Nazimethoden vs. Antisemitismus
Auslöser für die Affäre um den FDP-Politiker waren die Aussagen des in die Landtagsfraktion geholten Ex-Grünen Jamal Karsli, der der israelischen Regierung "Nazi-Methoden" im Umgang mit den Palästinensern vorgeworfen hatte. In der darauf folgenden Empörung hatte sich Möllemann nicht nur schützend vor Karsli gestellt, sondern in die gleiche Bresche geschlagen: Unter anderem warf er Michel Friedman, dem stellvertretenden Vorsitzenden des Zentralrats der Juden in Deutschland, vor, mit seiner "Gehässigkeit" den Antisemitismus in Deutschland zu fördern. Wörtlich sagte Möllemann, er fürchte, "dass kaum jemand den Antisemiten, die es in Deutschland leider gibt und die wir bekämpfen müssen, mehr Zulauf verschafft hat als Herr Sharon und in Deutschland ein Herr Friedman mit seiner intoleranten und gehässigen Art." Friedman forderte empört eine Entschuldigung, die Möllemann zurückwies und die er auch bis heute bewusst verweigert hat. Paul Spiegel, der Vorsitzende des Zentralrats, wirft Möllemann vor, er spekuliere kurz vor den Wahlen auf Wählerstimmen aus dem rechten Lager. Er begründet seinen Vorwurf damit, dass Möllemann sich nie kritisch zu den Bombenanschlägen auf die israelische Bevölkerung geäußert habe und somit einseitig argumentiere.
Spiel mit dem Feuer
Auch wenn der Vergleich Möllemanns mit Jörg Haider etwas zu weit geht, spielt dieser doch gefährlich mit dem Feuer, indem er sich damit brüstet, das - angeblich bestehende - Tabu gebrochen zu haben, Israel öffentlich zu kritisieren. Möllemann vermittelt und verbreitet den Eindruck, die Deutschen hätten unter einem von außen aufgezwungenen Schuldkomplex zu leiden und sähen sich den Zwängen irgend welcher Tabus ausgesetzt, als gäbe es eine jüdische Meinungskontrolle. Das ist schlichtweg falsch, gibt aber all jenen Rückenwind, die meinen, es müsse ein Schlussstrich unter die deutsche Geschichte gezogen werden. Möllemann kann sich somit als Tabubrecher profilieren, der endlich einmal ausspricht, was "alle denken". Dabei ist objektive Kritik am Staat Israel zweifellos erlaubt, dennoch ist die Wortwahl des in die Landtagsfraktion geholten Ex-Grünen Jamal Karsli nicht akzeptabel: Dieser hatte von den "Nazimethoden" des Ariel Scharon gesprochen. Solche Äußerungen sind der Versuch, durch die Betonung der Schuld des jeweils anderen und durch den Vorwurf der Anwendung von Nazi-Methoden die Unvergleichbarkeit des Holocaust in Frage zu stellen und die eigene Schuld zu relativieren.