Napoleon Buonadigitale: Projekttag und Reflexionen

Am Projekttag hatten die Schülerinnen und Schüler großen Spaß am Spiel und an der Beantwortung der Fragen. Und während der Reflexion stellte sich heraus, dass die Einstiegsthesen Bestätigung finden.

Aufbau des Projektraums

Der Projekttag fand in der Bibliothek statt, in der reihum an den Seiten an vier Arbeitsplätzen jeweils Stationen mit Laptops aufgebaut waren sowie ein fünfter Computer mit Beamer zur Projektion. In der Mitte gab es einen großen "Konferenztisch", an dem die gesamte Klasse zwischendurch zusammenkam - zum Austausch, zur Diskussion und zur Information.

Das Spiel

Spielinhalte

Das Spiel ist ein klassisches Strategiespiel. In drei Kampagnen kann der Aufstieg Napoleons vom General zum Kaiser nachvollzogen werden, wobei dies vor allem über den militärischen Aspekt gezeigt wird. Es können verschiedene historische Schlachten gespielt werden, wobei in der dritten Kampagne die Rolle des Gegners übernommen werden kann. Diese Möglichkeit bezieht sich auf die Niederlage der französischen Truppen bei Waterloo und soll es ermöglichen, den Verlauf der Geschichte nachzuvollziehen und gegen Napoleon zu gewinnen. Erstaunlich war die historische Detailtreue, die man in vielen anderen Spielen vermisst.

Navigatoren helfen beim Einstieg ins Spiel

Mithilfe der "Navigatoren" konnten die Schülerinnen und Schüler nun das Spiel ausführlich spielen, was zu einer kreativen und selbstständigen Aneignung von Wissen führen sollte (siehe These 6). Allerdings war diese ein wenig kriteriengeleitet mit einem Fragenkatalog, der immerhin selbst entwickelt worden war. Diese Phase benötigt Zeit. Zeit, die im 45-, 60- oder auch im 90-Minuten-Rhythmus nicht vorhanden ist. Aus diesem Grunde wurde das Projekt in Form eines Projekttags durchgeführt, an dem insgesamt sieben Schulstunden zur Verfügung standen.

Motivierte Diskussion

Die Schülerinnen und Schüler kamen immer wieder zum Austausch und zur Diskussion am "Konferenztisch" zusammen (eine Forderung aus These 10), und es wurde gar ein Fehler im Spiel gefunden, denn im Intro behauptet Napoleon, er sei zum Kaiser gekrönt worden, dabei hat er dies selbst getan, um zu zeigen, dass er es bis hierhin aus eigener Kraft geschafft hat.

Reflexion

Reflexion als geplante Projektphase

Nach dem eigentlichen Projekttag reflektierten wir (ganz im Sinne der These 11, kooperiert hatten alle schon ganz fleißig!) den vorangegangenen Unterricht. Die Schülerinnen und Schüler waren sich darüber einig, dass für das Spielen des Computerspiels keinerlei geschichtliches Vorwissen nötig war, da sich die Bedienung nicht unbedingt auf geschichtliche Kenntnisse bezog. Jemand, der nur das Spiel als Informationsgrundlage hat, erfährt hauptsächlich etwas über die Figur Napoleons, wie wir sie heute sehen (erfolgreicher Stratege, zielstrebig, machthungrig, mit typischer Uniform) und seine Feldzüge während der Koalitionskriege und wo oder wann sie stattfanden. Über andere Aspekte der französischen Geschichte erfährt man sehr wenig.

Ausgangsthesen wurden bestätigt

Die Motivation zum Spielen stand außer Frage, und somit waren alle schon von der Bestätigung der These 1 ("Motivation") überzeugt. Doch außer dem Spaß an der Sache (vielleicht sogar Spaß an Geschichte) sollte ja noch mehr gelernt werden, so wie in These 10: "Spiele bieten im Unterricht neuartige Erfahrungsräume, kognitive Herausforderungen, motivierende Anwendungsfelder für erworbenes Wissen und neue kommunikative Aufforderungen". Auch hier bestätigt das Mini-Projekt die These. Die Auseinandersetzung mit den erarbeiteten Fragen, der Abgleich von Realität und Spiel, die Möglichkeit, selbstständig und bewusst Entscheidungen (andere als Napoleon) zu fällen, ermöglichten eine ganz andere Herangehensweise an den Lehrstoff.

Ausbau der kritischen Mediennutzungskomptenz

Den Schülerinnen und Schülern sollte deutlich werden, dass gerade die seriöse Aufmachung dazu verleiten kann, die Informationen und Darstellungen als historisch korrekt anzunehmen. Sie sollen diese mögliche Form der Wissensaneignung kritisch hinterfragen; bleibt zu hoffen, dass diese Erkenntnisse auch auf andere Medien (Internet-Seiten, Spielfilme, historische Romane) übertragen werden.

