Der Weg zum Schulnetz als Prozess

Schulen, die sich auf den Weg machen wollen, ein zeitgemäßes Schulnetz zu realisieren, sollten diesen Weg als Prozess gestalten. In diesem Sinne ist auch das Netzwerk am Berufskolleg Neuss nicht abgeschlossen oder fertig.

Demokratisierung des schulischen Netzwerks

In einem solchen Prozess dürfen sich im Optimalfall alle Lernenden und Lehrenden einer Schule einbringen. Somit leisten alle am Schulleben Beteiligten einen Beitrag zur Demokratisierung des schulischen Netzwerks. Das Vertrauen und die Unterstützung durch Schulleitung und Netzwerkteam waren am Berufskolleg in Neuss für die Prozessentwicklung sehr hilfreich.

Hinter jedem Netzwerkkonzept steht ein Verständnis von Lernen

Ein Paradigmenwechsel

Erfahrungsgemäß ist der Wechsel zu einer Peer-to-Peer-Vernetzung immer auch mit einem Paradigmenwechsel verbunden. Ob bewusst oder unbewusst, hinter jedem Netzwerkkonzept steht ein Verständnis von Lernen und ein Menschenbild. Wer bespielsweise Wert darauf legt, dass Schülerinnen und Schüler auf "Knöpfchendruck" der Lehrkraft nur mit Word - und sonst keinem Programm - arbeiten dürfen, hat einerseits Vorstellungen, wie Lernen gelingen soll, andererseits ein bestimmtes Bild vom Schüler. Diese Einstellungen gilt es kritisch zu hinterfragen.

Es bedarf einer intelligenten Aufgabenkultur

Zur Bewältigung unserer künftigen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Herausforderungen wird es nicht ausreichen, wenn Schülerinnen und Schüler sich im Gleichschritt durch ein Programm klicken, um in erster Linie die Programmbedienung zu beherrschen. Vielmehr bedarf es im Unterricht einer neuen intelligenten Aufgabenkultur. Gefragt sind komplexe und differenzierte Problemstellungen auf unterschiedlichem Niveau, die selbständige Arbeit fördern und den Schülerinnen und Schülern echte Informationskompetenz abverlangen. Nicht die Bedienung von Programmen steht dabei im Vordergrund, sondern das Finden verschiedener Lösungswege - auch und gerade mit unterschiedlicher Software und manchmal eben ganz ohne Software.

Ein Ausblick

Kritische Reflexion und gezieltes Infragestellen

Netzwerke und Computer in Schulen sind kein Selbstzweck. Sie dienen Schülerinnen und Schülern, um sich mit der Welt auseinander zu setzen. Hierzu gehören kritische Reflexion und gezieltes Infragestellen - auch der Medien selbst. Wenn Lernende in die Schule kommen und berichten, dass sie aufgrund der aktuellen Unterrichtsreihe die neusten Computerspiele nicht mehr genießen können, weil ihnen ständig ein Katalog mit kritischen Kriterien im Kopf "abläuft", wie Monika Holthoff-Stenger in einem Artikel für das Nachrichtenmagazin FOCUS schreibt, hat Unterricht viel bewirkt.

Aufgabe für alle Lehrkräfte

Doch kritischer Umgang mit (Neuen) Medien ist eine Aufgabe für alle Lehrkräfte einer Schule und darf nicht erst im EDV- oder Informatikunterricht beginnen. "Die höchste Priorität der Schule ist es, den Schülern ihre eigene Sprache beizubringen, so dass sie sich klar und deutlich artikulieren können: in ihrer stillen Gedankenwelt ebenso wie mündlich und schriftlich. Wenn sie das können, dann können sie auch kritisch denken und die Signale, mit denen sie ihre Welt überflutet, kritisch interpretieren. Wenn sie das nicht können, dann werden sie ihr ganzes Leben lang Opfer der Klischees und Schablonen sein, die die Massenmedien ausschütten", so Joseph Weizenbaum in einem Beitrag für die "Süddeutsche Zeitung".

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Wilhelm Drossart

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