Arbeitsfragen einer Methodik des interkulturellen Lernens

In den folgenden Überlegungen soll ein methodisches Konzept zur Diskussion gestellt werden, mit dem interkulturelle Lernprozesse systematisch in den Französischunterricht integriert werden könnten. Eine Kompetenzerweiterung ist in sieben methodischen Schritten denkbar. Diese können entweder in die Unterrichtseinheit integriert oder am Ende der Einheit als Auswertung des Lernprozesses eingesetzt werden.

Arbeitsfragen

1. Qu'est-ce qui te dérange quand tu observes ce phénomène?

Die Schülerinnen und Schüler erweitern ihr Wissen über ein ihnen fremdes und sie befremdendes Phänomen. Sie beschreiben zunächst das Fremde und was sie daran irritiert, indem sie die Frage "Qu'est-ce qui te dérange quand tu observes ce phénomène?" bearbeiten.

2. Comment est-ce que nous faisons cela?

Die Schülerinnen und Schüler vergleichen das Fremde mit dem Eigenen und präzisieren so ihr Wissen über den Unterschied. Wenn sie die Fragen "Comment est-ce que nous faisons cela?" und "Qu'est-ce qu'un étranger pourrait trouver irritant?" erarbeiten, erkennen sie möglicherweise, dass auch sie die eigene Kultur, die anderen fremd erscheinen könnte, ethnozentrisch betrachten.

3. Pourquoi est-ce que les autres agissent comme cela?

Die Lernenden könnten besser verstehen, wieso die anderen sich anders verhalten, sie könnten erkennen, dass die Fremden Tatbestände abhängig von ihrer kulturell geprägten Ausgangsposition deuten, die möglicherweise der eigenen nicht entspricht, wenn sie die Frage "Pourquoi est-ce que les autres agissent comme cela?" erkenntnisstiftend bearbeiten.

4. Est-ce que nous pourrions profiter, si nous faisions comme eux?

Sie erweitern möglicherweise ihre Persönlichkeit, indem sie etwas Fremdes als neues bereicherndes Element in ihre eigene kulturelle Identität integrieren oder das Fremde als unbewussten Teil ihrer Identität bewusster wahrnähmen, wenn sie die Frage:  "Est-ce que nous pourrions profiter, si nous faisions comme eux?" klären. Oder sie stabilisieren ihre Persönlichkeit, indem sie sich ihrer eigenen "kulturellen Eigenheiten" und Werte bewusst werden und rational begründen, wieso sie diesen Werten treu bleiben wollen, ohne Fremdes zum Selbstschutz abwerten zu müssen. Dabei erarbeiten sie die Frage  "Est-ce qu‘il serait préférable de ne pas faire comme eux?" durch die Ausformulierung der Antwort "Je n'aimerais pas faire comme eux, parce que …".

5. Que ferais-tu, si …?

Die Lernenden erweitern ihre Handlungsmöglichkeiten für den Fall, dass sie in einer bestimmten Situation auf ein befremdendes Verhalten reagieren müssen, wenn sie die Frage "Que ferais-tu, si …?" beantworten.

6. Est-ce qu'ils agissent vraiment tous comme cela? Et qu’est-ce qu’ils font comme nous? Et est-ce que « nous » faisons tous la même chose ou est-ce qu’il y a aussi de grandes différences qui ne viennent pas de notre « culture »?

Die Schülerinnen und Schüler differenzieren ihre Sicht auf das Befremdliche, indem sie pauschalisierende Klischeebildungen nicht verstärken, sondern kritisch fragen, ob denn wirklich alle in der fremden Kultur so sind, wenn sie die Frage: "Est-ce qu'ils agissent vraiment tous comme cela?" erarbeiten. Steoreotypisierungen und Kulturalisierungen sollten so vermieden oder abgebaut werden.

Dabei ist auch darauf zu achten, die eigene Kultur nicht als etwas Homogenes darzustellen, denn Kulturen sind keine homogenen Naturgemeinschaften, die den Individuen als Mitgliedern einer Gemeinschaft klare Eigenschaften zuordnen, die diese annehmen. Gruppen organisieren sich immer weniger entlang nationaler Herkunft. Wir leben in einer Epoche zunehmender Individualisierung und einer stetigen kulturellen Veränderung (vgl. Sarma 2012).

7. Avec quelles raisons est-ce qu’on pourrait souhaiter que les autres changent ou ne changent pas?

Sie wägen differenziert ab, welche Aspekte eher positiv und welche sie eher negativ bewerten.

8. Est-ce que tu crois possible d‘intégrer un aspect de ce phénomène dans ta vie ?

Sie erweitern möglicherweise ihre Persönlichkeit, indem sie etwas Fremdes als neues bereicherndes Element in ihre eigene kulturelle Identität integrieren oder das Fremde als unbewussten Teil ihrer Identität bewusster wahrnehmen. Sie erkennen das Fremde möglicherweise als tolerierbar an und realisieren, dass es möglicherweise nicht legitim ist, von dem Fremden eine Verhaltensänderung zu fordern. Sie überwinden ihre ethnozentrische Einengung auf die eigene Kultur und begegnen dem Fremden toleranter als zuvor, wenn sie die Frage "Est-ce que les autres doivent vraiment devenir comme nous/changer leurs habitudes?" beantworten.

9. Est-ce qu’il y a un aspect de ce phénomène qui n’est pas du tout tolérable pour toi ?

Oder sie stabilisieren ihre Persönlichkeit, indem sie sich ihrer eigenen "kulturellen Eigenheiten" und Werte bewusst werden und rational begründen, wieso sie diesen Werten treu bleiben wollen, ohne Fremdes zum Selbstschutz abwerten zu müssen. Dabei erarbeiten sie die Frage  "Est-ce qu‘il serait préférable de ne pas faire comme eux?" durch die Ausformulierung der Antwort "Je n'aimerais pas faire comme eux, parce que …".

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Dr. Achim Schröder

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