Evaluationsergebnisse der wissenschaftlichen Begleitung

Als Ergebnis der Erhebung kann den Auszubildenden des Modellprojekts eine hohe Motivation bescheinigt werden, die zu respektablen Prüfungsergebnissen beitrug.

Motivation der Auszubildenden

Ein nicht zu unterschätzender Erfolgsfaktor

Die Motivation der Auszubildenden war aufgrund der virtuellen Durchführung der Ausbildung ein wesentlicher Erfolgsfaktor, weil der Großteil der Arbeitszeit nicht unter unmittelbarer Aufsicht durch die Ausbildenden und Lehrenden stattfand. Zugleich war die Gefahr der Demotivation gegeben, wenn bei technischen oder inhaltlichen Problemen nicht schnell und kompetent geholfen werden konnte oder sich die Teilnehmenden sozial isoliert fühlten. Die deshalb durchgeführte Erhebung zur Motivation orientierte sich an dem Forschungsprojekt "Selbstbestimmt motiviertes und interessiertes Lernen in der kaufmännischen Erstausbildung" (vergleiche Prenzel/Kristen/Dengler/Ettle/Beer 1996; Prenzel/Kramer/Drechsel 2001), das im Rahmen des DFG-Schwerpunktprogramms "Lern-/Lehrprozesse in der kaufmännischen Erstausbildung" durchgeführt wurde.

Angemessene Rahmenbedingungen

Als Ergebnis der Erhebung kann zum einen den Auszubildenden des Modellprojekts eine gute Motivation bescheinigt werden. Zum andern ist es den Ausbildenden und Lehrenden gelungen, im Rahmen des virtuellen Ausbildungskonzepts Bedingungen für ein motiviertes Lernen und Arbeiten zu schaffen.

Qualifizierungspotenzial des virtuellen Ausbildungskonzepts

Prüfung unter Aufsicht zu Hause

Zwischen den Berufsbildungswerken, den zuständigen IHK's und der wissenschaftlichen Begleitung wurde vereinbart, dass die Auszubildenden von zu Hause aus an der Prüfung teilnehmen, wobei Aufsichtspersonen das Geschehen bei den Auszubildenden vor Ort überwachen sollten. Inhaltlich war die IHK-Abschlussprüfung im VBBW identisch mit der Prüfung in der Präsenzausbildung, so dass diese Prüfung einen wesentlichen Indikator für das Qualifizierungspotenzial der virtuellen Ausbildung darstellte.

Prüfungsergebnisse

  • Im BBW I lag das durchschnittliche Prüfungsergebnis der Auszubildenden der virtuellen Ausbildung mit 71,1 Prozent um 2,6 Prozentpunkte über dem der Auszubildenden in der Präsenzausbildung. Gegenüber dem IHK-Durchschnitt, in dem sämtliche Abschlussprüfungen zum/zur Bürokaufmann/-frau des Kammerbezirks erfasst sind, "fehlten" den virtuellen Auszubildenden im Durchschnitt 2,9 Prozentpunkte.
  • Im BBW II erzielten die virtuellen Auszubildenden mit einem Mittelwert von 74,7 Prozent schon fast signifikant (p=0,075) bessere Ergebnisse als die Auszubildenden der Präsenzausbildung, die im Durchschnitt 66,4 Prozent der maximal möglichen Punkte erreichten. Der regionale IHK-Durchschnitt, in dem sämtliche Abschlussprüfungen zum/zur Bürokaufmann/-frau des Kammerbezirks erfasst sind, lag um 3,3 Prozentpunkte über dem Durchschnitt der virtuellen Auszubildenden.

Im Vergleich zum jeweiligen IHK-Durchschnitt haben die virtuellen Auszubildenden, insbesondere wenn man die Schwere der Behinderungen berücksichtigt, ein respektables Ergebnis erzielt (vergleiche Abb. 3).

Beurteilung der Ausbildung und des Soziallebens

Schriftliche Befragung

Die Beurteilung der Ausbildung durch die Auszubildenden, Ausbildenden und Lehrenden wurde mithilfe von schriftlichen, teilstandardisierten Befragungen zum Ende der drei Ausbildungsjahre erhoben.

Positive Beurteilung

Insgesamt wurde die virtuelle Ausbildung von den Auszubildenden, Ausbildenden und Lehrenden positiv beurteilt. Hinsichtlich der Gesamtbeurteilung der virtuellen Ausbildung wurden bis auf eine Ausnahme von den Auszubildenden der beiden Berufsbildungswerke zu allen Erhebungszeitpunkten keine Noten schlechter als "befriedigend" vergeben. Zum Ausbildungsende betrug die Durchschnittsnote im BBW I 2,18 und im BBW II 2,14.

Keine soziale Isolierung

Im Rahmen der Erhebungen zum Ende der drei Ausbildungsjahre wurden die Auszubildenden hinsichtlich des Einflusses der Ausbildung auf das Sozialleben befragt. Zu allen Erhebungszeitpunkten verneinten nahezu alle Auszubildenden beider Berufsbildungswerke die Frage, ob sie sich aufgrund der virtuellen Ausbildungsdurchführung sozial isoliert fühlten.

Berufliche Integration der Auszubildenden

Respektables Ergebnis

Im Dezember 2003 und im Juni 2005 wurden die Absolventinnen und Absolventen nach ihren derzeitigen beruflichen und schulischen Aktivitäten befragt. (Abb. 6)

Rund zwei Jahre nach Ausbildungsende gingen jeweils mindestens die Hälfte der arbeitsfähigen Albsolventinnen und Absolventen der beiden Berufsbildungswerke einer selbstständigen oder unselbstständigen Tätigkeit als Bürkaufmann/-frau nach. Rund die Hälfte dieser Auszubildenden war als Telearbeiter tätig. Angesichts der schwierigen Situation auf dem Arbeitsmarkt und der Schwere der Behinderungen stellt dies ein durchaus respektables Ergebnis dar.

Fazit

Nachhaltiges Konzept

Die Befunde der wissenschaftlichen Begleitung belegen, dass die virtuelle Ausbildung schwerstkörperbehinderter Menschen erfolgreich durchgeführt werden kann. Aufgrund der positiven Erfahrungen wurde das Ausbildungskonzept in beiden Berufsbildungswerken in den Regelbetrieb überführt. Darüber hinaus haben beide Berufsbildungswerke E-Learning und Telearbeit in weitere Lehrgänge für benachteiligte Menschen integriert.

Literaturverzeichnis

Eine ausführliche Beschreibung der theoretischen Grundlagen, des Ausbildungskonzepts sowie der Evaluationsergebnisse ist zu finden unter:

 

Schröder, R. (2004): Berufliche Erstausbildung schwerstkörperbehinderter Menschen via E-Learning und Telearbeit im Virtuellen Berufsbildungswerk, in: bwp@ Berufs- und Wirtschaftspädagogik - online, Ausgabe 6 - Juni 2004,

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Dr. Rudolf Schröder

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