Wendepunkte

Auszug aus einem Interview mit Alicja und Zbigniew Gluza, welche ehemalige Aktivisten der polnischen Solidarność Bewegung waren.

Körber- Stiftung: In 2014 war in der Debatte über Geschichte und Erinnerung in Europa viel von »historischen Wendepunkten« die Rede. Gab es in Polen im Zusammenhang mit dem Fall des Eisernen Vorhangs einen solchen zentralen »Wendepunkt«?

A.+Z. Gluza: Wenn das Wort »Wendepunkt« einen genau definierten Augenblick meint, in dem eine konkrete Bewegung oder Aktion gegen den Eisernen Vorhang begann, dann gab es aus polnischer Perspektive keinen solchen Wendepunkt. Es waren eher »Wendejahre«, nämlich die Jahre zwischen 1976-1981, die den Durchbruch brachten und der Beginn einer offenen Opposition gegen das Regime markierten. In diesen Jahren fand z.B. der erste Besuch Johannes Paul II. in Polen statt, die Gewerkschaft Solidaność wurde gegründet und das kommunistische Regime Polens verhängte das Kriegsrecht. In dieser Zeit änderte sich die öffentliche Wahrnehmung des damaligen Regimes. Mehr und mehr Menschen waren der Überzeugung, dass es sich bei der Regierung Polens um eine Art »interne Okkupationsmacht« handelte, die die Bürger im Namen der Interessen der Sowjetunion unterdrückte.

(https://www.koerber-stiftung.de/1989-europaeisch-erinnern-einblicke-aus-polen-142)