KooL ist cool

Fachartikel

Qualität braucht Innovation! – Daher werden im Modellversuch KooL die pädagogischen Potenziale von Medien zur Förderung sowohl selbstgesteuerten als auch kooperativen Lernens ausgelotet. Für die Ausbildung im Splitterberuf Glas werden didaktisch begründete Medienkonzepte entwickelt und in den Unterricht implementiert.

Im Fokus des Modellversuchs der Bund-Länder-Kommission "KooL" (Kooperatives Lernen in webbasierten Lernumgebungen in der beruflichen Erstausbildung) stehen Medien nicht primär als Präsentationsmedien, sondern als interaktive Kommunikations- und Entwicklungsmedien. Der Umgang mit Medien ist für viele Schülerinnen und Schüler als Teil der digitalen Net-Generation selbstverständlich, während Lehrerinnen und Lehrer häufig printsozialisiert sind. Diese Kluft will KooL überwinden. Neben der Einführung einer Lernplattform werden vor allem Instrumente des Web 2.0 für Personal Broadcasting und Social Publishing im Unterrichtseinsatz erprobt. Sie ermöglichen den Lernenden, sich als autonome Medien-Akteure zu erleben und Wissen in kooperativen Lehr-Lernsettings im Diskurs zu erarbeiten.

Berücksichtigung der spezifischen Rahmenbedingungen

Ein erster Akzent liegt auf der Entwicklung innovativer Medienkonzepte: Diese berücksichtigen die spezifischen Rahmenbedingungen im Berufsfeld Glas wie zum Beispiel

  • Heterogenität,
  • hohe Spezialisierung der Betriebe auf Teilkompetenzen des Berufs,
  • Unterbrechung der Ausbildung in schulische und betriebliche Phasen,
  • große räumliche Entfernung der Lernenden von den Betrieben in der schulischen Ausbildungsphase,
  • ständig sich verändernde Inhalte der Ausbildung,
  • aber auch Formen vollzeitschulischer Ausbildung.

Stärkung von Lernstrategien und Teamkompetenzen

Vorbereitung auf betriebliche Arbeitsteams

Ein zweiter Akzent liegt auf der Stärkung von Lernstrategien und Teamkompetenzen bei den Lernenden zur Bewältigung von Anforderungen in schulischen Lerngruppen als Vorbereitung auf die Anforderungen in betrieblichen Arbeitsteams. Hierzu findet ein Prozess der Präzisierung von Lernzielen statt. Dieser mündet in die Entwicklung von exemplarischen Lernsituationen im Kontext der Implementierung lernfeldstrukturierter Curricula in der Dualen Ausbildung sowie in Anlehnung an die Lernfeld-Didaktik auch in der vollzeitschulischen Berufsfachschule.

Kooperation als Bedingung für individuelle Entwicklung

Die Gestaltung der Lernsituation ist so strukturiert, dass sie nur als kooperativer Lernprozess erfolgreich bewältigt werden kann. Sie ist im Unterschied zu traditioneller Partner- und Gruppenarbeit nicht auf ein gemeinsames Gruppenprodukt fokussiert, sondern auf den Kooperations- und Lernprozess der einzelnen Gruppenmitglieder. Kooperation im Sinne von Informationsaustausch und Interaktion wird als grundlegendes Prinzip der Gestaltung von Lernumgebungen interpretiert. Diese Zielsetzung richtet sich auf das Verhältnis von individueller Kompetenzentwicklung und Lernen in Teamstrukturen. Aus Sicht des Individuums ist es erforderlich, die kooperative Lernumgebung für individuelle Entwicklungsprozesse nutzen zu können.

Selbstevaluation mithilfe eines Lerntagebuchs

Neben der Leistungsbewertung durch Lehrerinnen und Lehrer ist besonders die Selbstevaluation durch Schülerinnen und Schüler selbst bedeutend: Ein wichtiges Instrument zur Stärkung individueller meta-kognitiver Kompetenzen in kooperativen Lernumgebungen ist daher die Einführung eines Hausaufgabennachmittags, an dem ein so genannter Lernwegbegleiter ausgefüllt wird. Der Lernwegbegleiter fungiert als Lerntagebuch oder Portfolio und hilft den Schülerinnen und Schülern dabei, Lernwege zu reflektieren.

Wikis, Blogs und Web Based Trainings

Die Implementierung kooperativen Lernens als curriculares Prinzip im lernfeldorientierten Unterricht zielt langfristig auf die Einbindung webbasierter Instrumente des Personal Broadcasting (wie Podcast und Videocast) sowie des Social Publishing (wie Wiki und Blog, zum Beispiel im Glaskompendium-Wiki). Für den berufsbezogenen Englischunterricht wurde außerdem ein komplexes Online-Lehr-Lernprogramm oder Web Based Training entwickelt, das neben Präsentationsmedien mit authentischem Audio- und Video-Material von den Schülerinnen und Schülern selbst gedrehte Video-Tasks nach dem konstruktivistischen Prinzip der Anchored Instruction, situierte Lernaufgaben, berufsbezogene Grammatik-Übungen und Lernspiele enthält. Ein E-Learning-Modul zum Thema "Qualitätsmanagement" ergänzt das Präsenzlernen entsprechend dem Blended- Learning-Konzept.

Nachhaltigkeit - Evaluation - Transfer

Evaluation der Projekte, Strukturen entwickeln, die Nachhaltigkeit der neuen Routinen befördern sowie horizontalen Transfer an die anderen Glasfachschulen und in andere Bildungsgänge konzeptionieren und begleiten - das sind die Aufgaben der wissenschaftlichen Begleitung, vertreten durch Prof. H.-Hugo Kremer von der Universität Paderborn, Professur für Wirtschaftspädagogik, insbesondere Mediendidaktik und Weiterbildung. Dass die Medienkonzepte nicht von außen vorgegeben, sondern von den Akteuren gemäß des Handlungsbedarfs in den Bildungsgängen selbständig erarbeitet wurden, unterstützt bereits eine nachhaltige Verankerung der Medienkonzepte.

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Dr. Stephanie Merkenich

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