Didaktischer Einsatz ist gefordert

Bliebe noch These 4 ("didaktische Konzepte sind nötig") zu prüfen, und auch hier kommt eine volle Zustimmung aus NRW nach Österreich. Das Elsa-Brändström-Gymnasium hat inzwischen lange Erfahrungen mit dem Einsatz von Computerspielen im Unterricht, eine Spieletester-AG und einen alljährlichen Spieletag. Die Nutzung von Computerspielen wie Napoleon erfordert einen hohen Einsatz, sowohl materiell als auch zeitlich. Er erfordert eine akribische didaktische und methodische Vorbereitung, soll ein solches Projekt zum sinnvollen (schulischen) Lernen führen. Die Arbeit für die Lehrkräfte wird dadurch nicht einfacher.

Schülerkommentare

Spaß am Spiel, Spaß am Lernen

Auf die Frage, ob sich die Einstellung zu Geschichte durch das Computerspiel ändern kann, antworteten die Schülerinnen und Schüler, dass sie denken, dass durch die Erfahrung, in die vergangene Zeit eintauchen zu können, das Interesse an Geschichte allgemein geweckt werden kann. Wer das Spiel spielt, könnte sich für mehr Informationen über die Zeit interessieren und sich eventuell neben dem Spiel mit dieser historischen Zeit auseinandersetzen. Fast alle Schülerinnen und Schüler nannten den Spaß an dem Spiel als eine Motivation dafür. Gleichzeitig schien es auch andersherum zu sein: Das Interesse an der historischen Zeit war eine Motivation zum Spielen. Durch den Spaß an dem ansprechend gestalteten Spiel setzt man sich also intensiver mit dem Thema auseinander. Durch die Beschäftigung mit dem Thema und ein Verständnis der Zusammenhänge mache das Spiel mehr Spaß, weil man sein Wissen "anwenden" konnte. Allerdings könnte sich der Fokus hauptsächlich auf Militär- und Kriegsgeschichte verengen.

Eingeengte Perspektive

Den Lernenden fiel auf, dass eigentlich keine andere Perspektive außer der Napoleons, eingenommen werden kann. Zwar besteht die Möglichkeit, in einer Schlacht als ein anderer französischer General oder sogar als ein Gegner Napoleons zu spielen. Jedoch erfährt man nichts über die Sichtweise dieser Figuren. Selbst wenn man als ein Gegner Napoleons agiert, besteht der Einblick in die Interessen dieser Figur nur darin, dass sie gegen die französische Armee gewinnen will. Es besteht die Möglichkeit, diplomatische Aufgaben zu übernehmen, jedoch bleibt unklar, welche Bedeutung politische Bündnisse zu der Zeit hatten.

Historische Abläufe sind veränderbar

Die historischen Abläufe sind veränderbar. So kann die Schlacht bei Waterloo gewonnen werden, jedoch wird auf den tatsächlichen Ausgang der Schlacht hingewiesen.

 

Französische Bevölkerung aus dem Fokus

Den Schülerinnen und Schülern wurde klar, weshalb ein Feldherr nicht selbst in die Schlacht zieht, sondern aus dem Hintergrund agiert und seine Truppen formiert und befehligt. Kriegsführung zu der damaligen Zeit erforderte aufgrund der Ausrüstung meist direkten Kontakt mit dem Gegner, wobei das strategische Vorgehen wichtiger sein konnte als die Heeresstärke. Man kann in dem Spiel nicht die Perspektive eines Soldaten einnehmen und etwas über seine Geschichte und Sichtweise erfahren. Überhaupt spielt die französische Bevölkerung hierbei keine Rolle.

Die Figur Napoleon

Im Spiel wird die Figur Napoleon weder als besonders positiv noch als besonders negativ dargestellt. Napoleon wirkt zielstrebig, erfolgsorientiert und ehrgeizig. Seine Motivation wird nicht wirklich deutlich. Das Spiel zeigt nur den Abschnitt der französischen Geschichte, der sich mit den Koalitionskriegen befasst. Über die Vorgeschichte Frankreichs und die Entwicklungen während der Französischen Revolution erfährt man nichts. Und: Napoleon war gar nicht so klein … Einen Meter und 67 Zentimeter maß er, was zu seiner Zeit durchschnittlich war. Mit "klein" meinten seine Bewunderer und Feinde eher seine Jugend, denn schließlich war er mit 24 Jahren (Brigade-) General!

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Autorenteam "Historische Computerspiele"

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