Ist-Zustand und Entwicklungsmöglichkeiten

Der Ist-Zustand sowie Entwicklungsmöglichkeiten der schulischen Energiebildung werden schulformspezifisch beleuchtet und erläutert.

Die Vorbildfunktion von Energieschulen

Das besondere Engagement der Energieschulen geht einher mit veränderten Sichtweisen der Lehrkräfte. Diese bewerten viele unterrichtliche und gesellschaftliche Herausforderungen der Energiebildung und damit ihre eigenen Wirkungsmöglichkeiten durchweg positiver als Lehrkräfte an Standardschulen. Exemplarisch sei das bei den Einzelitems zum Stellenwert der Energiebildung anhand von Mittelwertvergleichen gezeigt (Abbildung 2a, Platzhalter bitte anklicken). Dabei ist insbesondere bemerkenswert, dass sowohl der eigene Unterricht als auch der schulische Rahmen ähnlich positiv bewertet werden. Das Ergebnis unterstreicht die fördernde Rolle schulischer Unterstützung als wichtiger Faktor einer erfolgreichen Implementation von Energiebildungsmaßnahmen.

Die Sonderrolle von Grundschulen

Signifikant andere Bewertung als andere Schulstufen

Eine andere Quelle der Variabilität in den Äußerungen ist der Schultyp, an dem die Befragten unterrichten. Hier wurde unterschieden nach Grundschulen, Gymnasien sowie Schulformen, die zu einem mittleren Abschluss führen und über keine Oberstufe verfügen. Hierzu gehören beispielsweise Realschulen, Gemeinschaftsschulen und Gesamtschulen. Diese werden im Folgenden als "Sekundarstufe I - ohne Gymnasium" bezeichnet. Je nach Schulform ergeben sich stark divergierende Sichtweisen (Abbildung 2b). Grundschullehrkräfte bewerten Fragen der Energiebildung signifikant anders als die Lehrkräfte anderer Schulstufen. Dabei zeigt das Meinungsbild von Lehrkräften aus dem Gymnasialbereich und aus Schulformen ohne Oberstufe ein relativ ähnliches Muster mit eher geringeren Unterschieden.

Positive Einschätzung in Kontrast zu Lehrplänen

Es fällt auf, dass Grundschullehrkräfte die Stellung der Energiebildung im eigenen Unterricht und in der eigenen Schule deutlich positiver einstufen als es bei den Vertretern der anderen Schulstufen der Fall ist. Diese Einschätzungen stehen in deutlichem Kontrast zu der Beurteilung des Stellenwerts der Energiebildung in den für diese Schulstufe relevanten Lehrplänen. In der Grundschule fällt nämlich das Urteil über die Lehrplanvorgaben deutlich negativer aus als in den anderen Schulstufen. Hier muss man davon ausgehen, dass die Befragten in ihrem Unterricht wesentlich mehr Lerngelegenheiten zu Phänomenen und Prozessen im Energiebereich bieten, als es in den Lehrplänen zum Ausdruck kommt. Der Grundschulbereich öffnet sich zunehmend der Energiebildung. In dieser Umbruchsituation bestehen Entwicklungspotenziale, die möglicherweise von Lehrkräften aus den nachgelagerten Schulstufen noch nicht adäquat gewürdigt werden. Die besondere Rolle der Grundschule sowie spezifische Sichtweisen der Grundschullehrkräfte zeigen sich bei einer Reihe weiterer Punkte, die in den folgenden Abschnitten diskutiert werden.

Ist-Analyse: Unzureichende Verankerung in den Schulstufen

Intensivierung der Energiebildung notwendig

Der Handlungsbedarf für eine Intensivierung der Energiebildung wird auch durch die Beurteilung der schulstufenspezifischen Herausforderungen bestätigt und weiter ausdifferenziert. Abbildung 3 zeigt die Bewertung der Verankerung der Energiebildung von der Grundschule bis zur Sekundarstufe II. Circa 60 bis 65 Prozent aller Lehrkräfte sehen eine schlechte Verankerung in der Grundstufe und den Sekundarstufen. Die Energiebildung in der Sekundarstufe II schneidet bei einem Stufenvergleich insgesamt noch am besten ab. Extrem problematisch wird der Übergangsbereich (Klassenstufe 5 und 6) gesehen. Diesen bewerten über 82 Prozent der Lehrkräfte im negativen Bereich.

