Das Schnipseldiktat

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Deutsch-Unterricht. In meiner Klasse steht bald das nächste Diktat an. Igitt. Diktate. Das mögen viele Kinder nicht. Und man kann es ihnen auch schwerlich verübeln. Um das Lernen für das Diktat möglichst spannend und abwechslungsreich zu gestalten, habe ich den Kids zunächst einen kleinen Text von acht Sätzen mit unseren Lernwörtern zum Abschreiben gegeben. Das kann jeder. Nach bestem Wissen und Gewissen.

Schnell ist Level zwei erreicht: "Was können wir jetzt machen, Herr Klafki?" Ich liebe das. "Passt auf, jetzt nehmt ihr euch ein weißes Blatt Papier und schneidet es in acht etwa gleich große Schnipsel." Erstaunte Kinderaugen, wohin man blickt. "Du hast doch gesagt, dass wir heute ganz viel für das Diktat üben!" Das stimmt. Wenn die wüssten. "Abwarten, lieber Manni, eins nach dem anderen. Bei Super Mario Maker kommt der Endgegner ja auch nicht schon nach dem ersten Level, oder?" "Nee! Erst viel später!" "Siehst du, Manni, Level eins hast du geschafft. Jetzt kommt Level zwei. Das Schneiden." Ruhe im Schiff. Alle schneiden ruhig und konzentriert.

"Level drei ist leicht. Nummeriert die Schnipsel von 1 bis 8." Zack, fertig. "Und jetzt?" "Jetzt schreibt ihr jeden einzelnen Satz von vorhin auf je einen Schnipsel." Auch das funktioniert bestens, weil die Kids so kleinschrittig arbeiten und schnell sichtbare Erfolge erzielen. Jeder will die Schnipsel vollschreiben. Und jeder will Erster sein. "Alle fertig?" "Jaaaaaaaa!" "Super, und jetzt kommt quasi Bowser, Manni. Der Endgegner. Ohren gespitzt und zugehört. Öffnet nun eure Schreibhefte. Legt euch einen Stift parat. Und jetzt konzentriert euch ganz auf eure Schnipsel. Prägt sie euch ein! Wenn ihr meint, dass ihr den Inhalt eines Schnipsels auswendig könnt, dann dreht den Schnipsel um und schreibt den Inhalt sauber in euer Heft! Das macht ihr mit allen acht Schnipseln. Und zwar: jetzt!" Die Köpfe rauchen.

Unbewusst festigen die Kinder so auch schwere Wörter wie Frühling, Sommeranfang, Jahreszeiten und andere. Und alle ziehen mit. Als sie Bowser bezwungen und alle Sätze auswendig ins Heft geschrieben haben, dürfen sie nun ihre Ergebnisse selbst korrigieren. Mit meinem grünen Korrektur-Stift. Ausnahmsweise. Und zur Belohnung geht es anschließend noch eine halbe Stunde an die frische Luft. Für das Diktat haben heute schließlich alle genug gelernt.

Alle Namen der Schülerinnen und Schüler wurden von der Redaktion geändert.