Definitionen von interkultureller Kompetenz

Hier finden Sie verschiedene Zielbestimmungen und Kompetenzbeschreibungen zum Begriff der interkulturellen Kompetenz.

Begriffsbestimmungen

Definition von Andreas Nieweler

In der Fachliteratur findet sich eine Vielzahl von Zielbestimmung des Interkulturellen Lernens. Bei Andreas Nieweler heißt es: "(…) interkulturelle Kompetenz meint die Fähigkeit, sich adäquat gegenüber den Erwartungen der Kommunikationspartner aus anderen Kulturen zu verhalten, (…) als Mittler zwischen den Kulturen (…) mit sich und seiner kulturellen Herkunft identisch zu bleiben." (Nieweler 2003, Seite 9). An anderer Stelle schreibt Nieweler: "Die Begegnung mit Neuem beeinflusst den Lernenden in seiner Haltung dem Fremden wie auch sich selbst gegenüber. (…) In der Auseinandersetzung mit sich selbst und fremdsprachlicher Literatur soll das Verstehen des Fremden initiiert, aber auch die Abhängigkeit des Verstehensprozesses von der eigenen Ausgangsposition verdeutlicht werden. In der Auseinandersetzung mit fremdkulturellen Handlungen oder Konzepten kann die ethnozentrische Einengung auf die eigene Kultur vermieden und die eigene Positionsbestimmung auf eine breitere Basis gestellt werden. Zugleich ergibt sich aber auch die Chance, sich seiner 'kulturellen Eigenheiten' bewusst zu werden und dieser kulturellen Verwurzelung auch treu zu bleiben." (Nieweler 2006, Seite 239).

Definition von Frank Haß

Bei Haß heißt es: "Interkulturelle Kompetenz umfasst (…) die Fähigkeit, Fremdes und Eigenes tolerant und kritisch in Beziehung zu setzen (Perspektivenwechsel), dabei Fremdes zu akzeptieren oder zu tolerieren und die Bereitschaft, die eigene Position neu zu überdenken." (Haß 2006, Seite 307).

Definition von Daniela Caspari

Caspari teilt interkulturelle Kompetenz in drei große Zielbereiche auf (Caspari 2007, Seite 71):

  • den Erwerb von Einstellungen, unter anderem die Bereitschaft, mit begrenzten sprachlichen Mitteln Kommunikation zu wagen und die Bereitschaft, offen auf Fremde zuzugehen und sie zu tolerieren
  • den Erwerb von Fähigkeiten, unter anderem die Fähigkeit, eigene und fremde Äußerungen und Verhaltensweisen sowohl als kulturabhängig als auch als individuell zu begreifen und die strategische Fähigkeit, mit den eigenen eingeschränkten sprachlichen Kompetenzen konstruktiv umzugehen
  • den Erwerb von Wissen, sowohl von allgemeinem Wissen über Kommunikation als auch von kulturspezifischem Wissen als Hilfe zur adäquaten Deutung kommunikativer Äußerungen sowie zur Prävention beziehungsweise Klärung und Aufklärung von Missverständnissen

Hessische Bildungsstandards

Die hessischen Bildungsstandards fordern, die Fähigkeit zu erweitern, "mit Menschen anderer Kulturen (…) tolerant umzugehen" und sich der "relativen Gültigkeit der gewohnten Ordnung der Dinge"(HKM 2011, Seite 2 und 9) bewusst zu werden.

Einwand von Olivia Sarma

„Interkulturelle Trainings bedienen das Bedürfnis, sich möglichst schnell für interkulturelle Konflikte fit zu machen. Sie sind beliebt, weil sie vermeintliche Lösungen für interkulturelle Konflikte durch das Versprechen, kulturelle Unterschiede zu verstehen und dadurch beherrschen zu lernen, bereitstellen. Dabei tragen sie zu Kulturalisierung und Stereotypisierung bei“

Sarma, Olivia (2012): Kulturkonzepte. Ein kritischer Diskussionsbeitrag für die interkulturelle Bildung, Frankfurt 2012, 58f.

Analyse der unterschiedlichen Definitionen

Überbestimmtheit

Eine Analyse dieser großen Zahl an Zielbestimmungen und Kompetenzbeschreibungen ist aufschlussreich, denn es zeigt sich eine auffällige Überbestimmtheit, die darin besteht, dass eine Vielzahl von Zielen miteinander konkurrieren, ohne in eine schlüssige Reihenfolge, Beziehung und Rangfolge gebracht zu werden.

Unterbestimmtheit

Zudem fällt eine Unterbestimmtheit auf, die darin besteht, dass die Frage nach dem Schwerpunkt des interkulturellen Lernens bislang noch ungeklärt scheint: Soll als Schwerpunkt die Auseinandersetzung mit der eigenen Kultur stehen, soll eine reibungslose Handlungs- und Kommunikationsfähigkeit erreicht werden, soll tolerant werden, wer andere zuvor abgewertet hat? Soll es keinen Schwerpunkt geben, um alle Ziele gleichermaßen anzustreben? Oder soll je nach Thema ein anderer Schwerpunkt gesetzt werden? Sollen Stereotypisierungen vermieden werden, indem stärker auf die Gemeinsamkeiten, denn auf Unterschiede verweisen wird?

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Dr. Achim Schröder

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