Herausforderungen des Umbruchs

Der Sozialpsychologe Janusz Czapinski beschreibt die Herausforderungen für Polen in der polnischen Zeitung „Rzeczpospolita“ am 2. Februar 1994.

Der Umbruch, der in Polen und anderen Ländern […] nach 1989 stattgefunden hat, […] stellt […] alle Bürger dieser Länder vor eine besonders große, in der Geschichte der modernen Gesellschaften beispiellose Anpassungsherausforderung. Mit einem Mal wird nämlich das Einparteiensystem von dem Mehrparteiensystem einer Demokratie abgelöst, an die Stelle der zentralen Planwirtschaft […] tritt der freie Markt, staatliche Betriebe gehen bankrott und werden privatisiert, […] traditionell wichtige Industriezweige (z.B. Bergbau) werden zu einer starken Belastung, Kleinbauern verlieren ihre Existenzberechtigung, der Vorstoß der Informatik und Automatik sowie moderne Managementmethoden vernichten Arbeitsplätze […] Natürlich waren viele, sogar unerwartet viele Bürger ausgezeichnet auf die Veränderungen […] vorbereitet und sie leben heute viel besser und sind reicher als jemals in der sozialistischen Vergangenheit. […] Allerdings fehlt es nicht an vollkommen hilflosen Opfern [des Systemwechsels], Menschen, die die neuen Strategien, um zurechtzukommen, nicht lernen können – oder seltener – nicht lernen wollen. Sie trauern um die Vergangenheit und resigniert versinken sie in der ihnen fremden Welt.

(Rzeczpospolita, 2. Februar 1994, bearb. d. Verf.)