Benachteiligungen bei der Nutzung neuer Medien

Die soziokulturelle Herkunft oder Lernbehinderungen haben entscheidenden Einfluss auf die Teilhabe an der Informations- und Mediengesellschaft.

Statistische Fakten

Besonderheiten der soziokulturellen Herkunft

Unsere Schülerinnen und Schüler kommen vielfach aus sozial benachteiligten Familien. Mehr als 30 Prozent von ihnen haben einen Migrationshintergrund. Nach Abschluss der Klasse 10 eröffnet sich ihnen nur eine eingeschränkte Ausbildungs- oder Berufsperspektive. Die Bedingungen zur Nutzung neuer Medien und das Nutzungsverhalten der Kinder und Jugendlichen fordern ein organisiertes und strukturiertes Herangehen an die aktuelle Medienwelt.

Zugang zu neuen Medien

Die Befragung von 173 Schülerinnen und Schülern im Jahre 2001 durch das Fraunhofer-Institut, Sankt Augustin, ergab, dass nur 25 Prozent der Kinder und Jugendlichen einen eigenen Computer besaßen und nur knapp 20 Prozent der Haushalte (KIM-Studie = 47 Prozent) über einen Internet-Anschluss verfügten. Eine erneute Befragung im Juni 2004 einer Teilgruppe (alle 46 Schülerinnen und Schüler aus den drei Klassen der Jahrgangsstufe 8) hat diese Verhältnisse im Grundsatz bestätigt: Nur 31 Prozent aller Haushalte mit Migrationshintergrund hatten einen Computer, lediglich 11 Prozent dieser Familien verfügten über einen Internetzugang. Einige Bevökerungsgruppen sind fast vollständig von der Nutzung neuer Medien ausgeschlossen. Der Lernort Schule bietet für sie häufig die einzige Möglichkeit, Medienkompetenz zu erwerben.

Pädagogische Aspekte

Lernschwächen der Schülerinnen und Schüler

Aufgrund besonderer Lernschwächen ist Schülerinnen und Schülern der Schule für Lernbehinderte die Nutzung des Internets und die Auswertung von Informationen extrem erschwert. Sie sind kaum in der Lage, sich gezielt und selbstgesteuert die Inhalte der meisten Websites zu eigen zu machen. Die Kinder und Jugendlichen haben Probleme bei:

  • der Raum-Lage-Differenzierung,
  • der Phonem-Unterscheidung,
  • der Wahrnehmungskonstanz,
  • der Verarbeitungsgeschwindigkeit oder
  • beim selbstständigen und strukturierten Lernen.

Reizüberflutung erschwert das Lernen

Die Darstellung und Informationsaufbereitung ist in der Regel alles andere als (lern-)behindertengerecht: Es gibt zu viele Informationen, sie sind unübersichtlich angeordnet und nicht strukturiert, die Schrift ist zu klein, die vielen Farben und Neben-Informationen lenken ab, ganz zu schweigen von Werbebannern und Pop-ups. Zusätzliche Verlinkungen führen oft zu Desorientierung. Dem Gefühl, im Netz verloren zu sein, schließt sich das Erlebnis der Frustration an. In Zeiten, in denen wir aktuelle Lehrbücher nutzen, die mit großer Schrift, ausgesuchten und strukturierten Inhalten und wenig Nebenreizen ausgestattet sind und so auf die Lernbedürfnisse unserer Kinder und Jugendlichen reagieren, bietet das Internet geradezu das Gegenteil an. Auf diese Weise werden vor allem "Bürger mit niedriger Bildung, aus unteren sozialen Schichten" (Frank, 2004, S. 16) von der Nutzung des Internets ausgegrenzt.

Umgang mit der Informationsfülle

Die Nutzung beispielsweise einer Suchmaschine ist für unsere Schülerinnen und Schüler anstrengend und vielfach unergiebig. Sie sind kaum in der Lage, selbstständig Suchbegriffe zu isolieren, einzugeben und die sich darbietenden Informationen zu differenzieren, auszuwählen und auszuwerten. Sie bevorzugen die ihnen vertrauten Seiten, können sich stundenlang Autos und Motorräder ansehen, loggen sich bei Partnerbörsen ein oder halten sich in irgendwelchen Chaträumen auf. Sie kommunizieren und informieren sich dabei mehr schlecht als recht. Diese aufgrund der Nutzungsvoraussetzungen und des Nutzungsverhaltens drohende gesellschaftliche Kluft ("digital divide" Frank ebd.) oder die bildungsmäßige Spaltung ("educational divide" - Pieper, Morasch & Piéla 2003, S. 119) ist täglich an unserer Schule wahrzunehmen und objektiv zu erfassen.

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