Kritische Fragen und Antworten

Vor dem Einsatz digitaler Medien im Grundschulunterricht ist es sinnvoll ein Konzept zu erstellen. Folgende Fragen und Antworten sowie die Empfehlungen des Leipziger Medienprofessor Marcel Machill zum Umgang mit Suchmaschinen helfen dabei.

Betrifft: Bilder zeichnen

Frage

Warum sollten Grundschüler am Computer Bilder zeichnen und/oder erstellen, wenn sie dies mit Stiften und Papier ebenso gut machen könnten und gleichzeitig dabei die für die Schreiblernprozesse wichtige Motorik schulen?

Antwort

Ja, richtig, das Kind lernt den Umgang mit der Maus. Aber heißt das nicht, mit Kanonen auf Spatzen zu schießen? Wird der Umgang mit der Maus nicht automatisch mit (je)dem Tun am Computer erlernt und geübt? Ist das nicht eigentlich ein "Abfallprodukt", das durch die Arbeit am Computer entsteht? Wenn also der Umgang mit der Maus geübt werden soll, so kann man sich eines Programms bedienen, das deren Grundfunktionen schnell und einfach vermittelt. Ein Beispiel für ein solches Programm ist "Maustraining", Sie finden es unter medienecken.de.

 

Hilfreich ist es, Mäuse bereit zu stellen, die ergonomischen Anforderungen gerecht werden, also in die Hände der Schülerinnen und Schüler passen, statt die Kinder mit den für Erwachsene entwickelten Mäusen hantieren zu lassen. Sinnvoll ist es, wenn die Kinder lernen, wie sie ihre Zeichnungen mithilfe des Scanners zur Weiterverarbeitung in den Computer übertragen können.

Betrifft: Der Computer und seine Bestandteile

Frage

Warum sollen Grundschüler die Komponenten eines Computers kennen lernen oder gar einen Computer auseinander bauen?

Antwort

Wer Auto fährt, muss nicht alle Komponenten und deren Funktionsweisen kennen: Längst nicht jeder Kraftfahrzeughalter kann erklären, wie eine Bremse funktioniert, welche technischen Funktionen durch das Bedienen der Kupplung ausgelöst werden oder was im Einzelnen bei dieser Aktion geschieht. Um einen Computer nutzen zu können, reicht es in der Regel aus, einzelne Komponenten, beispielsweise Maus, Monitor, Lautsprecher oder Scanner zu kennen und zu bedienen.

Betrifft: Textverarbeitung

Frage

Warum sollen Schülerinnen und Schüler den Umgang mit einer Textverarbeitung eines bestimmten Herstellers erlernen?

Antwort

Mit Stift, Papier und gegebenenfalls Kleber können Kinder ihre Texte meist viel einfacher, individueller und mit geringerem Zeitaufwand gestalten. Welches Textverarbeitungssystem liefert vergleichbar schöne Zierrahmen, wie solche, die von Kindern "in Handarbeit" gestaltet werden?

 

Vorausgesetzt, Grundschulkinder sollen dennoch den Umgang mit einem Textverarbeitungssystem erlernen, sollte Software eingesetzt werden, die frei im Netz verfügbar ist, zum Beispiel "Open Office". Meines Erachtens ist es dann sinnvoller, ihnen den Umgang mit der Rechtschreibkorrektur zu erklären als sie Wörter in immer anderen Schriftarten formatieren zu lassen. Letzteres machen die meisten Schülerinnen und Schüler ganz von selbst, zum Beispiel wenn sie an einer Präsentation arbeiten.

Betrifft: Recherchieren

Frage

Warum sollen Grundschulkinder im Internet recherchieren, wenn sie die notwendigen Informationen aus einem Nachschlagewerk entnehmen können, das in der Klassenbücherei steht und dessen Infos redaktionell recherchiert und inhaltlich qualitativ geprüft wurden?

Antwort

Gerade die Informationsbeschaffung im Internet ist nicht unproblematisch, denn längst nicht alles, was im Internet gefunden wird, ist auch korrekt dargestellt und durch verschiedene Quellen bestätigt worden. In den Oberstufen unserer Schulen sollte die Bewertung des Inhalts und die Überprüfung der Richtigkeit einer gefundenen Information kein Problem darstellen - aber in der Grundschule?

Betrifft: Suchmaschinen

Frage

Warum sollen sich Grundschüler durch die große Anzahl gefundener Dokumente einer Suchmaschine wühlen, wenn sie Informationen wesentlich einfacher aus Büchern entnehmen können?

