Upcycling-Projekte im Unterricht

Fachartikel

In diesem Fachartikel zum Thema Upcycling wird vorgestellt, wie Lehrkräfte das Thema Upcycling in ein Unterrichtsprojekt integrieren können und was sinnvolle Upcycling-Projekte im Sinne der Nachhaltigkeit von reinen Basteltrends unterscheidet.

Der Wohlstand reicher Industrienationen - darunter auch Deutschland - ist auf einem verschwenderischen Ressourcenverbrauch aufgebaut. Der Großteil unserer Wirtschaft ist eine Einwegwirtschaft: große Mengen an Rohstoffen werden entnommen, um damit (oft kurzlebige) Produkte herzustellen, die nach Gebrauch einfach weggeworfen werden. Ob Kleidung, Möbel, Fahrzeuge, Elektrogeräte und Elektronik - alles ist heute wenig langlebig gestaltet und enthält teure Rohstoffe, die dazu noch meist unter problematischen Bedingungen abgebaut werden. Hinzu kommt eine weit verbreitete Wegwerfmentalität: Viel zu wenig von dem, was eigentlich noch brauchbar wäre, wird weiterverwendet. Das ist nicht nur aus der Sicht des Umweltschutzes, sondern auch für das Klima fatal. Zwar gilt Deutschland international als Recycling-Weltmeister, aber es muss noch viel mehr der Blick darauf gerichtet werden, langlebige und mehrfach nutzbare Produkte zu fördern und wertvolle Rohstoffe aus Abfällen wiederzugewinnen.

Eine Möglichkeit, Produktlebenszyklen deutlich zu verlängern und dadurch Ressourcen zu schonen, ist Reparieren, Ausbessern und Upcyclen. Upcycling ist eine Form des Recyclings, die zu einer stofflichen Aufwertung führt und dadurch die Neuproduktion von Rohmaterialien reduziert. Upcycling fördert das Bewusstsein für Wertstoffkreisläufe und Produktlebenszyklen, was für zukünftiges Wirtschaften immer bedeutsamer wird, da wir den ökologischen Rucksack unseres Konsums deutlich verkleinern müssen.

Im schulischen Bereich können Upcycling-und Reparatur-Projekte sehr gut als praxisorientierte und kreative Ergänzung zu den Unterrichtsthemen Ressourcenschutz, Müllvermeidung und Bildung für nachhaltige Entwicklung durchgeführt werden.

Warum sich Upcycling-Projekte für den Unterricht eignen

Es gibt viele gute Gründe, das Thema Upcycling in den Unterricht zu integrieren, drei davon hat die Kunstlehrerin Maria-Friederike Schulze in einem Artikel über einen experimentellen Oberstufenkurs mit dem Titel Design und Nachhaltigkeit zusammengetragen: 

  • Upcycling bietet einen hohen Motivationsfaktor, denn es hat in vielerlei Hinsicht praktische lebensweltliche Relevanz und lädt zum Experimentieren und "Werkeln" mit unterschiedlichsten Materialien ein.
  • Upcycling kann als handlungsorientierte Einführung in das Thema Design vom Entwurfsprozess bis zur Produktanalyse dienen.
  • Upcycling ist ein idealer Aufhänger, um Nachhaltigkeit und das Entwickeln von Alternativen zu unreflektiertem Konsum zu thematisieren und Schülerinnen und Schüler zum aktiven, selbstbestimmten Handeln anzuregen.

Aus Umweltsicht sollten aber einige wichtige Punkte beachtet werden, die im Folgenden benannt werden.

Erst vermeiden, dann das Leben verlängern, dann upcyclen

Upcycling kann mehr sein als ein "Basteltrend", bei dem die Schülerinnen und Schüler Shampooflaschen aus dem Müll fischen oder aus Deoroller-Kugeln Lichterketten designen. Wen nicht nur der kreative Aspekt, sondern der nachhaltige Gedanke von Upcycling reizt, der sollte zunächst einmal versuchen, derartige Abfälle zu vermeiden, nicht sie aufzuwerten. Nachhaltig bedeutet, Gebrauchsgüter so lange wie möglich zu verwenden, sie zu reparieren und weiterzunutzen. Erst wenn sie dann wirklich reif für die Tonne sind, macht Upcycling Sinn.

Upcycling aus Plastikmüll?