Schulstufenspezifische Differenzierungen

In Abbildung 4 ist eine Unterscheidung anhand der Mittelwerte vorgenommen. Auch hier zeigt sich bei Grundschullehrkräften durchgängig eine positivere Wertung der Energiebildung in der "eigenen" Schulstufe. Dass es sich dabei nicht um eine sozial wünschbare Gefälligkeit gegenüber der eigenen Gruppenzugehörigkeit handelt, zeigen die gegenläufigen Urteile von Gymnasiallehrern über die Stellung der Energiebildung in der Sekundarstufe II. Im Mittel werden die Energiebezüge in der Oberstufe relativ zu allen anderen Schulstufen noch am positivsten bewertet. Allerdings beurteilen die unmittelbar betroffenen Gymnasiallehrkräfte die Verankerung der Energiebildung in der gymnasialen Oberstufe aus ihrer Binnenperspektive heraus signifikant kritischer.

Diskrepanz zwischen Erwartungen und Experten-Urteil

In der Energiebildung der Sekundarstufe II besteht somit eine negative Diskrepanz zwischen den allgemeinen Erwartungen und dem Urteil der Experten für diesen Schulabschnitt. Diese Diskrepanz hat sich bereits im Rahmen der Lehrplananalyse abgezeichnet. Dort wurde festgestellt, dass in den Lehrplänen der Sekundarstufe II eine weitgehende Einengung des Lernens auf innerfachliche Aspekte erfolgt und die Potenziale für eine Erweiterung der Perspektive und eine Entfaltung des Energiekonzepts in fachübergreifenden Kontexten nicht ausreichend genutzt werden. Die Urteile der Gymnasiallehrkräfte können als Beleg für diese These angenommen werden.

Entwicklungsmöglichkeiten: Schulstufenspezifische Schwerpunkte

Ergänzend zum Ist-Zustand sind schulstufenspezifische Entwicklungsbedürfnisse erhoben worden. Dazu dient die Frage der Intensivierung der Energiebildung, wobei zusätzlich in den Sekundarstufen I und II mögliche Zielrichtungen einer Intensivierung erhoben werden. Dabei wird differenziert nach

  • naturwissenschaftlichen Grundlagen,
  • technischen Bezügen,
  • ökologischen Bezügen und
  • ökonomischen Bezügen.

Grundschulspezifische Entwicklungsbedürfnisse

Grundschullehrkräfte sehen viel stärker als alle anderen die Notwendigkeit einer Intensivierung im Eingangs- und im Übergangsbereich (Abbildung 5). Man kann hier nur vermuten, dass sie die Notwendigkeit und vermutlich auch die Potenziale der frühen Bildung erheblich positiver bewerten als die Lehrkräfte der weiterführenden Schulstufen. Sie erkennen offenbar auch weitaus deutlicher als diese, dass im Eingangsbereich des weiterführenden Unterrichts die Möglichkeiten der Energiebildung nicht ausreichend genutzt werden. Darüber hinaus lässt sich in den Urteilen zum weiterführenden Unterricht eine höhere Affinität der Grundschullehrkräfte zu ökologischen Bezügen, aber eine geringere zu technischen Bezügen der Energiethematik konstatieren.

Entwicklungsbedürfnisse in Sekundarstufe I

Für die Sekundarstufe I stehen bei allen Befragten die ökologischen Bezüge vor den ökonomischen. Lehrkräfte, die in der Sekundarstufe I (ohne Oberstufe) unterrichten, sehen stärker als alle anderen die Notwendigkeit einer Intensivierung der naturwissenschaftlichen Grundlagen und der technischen Bezüge in dieser Schulstufe. Man muss davon ausgehen, dass in dem Schultyp Umfang und Qualität der naturwissenschaftlichen Bildung generell verbesserungsbedürftig ist, weitgehend unabhängig vom Thema Energie.

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Prof. Dr. Manfred Euler

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