Eine Generation der Verlierer?
In einem Beitrag des Deutschlandfunks Kultur vom 21. Juli 2015 beschreibt
der russische Soziologe und Direktor des russischen Meinungsforschungsinstituts
Lewada-Zentrum Lew Gudkow den Einfluss der Umbrüche nach 1991 für die
Gesellschaft.
Die
Menschen haben in der postsowjetischen Zeit das Gefühl verloren, einer Groß–
oder Supermacht anzugehören. Dieses Gefühl war ein wichtiger Bestandteil des
Massenbewusstseins und [glich] die Abhängigkeit vom Staat, das Gefühl der
Armut, die täglichen Erniedrigungen [aus]. Ja, sagten sich die Menschen, wir
sind arm, wir leben schlechter als in Europa, wir hinken hinterher. Doch dafür sind
wir eine Supermacht, und alle achten uns, weil sie Angst hatten. […]
Für die
junge Generation sind ihre Eltern, die in den 90er-Jahren lebten, eine
Generation der Verlierer, die in Armut lebten, nichts in ihrem Leben erreicht
haben. Sie sind kein Vorbild. Für sie ist die Generation der Eltern eine
Generation der Looser. Dagegen klingen die Erzählungen ihrer Großeltern von der
großen Sowjetunion wie ein Märchen: Es war einmal ein großes Land, das stärkste
überhaupt, das sich schnell entwickelt hat. Sie können das nicht überprüfen,
aber für sie ist es ausgesprochen wichtig, und sie nehmen all diese Bilder, auf
die auch die Propaganda abzielt, ziemlich unkritisch auf.“