Upcycling aus Stoffen, die schon im Vorfeld besser vermieden worden wären, ist nur begrenzt sinnvoll. Wenn Eltern im Auftrag der Grundschullehrerin Pringels-Chipsdosen kaufen sollen, weil sich daraus so tolle "Musikinstrumente" basteln lassen, hat das mit Nachhaltigkeit wenig zu tun. Auch Christbaumschmuck aus Coladosen, mit Sprühkleber und Glitzersteinen verschönert, macht aus einem ohnehin schon problematischen Müll einen noch problematischeren, weil er nun nicht mehr sortenrein sortierbar ist und nicht mal mehr fürs Recycling taugt. Altpapierkreationen fallen in die gleiche Kategorie, wenn das Papier mit Kleber, Lack, Draht zu einem unverwertbaren Mischmüll-Produkt verbastelt wird, das ebenfalls nur eine kurze Nutzungsdauer hat. Upcycling ist auch nicht, wenn Baumärkte nun nagelneue Europaletten verkaufen, weil sich daraus coole ("Upcycling"-) Möbel bauen lassen.

Umgestalten und wiederverwenden

Für die Nachhaltigkeit ist entscheidend, die Lebensdauer von Gebrauchsgütern ohne große Neuinvestition von Energie und Ressourcen zu verlängern. Dies kann durch Upcycling geschehen, aber auch durch Weitergeben, Umwidmen und Neuinterpretation. Ein erster Schritt ist, die Dinge, die bereits vorhanden sind, neu zu betrachten und ihren Wert wahr zu nehmen. Ein Sweatshirt mag seiner Besitzerin modisch nicht mehr gefallen, aber sie könnte anerkennen, dass der Großteil des Stoffes noch stabil und fest ist. Vielleicht würde dieses Teil ihrer Freundin gefallen? Oder man könnte daraus einen Turnbeutel nähen? Oder auch etwas ganz anderes? Aber nicht irgendwas, sondern etwas, das man selbst oder jemand anderes gebrauchen kann.

Was ist vorhanden, was wird gebraucht?

Ein Geheimnis nachhaltigen Upcyclings sind vor allem die Fragen: "Was brauche ich eigentlich (wirklich)?" und "Was ist schon da und wird nicht mehr genutzt?". Aus der Kombination dieser beiden Fragen entstehen Ideen für Upcycling-Produkte, die sinnvoll sind. Eine Schule braucht eine Sitzecke und kann sich bei einer benachbarten Spedition nicht mehr benötigte Europaletten abholen, aus denen sie in gemeinschaftlicher Arbeit eine solche baut? Super! Gesucht wird eine originelle Theaterkulisse, im Fundus der Schule finden sich alte Vorhänge, Lehrtafeln, Landkarten, die eigentlich entsorgt werden sollten? Wunderbar. Schülerinnen und Schüler brauchen für ihr Zimmer einen Garderobenständer? Wie wäre es mit dem Eishockeyschläger aus der Rumpelkammer? Kombiniert mit XY ergibt er möglicherweise genau das, was sich der- oder diejenige vorstellt.

Upcycling ist mehr als "Do it yourself" und Basteln

Upcycling sollte in erster Linie eine Denkweise darstellen, in der die Wertschätzung von Ressourcen und deren Endlichkeit so verinnerlicht wurde, dass nichts ohne eingehende Prüfung einfach weggeworfen, sondern immer auf Wieder- und Weiterverwertbarkeit überprüft wird. Dies sollte nicht auf kaputte T-Shirts, alte Zahnbürsten und in die Jahre gekommenen Möbel beschränkt bleiben, sondern auf alle möglichen Bereiche übertragen werden. Jeder Stoff ist wert, genau betrachtet zu werden, ehe man ihn energie- und ressourcenaufwendig recycelt oder entsorgt. Chinesische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben etwa herausgefunden, wie sich ausgemusterte, verrostete Edelstahlgewebe aus Sieben und Filtern wunderbar für die Herstellung modernster Batterien nutzen lassen. Dabei erfüllt ausgerechnet das Abnutzungsmerkmal Rost eine chemische Funktion, die die Gewebe für neue Batterien erst tauglich machen. Es ist also manchmal genau der vermeintliche Makel, der aus einem ausgemusterten Produkt mithilfe unseres Hirnschmalzes etwas Neues, Besseres entstehen lässt.

In Kooperation mit

Lizzynet

Dieser Artikel ist ein Angebot von Lizzynet.de.

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