

CC ND - no derivates

"No derivates" besagt, dass das Material zwar weitergegeben und wieder veröffentlicht werden darf, dabei sind Veränderungen aber nicht erlaubt.

Hintergrundinformationen

Ursprung der OER

Der Begriff Open Educational Resources wurde im Jahr 2002 geprägt und wird seither auch von internationalen Organisationen wie der OECD und der UNESCO verbreitet. Ein Höhepunkt dieser Aktivitäten war dabei die Verabschiedung der Pariser Deklaration im Sommer 2012. Die Deklaration hat zum Ziel, OER weiter zu verbreiten und international Unterstützung für die Idee der freien Bildungsmedien zu finden. Mitgliedsstaaten der UNESCO werden darin zu verschiedenen Aktionen aufgerufen, zum Beispiel:

  • Das Bewusstsein für OER-Materialien soll gestärkt werden.
  • Maßnahmen und Strategien zur Entwicklung von OER sollen gefördert werden.
  • Die Funktionsweise der CC-Lizenzierung soll weiter bekannt gemacht werden.
  • Werkzeuge zum Suchen und Finden von OER sollen bereitgestellt werden.

Freie Bildungsressourcen

Die internationalen Aktivitäten zielen im Schwerpunkt darauf ab, Bildungsressourcen vor allem für Schwellen- und Entwicklungsländer einfacher bereitstellen und verbreiten zu können, da hier oft nur wenige finanzielle Mittel für Bildungsmaterial zur Verfügung stehen. Aber auch für Deutschland und andere europäische Staaten hat die Bewegung Bedeutung, besonders im Bereich digitaler Medien, die von Lehrkräften immer häufiger als Alternative zum klassischen Lehr- und Lernmaterial herangezogen werden.

OER bereitstellen

Bei der digitalen Bereitstellung und Verbreitung von Open Educational Resources ist die korrekte Darstellung der CC-Lizenz wichtig. Hierbei spielen die drei Ebenen der CC-Lizenz eine Rolle.

  • Der rechtsverbindliche Text
    Die Lizenzen stellen einen Vertrag dar, in dem Anbieter und Nutzer vereinbaren, wie das Material genutzt werden darf. Dafür gibt es juristische Texte, die in viele Sprachen übersetzt wurden.
  • Die Lizenz für das menschliche Auge
    Damit der Nutzer die Lizenz schnell erfassen kann, gibt es Icons, die die einzelnen Lizenzen leicht verständlich erläutern und auf entsprechenden Webseiten kenntlich machen.
  • Die maschinenlesbare Lizenz
    Damit auch Suchmaschinen OER-Material finden können, müssen die Lizenzen auch in einer maschinenlesbaren Version im Quelltext der Ressource zu finden sein. Der entsprechende Code kann auf der Creative Commons-Webseite generiert werden.

OER suchen und finden

Suchmaschinen und Webportale für OER

  • Google verfügt über eine erweiterte Suche, bei der die gewünschten Nutzungsrechte ausgewählt werden können.
  • Der Bilderdienst flickr bietet die Möglichkeit, gezielt nach Bildern mit einer CC-Lizenz zu suchen.
  • Beim Video-Portal YouTube kann erst nach der ersten Suche ein Filter ausgewählt werden.

Webseiten mit ausschließlich freiem Material

  • Wikipedia ist der bekannteste Online-Dienst, der ausschließlich Material enthält, das unter einer CC-Lizenz steht.
  • Auf der Website OERcommons kann gezielt nach freiem Bildungsmaterial gesucht werden. Allerdings enthält die Seite fast ausschließlich Verweise auf englischsprachiges Material.

Autor

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Richard Heinen

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