Suggestopädie – ein Überblick

Die Suggestopädie lässt sich den ganzheitlichen Lehr-Lernkonzepten zuordnen. Auf der Grundlage eines optimistischen Menschenbildes wird die einzelne Person als Ganzes, das heißt, als Einheit von Körper, Geist und Gefühlen betrachtet.

Suggestion als Wahrnehmungsvorschlag

Die Suggestopädie wurde in den 60er Jahren vom bulgarischen Arzt und Psychotherapeuten Georgi Lozanov begründet. Der Begriff Suggestion steht dabei für "Wahrnehmungsvorschlag", der extern durch die Umgebung oder intern durch verinnerlichte Glaubenssätze ("Computer versteh' ich eh nicht.") erfolgen kann. Die Suggestopädie ist die Wissenschaft von der Suggestion im Hinblick auf den Prozess des Lehrens und Lernens. Negative Suggestionen sollen abgebaut und positive aufgebaut werden [vgl. Bovet-Huwendiek, Seite 122-124].

Berücksichtigung verschiedener Lerntypen

Dem Lernenden sollen unterschiedliche Wahrnehmungsvorschläge angeboten werden, die er bewusst oder unbewusst aufnimmt. Unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Lerntypen (im Wesentlichen: auditiv, visuell und kinästhetisch-haptisch) werden unterschiedliche Sinne einbezogen. Für das visuelle Lernen kommen Lernposter, Filme, Farben oder auch die Möglichkeit, innere Bilder entstehen zu lassen, zum Einsatz. Das auditive Lernen kann durch Lernkonzerte, Musik, Gruppenarbeit, leises oder lautes Sprechen und Ähnliches angesprochen werden und für das kinästhetisch-haptische Lernen werden Experimente, Bewegungen, Spiele, Wohlgefühle berücksichtigt.

Periphere Stimuli

Georgi Lozanov legte ein besonderes Gewicht auf den Einfluss von Wahrnehmungen am Rande des Bewusstseins auf den Lernprozess. Bestimmte Reize (Stimuli wie Poster oder Hintergrundmusik) können in den Unterricht integriert werden, ohne dass die Lehrperson bewusst die Aufmerksamkeit auf sie lenkt [vgl. Riedel, Seite 39ff.]. Periphere Stimuli helfen dem Lernenden unbewusst immer wieder zum eigentlichen Thema zurückzufinden.

Vermeidung von Stress

Ein Anliegen der Suggestopädie ist die Vermeidung von Stress durch Entspannung, Freude und Spaß beim Lernen. In Stresssituationen sorgt eine erhöhte Ausschüttung der Hormone Adrenalin und Noradrenalin dafür, dass der Informationsfluss im Gehirn behindert wird [vgl. hierzu auch Vester, Seite 102 ff.] und somit die Lernfähigkeit beeinträchtigt ist. Dem entgegen wirken lernfördernde suggestive Faktoren, wie die persönliche positive Ausstrahlung des Lehrenden, der Abbau von Lernblockaden, die Berücksichtigung der Stärken der Lernenden im Unterricht sowie eine anregende Atmosphäre und Umgebung. Eine ausgewogene Rhythmisierung zwischen Anspannung und Entspannung wirkt dabei unterhaltend und kurzweilig.

Positiver Einfluss der Musik

Ein wesentliches Element zum Abbau von negativen und Aufbau von positiven Suggestionen ist die Musik. Musik beeinflusst unsere Stimmung, unser Verhalten und unser Fühlen vielfältig und teilweise unbewusst. Musik wirkt vor allem über den Rhythmus und die Lautstärke. Musik kann helfen so genannte Anker zu setzen, wenn mit der Musik schöne Bilder, Erinnerungen oder Gefühle verbunden werden [vgl. Skill-Autorenteam, Seite 81-83].

Beeinflussung des Herzschlags

Lozanov erkannte am Vorbild indischer Yogis, dass bestimmte Musik psychische und physische Entspannung bewirken kann. Herzschlagfrequenz und Atemrhythmus verlangsamen sich durch ein vermehrtes Auftreten von Alpha-Wellen im Gehirn [vgl. Bovet, Huwendiek, Seite 124]. Dieser Zustand entspricht einem entspannten Wachbewusstsein und liegt zwischen einem aktiven Wachbewusstsein und der Traumphase eines Menschen. Die Musik sollte hierzu einem Rhythmus von circa 60 Schlägen pro Minute entsprechen.

Suggestopädischer Kreislauf

  • Einstimmung

    Ein suggestopädischer Ablauf [vgl. Bovet, Huwendiek, Seite 126] beginnt gewöhnlich mit einer Konzentrationsphase, dem Centering [vgl. Skill-Autorenteam, Seite 84]. Bei einem ruhig fließenden Musikstück und unterstützenden Worten des Lehrenden gewinnt der Zuhörer Abstand zu ablenkenden Gedanken und wird geistig auf die nachfolgende Erarbeitungsphase eingestimmt.
  • Passives Lernkonzert

    Nach der Erarbeitung und Präsentation des Lernstoffes wiederholt der Lehrende zur Musik, die mit 60 Schlägen pro Minute beruhigend wirkt, die wesentlichen Inhalte (passives Lernkonzert). Der Lernende kann dabei entspannt zuhören.
  • Anwendungs- und Übungsphase

    Im suggestopädischen Kreislauf folgt hierauf eine Anwendungs- und Übungsphase des Gelernten.
  • Integrationsphase

    Den Abschluss einer Unterrichtseinheit bildet die Integrationsphase, in der der Lehrende zur Entspannungsmusik die gesamten Lerninhalte zum Beispiel durch Verbindung mit einer Fantasiereise wiederholt.

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Gisela Wallraf

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