Antwort

Selbst die bekannte Suchmaschine für Kinder "Blinde Kuh" ist meines Erachtens nur eingeschränkt für Kinder im Grundschulalter nutzbar. Gibt man dort zum Beispiel den Suchbegriff "Köln" ein, erhält man innerhalb von Sekunden eine Vielzahl von Suchergebnissen. Diese Suchergebnisse müssen anschließend gesichtet werden. Durch die Textlastigkeit vieler Webseiten wird dies zu einem mühsamen Unterfangen.

 

Müssen Grundschüler erst lernen, eine Suchmaschine zu benutzen, um Suchergebnisse zu erhalten, die ihnen die Informationen geben, die sie benötigen? Ja, das müssen sie. Dazu gehört zum Beispiel der Einsatz der Boolschen-Operatoren, um bestimmte Begriffe einzugrenzen oder auszuschalten. Es handelt sich hierbei um Regeln, die die wenigsten Erwachsenen beherrschen. Für Grundschüler sind sie schwer zu verstehen und umzusetzen.

"Goldene Regeln" für die Suche im Netz

Die Landesanstalt für Medien NRW und das von der EU geförderte Projekt Klicksafe haben gerade einen Katalog der "Zwölf goldenen Suchmaschinenregeln" veröffentlicht. Die vom Leipziger Medienprofessor Marcel Machill formulierten Regeln enthalten wichtige Empfehlungen:

  • Nicht nur eine Quelle nutzen

    Nutzer sollen eine gesunde Skepsis gegenüber der Qualität der gelisteten Informationen behalten. Sie sollen sich niemals auf nur eine Quelle verlassen, sondern am besten die Ergebnisse mehrerer Suchmaschinen vergleichen.

Hand auf's Herz: Wann haben Sie zuletzt außer in Google auch noch an anderer Stelle gesucht?

  • Vorsicht bei der Nutzung von Suchmaschinen

    Nutzer müssen in den von den Suchmaschinen gelisteten Ergebnissen mit (manchmal versteckter) Werbung und mit Angeboten von Zockern und Abzockern rechnen.

Ist es Ihnen nicht auch schon passiert, dass Sie auf ein Suchergebnis geklickt haben und letztendlich auf einer lediglich auf Kommerz ausgerichteten Seite gelandet sind? Sie haben es noch rechtzeitig gemerkt, aber trifft dies auch auf Grundschüler zu?

  • Besonderer Schutz für Kinder

    Kinder müssen vor diesen Gefahren besonders geschützt werden.

Für Kinder und Jugendliche empfiehlt Machill besondere Vorsichtsmaßnahmen. Jüngere Kinder, sollten nur unter Aufsicht das Netz durchstöbern. Auf die angebotenen Filter sollten sich Lehrkräfte und auch Eltern keinesfalls verlassen.

  • 12 goldene Suchmaschinen-Regeln
    Die Landesanstalt für Medien NRW gibt in Kooperation mit der EU-Initiative "klicksafe.de" eine neue Broschüre zu mehr Sicherheit im Umgang mit Suchmaschinen heraus. Autor ist Prof. Dr. Marcel Machill.

Exkursionen: Real oder virtuell?

Frage

Warum sollten Schülerinnen und Schüler ein bekanntes Bauwerk im Internet ansehen, wenn sie es vor Ort ansehen, betreten, entdecken und dadurch Ihre Erfahrungen machen können?

Antwort

Der Kölner Dom beispielsweise ist eines der bekanntesten Meisterwerke gotischer Baukunst. Für Kölner Schulklassen und Schulen aus dem Umkreis ist der Dom problemlos zu erreichen. Der Besuch ist ein Erlebnis, das einen bleibenden Eindruck hinterlässt. Die Schülerinnen und Schüler stehen vor diesem Bauwerk und lassen die Schönheit und Größe auf sich wirken. Bei Erwachsenen ist dies übrigens gleichermaßen der Fall. Eine Domführung verstärkt die Eindrücke und gibt Raum für individuelles Erleben und für Fragen, die gerne von den Domführern beantwortet werden und so zum Verstehen wesentlich beitragen.

Diese Aspekte gelten für jeden Vor-Ort-Besuch und für jede Exkursion, egal, ob es sich um berühmte Bauwerke, Museen oder einen Wald handelt. Auch wenn der organisatorische Aufwand größer ist, so ist der Nutzen einer Vor-Ort-Besichtung um ein Vielfaches höher als der Besuch entsprechender Internetseiten.

Das Internet ist jedoch immer dann eine Alternative, wenn Besichtigungsorte zu weit entfernt sind und wenn der finanzielle und organisatorische Aufwand in keinem Verhältnis zum Ergebnis stehen. Für die Vor- und Nachbereitung eines Besuchs ist die Nutzung des Mediums Internet die beste Wahl. Die hier recherchierten Informationen sind meist aktueller und gegebenenfalls umfassender als beispielsweise die Inhalte von Broschüren.

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Elmar Fischer

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