3.1 Grundlagen, Zentralperspektive, klassische Retardierung

Die Jugendlichen gewinnen aus der perspektivischen Ansicht des Tores dessen reale Position mithilfe eines interaktiven Messtools (eigenständiges Arbeiten). Sie erfahren den Effekt der klassischen Retardierung am Beispiel der Abbildung eines vorbei fliegenden Würfels mit einer unendlich weit entfernten Kamera.

Hintergrundinformation

Für den hier präsentierten schnellen Weg zur algebraischen Herleitung der Lorentztransformation ist es nicht notwendig, zuvor einen Überblick über Längen- und Zeitmessverfahren zu geben. Allerdings ist zu empfehlen, diese Problematik später bei der Diskussion der Längenkontraktion aufzugreifen (im Anschluss an Modul 6.3 Längenkontraktion). Eine Diskussion von Retardierungseffekten, das heißt Effekten, die auf der endlichen Laufzeit des Lichtes beruhen, ist allerdings unumgänglich, da diese infolge der Kameraposition beim Durchflug des Brandenburger Tores den Hauptbeitrag zu den beobachtbaren Formänderungen leisten. Retardierungseffekte treten immer auf, sowohl bei klassischer als auch bei relativistischer Betrachtung. Im klassischen Fall ist ihre Ausprägung davon abhängig, ob sich die Kamera oder das Objekt bewegt. Im relativistischen Fall gilt dies nicht, da die Form der Lorentztransformation genau dies als Folge von Einsteins zweitem Postulat (Konstanz der Lichtgeschwindigkeit, siehe auch Modul 4. Einsteins Traum - Kontext zu Einsteins zweitem Postulat) "verhindert".

Motivation

Ausgehend von den virtuellen Realitäten des Einstiegs (siehe Modul 1. Einstieg in das Thema) wird die scheinbare Formänderung des Brandenburger Tores als Funktion der Fluggeschwindigkeit und der Position der Kamera ins Bewusstsein gehoben. Daraus ergibt sich unter anderem die Frage nach der genauen Form und Größe des ruhenden Tores. Nach deren mehr oder weniger intensiven Behandlung - je nach angestrebtem Level - wird die Beobachtung eines den Gesetzen der klassischen Mechanik unterworfenen bewegten Objektes in das Zentrum des Interesses gerückt.

Problemfragen

  • Problemfrage 3.1.1

    Welche Informationen können über die exakte Geometrie des Tores und der Kamera aus der perspektivischen Ansicht gewonnen werden, wenn die Kamera ruht oder sich mit geringer Geschwindigkeit (V = 0,01 c ) bewegt?
  • Problemfrage 3.1.2

    Wie sieht ein Beobachter beziehungsweise eine Kamera ein fernes und relativ einfach geformtes Objekt, wie zum Beispiel einen Würfel?

Materialien und Anregungen für den Unterricht

Messen und Beobachten

Als Lernvoraussetzung ist die Kenntnis des Messvorganges als Vergleich mit einem Eichnormal notwendig. Es wird geklärt, dass Messen und Beobachten unterschiedlich sind:
  • Von (Ab-)Messen sprechen wir, wenn die Koordinaten der Randpunkte eines Objektes, also im Prinzip dessen Umriss, gleichzeitig bestimmt werden.
  • Von Beobachten sprechen wir, wenn wir ein Abbild eines Objektes betrachten, wie zum Beispiel ein Netzhautbild oder einen Kamerafilm. Dabei werden die Bildpunkte von Lichtstrahlen erzeugt, die gleichzeitig auf der Netzhaut oder dem Film eintreffen.

Lösung von Problemfrage 3.1.1

Es wird mitgeteilt, dass die Tordurchflüge im Prinzip mit einer Lochkamera aufgenommen worden sind. Die Abbildungsgesetze der Lochkamera werden von den Schülerinnen und Schülern selbstständig memoriert und zur Ausmessung einiger Bilder in dem folgenden Online-Arbeitsblatt benutzt:
  • Online-Arbeitsblatt
    Die Schülerinnen und Schüler werten Bilder der Simulationsflüge durch das Brandenburger Tor mit einem interaktivem Messtool aus. Das Messtool funktioniert nicht im Internetexplorer, bitte verwenden Sie einen anderen Browser (Firefox, Netscape, Mozilla, Konqueror, Opera, Safari).

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Lösung von Problemfrage 3.1.2

Aus den Überlegungen zum Problemkreis Messen wird gefolgert: Es gibt zwei Arten, die Position eines Objektes zu beschreiben.
  • Die momentane Position der Oberfläche eines Objektes zum Zeitpunkt t sowie
  • die retardierte Position, bei der die endliche Ausbreitungsgeschwindigkeit des Lichtes vom Objekt zum Beobachter mit zu berücksichtigen ist.

Anschließend wird ein Würfel betrachtet, der mit der Geschwindigkeit V an einer Kamera vorbei fliegt, wobei eine Momentaufnahme gemacht werden soll. Dabei werden alle Lichtstrahlen erfasst, die gleichzeitig bei der Kamera eintreffen. Die dabei angestellten Betrachtungen sind auf dem Informationsblatt (lorentz_modul_3_1_info.pdf) zusammengefasst. Dieses Beispiel kann vertieft werden. Im klassischen Fall besitzt das Licht die Geschwindigkeit c nur im stationären Bezugssystem des Beobachters. Aufgrund des Galileischen Relativitätsprinzips besitzt von einem Objekt ausgehendes Licht unterschiedliche Geschwindigkeiten, zum Beispiel c + V in Bewegungsrichtung und c - V in der entgegen gesetzten Richtung. Das hier vorgestellte Beispiel sollte nach Einführung der Lorentzkontraktion unter relativistischen Gesichtspunkten erneut aufgegriffen werden (frühestens im Anschluss an Modul 6.3 Längenkontraktion).

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