Genderaspekte zum Roberta-Projekt

Die Interessen von Jungen und Mädchen bei der Arbeit mit dem Computer sind recht unterschiedlich. Die Aussicht, ausschließlich mit Mädchen der eigenen Klasse ein Roboterprojekt durchzuführen, erweist sich als sehr motivierend für Schülerinnen.

Geschlechterspezifische Interessen

Im Informatikunterricht an der Realschule stelle ich immer wieder fest, dass Mädchen und Jungen ganz unterschiedliche Herangehensweisen an Computer an den Tag legen. Eine Tatsache, die in der Informatikdidaktik bisher weitgehend ignoriert wird. Während Mädchen verstärkt den kommunikativen Aspekt der Technologie erlernen und nutzen wollen (Chatrooms, E-Mailing, Surfen auf den Homepages von Popstars), sind Jungen verstärkt an den technischen Aspekten interessiert. Fraunhofer IAIS hat in seinen Roberta-Kursen die Erfahrung gemacht, dass Mädchen erst dann bereit sind, sich mit einem Thema auseinander zu setzen, wenn sie einen Grund dafür akzeptieren können. Auch die Mädchen meiner Klasse waren bei der Teilnahme an einem Roberta-Projekt besonders an Fragestellungen interessiert, die den Robotern "sinnvolle" Aufgaben abverlangten (zum Beispiel anderen Robotern oder Hindernissen ausweichen). Eine Kritik an Roberta durch die Mädchen war daher unter anderem, dass die Aktionsmöglichkeiten des Roboters begrenzt sind. Er lässt sich zum Beispiel allein aufgrund seiner Größe nicht so programmieren, dass er Türen öffnen oder Gegenstände holen kann.

Mädchen only

Unterhalten sich Jungen über ihre Erfahrungen mit Computern, so schließen sie dabei Mädchen häufig aus, indem sie, sicherlich zum Teil unbewusst, zum Beispiel Fachtermini verwenden ohne diese weiter zu erklären. Viele Jungen zeigen sich beinahe "ritterlich", wenn sie Mädchen schnell bei Computerproblemen helfen oder sie beraten können. Mädchen reagieren bei Fehlermeldungen häufig ängstlich und unsicher, während Jungen ohne Zögern versuchen, Probleme selbstständig zu lösen. Die Informatik als technisch-mathematische Disziplin ist aus diesen Gründen für viele Mädchen vorbelastet. Da die Schüler und Schülerinnen in der Realschule die Wahl haben, welchen Kurs sie ab der neunten Klassenstufe besuchen, entscheiden sich viele Mädchen gegen den mathematisch-naturwissenschaftlichen Kurs und damit auch gegen die Informatik. Ich versuche nun unter anderem mithilfe von Roberta bei den Mädchen die Vorurteile und Berührungsängste gegenüber der Informatik abzubauen und sie für die Technik zu begeistern. Zu diesem Zweck habe ich einen Roberta-Kurs - nur mit den Mädchen einer Klasse - durchgeführt. Bereits im Vorfeld befürchteten einige, dass sie mit dem Computer nicht gut genug umgehen könnten und meinten, dass sie für einen solchen Kurs nicht geeignet seien. Der Anreiz allerdings, ausschließlich mit Mädchen der eigenen Klasse ein solches Projekt durchzuführen, überwog die Ängste, so dass sich alle Mädchen der Klasse zum Mitmachen bereit erklärten.

Motivation der Mädchen

Wie oben beschrieben haben Mädchen und Jungen im Umgang mit Computern ganz andere Herangehensweisen und unterschiedliche Interessen. Als Lehrer und Lehrerinnen haben wir allerdings einige Möglichkeiten, die Mädchen stärker für die Informatik zu begeistern und sie beim Abbau von Vorurteilen und Berührungsängsten gegenüber der Technik zu unterstützen. Die Mädchen müssen verstärkt leistungsbezogen gelobt werden und nicht dafür, dass sie einen "besonders hübschen" Roboter gebaut oder "besonders ordentlich und sauber" gearbeitet haben. Dieses Lob sollte möglichst zeitnah und im engen Zusammenhang mit einer von den Mädchen gelösten Programmieraufgabe stehen. Die Programmieraufgaben, die mit Roberta bearbeitet werden können, sind sehr vielfältig. Einige entsprechen den Präferenzen der Mädchen, wie zum Beispiel die Kombination von Musik und Bewegung oder - etwas anspruchsvoller - eine Choreographie von zwei Robotern zu einem Musikstück. Die Mädchen sollten darin ermuntert werden, dieses Potenzial selbstständig auszuprobieren.

Autorin

Avatar
Anja Tempelhoff

Zum Profil

Lizenzinformation

Frei nutzbares Material
Die von Lehrer-Online angebotenen Materialien können frei für den Unterricht genutzt und an die eigene Zielgruppe angepasst werden.