Mathematikdidaktische Einordnung

Das schriftliche Festhalten von Lösungswegen wird schon seit einigen Jahren diskutiert und als lernförderlich angesehen.

Diskussionen zu Verschriftlichungsprozessen

Die Entwicklung von WiLM@ ordnet sich in die Reihe der Diskussionen zu Verschriftlichungsprozessen im Mathematikunterricht der Primarstufe ein (vergleiche Ruf & Gallin 1998, Selter 1993, Fetzer 2007). Sie alle sehen im Verschriftlichen von Lösungsbemühungen einen lernförderlichen Aspekt. Krummheuer spricht von der Problematik der Flüchtigkeit verbaler Schüleräußerungen in Lernsituationen und regt eine schriftliche Fixierung vor allem des Lösungsweges an (Krummheuer 1997). Gerade in mathematischen Lernprozessen komme es auf eine schriftlich-grafische Kommunikation an, da in vielen mathematischen Darstellungen schon die Idee präsent ist "und nicht ausschließlich als deren Repräsentation in Form eines Symbols oder Zeichens verstanden werden muss" (Schreiber 2006). Zum einen wird dem Schreibenden während des Verschriftlichens nochmals deutlich, inwieweit seine Argumentationsschritte in sich stimmig sind, zum anderen kann sich der Rezipierende auf das Geschriebene beziehen und sich dadurch am Argumentationsprozess beteiligen. Die schriftlich-grafische Darstellungsweise ist damit zentraler Bestandteil mathematischer Kommunikation.

Gründe für das Schreiben im Mathematikunterricht

An dieser Stelle möchte ich auf drei von Kuntze/ Prediger genannte Gründe für das Schreiben im Mathematikunterricht hinweisen. Das Verfassen von Texten, so Kuntze/ Prediger, erfordert eine "intensivere Beschäftigung mit mathematischen Inhalten", die Gedanken der Schülerin oder des Schülers werden materialisiert, das heißt sie werden greif- und verhandelbar. Neben dem Aspekt der vertiefenden Auseinandersetzung mit einem Thema verstehen Kuntze/ Prediger unter den Begriffen Rückschau und Prozesskatalysator das Sichtbar-Werden einer Lösung. Sozusagen im Rückblick auf das Geschriebene, aber auch schon während des Entwicklungsprozesses einer Lösung setzt sich der Lernende reflektiert mit den entstandenen Ideen auseinander. Ein letzter Aspekt, den ich an dieser Stelle noch erwähnen möchte ist das von Kuntze/ Prediger beschriebene diagnostische Potential. Die Eigenproduktionen der Schülerinnen und Schüler enthalten sehr viele Informationen über das mathematische Verständnis.

Umsetzung im Unterricht

Im Hinblick auf Unterricht können "individuelle Vorverständnisse zu mathematischen Begriffen und Sachverhalten aufgegriffen werden, bevor auf dieser Basis neues mathematisches Wissen aufgebaut wird" (Swinson 1992, In: Kuntze/ Prediger). Mit Blick auf die narrativen Argumentationen bei Grundschülerinnen und Grundschülern in kollektiven Aufgabenbearbeitungsprozessen wird mit der Entstehung von WiLM@ der Forderung nach schriftlicher Fixierung Rechnung getragen. Die Schülerinnen und Schüler sind nun gefordert schriftbasiert zu kommunizieren.

Perspektive

WiLM@ wurde bislang an mehreren Schulen im Raum Fulda eingesetzt und innerhalb eines Seminars an der Universität Frankfurt mit Studentinnen und Lehrkräften erprobt und reflektiert. Im laufenden Semester soll WiLM@ innerhalb eines Wahlmoduls mit Referendarinnen und Referendaren des Studienseminars Fulda in verschiedenen Klassen eingesetzt werden. Dabei sollen die Möglichkeiten der Lernumgebung WilM@ im Mathematikunterricht praktisch erprobt werden. Die hieraus gewonnen Ergebnisse - so die Planung - werden in einer weiteren Veröffentlichung bei Lehrer-Online präsentiert.

Das Medienprojekt Lehr@amt

Die Entstehung und die Weiterentwicklung der wiki-basierten Lernumgebung "WiLM@" wurde innerhalb des Medienprojektes Lehr@mt verwirklicht, welches - in Kooperation mit der Universität Frankfurt - vom Hessischen Kultusministerium gefördert wird. Das Projekt Lehr@mt hat sich dabei die grundlegende Qualifikation im Bereich der Medienkompetenz für die Beteiligten aller Phasen der Lehrerbildung zum Ziel gesetzt. Dazu werden Produkte für Aus- und Fortbildung erstellt und Aus- und Fortbildungsangebote durchgeführt.

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Christian Reinhard

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